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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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finden können. Diese Forderung ist dnrch die Notwendigkeit veranlaßt, daß die
Opposition jederzeit an die Stelle der Regierung treten können muß. Ohne eine
gewisse Stetigkeit und Gemeinsamkeit der Grundbegriffe ist ein solcher Wechsel
unmöglich. Wir haben aber in unserm Reichstag eine Partei, die in ihrer theo¬
retischen Stellung und praktischen Betätigung völlig außerhalb der Grundlagen
bleibt, die allen andern Parteien als unentbehrlich für jede politische Arbeit
erscheinen. Nicht der Radikalismus der wirtschaftlichen und sozialen Forderungen
macht unsre Sozialdemokratie regierungsunfähig, sondern der Umstand, daß sie die
völlige UnVersöhnlichkeit mit den Grundlagen der bestehenden Staatsordnung zur
Richtschnur ihres ganzen politischen Handelns macht. Die sozialistischen Parteien
andrer Länder erkennen wenigstens das Landesinteresse und das Nationalgefühl
als ein alle Parteien zusammenfassendes Moment an, das von den besondern
Parteibestrebungen unberührt bleibt. Darum fügen sich diese Parteien auch dann,
wenn sie dauernd der Opposition angehören, doch in die parlamentarische Ordnung
ein. Die deutsche Sozialdemokratie aber stellt Landcsinteresse und Nationalgefühl
nur so weit in die politische Rechnung ein, als es unter Umständen der Partei¬
doktrin dienstbar werden könnte. Für den deutschen Sozialdemokraten -- aller¬
dings nicht wie er im Grunde des Herzens fühlt, sondern wie er nach dem
Wunsch der Führer sein und sich geben soll -- gibt es Patriotismus nur in
einem sozialistischen Deutschland. Daher haben auch die kleinen Bruchteile unsrer
bürgerlichen Linken, die es für möglich hielten, mit der Sozialdemokratie auf der¬
selben Grundlage zusammenzuwirken, wie dies die oppositionellen Gruppen andrer
Länder tun, die schlechtesten Erfahrungen gemacht. Die Sozialdemokratie fällt
eben bei uns aus dem Rahmen einer zu positiver Arbeit befähigten Parteiordnung
vollständig heraus.

Endlich ist die notwendige Voraussetzung eines parlamentarischen Regiments eine
gewisse Gleichartigkeit der Gegensätze, oder wie man es auch nennen möchte, die
Kommensurcibilität der trennenden Grundsätze. Die Frage des Für oder Wider muß
aus einheitlichen Gesichtspunkten zu entscheiden sein. Es kann die verschiedensten
Meinungen und Abstufungen von Meinungen geben, aber sie müssen sich in eine
Reihe einordnen, die stetig von einem Extrem der politischen Auffassung zu ihrem
strikten Gegenteil hinüberführt. Und in diese Ordnung paßt wieder unser Zentrum
nicht hinein, weil es je nach Bedarf konservativ oder liberal ist, den Anschluß nach rechts
oder links aber überhaupt nicht nach politischen Motiven, sondern aus Machtrücksichten
lediglich zugunsten einer kirchlichen Anschauung wählt. In dieser Partei hält der
kirchlich-konfessionelle Standpunkt die verschiedensten politischen Richtungen beisammen;
auch sie steht also völlig außerhalb der Parteien, die eine feste Mehrheitsbildung im
Parlament auf Grund politischer Prinzipien ermöglichen. Wenn wir aber schon zwei
Parteien haben, die in das parlamentarische Schema nicht hineinpassen, also einen
regelmäßigen Wechsel der sich gegenseitig ergänzenden und korrigierendem Systeme
nicht gestatten, so würde eine Erweiterung der Machtbefugnisse des Reichstags nur
eine Gefährdung der Stetigkeit der Negierung bedeuten, ohne die Gewähr für die
Vermeidung von Einseitigkeiten, wie sie der wirkliche Parlamentarismus bis zu einem
gewissen Grade bietet. Der Parteigeist würde eine gefährliche Stärkung erfahren.

In Wahrheit gibt die jetzige Verfassung Schutz genug gegen ein persönliches
Regiment, wenn nur der Reichstag seine Pflicht tut und seine Würde wahrt, wo
es notwendig ist. Der Reichstag hat in der Tat durch die Novemberkrisis eine Lehre
und einen Ansporn erhalten; es kommt nun darauf an, daß er dessen eingedenk
bleibt. Dazu bedarf es aber keiner neuen verfassungsrechtlichen Handhaben.

Es scheint übrigens, als ob die gegenwärtige innerpolitische Lage nach einer
andern Richtung hin Aufmerksamkeit und Wachsamkeit erfordre. Nachdem die Er¬
klärung, zu der der Kaiser den Reichskanzler am 17. November ermächtigt hatte,


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finden können. Diese Forderung ist dnrch die Notwendigkeit veranlaßt, daß die
Opposition jederzeit an die Stelle der Regierung treten können muß. Ohne eine
gewisse Stetigkeit und Gemeinsamkeit der Grundbegriffe ist ein solcher Wechsel
unmöglich. Wir haben aber in unserm Reichstag eine Partei, die in ihrer theo¬
retischen Stellung und praktischen Betätigung völlig außerhalb der Grundlagen
bleibt, die allen andern Parteien als unentbehrlich für jede politische Arbeit
erscheinen. Nicht der Radikalismus der wirtschaftlichen und sozialen Forderungen
macht unsre Sozialdemokratie regierungsunfähig, sondern der Umstand, daß sie die
völlige UnVersöhnlichkeit mit den Grundlagen der bestehenden Staatsordnung zur
Richtschnur ihres ganzen politischen Handelns macht. Die sozialistischen Parteien
andrer Länder erkennen wenigstens das Landesinteresse und das Nationalgefühl
als ein alle Parteien zusammenfassendes Moment an, das von den besondern
Parteibestrebungen unberührt bleibt. Darum fügen sich diese Parteien auch dann,
wenn sie dauernd der Opposition angehören, doch in die parlamentarische Ordnung
ein. Die deutsche Sozialdemokratie aber stellt Landcsinteresse und Nationalgefühl
nur so weit in die politische Rechnung ein, als es unter Umständen der Partei¬
doktrin dienstbar werden könnte. Für den deutschen Sozialdemokraten — aller¬
dings nicht wie er im Grunde des Herzens fühlt, sondern wie er nach dem
Wunsch der Führer sein und sich geben soll — gibt es Patriotismus nur in
einem sozialistischen Deutschland. Daher haben auch die kleinen Bruchteile unsrer
bürgerlichen Linken, die es für möglich hielten, mit der Sozialdemokratie auf der¬
selben Grundlage zusammenzuwirken, wie dies die oppositionellen Gruppen andrer
Länder tun, die schlechtesten Erfahrungen gemacht. Die Sozialdemokratie fällt
eben bei uns aus dem Rahmen einer zu positiver Arbeit befähigten Parteiordnung
vollständig heraus.

Endlich ist die notwendige Voraussetzung eines parlamentarischen Regiments eine
gewisse Gleichartigkeit der Gegensätze, oder wie man es auch nennen möchte, die
Kommensurcibilität der trennenden Grundsätze. Die Frage des Für oder Wider muß
aus einheitlichen Gesichtspunkten zu entscheiden sein. Es kann die verschiedensten
Meinungen und Abstufungen von Meinungen geben, aber sie müssen sich in eine
Reihe einordnen, die stetig von einem Extrem der politischen Auffassung zu ihrem
strikten Gegenteil hinüberführt. Und in diese Ordnung paßt wieder unser Zentrum
nicht hinein, weil es je nach Bedarf konservativ oder liberal ist, den Anschluß nach rechts
oder links aber überhaupt nicht nach politischen Motiven, sondern aus Machtrücksichten
lediglich zugunsten einer kirchlichen Anschauung wählt. In dieser Partei hält der
kirchlich-konfessionelle Standpunkt die verschiedensten politischen Richtungen beisammen;
auch sie steht also völlig außerhalb der Parteien, die eine feste Mehrheitsbildung im
Parlament auf Grund politischer Prinzipien ermöglichen. Wenn wir aber schon zwei
Parteien haben, die in das parlamentarische Schema nicht hineinpassen, also einen
regelmäßigen Wechsel der sich gegenseitig ergänzenden und korrigierendem Systeme
nicht gestatten, so würde eine Erweiterung der Machtbefugnisse des Reichstags nur
eine Gefährdung der Stetigkeit der Negierung bedeuten, ohne die Gewähr für die
Vermeidung von Einseitigkeiten, wie sie der wirkliche Parlamentarismus bis zu einem
gewissen Grade bietet. Der Parteigeist würde eine gefährliche Stärkung erfahren.

In Wahrheit gibt die jetzige Verfassung Schutz genug gegen ein persönliches
Regiment, wenn nur der Reichstag seine Pflicht tut und seine Würde wahrt, wo
es notwendig ist. Der Reichstag hat in der Tat durch die Novemberkrisis eine Lehre
und einen Ansporn erhalten; es kommt nun darauf an, daß er dessen eingedenk
bleibt. Dazu bedarf es aber keiner neuen verfassungsrechtlichen Handhaben.

Es scheint übrigens, als ob die gegenwärtige innerpolitische Lage nach einer
andern Richtung hin Aufmerksamkeit und Wachsamkeit erfordre. Nachdem die Er¬
klärung, zu der der Kaiser den Reichskanzler am 17. November ermächtigt hatte,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/616>, abgerufen am 22.07.2024.