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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ende findet. In der innern Politik unsers Reichs stehn wir erst an Anfang der
Kämpfe um die politischen Entscheidungen, die uns der Winter bringen soll, und
dazu ist es recht nützlich, daß die nervöse Gereiztheit der allgemeinen Stimmung,
wie sie durch die bekannte Krisis hervorgerufen wurde, allmählich nachläßt und die
Spannung wieder normalen Verhältnissen Platz macht. Nur fürchten wir, daß die
Stimmung allzubald in das andre Extrem umschlägt, in die politische Bequemlich¬
keit und Gleichgiltigkeit, die dem Deutschen eigen ist, wenn er nicht durch ganz besondre
Anlässe aufgerüttelt wird. Es wäre sehr zu bedauern, wenn die Lehren der letzten
Zeit zu schnell vergessen würden.

Zwar gehören wir. wie letzthin an dieser Stelle ausgeführt wurde, nicht zu
denen, die sich von einer Verfassungsänderung oder sonst einzuführenden neuen
Maßregeln und Einrichtungen in bezug auf sogenannte "konstitutionelle Garantien"
irgend etwas versprechen. Daß wir kein parlamentarisches Regierungssystem im eigent¬
lichen Sinne haben, ist nicht die Schuld unsrer Verfassungsbestimmungen, sondern
die natürliche Folge sozialer und politischer Zustände, die sich im Laufe der Ge¬
schichte aus unserm Nationalcharakter entwickelt haben. Die erste Voraussetzung einer
parlamentarischen Regierung ist. daß eine feste, ein für allemal zusammenhaltende
Mehrheit besteht, die auf ein festes Programm oder eine bestimmte grundsätzliche
Auffassung der Politik hin von ihren Wählern gewählt worden ist. Das darf keine
Zufallsmehrheit sein, sondern eine Mehrheit, die für die Dauer ihres Maubads
aneinander gebunden ist. weil schon die Wählerschaft vor ein klares Für oder Wider
gestellt worden ist. Dann ist der Mehrheitswille des Parlaments etwas wirklich
festes, richtunggebendes, dem die Herrschaft nicht um irgendwelcher Paragraphen
willen, sondern durch die innere Logik der Umstände gebührt, und deren Einseitig¬
keiten dadurch korrigiert werden, daß die Gegenpartei ihre Kritik nicht aus
Wichtigtuerei oder Verneinungslust übt, sondern mit dem Bewußtsein, daß sie jeder¬
zeit durch die Verhältnisse und die allmählich fühlbar werdenden Wirkungen einer
einseitigen Politik gezwungen werden kann, die regierende Partei abzulösen und an
ihrer Stelle mit voller Verantwortung die Probe auf die Zweckmäßigkeit und
Richtigkeit ihrer in der Opposition vertretnen Meinungen abzulegen. Die erwähnte
Voraussetzung eines solchen Systems ist im deutschen Reichstag nicht erfüllt. Sie
kann ihm auch durch kein Gesetz gegeben werden.

Man hört oft sagen, daß die große Zahl der verschleimen Parteien und
Parteigruppen im Reichstage ein parlamentarisches Regiment verhindre. Das ist
nicht ganz richtig oder wenigstens nicht ganz genau ausgedrückt. Wenn den
vielen Parteien im deutschen Reichstage die zwei großen Parteien des englischen
Parlaments gegenübergestellt werden, so muß daran erinnert werden, daß die beiden
großen Heerlager, die sich im parlamentarischen Leben Englands gegenüberstehn,
gleichfalls aus kleinern Gruppen zusammengesetzt sind, die sich zum Teil recht scharf
voneinander unterscheiden. Es finden auch unter bestimmten politischen Verhält¬
nissen sehr bedeutende Verschiebungen statt. Man braucht nur daran zu denken,
wie die Gladstonesche Politik und insbesondre die Homerulefrage seinerzeit eine
ganze große Gruppe aus dem Gefüge der liberalen Partei loslöste und zum Zu-
sammengehn mit den Konservativen veranlaßte. Diese liberalen Unionisten haben
dann Jahre hindurch den Bestand einer konservativen Parlamentsmehrheit allein
ermöglicht. Also nicht die Zahl der Parteien und Parteigruppen ist ein Hindernis
der Parlamentsherrschaft, wenn nur diese Parteien die Fähigkeit haben, sich unter
Gesichtspunkten von dauernder und grundsätzlicher Bedeutung so weit zusammen¬
zuschließen, daß Mehrheit und Minderheit feststehende Begriffe werden, mit denen
gerechnet werden kann. Eine weitere Voraussetzung des parlamentarischen Systems
'se, daß alle Parteien, auch wenn sie sich sonst in bitterm Gegensatz gegenüber¬
stehn, doch eine gemeinsame Grundlage anerkennen, auf der sich alle zusammen-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ende findet. In der innern Politik unsers Reichs stehn wir erst an Anfang der
Kämpfe um die politischen Entscheidungen, die uns der Winter bringen soll, und
dazu ist es recht nützlich, daß die nervöse Gereiztheit der allgemeinen Stimmung,
wie sie durch die bekannte Krisis hervorgerufen wurde, allmählich nachläßt und die
Spannung wieder normalen Verhältnissen Platz macht. Nur fürchten wir, daß die
Stimmung allzubald in das andre Extrem umschlägt, in die politische Bequemlich¬
keit und Gleichgiltigkeit, die dem Deutschen eigen ist, wenn er nicht durch ganz besondre
Anlässe aufgerüttelt wird. Es wäre sehr zu bedauern, wenn die Lehren der letzten
Zeit zu schnell vergessen würden.

Zwar gehören wir. wie letzthin an dieser Stelle ausgeführt wurde, nicht zu
denen, die sich von einer Verfassungsänderung oder sonst einzuführenden neuen
Maßregeln und Einrichtungen in bezug auf sogenannte „konstitutionelle Garantien"
irgend etwas versprechen. Daß wir kein parlamentarisches Regierungssystem im eigent¬
lichen Sinne haben, ist nicht die Schuld unsrer Verfassungsbestimmungen, sondern
die natürliche Folge sozialer und politischer Zustände, die sich im Laufe der Ge¬
schichte aus unserm Nationalcharakter entwickelt haben. Die erste Voraussetzung einer
parlamentarischen Regierung ist. daß eine feste, ein für allemal zusammenhaltende
Mehrheit besteht, die auf ein festes Programm oder eine bestimmte grundsätzliche
Auffassung der Politik hin von ihren Wählern gewählt worden ist. Das darf keine
Zufallsmehrheit sein, sondern eine Mehrheit, die für die Dauer ihres Maubads
aneinander gebunden ist. weil schon die Wählerschaft vor ein klares Für oder Wider
gestellt worden ist. Dann ist der Mehrheitswille des Parlaments etwas wirklich
festes, richtunggebendes, dem die Herrschaft nicht um irgendwelcher Paragraphen
willen, sondern durch die innere Logik der Umstände gebührt, und deren Einseitig¬
keiten dadurch korrigiert werden, daß die Gegenpartei ihre Kritik nicht aus
Wichtigtuerei oder Verneinungslust übt, sondern mit dem Bewußtsein, daß sie jeder¬
zeit durch die Verhältnisse und die allmählich fühlbar werdenden Wirkungen einer
einseitigen Politik gezwungen werden kann, die regierende Partei abzulösen und an
ihrer Stelle mit voller Verantwortung die Probe auf die Zweckmäßigkeit und
Richtigkeit ihrer in der Opposition vertretnen Meinungen abzulegen. Die erwähnte
Voraussetzung eines solchen Systems ist im deutschen Reichstag nicht erfüllt. Sie
kann ihm auch durch kein Gesetz gegeben werden.

Man hört oft sagen, daß die große Zahl der verschleimen Parteien und
Parteigruppen im Reichstage ein parlamentarisches Regiment verhindre. Das ist
nicht ganz richtig oder wenigstens nicht ganz genau ausgedrückt. Wenn den
vielen Parteien im deutschen Reichstage die zwei großen Parteien des englischen
Parlaments gegenübergestellt werden, so muß daran erinnert werden, daß die beiden
großen Heerlager, die sich im parlamentarischen Leben Englands gegenüberstehn,
gleichfalls aus kleinern Gruppen zusammengesetzt sind, die sich zum Teil recht scharf
voneinander unterscheiden. Es finden auch unter bestimmten politischen Verhält¬
nissen sehr bedeutende Verschiebungen statt. Man braucht nur daran zu denken,
wie die Gladstonesche Politik und insbesondre die Homerulefrage seinerzeit eine
ganze große Gruppe aus dem Gefüge der liberalen Partei loslöste und zum Zu-
sammengehn mit den Konservativen veranlaßte. Diese liberalen Unionisten haben
dann Jahre hindurch den Bestand einer konservativen Parlamentsmehrheit allein
ermöglicht. Also nicht die Zahl der Parteien und Parteigruppen ist ein Hindernis
der Parlamentsherrschaft, wenn nur diese Parteien die Fähigkeit haben, sich unter
Gesichtspunkten von dauernder und grundsätzlicher Bedeutung so weit zusammen¬
zuschließen, daß Mehrheit und Minderheit feststehende Begriffe werden, mit denen
gerechnet werden kann. Eine weitere Voraussetzung des parlamentarischen Systems
'se, daß alle Parteien, auch wenn sie sich sonst in bitterm Gegensatz gegenüber¬
stehn, doch eine gemeinsame Grundlage anerkennen, auf der sich alle zusammen-


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[0615] Maßgebliches und Unmaßgebliches Ende findet. In der innern Politik unsers Reichs stehn wir erst an Anfang der Kämpfe um die politischen Entscheidungen, die uns der Winter bringen soll, und dazu ist es recht nützlich, daß die nervöse Gereiztheit der allgemeinen Stimmung, wie sie durch die bekannte Krisis hervorgerufen wurde, allmählich nachläßt und die Spannung wieder normalen Verhältnissen Platz macht. Nur fürchten wir, daß die Stimmung allzubald in das andre Extrem umschlägt, in die politische Bequemlich¬ keit und Gleichgiltigkeit, die dem Deutschen eigen ist, wenn er nicht durch ganz besondre Anlässe aufgerüttelt wird. Es wäre sehr zu bedauern, wenn die Lehren der letzten Zeit zu schnell vergessen würden. Zwar gehören wir. wie letzthin an dieser Stelle ausgeführt wurde, nicht zu denen, die sich von einer Verfassungsänderung oder sonst einzuführenden neuen Maßregeln und Einrichtungen in bezug auf sogenannte „konstitutionelle Garantien" irgend etwas versprechen. Daß wir kein parlamentarisches Regierungssystem im eigent¬ lichen Sinne haben, ist nicht die Schuld unsrer Verfassungsbestimmungen, sondern die natürliche Folge sozialer und politischer Zustände, die sich im Laufe der Ge¬ schichte aus unserm Nationalcharakter entwickelt haben. Die erste Voraussetzung einer parlamentarischen Regierung ist. daß eine feste, ein für allemal zusammenhaltende Mehrheit besteht, die auf ein festes Programm oder eine bestimmte grundsätzliche Auffassung der Politik hin von ihren Wählern gewählt worden ist. Das darf keine Zufallsmehrheit sein, sondern eine Mehrheit, die für die Dauer ihres Maubads aneinander gebunden ist. weil schon die Wählerschaft vor ein klares Für oder Wider gestellt worden ist. Dann ist der Mehrheitswille des Parlaments etwas wirklich festes, richtunggebendes, dem die Herrschaft nicht um irgendwelcher Paragraphen willen, sondern durch die innere Logik der Umstände gebührt, und deren Einseitig¬ keiten dadurch korrigiert werden, daß die Gegenpartei ihre Kritik nicht aus Wichtigtuerei oder Verneinungslust übt, sondern mit dem Bewußtsein, daß sie jeder¬ zeit durch die Verhältnisse und die allmählich fühlbar werdenden Wirkungen einer einseitigen Politik gezwungen werden kann, die regierende Partei abzulösen und an ihrer Stelle mit voller Verantwortung die Probe auf die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit ihrer in der Opposition vertretnen Meinungen abzulegen. Die erwähnte Voraussetzung eines solchen Systems ist im deutschen Reichstag nicht erfüllt. Sie kann ihm auch durch kein Gesetz gegeben werden. Man hört oft sagen, daß die große Zahl der verschleimen Parteien und Parteigruppen im Reichstage ein parlamentarisches Regiment verhindre. Das ist nicht ganz richtig oder wenigstens nicht ganz genau ausgedrückt. Wenn den vielen Parteien im deutschen Reichstage die zwei großen Parteien des englischen Parlaments gegenübergestellt werden, so muß daran erinnert werden, daß die beiden großen Heerlager, die sich im parlamentarischen Leben Englands gegenüberstehn, gleichfalls aus kleinern Gruppen zusammengesetzt sind, die sich zum Teil recht scharf voneinander unterscheiden. Es finden auch unter bestimmten politischen Verhält¬ nissen sehr bedeutende Verschiebungen statt. Man braucht nur daran zu denken, wie die Gladstonesche Politik und insbesondre die Homerulefrage seinerzeit eine ganze große Gruppe aus dem Gefüge der liberalen Partei loslöste und zum Zu- sammengehn mit den Konservativen veranlaßte. Diese liberalen Unionisten haben dann Jahre hindurch den Bestand einer konservativen Parlamentsmehrheit allein ermöglicht. Also nicht die Zahl der Parteien und Parteigruppen ist ein Hindernis der Parlamentsherrschaft, wenn nur diese Parteien die Fähigkeit haben, sich unter Gesichtspunkten von dauernder und grundsätzlicher Bedeutung so weit zusammen¬ zuschließen, daß Mehrheit und Minderheit feststehende Begriffe werden, mit denen gerechnet werden kann. Eine weitere Voraussetzung des parlamentarischen Systems 'se, daß alle Parteien, auch wenn sie sich sonst in bitterm Gegensatz gegenüber¬ stehn, doch eine gemeinsame Grundlage anerkennen, auf der sich alle zusammen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/615>, abgerufen am 24.08.2024.