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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

nüchterne und helle Studie von Joseph Braun über die "Kirchenbauten der deutschen
Jesuiten" (Herder) aufschlagen!

Von Werken über einzelne Künstler empfehlen wir diesmal nur zwei. Eine
feine Gabe ist das Segantiniheft der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege
(Scholz; 1 Mark) mit siebzehn Zeichnungen des Südtiroler Meisters, der zu den
sehr wenigen besten der Gegenwart gehört, an Innigkeit der Naturempfindung von
keinem übertroffen wird und mit seinen Alpenschildereien wie mit den Mutter- und
Kindbildern einen Teil von Dürers Erbe angetreten hat (mit kurzem, gutem Ge¬
leitwort von W Kotzde). Und in den "Klassikern der Kunst" (Deutsche Verlags-
nnstalt) ist soeben der Vandyckband ausgegeben worden, sicher einer der schönsten
dieser wichtigen Sammlung. Eine kluge Neuerung darin ist, daß die Bilder nicht
schwarz, sondern könig gedruckt sind, hier alle in einem ganz dunkeln Braun¬
violett, das man kaum als Farbe empfindet, das aber doch eine Annäherung an
vandycksche Farbenwirkung enthält. Das sich so darstellende Gesamtmerk des Meisters
ist überraschend stattlich, auch wenn die Autorschaft des einen oder des andern
Blattes strittig bleibt. Die gewandte Einleitung des Herausgebers Emil Schaeffer
nimmt frei und lebhaft zu dem Künstler Stellung; dieser wird treffend als vielleicht
der einzige Modcmaler in der ganzen Kunstgeschichte bezeichnet, der nie wieder außer
Mode gekommen sei. Manches Fragezeichen wird sich vielleicht dem aufmerksamen !
Durchprüfer des Bandes ergeben, wenn er alles in den Anmerkungen ciusgesprochnc
beim Betrachen der Bilder nachzuwägen versucht; die Ausgabe muß aber auch in
diesem Teile mindestens als sehr anregend bezeichnet werden. Das Seite 157
wiedergegebne "Fainilienbildnis" (bei Sir Frederick Cook, Richmond) halten wir ^
fü R. w. r eine Darstellung der Familie Rubens, etwa 1619 gemalt.


De Jorge und Zeppelin.

Im dritten Bande des Jahrgangs 1904 der!
Grenzboten Seite 725 habe ich zwei Schriften von Moritz de Jorge besprochen.
Ich habe nach seinen eignen Angaben erzählt, wie er Christ geworden, auf das
Gutachten von vier jüdischen Ärzten hin als irrsinnig eingesperrt worden, dann
aber zum Judentum zurückgekehrt ist und sich mit seiner Familie wieder ausgesöhnt
hat. Über seine zwei Schriften habe ich objektiv berichtet und unter anderm erwähnt, ^
daß er prophezeit, der Messias werde demnächst, auf einem Schimmel im lenkbarem!
Lustschiff sitzend, ankommen und einen Triumphzug um die Erde halten. Daraus schreibe !
ich, die vier jüdischen Ärzte würden, wenn sie das lasen, ausrufen: so haben wir also
doch recht gehabt! Angenommen jedoch, schreibe ich weiter, "er wäre wirklich irrsinnig, -
se" würde es sich immer noch fragen, ob man das Recht hätte, ihn einzusperren.
Vorläufig ist das lenkbare Luftschiff noch nicht erfunden, und er hat den Triumphzug,
der ja als grober Unfug und Rebellion, verursacht durch religiösen Wahnsinn, i
qualifiziert werden könnte, noch nicht angetreten. sEin jüdischer Journalist hatte mir -
nämlich gesagt, daß de Jorge sich selbst für den Messias halte.j Dann aber muß
mau nicht glauben, daß alles so verrückt klinge wie das Angeführte." Und nun
teile ich einiges von den Ergebnissen seiner Bibelforschung mit, das ich als überaus ^
scharfsinnig, von tiefem Studium zeugend und ernstlicher Beachtung wert charakterisiere.
Nach Zeppelins erster großer Fahrt nun schrieb er an mich: "In den Grenzboten ^
hat Herr Carl Jentsch die Prophezeiung, daß das lenkbare Luftschiff in naher
Zukunft erfunden werden würde,, als Verdachtssymptom für den Irrsinn des
Propheten verarbeitet. "Ob der Mann nicht doch am Ende Recht hat?" (Seite 727,!
Zeile 18.)" Diese Worte beziehen sich nicht auf die Luftfahrt des Messias, sondern !
"uf de Jouges Kritik der christlichen Theologen, von der ich sage, seine Beweise
seien so scharfsinnig, mit so viel Geschick und Witz vorgetragen, daß man sich stellen-!
w.else versucht fühle, zu fragen, ob der Mann nicht am Ende Recht habe, "natürlich
"icht mit dem Luftballon, aber mit vielen andern seiner Schrifterklärungen". Gegen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

nüchterne und helle Studie von Joseph Braun über die „Kirchenbauten der deutschen
Jesuiten" (Herder) aufschlagen!

Von Werken über einzelne Künstler empfehlen wir diesmal nur zwei. Eine
feine Gabe ist das Segantiniheft der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege
(Scholz; 1 Mark) mit siebzehn Zeichnungen des Südtiroler Meisters, der zu den
sehr wenigen besten der Gegenwart gehört, an Innigkeit der Naturempfindung von
keinem übertroffen wird und mit seinen Alpenschildereien wie mit den Mutter- und
Kindbildern einen Teil von Dürers Erbe angetreten hat (mit kurzem, gutem Ge¬
leitwort von W Kotzde). Und in den „Klassikern der Kunst" (Deutsche Verlags-
nnstalt) ist soeben der Vandyckband ausgegeben worden, sicher einer der schönsten
dieser wichtigen Sammlung. Eine kluge Neuerung darin ist, daß die Bilder nicht
schwarz, sondern könig gedruckt sind, hier alle in einem ganz dunkeln Braun¬
violett, das man kaum als Farbe empfindet, das aber doch eine Annäherung an
vandycksche Farbenwirkung enthält. Das sich so darstellende Gesamtmerk des Meisters
ist überraschend stattlich, auch wenn die Autorschaft des einen oder des andern
Blattes strittig bleibt. Die gewandte Einleitung des Herausgebers Emil Schaeffer
nimmt frei und lebhaft zu dem Künstler Stellung; dieser wird treffend als vielleicht
der einzige Modcmaler in der ganzen Kunstgeschichte bezeichnet, der nie wieder außer
Mode gekommen sei. Manches Fragezeichen wird sich vielleicht dem aufmerksamen !
Durchprüfer des Bandes ergeben, wenn er alles in den Anmerkungen ciusgesprochnc
beim Betrachen der Bilder nachzuwägen versucht; die Ausgabe muß aber auch in
diesem Teile mindestens als sehr anregend bezeichnet werden. Das Seite 157
wiedergegebne „Fainilienbildnis" (bei Sir Frederick Cook, Richmond) halten wir ^
fü R. w. r eine Darstellung der Familie Rubens, etwa 1619 gemalt.


De Jorge und Zeppelin.

Im dritten Bande des Jahrgangs 1904 der!
Grenzboten Seite 725 habe ich zwei Schriften von Moritz de Jorge besprochen.
Ich habe nach seinen eignen Angaben erzählt, wie er Christ geworden, auf das
Gutachten von vier jüdischen Ärzten hin als irrsinnig eingesperrt worden, dann
aber zum Judentum zurückgekehrt ist und sich mit seiner Familie wieder ausgesöhnt
hat. Über seine zwei Schriften habe ich objektiv berichtet und unter anderm erwähnt, ^
daß er prophezeit, der Messias werde demnächst, auf einem Schimmel im lenkbarem!
Lustschiff sitzend, ankommen und einen Triumphzug um die Erde halten. Daraus schreibe !
ich, die vier jüdischen Ärzte würden, wenn sie das lasen, ausrufen: so haben wir also
doch recht gehabt! Angenommen jedoch, schreibe ich weiter, „er wäre wirklich irrsinnig, -
se» würde es sich immer noch fragen, ob man das Recht hätte, ihn einzusperren.
Vorläufig ist das lenkbare Luftschiff noch nicht erfunden, und er hat den Triumphzug,
der ja als grober Unfug und Rebellion, verursacht durch religiösen Wahnsinn, i
qualifiziert werden könnte, noch nicht angetreten. sEin jüdischer Journalist hatte mir -
nämlich gesagt, daß de Jorge sich selbst für den Messias halte.j Dann aber muß
mau nicht glauben, daß alles so verrückt klinge wie das Angeführte." Und nun
teile ich einiges von den Ergebnissen seiner Bibelforschung mit, das ich als überaus ^
scharfsinnig, von tiefem Studium zeugend und ernstlicher Beachtung wert charakterisiere.
Nach Zeppelins erster großer Fahrt nun schrieb er an mich: „In den Grenzboten ^
hat Herr Carl Jentsch die Prophezeiung, daß das lenkbare Luftschiff in naher
Zukunft erfunden werden würde,, als Verdachtssymptom für den Irrsinn des
Propheten verarbeitet. »Ob der Mann nicht doch am Ende Recht hat?« (Seite 727,!
Zeile 18.)" Diese Worte beziehen sich nicht auf die Luftfahrt des Messias, sondern !
"uf de Jouges Kritik der christlichen Theologen, von der ich sage, seine Beweise
seien so scharfsinnig, mit so viel Geschick und Witz vorgetragen, daß man sich stellen-!
w.else versucht fühle, zu fragen, ob der Mann nicht am Ende Recht habe, „natürlich
"icht mit dem Luftballon, aber mit vielen andern seiner Schrifterklärungen". Gegen


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[0523] Maßgebliches und Unmaßgebliches nüchterne und helle Studie von Joseph Braun über die „Kirchenbauten der deutschen Jesuiten" (Herder) aufschlagen! Von Werken über einzelne Künstler empfehlen wir diesmal nur zwei. Eine feine Gabe ist das Segantiniheft der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege (Scholz; 1 Mark) mit siebzehn Zeichnungen des Südtiroler Meisters, der zu den sehr wenigen besten der Gegenwart gehört, an Innigkeit der Naturempfindung von keinem übertroffen wird und mit seinen Alpenschildereien wie mit den Mutter- und Kindbildern einen Teil von Dürers Erbe angetreten hat (mit kurzem, gutem Ge¬ leitwort von W Kotzde). Und in den „Klassikern der Kunst" (Deutsche Verlags- nnstalt) ist soeben der Vandyckband ausgegeben worden, sicher einer der schönsten dieser wichtigen Sammlung. Eine kluge Neuerung darin ist, daß die Bilder nicht schwarz, sondern könig gedruckt sind, hier alle in einem ganz dunkeln Braun¬ violett, das man kaum als Farbe empfindet, das aber doch eine Annäherung an vandycksche Farbenwirkung enthält. Das sich so darstellende Gesamtmerk des Meisters ist überraschend stattlich, auch wenn die Autorschaft des einen oder des andern Blattes strittig bleibt. Die gewandte Einleitung des Herausgebers Emil Schaeffer nimmt frei und lebhaft zu dem Künstler Stellung; dieser wird treffend als vielleicht der einzige Modcmaler in der ganzen Kunstgeschichte bezeichnet, der nie wieder außer Mode gekommen sei. Manches Fragezeichen wird sich vielleicht dem aufmerksamen ! Durchprüfer des Bandes ergeben, wenn er alles in den Anmerkungen ciusgesprochnc beim Betrachen der Bilder nachzuwägen versucht; die Ausgabe muß aber auch in diesem Teile mindestens als sehr anregend bezeichnet werden. Das Seite 157 wiedergegebne „Fainilienbildnis" (bei Sir Frederick Cook, Richmond) halten wir ^ fü R. w. r eine Darstellung der Familie Rubens, etwa 1619 gemalt. De Jorge und Zeppelin. Im dritten Bande des Jahrgangs 1904 der! Grenzboten Seite 725 habe ich zwei Schriften von Moritz de Jorge besprochen. Ich habe nach seinen eignen Angaben erzählt, wie er Christ geworden, auf das Gutachten von vier jüdischen Ärzten hin als irrsinnig eingesperrt worden, dann aber zum Judentum zurückgekehrt ist und sich mit seiner Familie wieder ausgesöhnt hat. Über seine zwei Schriften habe ich objektiv berichtet und unter anderm erwähnt, ^ daß er prophezeit, der Messias werde demnächst, auf einem Schimmel im lenkbarem! Lustschiff sitzend, ankommen und einen Triumphzug um die Erde halten. Daraus schreibe ! ich, die vier jüdischen Ärzte würden, wenn sie das lasen, ausrufen: so haben wir also doch recht gehabt! Angenommen jedoch, schreibe ich weiter, „er wäre wirklich irrsinnig, - se» würde es sich immer noch fragen, ob man das Recht hätte, ihn einzusperren. Vorläufig ist das lenkbare Luftschiff noch nicht erfunden, und er hat den Triumphzug, der ja als grober Unfug und Rebellion, verursacht durch religiösen Wahnsinn, i qualifiziert werden könnte, noch nicht angetreten. sEin jüdischer Journalist hatte mir - nämlich gesagt, daß de Jorge sich selbst für den Messias halte.j Dann aber muß mau nicht glauben, daß alles so verrückt klinge wie das Angeführte." Und nun teile ich einiges von den Ergebnissen seiner Bibelforschung mit, das ich als überaus ^ scharfsinnig, von tiefem Studium zeugend und ernstlicher Beachtung wert charakterisiere. Nach Zeppelins erster großer Fahrt nun schrieb er an mich: „In den Grenzboten ^ hat Herr Carl Jentsch die Prophezeiung, daß das lenkbare Luftschiff in naher Zukunft erfunden werden würde,, als Verdachtssymptom für den Irrsinn des Propheten verarbeitet. »Ob der Mann nicht doch am Ende Recht hat?« (Seite 727,! Zeile 18.)" Diese Worte beziehen sich nicht auf die Luftfahrt des Messias, sondern ! "uf de Jouges Kritik der christlichen Theologen, von der ich sage, seine Beweise seien so scharfsinnig, mit so viel Geschick und Witz vorgetragen, daß man sich stellen-! w.else versucht fühle, zu fragen, ob der Mann nicht am Ende Recht habe, „natürlich "icht mit dem Luftballon, aber mit vielen andern seiner Schrifterklärungen". Gegen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/523>, abgerufen am 22.07.2024.