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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Gberlichrer Hau?

Wie sonderbar das war, sagte sie sinnend, daß du das vom Himmelstau
logtest!

Das ist doch nicht so sonderbar, es ist ja das Lied, das du singst!

Ja --

Übrigens -- ja -- es ist eigentlich doch wunderbar. Du weißt ja nicht, daß
ich es gehört habe. Es war eines Tags ganz früh im Herbst, in der Bibliothek,
wo ich mit deinem Vater saß, und da singst du an, das Lied zu singen, das ich
nie gehört hatte. Und da erhob dein Vater die Hand und sagte: Se! Und dann
Wen wir da und hörten dich das Lied zu Ende singen. Als du fertig warst,
Mg der Oberlehrer an, im Zimmer auf und nieder zu gehn, und so sehr ich mich
auch bemühte, auf das zurückzukommen, wovon wir gesprochen hatten, er antwortete
""r nicht. Schließlich sagte er: Das ist ein außerordentlich schönes Lied! Er
hatte an nichts weiter gedacht als an das Lied --

Den Tag, als du das von den Augen zu mir sagtest -- als wir oben nach
°em See hinaufgingen, weißt du noch?

Ob ich das noch weiß!

Als ich damals nach Hause kam, war Mutter elend. Es war am Tage vor
ihrem Tode. > '

Ja, ach ja, das war es.

Da habe ich das Lied gesungen. Und da war Mutter aufgestanden -- sie
wollte wohl irgend etwas holen, die Ärmste. Und mitten während des Liedes kam
Ne ins Zimmer hinein. Und da fiel sie um und wurde ohnmächtig.

Sie war ja elend.

Ja, sie war elender, als wir ahnten!

w> fingen eine Weile schweigend weiter. Dann sagte sie: Weißt du, wie
uderlich der Spaziergang für mich war -- an dem Tage nach dem See hinauf?

gelon^" ""^ ^ivundert, daß ich an dem Tage mit dem Leben davon

Du -- ?

Ich war so verliebt in dich, daß ich glaubte, ich müßte wahnsinnig werden!

Als ich dir auf der Straße begegnete, weißt du, was mir damals passiert war?

Du warst in einer Missionsversammlung oder dergleichen gewesen.

Pastor Kalkart hatte um mich angehalten.

Kalkart! -- der freche Kerl!

5,. Berry lachte laut. Dann sagte sie ernsthaft: Wir dürfen nicht darüber lachen,
^es habe es seither so gut verstehn lernen. Der arme Kalkart! --

So ein alter Kerl!

Ach so alt . . . Das ist doch nicht so gefährlich!

Was hast dn ihm denn gesagt?

So ^ ^ sonderbar, daß wir von dem Liede sprechen mußten! Weißt du,
. "end, als Mutter an dem Abend zu Bett gekommen war, und Doktor Lange
"gewesen war und gesagt hatte, daß es nicht so gefährlich sei. da setzte ich mich
und schrieb einen Brief an Kalkart.

Hab ich je so was gehört! Einen Brief an Kalkart!

helpt K wir gesagt, er wolle auf Antwort von mir warten. Und dann
aus i ^ Abend, er solle nie, niemals auf eine Antwort von mir warten,
geWord nämlich. Denn ich sei mir ganz sicher und klar darüber

Geworden _?


Gberlichrer Hau?

Wie sonderbar das war, sagte sie sinnend, daß du das vom Himmelstau
logtest!

Das ist doch nicht so sonderbar, es ist ja das Lied, das du singst!

Ja —

Übrigens — ja — es ist eigentlich doch wunderbar. Du weißt ja nicht, daß
ich es gehört habe. Es war eines Tags ganz früh im Herbst, in der Bibliothek,
wo ich mit deinem Vater saß, und da singst du an, das Lied zu singen, das ich
nie gehört hatte. Und da erhob dein Vater die Hand und sagte: Se! Und dann
Wen wir da und hörten dich das Lied zu Ende singen. Als du fertig warst,
Mg der Oberlehrer an, im Zimmer auf und nieder zu gehn, und so sehr ich mich
auch bemühte, auf das zurückzukommen, wovon wir gesprochen hatten, er antwortete
""r nicht. Schließlich sagte er: Das ist ein außerordentlich schönes Lied! Er
hatte an nichts weiter gedacht als an das Lied —

Den Tag, als du das von den Augen zu mir sagtest — als wir oben nach
°em See hinaufgingen, weißt du noch?

Ob ich das noch weiß!

Als ich damals nach Hause kam, war Mutter elend. Es war am Tage vor
ihrem Tode. > '

Ja, ach ja, das war es.

Da habe ich das Lied gesungen. Und da war Mutter aufgestanden — sie
wollte wohl irgend etwas holen, die Ärmste. Und mitten während des Liedes kam
Ne ins Zimmer hinein. Und da fiel sie um und wurde ohnmächtig.

Sie war ja elend.

Ja, sie war elender, als wir ahnten!

w> fingen eine Weile schweigend weiter. Dann sagte sie: Weißt du, wie
uderlich der Spaziergang für mich war — an dem Tage nach dem See hinauf?

gelon^" ""^ ^ivundert, daß ich an dem Tage mit dem Leben davon

Du — ?

Ich war so verliebt in dich, daß ich glaubte, ich müßte wahnsinnig werden!

Als ich dir auf der Straße begegnete, weißt du, was mir damals passiert war?

Du warst in einer Missionsversammlung oder dergleichen gewesen.

Pastor Kalkart hatte um mich angehalten.

Kalkart! — der freche Kerl!

5,. Berry lachte laut. Dann sagte sie ernsthaft: Wir dürfen nicht darüber lachen,
^es habe es seither so gut verstehn lernen. Der arme Kalkart! —

So ein alter Kerl!

Ach so alt . . . Das ist doch nicht so gefährlich!

Was hast dn ihm denn gesagt?

So ^ ^ sonderbar, daß wir von dem Liede sprechen mußten! Weißt du,
. "end, als Mutter an dem Abend zu Bett gekommen war, und Doktor Lange
"gewesen war und gesagt hatte, daß es nicht so gefährlich sei. da setzte ich mich
und schrieb einen Brief an Kalkart.

Hab ich je so was gehört! Einen Brief an Kalkart!

helpt K wir gesagt, er wolle auf Antwort von mir warten. Und dann
aus i ^ Abend, er solle nie, niemals auf eine Antwort von mir warten,
geWord nämlich. Denn ich sei mir ganz sicher und klar darüber

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[0407] Gberlichrer Hau? Wie sonderbar das war, sagte sie sinnend, daß du das vom Himmelstau logtest! Das ist doch nicht so sonderbar, es ist ja das Lied, das du singst! Ja — Übrigens — ja — es ist eigentlich doch wunderbar. Du weißt ja nicht, daß ich es gehört habe. Es war eines Tags ganz früh im Herbst, in der Bibliothek, wo ich mit deinem Vater saß, und da singst du an, das Lied zu singen, das ich nie gehört hatte. Und da erhob dein Vater die Hand und sagte: Se! Und dann Wen wir da und hörten dich das Lied zu Ende singen. Als du fertig warst, Mg der Oberlehrer an, im Zimmer auf und nieder zu gehn, und so sehr ich mich auch bemühte, auf das zurückzukommen, wovon wir gesprochen hatten, er antwortete ""r nicht. Schließlich sagte er: Das ist ein außerordentlich schönes Lied! Er hatte an nichts weiter gedacht als an das Lied — Den Tag, als du das von den Augen zu mir sagtest — als wir oben nach °em See hinaufgingen, weißt du noch? Ob ich das noch weiß! Als ich damals nach Hause kam, war Mutter elend. Es war am Tage vor ihrem Tode. > ' Ja, ach ja, das war es. Da habe ich das Lied gesungen. Und da war Mutter aufgestanden — sie wollte wohl irgend etwas holen, die Ärmste. Und mitten während des Liedes kam Ne ins Zimmer hinein. Und da fiel sie um und wurde ohnmächtig. Sie war ja elend. Ja, sie war elender, als wir ahnten! w> fingen eine Weile schweigend weiter. Dann sagte sie: Weißt du, wie uderlich der Spaziergang für mich war — an dem Tage nach dem See hinauf? gelon^" ""^ ^ivundert, daß ich an dem Tage mit dem Leben davon Du — ? Ich war so verliebt in dich, daß ich glaubte, ich müßte wahnsinnig werden! Als ich dir auf der Straße begegnete, weißt du, was mir damals passiert war? Du warst in einer Missionsversammlung oder dergleichen gewesen. Pastor Kalkart hatte um mich angehalten. Kalkart! — der freche Kerl! 5,. Berry lachte laut. Dann sagte sie ernsthaft: Wir dürfen nicht darüber lachen, ^es habe es seither so gut verstehn lernen. Der arme Kalkart! — So ein alter Kerl! Ach so alt . . . Das ist doch nicht so gefährlich! Was hast dn ihm denn gesagt? So ^ ^ sonderbar, daß wir von dem Liede sprechen mußten! Weißt du, . "end, als Mutter an dem Abend zu Bett gekommen war, und Doktor Lange "gewesen war und gesagt hatte, daß es nicht so gefährlich sei. da setzte ich mich und schrieb einen Brief an Kalkart. Hab ich je so was gehört! Einen Brief an Kalkart! helpt K wir gesagt, er wolle auf Antwort von mir warten. Und dann aus i ^ Abend, er solle nie, niemals auf eine Antwort von mir warten, geWord nämlich. Denn ich sei mir ganz sicher und klar darüber Geworden _?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/407>, abgerufen am 23.06.2024.