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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die römische Campagna, ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung

Gesetz, das die Entwässerung der römischen Campagna zum Ziele hat, beschlossen.
Ein großer Teil der römischen Campagna war nämlich, wie angedeutet, infolge
der Versumpfung jeder landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Sich selbst über¬
lassen, verschlechterten sich die Abflußverhältnisse immer mehr, sodaß nicht nur
die Tibermündung, sondern auch das ganze Gebiet der römischen Campagna
eine Fiebergegend war, in der sich die Malaria in der gefährlichsten Form aus¬
breitete. Das Gesetz bezog sich nun auf die Ausführung folgender Arbeiten:

a) Trockenlegung der Sümpfe von Ostia nach Maccarese, des Lago ti Tatari,
der Sümpfe von Stracciacappe, der tiefliegenden Ländereien von Almone, von
Pcmtano und Baccano und einigen andern versumpften Landflächen.

d) Ableitung der Quellen und Regelung der Abflußwasser und aller unter¬
irdischer Wasserlüufe in der römischen Campagna.

o) Eine Melioration der Grundstücke, die innerhalb eines Umkreises von
10 Kilometern Entfernung um Rom liegen.

Ferner wird nach diesem Gesetze bestimmt, daß Zwangsmeliorations¬
genossenschaften zwischen den Grundbesitzern zu bilden sind,

die erstens die Kanüle und Gräben innerhalb ihrer Besitzung zu unter¬
halten haben,

die zweitens in dem Bereich des Genossenschaftsbezirks vorhandnen Quellen
und stagnierenden Gewässer überall da abzuleiten haben, wo in dieser Hinsicht
nicht schon durch das Gesetz Vorsorge getroffen ist.

Die unter " bezeichneten Meliorationen sollen vom Staate durchgeführt
werden, und es sollen die Grundbesitzer zu Beitragsleistungen herangezogen
Werden. Die Kosten für die Meliorationen unter b sollen von neu zu
gründenden Zwangsgenossenschaften aufgebracht werden; für den Fall, daß sie
nicht durchgeführt werden, läßt sie der Staat auf Rechnung der Genossenschaft
herstellen.

Von den durch das obige Gesetz vorgesehenen Meliorationen sind die
vont Staate auszuführenden Arbeiten zur Durchführung gelangt sowie auch
der größte Teil der genossenschaftlichen Arbeiten.

An der Mündung des Tibers liegen die Sümpfe von Ostia und Macca¬
rese, deren Trockenlegung eine der wichtigsten Arbeiten im Agro Romano
war. Von dem Sumpfe Ostia befinden sich etwa 290 Hektar, von dem
Sumpfe Maccarese 337 Hektar unter dem Meeresspiegel (im Mittel 0,35 Meter).
Daran schließt sich eine Anzahl kleinerer Sümpfe an, sodaß die ganze ent¬
wässerte Fläche 8300 Hektar und das Niederschlagsgebiet 19330 Hektar be¬
trägt. Ein Abfluß nach dem Meer war nur der Form" emissario, ein in
einen Kanal umgewandeltes Flußbett des Tibers, der zuletzt aber keinen Ab¬
fluß mehr gestattete. Die großen Sümpfe mußten natürlich auf die hygienischen
Verhältnisse der Stadt Rom und deren Umgebung einen verderblichen Ein¬
fluß ausüben, weshalb die Negierung alsbald nach 1870 diesen unhaltbaren
Zuständen ihr Interesse zuwandte. Im Jahre 1885 wurde jedoch erst mit


Die römische Campagna, ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung

Gesetz, das die Entwässerung der römischen Campagna zum Ziele hat, beschlossen.
Ein großer Teil der römischen Campagna war nämlich, wie angedeutet, infolge
der Versumpfung jeder landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Sich selbst über¬
lassen, verschlechterten sich die Abflußverhältnisse immer mehr, sodaß nicht nur
die Tibermündung, sondern auch das ganze Gebiet der römischen Campagna
eine Fiebergegend war, in der sich die Malaria in der gefährlichsten Form aus¬
breitete. Das Gesetz bezog sich nun auf die Ausführung folgender Arbeiten:

a) Trockenlegung der Sümpfe von Ostia nach Maccarese, des Lago ti Tatari,
der Sümpfe von Stracciacappe, der tiefliegenden Ländereien von Almone, von
Pcmtano und Baccano und einigen andern versumpften Landflächen.

d) Ableitung der Quellen und Regelung der Abflußwasser und aller unter¬
irdischer Wasserlüufe in der römischen Campagna.

o) Eine Melioration der Grundstücke, die innerhalb eines Umkreises von
10 Kilometern Entfernung um Rom liegen.

Ferner wird nach diesem Gesetze bestimmt, daß Zwangsmeliorations¬
genossenschaften zwischen den Grundbesitzern zu bilden sind,

die erstens die Kanüle und Gräben innerhalb ihrer Besitzung zu unter¬
halten haben,

die zweitens in dem Bereich des Genossenschaftsbezirks vorhandnen Quellen
und stagnierenden Gewässer überall da abzuleiten haben, wo in dieser Hinsicht
nicht schon durch das Gesetz Vorsorge getroffen ist.

Die unter » bezeichneten Meliorationen sollen vom Staate durchgeführt
werden, und es sollen die Grundbesitzer zu Beitragsleistungen herangezogen
Werden. Die Kosten für die Meliorationen unter b sollen von neu zu
gründenden Zwangsgenossenschaften aufgebracht werden; für den Fall, daß sie
nicht durchgeführt werden, läßt sie der Staat auf Rechnung der Genossenschaft
herstellen.

Von den durch das obige Gesetz vorgesehenen Meliorationen sind die
vont Staate auszuführenden Arbeiten zur Durchführung gelangt sowie auch
der größte Teil der genossenschaftlichen Arbeiten.

An der Mündung des Tibers liegen die Sümpfe von Ostia und Macca¬
rese, deren Trockenlegung eine der wichtigsten Arbeiten im Agro Romano
war. Von dem Sumpfe Ostia befinden sich etwa 290 Hektar, von dem
Sumpfe Maccarese 337 Hektar unter dem Meeresspiegel (im Mittel 0,35 Meter).
Daran schließt sich eine Anzahl kleinerer Sümpfe an, sodaß die ganze ent¬
wässerte Fläche 8300 Hektar und das Niederschlagsgebiet 19330 Hektar be¬
trägt. Ein Abfluß nach dem Meer war nur der Form« emissario, ein in
einen Kanal umgewandeltes Flußbett des Tibers, der zuletzt aber keinen Ab¬
fluß mehr gestattete. Die großen Sümpfe mußten natürlich auf die hygienischen
Verhältnisse der Stadt Rom und deren Umgebung einen verderblichen Ein¬
fluß ausüben, weshalb die Negierung alsbald nach 1870 diesen unhaltbaren
Zuständen ihr Interesse zuwandte. Im Jahre 1885 wurde jedoch erst mit


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[0394] Die römische Campagna, ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung Gesetz, das die Entwässerung der römischen Campagna zum Ziele hat, beschlossen. Ein großer Teil der römischen Campagna war nämlich, wie angedeutet, infolge der Versumpfung jeder landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Sich selbst über¬ lassen, verschlechterten sich die Abflußverhältnisse immer mehr, sodaß nicht nur die Tibermündung, sondern auch das ganze Gebiet der römischen Campagna eine Fiebergegend war, in der sich die Malaria in der gefährlichsten Form aus¬ breitete. Das Gesetz bezog sich nun auf die Ausführung folgender Arbeiten: a) Trockenlegung der Sümpfe von Ostia nach Maccarese, des Lago ti Tatari, der Sümpfe von Stracciacappe, der tiefliegenden Ländereien von Almone, von Pcmtano und Baccano und einigen andern versumpften Landflächen. d) Ableitung der Quellen und Regelung der Abflußwasser und aller unter¬ irdischer Wasserlüufe in der römischen Campagna. o) Eine Melioration der Grundstücke, die innerhalb eines Umkreises von 10 Kilometern Entfernung um Rom liegen. Ferner wird nach diesem Gesetze bestimmt, daß Zwangsmeliorations¬ genossenschaften zwischen den Grundbesitzern zu bilden sind, die erstens die Kanüle und Gräben innerhalb ihrer Besitzung zu unter¬ halten haben, die zweitens in dem Bereich des Genossenschaftsbezirks vorhandnen Quellen und stagnierenden Gewässer überall da abzuleiten haben, wo in dieser Hinsicht nicht schon durch das Gesetz Vorsorge getroffen ist. Die unter » bezeichneten Meliorationen sollen vom Staate durchgeführt werden, und es sollen die Grundbesitzer zu Beitragsleistungen herangezogen Werden. Die Kosten für die Meliorationen unter b sollen von neu zu gründenden Zwangsgenossenschaften aufgebracht werden; für den Fall, daß sie nicht durchgeführt werden, läßt sie der Staat auf Rechnung der Genossenschaft herstellen. Von den durch das obige Gesetz vorgesehenen Meliorationen sind die vont Staate auszuführenden Arbeiten zur Durchführung gelangt sowie auch der größte Teil der genossenschaftlichen Arbeiten. An der Mündung des Tibers liegen die Sümpfe von Ostia und Macca¬ rese, deren Trockenlegung eine der wichtigsten Arbeiten im Agro Romano war. Von dem Sumpfe Ostia befinden sich etwa 290 Hektar, von dem Sumpfe Maccarese 337 Hektar unter dem Meeresspiegel (im Mittel 0,35 Meter). Daran schließt sich eine Anzahl kleinerer Sümpfe an, sodaß die ganze ent¬ wässerte Fläche 8300 Hektar und das Niederschlagsgebiet 19330 Hektar be¬ trägt. Ein Abfluß nach dem Meer war nur der Form« emissario, ein in einen Kanal umgewandeltes Flußbett des Tibers, der zuletzt aber keinen Ab¬ fluß mehr gestattete. Die großen Sümpfe mußten natürlich auf die hygienischen Verhältnisse der Stadt Rom und deren Umgebung einen verderblichen Ein¬ fluß ausüben, weshalb die Negierung alsbald nach 1870 diesen unhaltbaren Zuständen ihr Interesse zuwandte. Im Jahre 1885 wurde jedoch erst mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/394>, abgerufen am 22.07.2024.