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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanöverii

die Kavallerie infolge ihrer größer" Beweglichkeit und oft weitreichenden Auf¬
träge im Kriege außerstande sein würde, ihre Küchenwagen zu finden, können
doch allein nicht maßgebend sein. Denn überall da, wo diese Fahrzeuge doch
zur Stelle sein werden, wird gerade die Kavallerie, die schnell weiter muß
und zum Abkochen keine Zeit hat, ihr Vorhandensein besonders wohltätig
empfinden. Hinzugefügt sei noch, daß die Küchenwagen nicht etwa das Selbst¬
kochen der Mannschaften unter allen Umständen unnötig machen werden. Es
können namentlich im Kriege sehr wohl Fälle eintreten, wo die Wagen die
Truppe nicht erreichen. Dann muß der Mann sein Essen selbst bereiten, und
damit er das kann, wird er darin bei den Friedensmanövern geübt.

Einen andern Fortschritt auf dem Gebiete des Verpflegungswesens be¬
deutete die Einteilung von Automobilkolonnen mit zusammen 38 Fahrzeugen
zur Beförderung der Lebensmittel und Furage des 16. Armeekorps und der
Kavalleriedivision von den Manöverproviantämtern zu den Zwischenmagazinen.
Von den Zwischenmagazinen ans übernahmen die gewöhnlichen Truppenfahr¬
zeuge die Transporte und führten sie den Bestimmungsorten zu. Die Kraft¬
wagen hatten täglich etwa 80 bis 100 Kilometer zurückzulegen; die Fahrzeuge der
Infanteriedivisionen waren gemischten ältern Systems, die der Kavallerie ge¬
hörten dem sogenannten einheitlichen Einbürgerungstyp an. Im großen und
ganzen ist der Versuch mit den Automobilkolonnen als gelungen zu bezeichnen,
nur müßte im nächsten Jahr in der Organisation des Dienstes eine Ver¬
besserung durch Teilung der Kolonnen in zwei Staffeln eintreten. Die dies¬
malige Einteilung in eine Staffel ohne Ablösung hat an Personal und Material
unnötig hohe Anforderungen gestellt.

Es ist am Schluß unsrer Ausführungen noch den Direktionen der Reichs-
eisenbahuen in Elsaß-Lothringen lobend Erwähnung menn. Sie haben
durch sachgemäße Anordnungen sowohl während des Mnnöverlaufes als auch
nach Schluß der Übungen die Truppen-An- und Abtransport" geregelt und
dadurch erreicht, daß der gewöhnliche Personenverkehr überhaupt nicht ins
Stocken geriet, lind daß der Gütertransport nur auf kurze Zeit etwas ein¬
geschränkt zu werden brauchte. Allein am 11. September wurden vom
Manövergelände aus von 9 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags mit 39 Mi¬
litär-Sonderzügen 1100 Offiziere, 40855 Mann, 1239 Pferde, 76 Fahrzeuge
und 266000 Kilogramm Gepäck abgefertigt; am 12. September folgte der
Nest der Truppen in 24 Sonderzügen.

So haben also die Kaisermanöver in den Reichslanden in allen wesent¬
lichen Punkten ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis gehabt und gezeigt,
daß die viele Mühe und Arbeit aller Stellen gute Früchte getragen haben.




Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanöverii

die Kavallerie infolge ihrer größer» Beweglichkeit und oft weitreichenden Auf¬
träge im Kriege außerstande sein würde, ihre Küchenwagen zu finden, können
doch allein nicht maßgebend sein. Denn überall da, wo diese Fahrzeuge doch
zur Stelle sein werden, wird gerade die Kavallerie, die schnell weiter muß
und zum Abkochen keine Zeit hat, ihr Vorhandensein besonders wohltätig
empfinden. Hinzugefügt sei noch, daß die Küchenwagen nicht etwa das Selbst¬
kochen der Mannschaften unter allen Umständen unnötig machen werden. Es
können namentlich im Kriege sehr wohl Fälle eintreten, wo die Wagen die
Truppe nicht erreichen. Dann muß der Mann sein Essen selbst bereiten, und
damit er das kann, wird er darin bei den Friedensmanövern geübt.

Einen andern Fortschritt auf dem Gebiete des Verpflegungswesens be¬
deutete die Einteilung von Automobilkolonnen mit zusammen 38 Fahrzeugen
zur Beförderung der Lebensmittel und Furage des 16. Armeekorps und der
Kavalleriedivision von den Manöverproviantämtern zu den Zwischenmagazinen.
Von den Zwischenmagazinen ans übernahmen die gewöhnlichen Truppenfahr¬
zeuge die Transporte und führten sie den Bestimmungsorten zu. Die Kraft¬
wagen hatten täglich etwa 80 bis 100 Kilometer zurückzulegen; die Fahrzeuge der
Infanteriedivisionen waren gemischten ältern Systems, die der Kavallerie ge¬
hörten dem sogenannten einheitlichen Einbürgerungstyp an. Im großen und
ganzen ist der Versuch mit den Automobilkolonnen als gelungen zu bezeichnen,
nur müßte im nächsten Jahr in der Organisation des Dienstes eine Ver¬
besserung durch Teilung der Kolonnen in zwei Staffeln eintreten. Die dies¬
malige Einteilung in eine Staffel ohne Ablösung hat an Personal und Material
unnötig hohe Anforderungen gestellt.

Es ist am Schluß unsrer Ausführungen noch den Direktionen der Reichs-
eisenbahuen in Elsaß-Lothringen lobend Erwähnung menn. Sie haben
durch sachgemäße Anordnungen sowohl während des Mnnöverlaufes als auch
nach Schluß der Übungen die Truppen-An- und Abtransport« geregelt und
dadurch erreicht, daß der gewöhnliche Personenverkehr überhaupt nicht ins
Stocken geriet, lind daß der Gütertransport nur auf kurze Zeit etwas ein¬
geschränkt zu werden brauchte. Allein am 11. September wurden vom
Manövergelände aus von 9 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags mit 39 Mi¬
litär-Sonderzügen 1100 Offiziere, 40855 Mann, 1239 Pferde, 76 Fahrzeuge
und 266000 Kilogramm Gepäck abgefertigt; am 12. September folgte der
Nest der Truppen in 24 Sonderzügen.

So haben also die Kaisermanöver in den Reichslanden in allen wesent¬
lichen Punkten ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis gehabt und gezeigt,
daß die viele Mühe und Arbeit aller Stellen gute Früchte getragen haben.




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[0326] Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanöverii die Kavallerie infolge ihrer größer» Beweglichkeit und oft weitreichenden Auf¬ träge im Kriege außerstande sein würde, ihre Küchenwagen zu finden, können doch allein nicht maßgebend sein. Denn überall da, wo diese Fahrzeuge doch zur Stelle sein werden, wird gerade die Kavallerie, die schnell weiter muß und zum Abkochen keine Zeit hat, ihr Vorhandensein besonders wohltätig empfinden. Hinzugefügt sei noch, daß die Küchenwagen nicht etwa das Selbst¬ kochen der Mannschaften unter allen Umständen unnötig machen werden. Es können namentlich im Kriege sehr wohl Fälle eintreten, wo die Wagen die Truppe nicht erreichen. Dann muß der Mann sein Essen selbst bereiten, und damit er das kann, wird er darin bei den Friedensmanövern geübt. Einen andern Fortschritt auf dem Gebiete des Verpflegungswesens be¬ deutete die Einteilung von Automobilkolonnen mit zusammen 38 Fahrzeugen zur Beförderung der Lebensmittel und Furage des 16. Armeekorps und der Kavalleriedivision von den Manöverproviantämtern zu den Zwischenmagazinen. Von den Zwischenmagazinen ans übernahmen die gewöhnlichen Truppenfahr¬ zeuge die Transporte und führten sie den Bestimmungsorten zu. Die Kraft¬ wagen hatten täglich etwa 80 bis 100 Kilometer zurückzulegen; die Fahrzeuge der Infanteriedivisionen waren gemischten ältern Systems, die der Kavallerie ge¬ hörten dem sogenannten einheitlichen Einbürgerungstyp an. Im großen und ganzen ist der Versuch mit den Automobilkolonnen als gelungen zu bezeichnen, nur müßte im nächsten Jahr in der Organisation des Dienstes eine Ver¬ besserung durch Teilung der Kolonnen in zwei Staffeln eintreten. Die dies¬ malige Einteilung in eine Staffel ohne Ablösung hat an Personal und Material unnötig hohe Anforderungen gestellt. Es ist am Schluß unsrer Ausführungen noch den Direktionen der Reichs- eisenbahuen in Elsaß-Lothringen lobend Erwähnung menn. Sie haben durch sachgemäße Anordnungen sowohl während des Mnnöverlaufes als auch nach Schluß der Übungen die Truppen-An- und Abtransport« geregelt und dadurch erreicht, daß der gewöhnliche Personenverkehr überhaupt nicht ins Stocken geriet, lind daß der Gütertransport nur auf kurze Zeit etwas ein¬ geschränkt zu werden brauchte. Allein am 11. September wurden vom Manövergelände aus von 9 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags mit 39 Mi¬ litär-Sonderzügen 1100 Offiziere, 40855 Mann, 1239 Pferde, 76 Fahrzeuge und 266000 Kilogramm Gepäck abgefertigt; am 12. September folgte der Nest der Truppen in 24 Sonderzügen. So haben also die Kaisermanöver in den Reichslanden in allen wesent¬ lichen Punkten ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis gehabt und gezeigt, daß die viele Mühe und Arbeit aller Stellen gute Früchte getragen haben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/326>, abgerufen am 22.07.2024.