Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanövern

kam es auf die Geschicklichkeit des einzelnen an, ob er sich in seinem Koch¬
geschirr ein schmackhaftes, gares und bekömmliches Gericht bereiten konnte.
Bedenkt man nun, daß der Soldat oft erst nach großen Anstrengungen ins
Biwak gelangt, wo das Bedürfnis nach Ruhe viel dringender ist als das nach
Sättigung, so wird es erklärlich erscheinen, daß er seine Portion häufig gar
nicht oder nur unvollkommen bereitet. Dazu kommt, daß bei plötzlichem Alarm
während des Kochens das in den Kochgeschirren angesetzte, noch ungare Essen
weggeschüttet werden muß. und daß das Abkochen während des Marsches, das
unter Umständen unvermeidlich ist. z. B. wenn lange Unterbrechungen des
Marsches notwendig werden, oder wenn höhere Rücksichten nach längerer Rast
die Fortsetzung des Marsches bis zum Abend oder in die Nacht hinein fordern,
für den einzelnen mit großen Umständen verbunden ist. Es kann dann nur
längs der Marschstraße abgekocht werden, wobei die Beschaffung von Wasser
und Holz zu weiten Wegen nötigen kann. Allen diesen Übelständen helfen
die Feldküchen ab; sie sind so fahrbar konstruiert, daß sie den Truppen bequem
überall folgen können, sie kochen noch während des Marschierens, sodaß dem
Soldaten bald nach dem Einrücken ins Biwak oder, wenn nötig, beim Halt
auf dem Marsche das fertige Essen ausgeteilt werden kann. Die Bereitung
der Speisen erfolgt rationeller und schmackhafter; ebenso ist Wegschütten bei
Alarm ausgeschlossen. Auch ist die Möglichkeit vorhanden, auf langen Märschen
Tee oder Kaffee zur Erfrischung der Mannschaften bereitzuhalten. Dem¬
entsprechend sind die neusten Modelle der zweispännigen Feldküchen mit zwei
Kesseln versehen, von denen der eine für die Zubereitung von Speisen, der
andre zum Teekochen bestimmt ist. Die Ausrüstung mit diesen Küchenwagen
hat gute Fortschritte gemacht, nachdem im Etat von 1908 etwas über eine
Million Mark dafür bewilligt worden waren. Es konnten deshalb im dies¬
jährigen Kaisermanöver bereits 52 solcher Küchen benutzt werden, von denen
28 auf das 15 Armeekorps für die Regimenter 97. 126 und 138 und 24
auf das 16 Armeekorps für die Regimenter 98 und 130 verteilt waren. Im
Vorjahre waren bei den Manövern in Westfalen nur 3 Feldküchen vertreten,
der Fortschritt ist darum als außerordentlich zu bezeichnen. Die Wetter¬
beschaffung dieses wertvollen Verpflegungsinventars hängt von den Mitteln
°b. die der Reichstag dafür bewilligt. Benötigt werden nach vorläufiger
Berechnung 21V Millionen Mark. Sie reichen aber nur aus, jede In¬
fanterie-, Jäger- und Feldpionierkompagnie sowie jede Batterie der schweren
Artillerie des Feldheeres mit je einem Feldküchenwagen auszustatten. Für
die übrigen Truppenteile wären für dieselben Zwecke noch weitere 10 Millionen
notwendig; doch heißt es. daß die Heeresverwaltung zunächst nicht die Absicht
habe, auch für die Kavallerie und Feldartillerie diese Anschaffungen zu machen.
Es wird das aber wohl nur ein erster Beschluß sein, denn es ist nicht recht ein¬
zusehen, warum nicht auch auf diese beiden Waffen die Vorteile einer schnellern
Verpflegungsmöglichkeit ausgedehnt werden sollten. Die Gründe, daß namentlich


Grenzboten IV 1908
Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanövern

kam es auf die Geschicklichkeit des einzelnen an, ob er sich in seinem Koch¬
geschirr ein schmackhaftes, gares und bekömmliches Gericht bereiten konnte.
Bedenkt man nun, daß der Soldat oft erst nach großen Anstrengungen ins
Biwak gelangt, wo das Bedürfnis nach Ruhe viel dringender ist als das nach
Sättigung, so wird es erklärlich erscheinen, daß er seine Portion häufig gar
nicht oder nur unvollkommen bereitet. Dazu kommt, daß bei plötzlichem Alarm
während des Kochens das in den Kochgeschirren angesetzte, noch ungare Essen
weggeschüttet werden muß. und daß das Abkochen während des Marsches, das
unter Umständen unvermeidlich ist. z. B. wenn lange Unterbrechungen des
Marsches notwendig werden, oder wenn höhere Rücksichten nach längerer Rast
die Fortsetzung des Marsches bis zum Abend oder in die Nacht hinein fordern,
für den einzelnen mit großen Umständen verbunden ist. Es kann dann nur
längs der Marschstraße abgekocht werden, wobei die Beschaffung von Wasser
und Holz zu weiten Wegen nötigen kann. Allen diesen Übelständen helfen
die Feldküchen ab; sie sind so fahrbar konstruiert, daß sie den Truppen bequem
überall folgen können, sie kochen noch während des Marschierens, sodaß dem
Soldaten bald nach dem Einrücken ins Biwak oder, wenn nötig, beim Halt
auf dem Marsche das fertige Essen ausgeteilt werden kann. Die Bereitung
der Speisen erfolgt rationeller und schmackhafter; ebenso ist Wegschütten bei
Alarm ausgeschlossen. Auch ist die Möglichkeit vorhanden, auf langen Märschen
Tee oder Kaffee zur Erfrischung der Mannschaften bereitzuhalten. Dem¬
entsprechend sind die neusten Modelle der zweispännigen Feldküchen mit zwei
Kesseln versehen, von denen der eine für die Zubereitung von Speisen, der
andre zum Teekochen bestimmt ist. Die Ausrüstung mit diesen Küchenwagen
hat gute Fortschritte gemacht, nachdem im Etat von 1908 etwas über eine
Million Mark dafür bewilligt worden waren. Es konnten deshalb im dies¬
jährigen Kaisermanöver bereits 52 solcher Küchen benutzt werden, von denen
28 auf das 15 Armeekorps für die Regimenter 97. 126 und 138 und 24
auf das 16 Armeekorps für die Regimenter 98 und 130 verteilt waren. Im
Vorjahre waren bei den Manövern in Westfalen nur 3 Feldküchen vertreten,
der Fortschritt ist darum als außerordentlich zu bezeichnen. Die Wetter¬
beschaffung dieses wertvollen Verpflegungsinventars hängt von den Mitteln
°b. die der Reichstag dafür bewilligt. Benötigt werden nach vorläufiger
Berechnung 21V Millionen Mark. Sie reichen aber nur aus, jede In¬
fanterie-, Jäger- und Feldpionierkompagnie sowie jede Batterie der schweren
Artillerie des Feldheeres mit je einem Feldküchenwagen auszustatten. Für
die übrigen Truppenteile wären für dieselben Zwecke noch weitere 10 Millionen
notwendig; doch heißt es. daß die Heeresverwaltung zunächst nicht die Absicht
habe, auch für die Kavallerie und Feldartillerie diese Anschaffungen zu machen.
Es wird das aber wohl nur ein erster Beschluß sein, denn es ist nicht recht ein¬
zusehen, warum nicht auch auf diese beiden Waffen die Vorteile einer schnellern
Verpflegungsmöglichkeit ausgedehnt werden sollten. Die Gründe, daß namentlich


Grenzboten IV 1908
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0325" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310736"/>
          <fw type="header" place="top"> Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanövern</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1723" prev="#ID_1722" next="#ID_1724"> kam es auf die Geschicklichkeit des einzelnen an, ob er sich in seinem Koch¬<lb/>
geschirr ein schmackhaftes, gares und bekömmliches Gericht bereiten konnte.<lb/>
Bedenkt man nun, daß der Soldat oft erst nach großen Anstrengungen ins<lb/>
Biwak gelangt, wo das Bedürfnis nach Ruhe viel dringender ist als das nach<lb/>
Sättigung, so wird es erklärlich erscheinen, daß er seine Portion häufig gar<lb/>
nicht oder nur unvollkommen bereitet. Dazu kommt, daß bei plötzlichem Alarm<lb/>
während des Kochens das in den Kochgeschirren angesetzte, noch ungare Essen<lb/>
weggeschüttet werden muß. und daß das Abkochen während des Marsches, das<lb/>
unter Umständen unvermeidlich ist. z. B. wenn lange Unterbrechungen des<lb/>
Marsches notwendig werden, oder wenn höhere Rücksichten nach längerer Rast<lb/>
die Fortsetzung des Marsches bis zum Abend oder in die Nacht hinein fordern,<lb/>
für den einzelnen mit großen Umständen verbunden ist. Es kann dann nur<lb/>
längs der Marschstraße abgekocht werden, wobei die Beschaffung von Wasser<lb/>
und Holz zu weiten Wegen nötigen kann. Allen diesen Übelständen helfen<lb/>
die Feldküchen ab; sie sind so fahrbar konstruiert, daß sie den Truppen bequem<lb/>
überall folgen können, sie kochen noch während des Marschierens, sodaß dem<lb/>
Soldaten bald nach dem Einrücken ins Biwak oder, wenn nötig, beim Halt<lb/>
auf dem Marsche das fertige Essen ausgeteilt werden kann. Die Bereitung<lb/>
der Speisen erfolgt rationeller und schmackhafter; ebenso ist Wegschütten bei<lb/>
Alarm ausgeschlossen. Auch ist die Möglichkeit vorhanden, auf langen Märschen<lb/>
Tee oder Kaffee zur Erfrischung der Mannschaften bereitzuhalten. Dem¬<lb/>
entsprechend sind die neusten Modelle der zweispännigen Feldküchen mit zwei<lb/>
Kesseln versehen, von denen der eine für die Zubereitung von Speisen, der<lb/>
andre zum Teekochen bestimmt ist. Die Ausrüstung mit diesen Küchenwagen<lb/>
hat gute Fortschritte gemacht, nachdem im Etat von 1908 etwas über eine<lb/>
Million Mark dafür bewilligt worden waren. Es konnten deshalb im dies¬<lb/>
jährigen Kaisermanöver bereits 52 solcher Küchen benutzt werden, von denen<lb/>
28 auf das 15 Armeekorps für die Regimenter 97. 126 und 138 und 24<lb/>
auf das 16 Armeekorps für die Regimenter 98 und 130 verteilt waren. Im<lb/>
Vorjahre waren bei den Manövern in Westfalen nur 3 Feldküchen vertreten,<lb/>
der Fortschritt ist darum als außerordentlich zu bezeichnen. Die Wetter¬<lb/>
beschaffung dieses wertvollen Verpflegungsinventars hängt von den Mitteln<lb/>
°b. die der Reichstag dafür bewilligt. Benötigt werden nach vorläufiger<lb/>
Berechnung 21V Millionen Mark. Sie reichen aber nur aus, jede In¬<lb/>
fanterie-, Jäger- und Feldpionierkompagnie sowie jede Batterie der schweren<lb/>
Artillerie des Feldheeres mit je einem Feldküchenwagen auszustatten. Für<lb/>
die übrigen Truppenteile wären für dieselben Zwecke noch weitere 10 Millionen<lb/>
notwendig; doch heißt es. daß die Heeresverwaltung zunächst nicht die Absicht<lb/>
habe, auch für die Kavallerie und Feldartillerie diese Anschaffungen zu machen.<lb/>
Es wird das aber wohl nur ein erster Beschluß sein, denn es ist nicht recht ein¬<lb/>
zusehen, warum nicht auch auf diese beiden Waffen die Vorteile einer schnellern<lb/>
Verpflegungsmöglichkeit ausgedehnt werden sollten. Die Gründe, daß namentlich</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1908</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0325] Betrachtungen zu den deutschen Kaisermanövern kam es auf die Geschicklichkeit des einzelnen an, ob er sich in seinem Koch¬ geschirr ein schmackhaftes, gares und bekömmliches Gericht bereiten konnte. Bedenkt man nun, daß der Soldat oft erst nach großen Anstrengungen ins Biwak gelangt, wo das Bedürfnis nach Ruhe viel dringender ist als das nach Sättigung, so wird es erklärlich erscheinen, daß er seine Portion häufig gar nicht oder nur unvollkommen bereitet. Dazu kommt, daß bei plötzlichem Alarm während des Kochens das in den Kochgeschirren angesetzte, noch ungare Essen weggeschüttet werden muß. und daß das Abkochen während des Marsches, das unter Umständen unvermeidlich ist. z. B. wenn lange Unterbrechungen des Marsches notwendig werden, oder wenn höhere Rücksichten nach längerer Rast die Fortsetzung des Marsches bis zum Abend oder in die Nacht hinein fordern, für den einzelnen mit großen Umständen verbunden ist. Es kann dann nur längs der Marschstraße abgekocht werden, wobei die Beschaffung von Wasser und Holz zu weiten Wegen nötigen kann. Allen diesen Übelständen helfen die Feldküchen ab; sie sind so fahrbar konstruiert, daß sie den Truppen bequem überall folgen können, sie kochen noch während des Marschierens, sodaß dem Soldaten bald nach dem Einrücken ins Biwak oder, wenn nötig, beim Halt auf dem Marsche das fertige Essen ausgeteilt werden kann. Die Bereitung der Speisen erfolgt rationeller und schmackhafter; ebenso ist Wegschütten bei Alarm ausgeschlossen. Auch ist die Möglichkeit vorhanden, auf langen Märschen Tee oder Kaffee zur Erfrischung der Mannschaften bereitzuhalten. Dem¬ entsprechend sind die neusten Modelle der zweispännigen Feldküchen mit zwei Kesseln versehen, von denen der eine für die Zubereitung von Speisen, der andre zum Teekochen bestimmt ist. Die Ausrüstung mit diesen Küchenwagen hat gute Fortschritte gemacht, nachdem im Etat von 1908 etwas über eine Million Mark dafür bewilligt worden waren. Es konnten deshalb im dies¬ jährigen Kaisermanöver bereits 52 solcher Küchen benutzt werden, von denen 28 auf das 15 Armeekorps für die Regimenter 97. 126 und 138 und 24 auf das 16 Armeekorps für die Regimenter 98 und 130 verteilt waren. Im Vorjahre waren bei den Manövern in Westfalen nur 3 Feldküchen vertreten, der Fortschritt ist darum als außerordentlich zu bezeichnen. Die Wetter¬ beschaffung dieses wertvollen Verpflegungsinventars hängt von den Mitteln °b. die der Reichstag dafür bewilligt. Benötigt werden nach vorläufiger Berechnung 21V Millionen Mark. Sie reichen aber nur aus, jede In¬ fanterie-, Jäger- und Feldpionierkompagnie sowie jede Batterie der schweren Artillerie des Feldheeres mit je einem Feldküchenwagen auszustatten. Für die übrigen Truppenteile wären für dieselben Zwecke noch weitere 10 Millionen notwendig; doch heißt es. daß die Heeresverwaltung zunächst nicht die Absicht habe, auch für die Kavallerie und Feldartillerie diese Anschaffungen zu machen. Es wird das aber wohl nur ein erster Beschluß sein, denn es ist nicht recht ein¬ zusehen, warum nicht auch auf diese beiden Waffen die Vorteile einer schnellern Verpflegungsmöglichkeit ausgedehnt werden sollten. Die Gründe, daß namentlich Grenzboten IV 1908

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/325
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/325>, abgerufen am 22.07.2024.