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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Betrachtungen z" den deutschen Kaiserinanövern

jedem Bataillon der deutschen Armee eingerichtet werden sollen. Sie sind in
der Lage. Fernsprechleitungen bis zu je 4 Kilometer herzustellen, und dienen
im engern Verband der Truppe denselben Zwecken wie die Fernsprechabteilungen
der höhern Befehlshaber. Auch Feldartillerie-Fernsprechabteilungen
sind schon in der Formation begriffen. Ihre Aufgabe soll es sein, die sich
in Feuerstellung befindende Batterie, den Abteilungskommandeur mit seinen
drei Batterien und schließlich mit Regiments- und Brigadekommandeur zu ver¬
binden, um eine einheitliche Feuerleitung zu ermöglichen. Auch zur Herstellung
einer engen Verbindung zwischen der Infanterie und der Artillerie, wie sie
das Zusammenwirken dieser beiden Hauptwaffen in der modernen Schlacht
fordert, sollen Fernsprechabteilungen und -trupps als wesentliche Hilfsmittel
Verwendung finden. Mit allen diesbezüglichen Organisationen waren im
Kaisermanöver sämtliche Kommandos und Truppenteile des 15. Armeekorps
ausgerüstet, während das 16. Armeekorps noch nicht vollzählig damit versehen
war. Aber an allen Stellen und bei jeder Gelegenheit haben sie sich gleich¬
mäßig gut bewährt, sodaß ihre weitere und baldige Vermehrung im
dringendsten militärischen Interesse liegt. Von Einzelheiten über den prak¬
tischen Nutzen, den der Fernsprecher während der Operationen gewährt hat.
wäre noch besonders die Tatsache hervorzuheben, daß der Führer der blauen
Armee durch dieses Befehlsmittel am 8. September den schwierigen Flanken¬
marsch seines Korps in einer Kolonne und tags darauf auch den Angriff
gegen den Wiwersberg von rückwärts her geleitet hat. Unbeachtet darf aber
bei Aufzählung dieser vorteilhaften Verwendung der Fernsprecher nicht bleiben,
daß unsre Felddienstordnung dazu schreibt, "daß ein zu häufiger Gebrauch
dieses technischen Nachrichtenmittels vornehmlich im Gefecht die ernste Gefahr
w sich birgt, daß die Selbständigkeit der Unterführer Schaden leidet". Aber
auch das darf dieser Mahnung wohl hinzugefügt werden, daß jeder Führer,
der von oben Befehle zu erwarten hat, die große Empfindlichkeit der Fern¬
sprechleitungen kennt und daher weiß, daß er in jedem Augenblick auf eigne
Füße und vor selbständige Entschlüsse gestellt werden kann. Dadurch erscheinen
Führer wie Unterführer von Haus aus vor dem übertriebnen Gebrauch und
der dauernden Abhängigkeit von den Fernsprechern gewarnt. Zur Herstellung
von Fernsprechleitungen ist übrigens auch noch die Kavallerie-Telegraphen¬
patrouille befähigt, wozu sich im Laufe der Manöver wiederholt Gelegenheit
geboten hat. Die Patrouille kann Leitungen bis zu 7 Kilometern bauen und
zwei Stationen bedienen. Sie hat ferner in dem Gerät für besondre Zwecke
zwei leichte Feld-Telegraphenapparate, die vorwiegend zum Einschalten
i" feindliche Leitungen und zum Mitleser, aber auch zur Ausnutzung vorhandner
Leitungen für den eignen Gebrauch bestimmt sind. Außer den erwähnten
Drahttelegraphen- und Fernsprecherformationen standen den beiden General¬
kommandos noch je eine Funkentelegraphenabteilung jede zu vier
Stationen zur Verfügung. Davon waren zwei den Kavalleriedivisionen über¬
wiesen, die beiden andern befanden sich beim Korpsstabe. Der große Vorzug


Betrachtungen z» den deutschen Kaiserinanövern

jedem Bataillon der deutschen Armee eingerichtet werden sollen. Sie sind in
der Lage. Fernsprechleitungen bis zu je 4 Kilometer herzustellen, und dienen
im engern Verband der Truppe denselben Zwecken wie die Fernsprechabteilungen
der höhern Befehlshaber. Auch Feldartillerie-Fernsprechabteilungen
sind schon in der Formation begriffen. Ihre Aufgabe soll es sein, die sich
in Feuerstellung befindende Batterie, den Abteilungskommandeur mit seinen
drei Batterien und schließlich mit Regiments- und Brigadekommandeur zu ver¬
binden, um eine einheitliche Feuerleitung zu ermöglichen. Auch zur Herstellung
einer engen Verbindung zwischen der Infanterie und der Artillerie, wie sie
das Zusammenwirken dieser beiden Hauptwaffen in der modernen Schlacht
fordert, sollen Fernsprechabteilungen und -trupps als wesentliche Hilfsmittel
Verwendung finden. Mit allen diesbezüglichen Organisationen waren im
Kaisermanöver sämtliche Kommandos und Truppenteile des 15. Armeekorps
ausgerüstet, während das 16. Armeekorps noch nicht vollzählig damit versehen
war. Aber an allen Stellen und bei jeder Gelegenheit haben sie sich gleich¬
mäßig gut bewährt, sodaß ihre weitere und baldige Vermehrung im
dringendsten militärischen Interesse liegt. Von Einzelheiten über den prak¬
tischen Nutzen, den der Fernsprecher während der Operationen gewährt hat.
wäre noch besonders die Tatsache hervorzuheben, daß der Führer der blauen
Armee durch dieses Befehlsmittel am 8. September den schwierigen Flanken¬
marsch seines Korps in einer Kolonne und tags darauf auch den Angriff
gegen den Wiwersberg von rückwärts her geleitet hat. Unbeachtet darf aber
bei Aufzählung dieser vorteilhaften Verwendung der Fernsprecher nicht bleiben,
daß unsre Felddienstordnung dazu schreibt, „daß ein zu häufiger Gebrauch
dieses technischen Nachrichtenmittels vornehmlich im Gefecht die ernste Gefahr
w sich birgt, daß die Selbständigkeit der Unterführer Schaden leidet". Aber
auch das darf dieser Mahnung wohl hinzugefügt werden, daß jeder Führer,
der von oben Befehle zu erwarten hat, die große Empfindlichkeit der Fern¬
sprechleitungen kennt und daher weiß, daß er in jedem Augenblick auf eigne
Füße und vor selbständige Entschlüsse gestellt werden kann. Dadurch erscheinen
Führer wie Unterführer von Haus aus vor dem übertriebnen Gebrauch und
der dauernden Abhängigkeit von den Fernsprechern gewarnt. Zur Herstellung
von Fernsprechleitungen ist übrigens auch noch die Kavallerie-Telegraphen¬
patrouille befähigt, wozu sich im Laufe der Manöver wiederholt Gelegenheit
geboten hat. Die Patrouille kann Leitungen bis zu 7 Kilometern bauen und
zwei Stationen bedienen. Sie hat ferner in dem Gerät für besondre Zwecke
zwei leichte Feld-Telegraphenapparate, die vorwiegend zum Einschalten
i" feindliche Leitungen und zum Mitleser, aber auch zur Ausnutzung vorhandner
Leitungen für den eignen Gebrauch bestimmt sind. Außer den erwähnten
Drahttelegraphen- und Fernsprecherformationen standen den beiden General¬
kommandos noch je eine Funkentelegraphenabteilung jede zu vier
Stationen zur Verfügung. Davon waren zwei den Kavalleriedivisionen über¬
wiesen, die beiden andern befanden sich beim Korpsstabe. Der große Vorzug


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[0323] Betrachtungen z» den deutschen Kaiserinanövern jedem Bataillon der deutschen Armee eingerichtet werden sollen. Sie sind in der Lage. Fernsprechleitungen bis zu je 4 Kilometer herzustellen, und dienen im engern Verband der Truppe denselben Zwecken wie die Fernsprechabteilungen der höhern Befehlshaber. Auch Feldartillerie-Fernsprechabteilungen sind schon in der Formation begriffen. Ihre Aufgabe soll es sein, die sich in Feuerstellung befindende Batterie, den Abteilungskommandeur mit seinen drei Batterien und schließlich mit Regiments- und Brigadekommandeur zu ver¬ binden, um eine einheitliche Feuerleitung zu ermöglichen. Auch zur Herstellung einer engen Verbindung zwischen der Infanterie und der Artillerie, wie sie das Zusammenwirken dieser beiden Hauptwaffen in der modernen Schlacht fordert, sollen Fernsprechabteilungen und -trupps als wesentliche Hilfsmittel Verwendung finden. Mit allen diesbezüglichen Organisationen waren im Kaisermanöver sämtliche Kommandos und Truppenteile des 15. Armeekorps ausgerüstet, während das 16. Armeekorps noch nicht vollzählig damit versehen war. Aber an allen Stellen und bei jeder Gelegenheit haben sie sich gleich¬ mäßig gut bewährt, sodaß ihre weitere und baldige Vermehrung im dringendsten militärischen Interesse liegt. Von Einzelheiten über den prak¬ tischen Nutzen, den der Fernsprecher während der Operationen gewährt hat. wäre noch besonders die Tatsache hervorzuheben, daß der Führer der blauen Armee durch dieses Befehlsmittel am 8. September den schwierigen Flanken¬ marsch seines Korps in einer Kolonne und tags darauf auch den Angriff gegen den Wiwersberg von rückwärts her geleitet hat. Unbeachtet darf aber bei Aufzählung dieser vorteilhaften Verwendung der Fernsprecher nicht bleiben, daß unsre Felddienstordnung dazu schreibt, „daß ein zu häufiger Gebrauch dieses technischen Nachrichtenmittels vornehmlich im Gefecht die ernste Gefahr w sich birgt, daß die Selbständigkeit der Unterführer Schaden leidet". Aber auch das darf dieser Mahnung wohl hinzugefügt werden, daß jeder Führer, der von oben Befehle zu erwarten hat, die große Empfindlichkeit der Fern¬ sprechleitungen kennt und daher weiß, daß er in jedem Augenblick auf eigne Füße und vor selbständige Entschlüsse gestellt werden kann. Dadurch erscheinen Führer wie Unterführer von Haus aus vor dem übertriebnen Gebrauch und der dauernden Abhängigkeit von den Fernsprechern gewarnt. Zur Herstellung von Fernsprechleitungen ist übrigens auch noch die Kavallerie-Telegraphen¬ patrouille befähigt, wozu sich im Laufe der Manöver wiederholt Gelegenheit geboten hat. Die Patrouille kann Leitungen bis zu 7 Kilometern bauen und zwei Stationen bedienen. Sie hat ferner in dem Gerät für besondre Zwecke zwei leichte Feld-Telegraphenapparate, die vorwiegend zum Einschalten i" feindliche Leitungen und zum Mitleser, aber auch zur Ausnutzung vorhandner Leitungen für den eignen Gebrauch bestimmt sind. Außer den erwähnten Drahttelegraphen- und Fernsprecherformationen standen den beiden General¬ kommandos noch je eine Funkentelegraphenabteilung jede zu vier Stationen zur Verfügung. Davon waren zwei den Kavalleriedivisionen über¬ wiesen, die beiden andern befanden sich beim Korpsstabe. Der große Vorzug

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/323>, abgerufen am 22.07.2024.