Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.Maßgebliche? und.Unmaßgebliches Jetzt wollen wir den zweiten Fall ins Auge fassen, den nämlich, daß eine Soeben ist der Landtag zusammengetreten, und er wird die Aufgabe haben, - Maßgebliche? und.Unmaßgebliches Jetzt wollen wir den zweiten Fall ins Auge fassen, den nämlich, daß eine Soeben ist der Landtag zusammengetreten, und er wird die Aufgabe haben, - <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310727"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliche? und.Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1708"> Jetzt wollen wir den zweiten Fall ins Auge fassen, den nämlich, daß eine<lb/> Pfarrstelle ein Wittum hatte, das am 1. April eine Witwe bezog. Hier kommt<lb/> etwas noch merkwürdigeres zutage. In diesem Falle wird, die Stelle so cmgeiehn.<lb/> als ob sie nie aus dem Wittum eine Einnahme beziehen lvcrde. Die Stelle kommt,<lb/> demzufolge in eine niedere Gehaltsklasse und bezieht aus Staatsbeihilfe eine höhere<lb/> Werszulage. Was geschieht nun, wenn die Witwe stirbt? Dann fällt der Pfarr¬<lb/> kasse das Wittum zu, Die Pfarrkasse hat jetzt einen Überschuß in der Höhe des<lb/> Wittums, und man kapitalisiert dieses herrenlose Geld, oder man gibt dem Pfarrer<lb/> eine Extrazulage. In diesem Falle also wird der Staatszuschuß an einzelne Ge¬<lb/> meinden einfach weggeschenkt. Hierbei entsteht denn doch die Frage: Gibt der Staat<lb/> seine Millionen dazu, daß man davon einzelnen Gemeinden Präsente macht? Und<lb/> dies aus keinem andern Grunde, als um des Prinzips des Stichtages willen. Es<lb/> liegt doch so nahe, hier den Überschuß zu nehmen und da den Mangel auszufüllen.<lb/> Einem einfachen, bürgerlichen Denken kann nichts einfacher erscheinen als dies. Aber<lb/> die Behörde glaubt dazu nicht berechtigt zu sein, und man begegnet hier jener eigen¬<lb/> tümlichen juristischen Gebundenheit, über die auch auf andern Gebieten, namentlich<lb/> auf dem der Sozialgesetzgebung geklagt wird. Das Paragraphennetz hindert die freie<lb/> Bewegung; unter der Berücksichtigung des formalen Rechts leiden die realen Rechte.<lb/> Man belastet Gemeinden in ungerechter Weise, man schenkt Geld weg an Leute,<lb/> die kein Recht darauf haben, und ist sich seines Rechtsstandpunktes ganz sicher, weils<lb/> so der Paragraph zu wollen scheint. Nun hat auch die sächsische Provinzialsynode<lb/> die Notlage jener Gemeinden anerkannt und die kirchliche Behörde aufgefordert,<lb/> den belasteten Gemeinden Entlastungen zu gewähren. Aber dieser Beschluß ist<lb/> doch nur ein Wunsch, kein Befehl, und er ist auch kein Mittel, über die juristischen<lb/> Barrieren hinwegzuhelfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1709"> Soeben ist der Landtag zusammengetreten, und er wird die Aufgabe haben,<lb/> das Kirchengesetz über die Pfarrbesoldung zu bestätigen und die Mittel zu, be¬<lb/> willigen. Er wird die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, daß einzelne Gemeinden<lb/> nicht zu unbilligen Leistungen auf Grund des Gesetzes herangezogen werden, und<lb/> daß die Mittel, die er bewilligt, in einzelnen Fällen nicht weggeschenkt werden. Der<lb/> Landtag wird nun an dem Gesetze nichts ändern wollen, aber er könnte in Form<lb/> einer Resolution seine Bewilligung an gewisse Bedingungen knüpfen, und diese würden<lb/> erfüllt werden müssen und erfüllt werden können.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div> <floatingText> <body> <div type="advertisement"> <p> -<lb/> vie MiM MliÄkrtk Reit<lb/> bescnsktiz-t tsxlick <Ile krsxe: „Vi^Sö soll ick rsucnen?" 1'»usenct vvr-<lb/> scnieo!sue >Xntv?orten xil>t es äsrsut, ster nur eine Antwort, 6le<lb/> cien erkanreuen Ksuclier voll oekriecliAt, sie lautet:<lb/> „ZalSm /VlSiKurn"!<lb/> Lslein ^leikum - Lixsretten: Keine ^usststtunx, nur (Zuslitst -<lb/> " Ur. 3 4 S 6 8 10 ^. ^„<lb/> «?i-vis: z. ,, °4 5 g g w>fg. llAS 8tüvK.</p> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
Maßgebliche? und.Unmaßgebliches
Jetzt wollen wir den zweiten Fall ins Auge fassen, den nämlich, daß eine
Pfarrstelle ein Wittum hatte, das am 1. April eine Witwe bezog. Hier kommt
etwas noch merkwürdigeres zutage. In diesem Falle wird, die Stelle so cmgeiehn.
als ob sie nie aus dem Wittum eine Einnahme beziehen lvcrde. Die Stelle kommt,
demzufolge in eine niedere Gehaltsklasse und bezieht aus Staatsbeihilfe eine höhere
Werszulage. Was geschieht nun, wenn die Witwe stirbt? Dann fällt der Pfarr¬
kasse das Wittum zu, Die Pfarrkasse hat jetzt einen Überschuß in der Höhe des
Wittums, und man kapitalisiert dieses herrenlose Geld, oder man gibt dem Pfarrer
eine Extrazulage. In diesem Falle also wird der Staatszuschuß an einzelne Ge¬
meinden einfach weggeschenkt. Hierbei entsteht denn doch die Frage: Gibt der Staat
seine Millionen dazu, daß man davon einzelnen Gemeinden Präsente macht? Und
dies aus keinem andern Grunde, als um des Prinzips des Stichtages willen. Es
liegt doch so nahe, hier den Überschuß zu nehmen und da den Mangel auszufüllen.
Einem einfachen, bürgerlichen Denken kann nichts einfacher erscheinen als dies. Aber
die Behörde glaubt dazu nicht berechtigt zu sein, und man begegnet hier jener eigen¬
tümlichen juristischen Gebundenheit, über die auch auf andern Gebieten, namentlich
auf dem der Sozialgesetzgebung geklagt wird. Das Paragraphennetz hindert die freie
Bewegung; unter der Berücksichtigung des formalen Rechts leiden die realen Rechte.
Man belastet Gemeinden in ungerechter Weise, man schenkt Geld weg an Leute,
die kein Recht darauf haben, und ist sich seines Rechtsstandpunktes ganz sicher, weils
so der Paragraph zu wollen scheint. Nun hat auch die sächsische Provinzialsynode
die Notlage jener Gemeinden anerkannt und die kirchliche Behörde aufgefordert,
den belasteten Gemeinden Entlastungen zu gewähren. Aber dieser Beschluß ist
doch nur ein Wunsch, kein Befehl, und er ist auch kein Mittel, über die juristischen
Barrieren hinwegzuhelfen.
Soeben ist der Landtag zusammengetreten, und er wird die Aufgabe haben,
das Kirchengesetz über die Pfarrbesoldung zu bestätigen und die Mittel zu, be¬
willigen. Er wird die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, daß einzelne Gemeinden
nicht zu unbilligen Leistungen auf Grund des Gesetzes herangezogen werden, und
daß die Mittel, die er bewilligt, in einzelnen Fällen nicht weggeschenkt werden. Der
Landtag wird nun an dem Gesetze nichts ändern wollen, aber er könnte in Form
einer Resolution seine Bewilligung an gewisse Bedingungen knüpfen, und diese würden
erfüllt werden müssen und erfüllt werden können.
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vie MiM MliÄkrtk Reit
bescnsktiz-t tsxlick <Ile krsxe: „Vi^Sö soll ick rsucnen?" 1'»usenct vvr-
scnieo!sue >Xntv?orten xil>t es äsrsut, ster nur eine Antwort, 6le
cien erkanreuen Ksuclier voll oekriecliAt, sie lautet:
„ZalSm /VlSiKurn"!
Lslein ^leikum - Lixsretten: Keine ^usststtunx, nur (Zuslitst -
" Ur. 3 4 S 6 8 10 ^. ^„
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