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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die Amurbahn

transporte geeigneten Schiffen befahren werden kann. Deshalb läuft die Trasse
von Amasar dem Flüßchen Tschitschatka entlang aufwärts, setzt über die Arka
und überschreitet das Große Chingangebirge etwa auf dem 54. Breitengrad in
der Richtung auf den Urkcmfluß zu, der durch flache Boote abwärts befahren
werden kann. Nach Überschreitung des Arkar wendet sich die Linie der Thgda
(Nebenfluß der Seja) zu, um alsdann dem Njukshagebirge, der Wasserscheide
zwischen Amur und Seja, parallel zur Belaumündnng zu führen. Die hier
ansetzende Strecke des Ostabschnitts nimmt zunächst die Richtung an einigen
Niederlassungen vorüber auf das Dorf Kamjenka an der Bureja, überschreitet
auch diesen bedeutenden Amurzufluß und nähert sich sodann zwischen dem West¬
ausläufer des Lagar-aut-Gebirges und Ort Paschkowo dem Strom auf 16 Kilo¬
meter. Darauf übersetzt sie das Lagar-aut-Gebirge, folgt dem Tal der Großen
Vira und geht in das Tal des In und der Arena über. Entlang dem Unter¬
lauf der Tunguska erreicht sie gegenüber Chabarowsk endlich den Amurstrom.
Die Gesamtstrecke mißt von Kuenga bis Chabarowsk annähernd 2000 Kilometer.

Die Gebietshauptstadt Blagowjeschtschensk soll durch eine Stichbahn
entweder entlang der Seja (183 Kilometer) oder der Budunda (134 Kilometer)
angeschlossen werden; auch nach Pvkrowskaja dürfte eine Zweigbahn entsandt
werden. Die Bauzeit ist so berechnet, daß im Jahre 1911 der Betrieb auf dem
Westabschnitt, im Jahre 1912 auch auf dem Ostabschnitt eröffnet werden kann;
sie kann innegehalten werden, wenn nicht etwa im Großen Chingcm und im
Lagar-aut-Gebirge unerwartete Schwierigkeiten bei etwa noch notwendigen Tunnel¬
bauten eintreten. Der Eisenbahnunterbau einschließlich der Kunstbauten wird
von vornherein für zwei Geleise hergestellt, jedoch wird zunächst nur ein Geleis
gelegt. Fast überall wird an einer Maximalsteigung von 1 Prozent bei einem
Mindestradius von 320 Metern festgehalten; nur in den beiden eben genannten
Gebirgszügen werden diese Maße auf 1,4 Prozent und 250 Meter nachgelassen,
um Tunnelbauten möglichst zu vermeiden.

Die Amurbahn soll zunächst wie die Transbaikalbahn für einen Fricdens-
betrieb von täglich neun Zügen in jeder Richtung eingerichtet werden, der jedoch
jederzeit auf zwanzig Züge erhöht werden kann; zunächst wird aber nur ein
Wagenpark für je vier Züge beschafft werden.

Bis jetzt sind nur die Kosten für die 500 Kilometer lange Anfangsstrecke
des Westabschnitts mit 82220 Rubeln auf den Kilometer ermittelt, was als
gering*) angesehn werden kann. Nach überschläglichen Berechnungen wird die
ganze Strecke des Westabschnitts (1230 Kilometer) gegen 105 Millionen, die
des Ostabschnitts (720 Kilometer) etwa 67 Millionen kosten.

Im "Invalid" wurde vor kurzer Zeit die Frage gestreift, ob der Bahnbau
oder wenigstens die Geleiseverlegung nicht durch Eisenbahntruppen erfolgen



*) Der Kilometer der Transbaikalbahn hat zunächst nur 72000 Rubel gekostet, dafür ließ
aber die Art und Güte dos Aufbaus fast alles zu wünschen übrig.
Die Amurbahn

transporte geeigneten Schiffen befahren werden kann. Deshalb läuft die Trasse
von Amasar dem Flüßchen Tschitschatka entlang aufwärts, setzt über die Arka
und überschreitet das Große Chingangebirge etwa auf dem 54. Breitengrad in
der Richtung auf den Urkcmfluß zu, der durch flache Boote abwärts befahren
werden kann. Nach Überschreitung des Arkar wendet sich die Linie der Thgda
(Nebenfluß der Seja) zu, um alsdann dem Njukshagebirge, der Wasserscheide
zwischen Amur und Seja, parallel zur Belaumündnng zu führen. Die hier
ansetzende Strecke des Ostabschnitts nimmt zunächst die Richtung an einigen
Niederlassungen vorüber auf das Dorf Kamjenka an der Bureja, überschreitet
auch diesen bedeutenden Amurzufluß und nähert sich sodann zwischen dem West¬
ausläufer des Lagar-aut-Gebirges und Ort Paschkowo dem Strom auf 16 Kilo¬
meter. Darauf übersetzt sie das Lagar-aut-Gebirge, folgt dem Tal der Großen
Vira und geht in das Tal des In und der Arena über. Entlang dem Unter¬
lauf der Tunguska erreicht sie gegenüber Chabarowsk endlich den Amurstrom.
Die Gesamtstrecke mißt von Kuenga bis Chabarowsk annähernd 2000 Kilometer.

Die Gebietshauptstadt Blagowjeschtschensk soll durch eine Stichbahn
entweder entlang der Seja (183 Kilometer) oder der Budunda (134 Kilometer)
angeschlossen werden; auch nach Pvkrowskaja dürfte eine Zweigbahn entsandt
werden. Die Bauzeit ist so berechnet, daß im Jahre 1911 der Betrieb auf dem
Westabschnitt, im Jahre 1912 auch auf dem Ostabschnitt eröffnet werden kann;
sie kann innegehalten werden, wenn nicht etwa im Großen Chingcm und im
Lagar-aut-Gebirge unerwartete Schwierigkeiten bei etwa noch notwendigen Tunnel¬
bauten eintreten. Der Eisenbahnunterbau einschließlich der Kunstbauten wird
von vornherein für zwei Geleise hergestellt, jedoch wird zunächst nur ein Geleis
gelegt. Fast überall wird an einer Maximalsteigung von 1 Prozent bei einem
Mindestradius von 320 Metern festgehalten; nur in den beiden eben genannten
Gebirgszügen werden diese Maße auf 1,4 Prozent und 250 Meter nachgelassen,
um Tunnelbauten möglichst zu vermeiden.

Die Amurbahn soll zunächst wie die Transbaikalbahn für einen Fricdens-
betrieb von täglich neun Zügen in jeder Richtung eingerichtet werden, der jedoch
jederzeit auf zwanzig Züge erhöht werden kann; zunächst wird aber nur ein
Wagenpark für je vier Züge beschafft werden.

Bis jetzt sind nur die Kosten für die 500 Kilometer lange Anfangsstrecke
des Westabschnitts mit 82220 Rubeln auf den Kilometer ermittelt, was als
gering*) angesehn werden kann. Nach überschläglichen Berechnungen wird die
ganze Strecke des Westabschnitts (1230 Kilometer) gegen 105 Millionen, die
des Ostabschnitts (720 Kilometer) etwa 67 Millionen kosten.

Im „Invalid" wurde vor kurzer Zeit die Frage gestreift, ob der Bahnbau
oder wenigstens die Geleiseverlegung nicht durch Eisenbahntruppen erfolgen



*) Der Kilometer der Transbaikalbahn hat zunächst nur 72000 Rubel gekostet, dafür ließ
aber die Art und Güte dos Aufbaus fast alles zu wünschen übrig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/229>, abgerufen am 24.08.2024.