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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Das Lehrerbesoldungsgcsetz in Preußen

innern Wiederaufbau kam der äußere Sieg: er chüele dem ersten Konsul den
Weg zum Kaiserreich, das in seiner autoritären und militärischen Zuspitzung
vielleicht die einzige Verfassung war, die das von innern Feinden nach wie
vor bedrohte, von Europa gleich einer großen Festung umlagerte Frankreich
damals brauchen konnte.




Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen
t)i'. <L. Gregorovius, Regierungsschulrat i vonn

MMM,le in diesem Winter im preußischen Abgeordnetenhause bevor¬
stehende Revision des Besoldungsgesetzes der preußischen Volks¬
schullehrer und Volksschullehrerinnen lenkt nicht nur die Aufmerk¬
samkeit der an diesem Gesetze unmittelbar beteiligten Lehrpersonen
lauf sich, sondern auch die vieler Kreise der gebildeten Welt,'")
die durch die Äußerungen der Presse und der Lehrervereine wegen einer
weitern gesunden Entwicklung des preußischen Volksschnllchrerstandes vielfach
in Unruhe versetzt worden sind.

Auf allen Seiten tritt das Bedürfnis hervor, die Forderungen der Volks¬
schullehrer und -lehrerinnen nach einem höhern Diensteinkommen und damit
nach einer bessern Gestaltung ihrer äußern Lebensverhältnisse zu prüfen, sie
gegebnenfalls zu erfüllen und damit den in dieser Sache nicht nachlassenden
Klagen der Lehrerwelt ein Ende zu machen.

Wer den Ausführungen der Presse, insbesondre der pädagogischen Presse,
und denen der Lehrervereine in dieser Angelegenheit kritiklos folgt, wird schwerlich
ein objektives Bild von dem, was notwendig zu geschehen hat, gewinnen,
wohl aber der, der sich aus den Lebenserfahrungen der einzelnen Lehrer und
ihrer Familien selbst und aus der Kenntnis des gesamten Volksschullehrer¬
lebens heraus ein Urteil bildet. Da sind es nun folgende Forderungen, die
man als den objektiven Niederschlag aller Wünsche der Volksschullehrer an-



*) Anmerkung der Redaktion: Wir bringen diesen Artikel sehr gern. An keinem Stande
haben die Regierungen und die Volksvertretungen soviel wieder gut zu machen wie an dem
Lehrerstande. Für die Hebung der deutschen Kultur und der Konkurrenzfähigkeit unsers Volkes
haben wir den Lehrerstand jahrzehntelang ausgenutzt bis zum Zusammenbrechen; das wollen
wir, welcher Partei wir auch angehören, ruhig eingestehn. Trotzdem hat er dafür wenig Dank
und Anerkennung erfahren. Diese Schuld muß endlich abgetragen werden. Seitdem das
deutsche Volk zu Wohlstand und Reichtum gekommen ist, haben wir die moralische Pflicht, dem
Lehrerstande solche Lebensbedingungen zu sichern, daß er seine für die Volkswohlfahrt so
wichtige Aufgabe sorgenfrei erfüllen kann. Deshalb halten wir nicht nur aus moralischen
Gründen sondern auch aus politischen die Forderungen unsers Mitarbeiters sür das Mindeste,
was, sobald wie möglich, dem Lehrerstande in allen deutschen Staaten erfüllt werden muß.
Das Lehrerbesoldungsgcsetz in Preußen

innern Wiederaufbau kam der äußere Sieg: er chüele dem ersten Konsul den
Weg zum Kaiserreich, das in seiner autoritären und militärischen Zuspitzung
vielleicht die einzige Verfassung war, die das von innern Feinden nach wie
vor bedrohte, von Europa gleich einer großen Festung umlagerte Frankreich
damals brauchen konnte.




Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen
t)i'. <L. Gregorovius, Regierungsschulrat i vonn

MMM,le in diesem Winter im preußischen Abgeordnetenhause bevor¬
stehende Revision des Besoldungsgesetzes der preußischen Volks¬
schullehrer und Volksschullehrerinnen lenkt nicht nur die Aufmerk¬
samkeit der an diesem Gesetze unmittelbar beteiligten Lehrpersonen
lauf sich, sondern auch die vieler Kreise der gebildeten Welt,'")
die durch die Äußerungen der Presse und der Lehrervereine wegen einer
weitern gesunden Entwicklung des preußischen Volksschnllchrerstandes vielfach
in Unruhe versetzt worden sind.

Auf allen Seiten tritt das Bedürfnis hervor, die Forderungen der Volks¬
schullehrer und -lehrerinnen nach einem höhern Diensteinkommen und damit
nach einer bessern Gestaltung ihrer äußern Lebensverhältnisse zu prüfen, sie
gegebnenfalls zu erfüllen und damit den in dieser Sache nicht nachlassenden
Klagen der Lehrerwelt ein Ende zu machen.

Wer den Ausführungen der Presse, insbesondre der pädagogischen Presse,
und denen der Lehrervereine in dieser Angelegenheit kritiklos folgt, wird schwerlich
ein objektives Bild von dem, was notwendig zu geschehen hat, gewinnen,
wohl aber der, der sich aus den Lebenserfahrungen der einzelnen Lehrer und
ihrer Familien selbst und aus der Kenntnis des gesamten Volksschullehrer¬
lebens heraus ein Urteil bildet. Da sind es nun folgende Forderungen, die
man als den objektiven Niederschlag aller Wünsche der Volksschullehrer an-



*) Anmerkung der Redaktion: Wir bringen diesen Artikel sehr gern. An keinem Stande
haben die Regierungen und die Volksvertretungen soviel wieder gut zu machen wie an dem
Lehrerstande. Für die Hebung der deutschen Kultur und der Konkurrenzfähigkeit unsers Volkes
haben wir den Lehrerstand jahrzehntelang ausgenutzt bis zum Zusammenbrechen; das wollen
wir, welcher Partei wir auch angehören, ruhig eingestehn. Trotzdem hat er dafür wenig Dank
und Anerkennung erfahren. Diese Schuld muß endlich abgetragen werden. Seitdem das
deutsche Volk zu Wohlstand und Reichtum gekommen ist, haben wir die moralische Pflicht, dem
Lehrerstande solche Lebensbedingungen zu sichern, daß er seine für die Volkswohlfahrt so
wichtige Aufgabe sorgenfrei erfüllen kann. Deshalb halten wir nicht nur aus moralischen
Gründen sondern auch aus politischen die Forderungen unsers Mitarbeiters sür das Mindeste,
was, sobald wie möglich, dem Lehrerstande in allen deutschen Staaten erfüllt werden muß.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/22>, abgerufen am 22.07.2024.