Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Nationalkonvent. Es ist ein geschickter Schachzug der Burenpartei, daß sie Vorläufig ist über den Gang der Verhandlungen so gut wie nichts bekannt Uns als Grenznachbarn des werdenden Staatenbundes kann die Konsolidierung Für die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas wird uns eine größere Übrigens gewinnen die Erwägungen über die weitere Organisation Grenzboten IV 1908 28
Maßgebliches und Unmaßgebliches Nationalkonvent. Es ist ein geschickter Schachzug der Burenpartei, daß sie Vorläufig ist über den Gang der Verhandlungen so gut wie nichts bekannt Uns als Grenznachbarn des werdenden Staatenbundes kann die Konsolidierung Für die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas wird uns eine größere Übrigens gewinnen die Erwägungen über die weitere Organisation Grenzboten IV 1908 28
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0213" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310624"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1121" prev="#ID_1120"> Nationalkonvent. Es ist ein geschickter Schachzug der Burenpartei, daß sie<lb/> dem Engländerinn eine verhältnismäßig starke Vertretung bei diesem Konvent zu¬<lb/> gebilligt hat. Die Feindschaft zwischen Bnrentum und Engländertum ist aus¬<lb/> geglichen, alle suhlen sich als Bürger Südafrikas. Und das ist die neue Grund¬<lb/> lage, der die Nhodesschen und die Krügerschen Ideen entbehrten. Die mannigfachen<lb/> Hindernisse, die auch heute noch der Vereinigung entgegenstehn, sind rein wirt¬<lb/> schaftlicher Nntnr. Aber verschiedne Höhe der Staatsschulden, verschleime Ren¬<lb/> tabilität des Eisenbahnnetzes sind Hindernisse, die sich bei gutem Willen beseitigen<lb/> lassen. Schwerer wiegen schon die verschiedenartigen handelspolitischen Interessen,<lb/> weil sie eben in den wirtschaftlichen Existenzbedingungen der einzelnen Kolonien<lb/> wurzeln. Aber sie werden sich durch geschickte Übergangsbestimmungen allmählich<lb/> überwinden lassen. Auch über die Hauptstadt — Pretoria oder Kapstadt — wird<lb/> man sich einigen. Meinungsverschiedenheiten herrschen noch über die Form der<lb/> Vereinigung. General Bodha, einer der vornehmsten Vertreter des Burentums,<lb/> erstrebt einen Einheitsstaat. Es wird Wohl aber auf einen Staatenbund hinaus¬<lb/> kommen, denn für einen Einheitsstaat scheinen denn doch die Verhältnisse noch nicht<lb/> genügend klar zu liegen. Die Beschlüsse der Konvents werden den Parlamenten<lb/> der verschiednen Kolonien vorgelegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1122"> Vorläufig ist über den Gang der Verhandlungen so gut wie nichts bekannt<lb/> geworden, und es hat auch keinen Zweck, Mutmaßungen darüber aufzustellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1123"> Uns als Grenznachbarn des werdenden Staatenbundes kann die Konsolidierung<lb/> Südafrikas zunächst nur recht sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1124"> Für die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas wird uns eine größere<lb/> Einheitlichkeit der wirtschaftspolitischen Verhältnisse in den benachbarten Gebieten,<lb/> die zum Teil ein Absatzfeld für die Produktion Deutsch-Südwestafrikas bilden,<lb/> dienlich sein. Daß man auch jenseits der Grenzpfähle so denkt, beweist eine jüngst<lb/> im Kapparlament stattgehabte Verhandlung über den Anschluß der englischen an<lb/> die deutsch-südwestafrikanischen Bahnen, der von maßgebender Seite als<lb/> nützlich, ja als notwendig bezeichnet wurde. In London will man nichts davon<lb/> wissen, aber das neue Regime wird sich daran kaum kehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1125"> Übrigens gewinnen die Erwägungen über die weitere Organisation<lb/> Deutsch-Südwests durch die Vorgänge in Britisch-Südafrika erhöhte Bedeutung.<lb/> In Südwest weht deutlich ein freiheitlicher Wind, und wir werden gut tun, ihm<lb/> Beachtung zu schenken. Unsre Landsleute drüben wollen sich von Anfang an ein<lb/> gewisses Selbstbestimmungsrecht sichern, und da sie einen namhaften Teil der Ver¬<lb/> waltungskosten der Kolonie schon heute durch indirekte Abgaben aufbringen, und die<lb/> Selbstverwaltung ihnen weitere Lasten auferlegt, so kann man ihnen dieses Verlangen<lb/> nicht übelnehmen. Im Gedanken an die Emanzipationsbestrebungen jenseits der<lb/> Grenze wäre es klug, wenn wir der jungen Kolonie von vornherein die Bevor¬<lb/> mundung durch die heimische Kolonialverwaltung möglichst wenig fühlbar werden<lb/> ließen. Wir trauen unsern Landsleuten zwar zu, daß sie ihr Deutschtum hochhalten<lb/> und nicht mit dem künftigen südafrikanischen Staatenbund liebäugeln werden, aber<lb/> der Zwang der wirtschaftlichen Verhältnisse ist manchmal stärker als das National¬<lb/> bewußtsein. Wenn das Mutterland den Bedürfnissen der Kolonie verständnisvoll<lb/> entgegenkommt, so wird der Wunsch nach einem Anschluß an das übrige Südafrika<lb/> nicht so leicht rege werden. Ob sich eine Emanzipation unsrer Kolonie für alle Zeit<lb/> wird verhindern lassen, ist zum mindesten unsicher. Die Hauptsache ist, daß diese<lb/> sich in einer Form vollzieht, die das Mutterland nicht des Nutzens seiner Koloni¬<lb/> sationsarbeit beraubt. Zunächst muß, wie ich schon einmal betont habe, dafür<lb/> gesorgt werden, daß die Kolonie deutsch bleibt in ihrem innersten Wesen und sich<lb/> wohl fühlt unter deutscher Flagge, dann werden auch die Vorteile, die ihr eine<lb/> Vereinigung mit dem übrigen Südafrika bringen könnte, nicht so leicht verfangen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1908 28</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0213]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Nationalkonvent. Es ist ein geschickter Schachzug der Burenpartei, daß sie
dem Engländerinn eine verhältnismäßig starke Vertretung bei diesem Konvent zu¬
gebilligt hat. Die Feindschaft zwischen Bnrentum und Engländertum ist aus¬
geglichen, alle suhlen sich als Bürger Südafrikas. Und das ist die neue Grund¬
lage, der die Nhodesschen und die Krügerschen Ideen entbehrten. Die mannigfachen
Hindernisse, die auch heute noch der Vereinigung entgegenstehn, sind rein wirt¬
schaftlicher Nntnr. Aber verschiedne Höhe der Staatsschulden, verschleime Ren¬
tabilität des Eisenbahnnetzes sind Hindernisse, die sich bei gutem Willen beseitigen
lassen. Schwerer wiegen schon die verschiedenartigen handelspolitischen Interessen,
weil sie eben in den wirtschaftlichen Existenzbedingungen der einzelnen Kolonien
wurzeln. Aber sie werden sich durch geschickte Übergangsbestimmungen allmählich
überwinden lassen. Auch über die Hauptstadt — Pretoria oder Kapstadt — wird
man sich einigen. Meinungsverschiedenheiten herrschen noch über die Form der
Vereinigung. General Bodha, einer der vornehmsten Vertreter des Burentums,
erstrebt einen Einheitsstaat. Es wird Wohl aber auf einen Staatenbund hinaus¬
kommen, denn für einen Einheitsstaat scheinen denn doch die Verhältnisse noch nicht
genügend klar zu liegen. Die Beschlüsse der Konvents werden den Parlamenten
der verschiednen Kolonien vorgelegt.
Vorläufig ist über den Gang der Verhandlungen so gut wie nichts bekannt
geworden, und es hat auch keinen Zweck, Mutmaßungen darüber aufzustellen.
Uns als Grenznachbarn des werdenden Staatenbundes kann die Konsolidierung
Südafrikas zunächst nur recht sein.
Für die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas wird uns eine größere
Einheitlichkeit der wirtschaftspolitischen Verhältnisse in den benachbarten Gebieten,
die zum Teil ein Absatzfeld für die Produktion Deutsch-Südwestafrikas bilden,
dienlich sein. Daß man auch jenseits der Grenzpfähle so denkt, beweist eine jüngst
im Kapparlament stattgehabte Verhandlung über den Anschluß der englischen an
die deutsch-südwestafrikanischen Bahnen, der von maßgebender Seite als
nützlich, ja als notwendig bezeichnet wurde. In London will man nichts davon
wissen, aber das neue Regime wird sich daran kaum kehren.
Übrigens gewinnen die Erwägungen über die weitere Organisation
Deutsch-Südwests durch die Vorgänge in Britisch-Südafrika erhöhte Bedeutung.
In Südwest weht deutlich ein freiheitlicher Wind, und wir werden gut tun, ihm
Beachtung zu schenken. Unsre Landsleute drüben wollen sich von Anfang an ein
gewisses Selbstbestimmungsrecht sichern, und da sie einen namhaften Teil der Ver¬
waltungskosten der Kolonie schon heute durch indirekte Abgaben aufbringen, und die
Selbstverwaltung ihnen weitere Lasten auferlegt, so kann man ihnen dieses Verlangen
nicht übelnehmen. Im Gedanken an die Emanzipationsbestrebungen jenseits der
Grenze wäre es klug, wenn wir der jungen Kolonie von vornherein die Bevor¬
mundung durch die heimische Kolonialverwaltung möglichst wenig fühlbar werden
ließen. Wir trauen unsern Landsleuten zwar zu, daß sie ihr Deutschtum hochhalten
und nicht mit dem künftigen südafrikanischen Staatenbund liebäugeln werden, aber
der Zwang der wirtschaftlichen Verhältnisse ist manchmal stärker als das National¬
bewußtsein. Wenn das Mutterland den Bedürfnissen der Kolonie verständnisvoll
entgegenkommt, so wird der Wunsch nach einem Anschluß an das übrige Südafrika
nicht so leicht rege werden. Ob sich eine Emanzipation unsrer Kolonie für alle Zeit
wird verhindern lassen, ist zum mindesten unsicher. Die Hauptsache ist, daß diese
sich in einer Form vollzieht, die das Mutterland nicht des Nutzens seiner Koloni¬
sationsarbeit beraubt. Zunächst muß, wie ich schon einmal betont habe, dafür
gesorgt werden, daß die Kolonie deutsch bleibt in ihrem innersten Wesen und sich
wohl fühlt unter deutscher Flagge, dann werden auch die Vorteile, die ihr eine
Vereinigung mit dem übrigen Südafrika bringen könnte, nicht so leicht verfangen.
Grenzboten IV 1908 28
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