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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffiziere

Was die Regelungen im Betriebe des Sanitätsdienstes anlangt, so stehen
die Wünsche der Sanitätsoffiziere auf Gleichberechtigung mit den Offizieren bei
den Ehrenbezeugungen, bei der Strafbefugnis und der Urlaubsbewilligung voran.
Ferner wünschen die Sanitätsoffiziere, ehrengerichtliche Verfahren in Zukunft
als eigne Angelegenheit behandeln zu dürfen, sodaß nicht mehr der militärische
Vorgesetzte, sondern der militärärztliche Vorgesetzte die Anordnung zu solchem
Verfahren erteilt. Da die Bestätigung der ehrengerichtlichen Urteile in der
Allerhöchsten Hand ruht, so erscheint eine Neuregelung der ehrengerichtlichen
Angelegenheiten des Sanitätsoffizierkorps in der gewünschten Weise keinerlei
Gefahr in sich zu schließen, daß in Zukunft die rein militärischen Interessen
vernachlässigt werden könnten.

Schließlich geht der Wunsch unsrer Militärärzte dahin, auch bei Ausübung
des Sanitätsdienstes den militärischen Grundsatz durchgeführt zu sehen, daß die
niedrigere Charge wohl den Dienst der höhern übernehmen kann, aber nie um¬
gekehrt.

Die Stellung der Sanitätsoffiziere zu dem Offizierkorps ist unter den
bestehenden Verhältnissen nicht immer durchsichtig genug und bedarf vielfach
nach der dienstlichen, der kameradschaftlichen und auch nach der gesellschaftlichen
Seite der Regelung. In dienstlicher Hinsicht ist es auch der sonstigen Tradition
der Armee nicht entsprechend, daß, wie es im dienstlichen Verhältnis zwischen
Offizier und Sanitätsoffizier zurzeit oft vorkommt, der Jüngere dem Ältern
Befehle erteilt. Wir erinnern hierbei an den häufigen Fall, wo der Oberstabs¬
arzt den bataillonsärztlichen Dienst bei einem Bataillon versieht, bei dem der
Bataillonskommandeur dem Patent nach der jüngere Offizier ist.

Wie in andern Armeen muß weiter auch den Sanitätsoffizieren ein Be-
lehlsrecht dem jüngern Truppenoffizier gegenüber eingeräumt werden, wenn
beide in direkt dienstliche Beziehungen zueinander treten, wie z. B. im Kriegsfall
der Divisionsarzt zum militärischen Führer der Sanitätskompagnie, und in
Fällen, wo die Gefahr einer Schädigung des Sanitätsdienstes vorliegen könnte.
sei hierbei aber ausdrücklich betont, daß der Sanitätsoffizier niemals Truppen¬
führer sein kann, also niemals irgendwelche unmittelbare Befehlsgewalt über
ewe geschlossene Truppe erhalten darf.

Was die kameradschaftlichen Beziehungen zum Offizierkorps betrifft, so
We es heute noch an der nötigen Klarheit darüber, ob der Sanitätsoffizier
°is ein Mitglied des Offizierkorps in den Rechten und Pflichten bei Kasino¬
angelegenheiten, bei der Geschenkkasse, der Bibliothek u. tgi. zu betrachten ist.
Auch sind die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Offizier und Sanitäts¬
offizier endgiltig dahin zu regeln, daß der ältere Sanitätsoffizier dem Patent
"ach stets dem jüngern Offizier z. B. bei der Platzfrage vorangeht.

Zum Schluß dieser Abhandlungen seien noch einige Nebenfragen berührt.

Ohne Mühe läßt sich das unerquickliche Verhältnis lösen, worin jetzt die
Verwaltung des Sanitätsdienstes zur Intendantur steht: die Lazarettabteilung


Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffiziere

Was die Regelungen im Betriebe des Sanitätsdienstes anlangt, so stehen
die Wünsche der Sanitätsoffiziere auf Gleichberechtigung mit den Offizieren bei
den Ehrenbezeugungen, bei der Strafbefugnis und der Urlaubsbewilligung voran.
Ferner wünschen die Sanitätsoffiziere, ehrengerichtliche Verfahren in Zukunft
als eigne Angelegenheit behandeln zu dürfen, sodaß nicht mehr der militärische
Vorgesetzte, sondern der militärärztliche Vorgesetzte die Anordnung zu solchem
Verfahren erteilt. Da die Bestätigung der ehrengerichtlichen Urteile in der
Allerhöchsten Hand ruht, so erscheint eine Neuregelung der ehrengerichtlichen
Angelegenheiten des Sanitätsoffizierkorps in der gewünschten Weise keinerlei
Gefahr in sich zu schließen, daß in Zukunft die rein militärischen Interessen
vernachlässigt werden könnten.

Schließlich geht der Wunsch unsrer Militärärzte dahin, auch bei Ausübung
des Sanitätsdienstes den militärischen Grundsatz durchgeführt zu sehen, daß die
niedrigere Charge wohl den Dienst der höhern übernehmen kann, aber nie um¬
gekehrt.

Die Stellung der Sanitätsoffiziere zu dem Offizierkorps ist unter den
bestehenden Verhältnissen nicht immer durchsichtig genug und bedarf vielfach
nach der dienstlichen, der kameradschaftlichen und auch nach der gesellschaftlichen
Seite der Regelung. In dienstlicher Hinsicht ist es auch der sonstigen Tradition
der Armee nicht entsprechend, daß, wie es im dienstlichen Verhältnis zwischen
Offizier und Sanitätsoffizier zurzeit oft vorkommt, der Jüngere dem Ältern
Befehle erteilt. Wir erinnern hierbei an den häufigen Fall, wo der Oberstabs¬
arzt den bataillonsärztlichen Dienst bei einem Bataillon versieht, bei dem der
Bataillonskommandeur dem Patent nach der jüngere Offizier ist.

Wie in andern Armeen muß weiter auch den Sanitätsoffizieren ein Be-
lehlsrecht dem jüngern Truppenoffizier gegenüber eingeräumt werden, wenn
beide in direkt dienstliche Beziehungen zueinander treten, wie z. B. im Kriegsfall
der Divisionsarzt zum militärischen Führer der Sanitätskompagnie, und in
Fällen, wo die Gefahr einer Schädigung des Sanitätsdienstes vorliegen könnte.
sei hierbei aber ausdrücklich betont, daß der Sanitätsoffizier niemals Truppen¬
führer sein kann, also niemals irgendwelche unmittelbare Befehlsgewalt über
ewe geschlossene Truppe erhalten darf.

Was die kameradschaftlichen Beziehungen zum Offizierkorps betrifft, so
We es heute noch an der nötigen Klarheit darüber, ob der Sanitätsoffizier
°is ein Mitglied des Offizierkorps in den Rechten und Pflichten bei Kasino¬
angelegenheiten, bei der Geschenkkasse, der Bibliothek u. tgi. zu betrachten ist.
Auch sind die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Offizier und Sanitäts¬
offizier endgiltig dahin zu regeln, daß der ältere Sanitätsoffizier dem Patent
"ach stets dem jüngern Offizier z. B. bei der Platzfrage vorangeht.

Zum Schluß dieser Abhandlungen seien noch einige Nebenfragen berührt.

Ohne Mühe läßt sich das unerquickliche Verhältnis lösen, worin jetzt die
Verwaltung des Sanitätsdienstes zur Intendantur steht: die Lazarettabteilung


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[0639] Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffiziere Was die Regelungen im Betriebe des Sanitätsdienstes anlangt, so stehen die Wünsche der Sanitätsoffiziere auf Gleichberechtigung mit den Offizieren bei den Ehrenbezeugungen, bei der Strafbefugnis und der Urlaubsbewilligung voran. Ferner wünschen die Sanitätsoffiziere, ehrengerichtliche Verfahren in Zukunft als eigne Angelegenheit behandeln zu dürfen, sodaß nicht mehr der militärische Vorgesetzte, sondern der militärärztliche Vorgesetzte die Anordnung zu solchem Verfahren erteilt. Da die Bestätigung der ehrengerichtlichen Urteile in der Allerhöchsten Hand ruht, so erscheint eine Neuregelung der ehrengerichtlichen Angelegenheiten des Sanitätsoffizierkorps in der gewünschten Weise keinerlei Gefahr in sich zu schließen, daß in Zukunft die rein militärischen Interessen vernachlässigt werden könnten. Schließlich geht der Wunsch unsrer Militärärzte dahin, auch bei Ausübung des Sanitätsdienstes den militärischen Grundsatz durchgeführt zu sehen, daß die niedrigere Charge wohl den Dienst der höhern übernehmen kann, aber nie um¬ gekehrt. Die Stellung der Sanitätsoffiziere zu dem Offizierkorps ist unter den bestehenden Verhältnissen nicht immer durchsichtig genug und bedarf vielfach nach der dienstlichen, der kameradschaftlichen und auch nach der gesellschaftlichen Seite der Regelung. In dienstlicher Hinsicht ist es auch der sonstigen Tradition der Armee nicht entsprechend, daß, wie es im dienstlichen Verhältnis zwischen Offizier und Sanitätsoffizier zurzeit oft vorkommt, der Jüngere dem Ältern Befehle erteilt. Wir erinnern hierbei an den häufigen Fall, wo der Oberstabs¬ arzt den bataillonsärztlichen Dienst bei einem Bataillon versieht, bei dem der Bataillonskommandeur dem Patent nach der jüngere Offizier ist. Wie in andern Armeen muß weiter auch den Sanitätsoffizieren ein Be- lehlsrecht dem jüngern Truppenoffizier gegenüber eingeräumt werden, wenn beide in direkt dienstliche Beziehungen zueinander treten, wie z. B. im Kriegsfall der Divisionsarzt zum militärischen Führer der Sanitätskompagnie, und in Fällen, wo die Gefahr einer Schädigung des Sanitätsdienstes vorliegen könnte. sei hierbei aber ausdrücklich betont, daß der Sanitätsoffizier niemals Truppen¬ führer sein kann, also niemals irgendwelche unmittelbare Befehlsgewalt über ewe geschlossene Truppe erhalten darf. Was die kameradschaftlichen Beziehungen zum Offizierkorps betrifft, so We es heute noch an der nötigen Klarheit darüber, ob der Sanitätsoffizier °is ein Mitglied des Offizierkorps in den Rechten und Pflichten bei Kasino¬ angelegenheiten, bei der Geschenkkasse, der Bibliothek u. tgi. zu betrachten ist. Auch sind die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Offizier und Sanitäts¬ offizier endgiltig dahin zu regeln, daß der ältere Sanitätsoffizier dem Patent "ach stets dem jüngern Offizier z. B. bei der Platzfrage vorangeht. Zum Schluß dieser Abhandlungen seien noch einige Nebenfragen berührt. Ohne Mühe läßt sich das unerquickliche Verhältnis lösen, worin jetzt die Verwaltung des Sanitätsdienstes zur Intendantur steht: die Lazarettabteilung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/639>, abgerufen am 29.06.2024.