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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Deutsch - amerikanische Angelegenheiten

mehrfach bewiesen, am deutlichsten am 12. April 1906 einer Gruppe des
Deutschamerikanischen Krieger- und Veteranenbundes gegenüber, die er eigens
nach Washington eingeladen hatte. Er betonte als "Aufgabe der amerikanischen
Diplomatie, die engen Bande, die Deutschland und Amerika verbinden, immer
fester zu knüpfen, um so mehr, da nirgends auf der Welt größere Bewunderung
für Deutschland und seinen Herrscher gehegt wird als in Amerika". Wie es
einmal nach Ablauf seiner Präsidentschaft werden wird, steht dahin; jedenfalls
ist während dieser viel und wird noch manches zur Förderung der volkstüm¬
lichen Interessen der Deutschamerikaner geschehn.

Roosevelt ist ein Vollblutamerikaner und einer der geistvollsten Vertreter
jenes Imperialismus, der dahin strebt, ein besondres amerikanisches Volkstum
zu schaffen und ihm eine interkontinentale Machtstellung zu gewinnen. Er
steht darin nicht allein da. Man braucht nur in Betracht zu ziehen, daß
Milliardenbesitzer in den letzten Jahren Hunderte von Millionen gewidmet
haben, um Einrichtungen zu schaffen, namentlich Hochschulen, die allein dem
Zwecke dienen sollen, ein ausschließlich amerikanisches Volkstum als Grund¬
lage einer Weltmacht heranzubilden. Roosevelt persönlich ist ein entschiedner
Gegner der auf dem europäischen Festlande vertretenen alle Welt gleichmachenden
Richtung. Sein Ziel ist ein spezifisch amerikanisches Volk und eine gewaltige
Streitmacht zur See. Es ist ein vielfach nicht genügend beachtetes Ereignis
unsrer Zeit, wie drüben aus einem chaotischen Einwandrergemisch ein Volk
wird, das dazu bestimmt ist, in der weitern weltgeschichtlichen Entwicklung
eine selbstbewußte Rolle zu spielen. Bei diesem denkwürdigen Vorgang muß
es für Deutschland von besonderm Wert sein, daß die starke Beimischung
deutschen Blutes zu ihrer vollen Bedeutung kommt. Darum verdient die nicht
gewöhnliche Hervorhebung des deutschen Elements durch Roosevelt volle Be¬
achtung. Von deutschfeindlicher Seite wird behauptet, die Deutschfreundlichkeit
Roosevelts sei nur Verstellung; Franzosen gegenüber gebe er sich auch als
Bewundrer Frankreichs, und zu Engländern spreche er als Verehrer Englands.
Davon ist einiges richtig, aber nur insoweit, als Roosevelt ein höflicher Mann
ist, und weil er auch die Vorzüge andrer Völker warm anerkennt. Aber er
weiß, daß der englische Einfluß auf die Nordamerikaner längst vorüber ist,
und daß eine wirkliche Durchdringung mit französischem Geist dort niemals
Platz gegriffen hat. Dagegen hat er mehrfach ganz unverhüllt ausgesprochen,
daß er den Einfluß deutschen Wesens und deutscher Kultur weitaus für den
besten hält, der auf Amerika wirken könne. Ein großes Lob des Deutschtums
sprach er am 21. Juni 1905 in seiner Rede beim Schluß der Clark-Universität
in Worcester (Massachusetts) aus: "Der bewunderungswürdige Aufschwung
Deutschlands, in der Welt des Handels und der Gewerbe nicht weniger wie
in der Kunst und Literatur, ist darauf zurückzuführen, daß der Deutsche sein
Geistesleben erzog, sich hohe Ideale stellte und sie in seiner praktischen Weise
zur Geltung brachte. . . . Von Deutschland hat unser Land viel gelernt. .. .


Deutsch - amerikanische Angelegenheiten

mehrfach bewiesen, am deutlichsten am 12. April 1906 einer Gruppe des
Deutschamerikanischen Krieger- und Veteranenbundes gegenüber, die er eigens
nach Washington eingeladen hatte. Er betonte als „Aufgabe der amerikanischen
Diplomatie, die engen Bande, die Deutschland und Amerika verbinden, immer
fester zu knüpfen, um so mehr, da nirgends auf der Welt größere Bewunderung
für Deutschland und seinen Herrscher gehegt wird als in Amerika". Wie es
einmal nach Ablauf seiner Präsidentschaft werden wird, steht dahin; jedenfalls
ist während dieser viel und wird noch manches zur Förderung der volkstüm¬
lichen Interessen der Deutschamerikaner geschehn.

Roosevelt ist ein Vollblutamerikaner und einer der geistvollsten Vertreter
jenes Imperialismus, der dahin strebt, ein besondres amerikanisches Volkstum
zu schaffen und ihm eine interkontinentale Machtstellung zu gewinnen. Er
steht darin nicht allein da. Man braucht nur in Betracht zu ziehen, daß
Milliardenbesitzer in den letzten Jahren Hunderte von Millionen gewidmet
haben, um Einrichtungen zu schaffen, namentlich Hochschulen, die allein dem
Zwecke dienen sollen, ein ausschließlich amerikanisches Volkstum als Grund¬
lage einer Weltmacht heranzubilden. Roosevelt persönlich ist ein entschiedner
Gegner der auf dem europäischen Festlande vertretenen alle Welt gleichmachenden
Richtung. Sein Ziel ist ein spezifisch amerikanisches Volk und eine gewaltige
Streitmacht zur See. Es ist ein vielfach nicht genügend beachtetes Ereignis
unsrer Zeit, wie drüben aus einem chaotischen Einwandrergemisch ein Volk
wird, das dazu bestimmt ist, in der weitern weltgeschichtlichen Entwicklung
eine selbstbewußte Rolle zu spielen. Bei diesem denkwürdigen Vorgang muß
es für Deutschland von besonderm Wert sein, daß die starke Beimischung
deutschen Blutes zu ihrer vollen Bedeutung kommt. Darum verdient die nicht
gewöhnliche Hervorhebung des deutschen Elements durch Roosevelt volle Be¬
achtung. Von deutschfeindlicher Seite wird behauptet, die Deutschfreundlichkeit
Roosevelts sei nur Verstellung; Franzosen gegenüber gebe er sich auch als
Bewundrer Frankreichs, und zu Engländern spreche er als Verehrer Englands.
Davon ist einiges richtig, aber nur insoweit, als Roosevelt ein höflicher Mann
ist, und weil er auch die Vorzüge andrer Völker warm anerkennt. Aber er
weiß, daß der englische Einfluß auf die Nordamerikaner längst vorüber ist,
und daß eine wirkliche Durchdringung mit französischem Geist dort niemals
Platz gegriffen hat. Dagegen hat er mehrfach ganz unverhüllt ausgesprochen,
daß er den Einfluß deutschen Wesens und deutscher Kultur weitaus für den
besten hält, der auf Amerika wirken könne. Ein großes Lob des Deutschtums
sprach er am 21. Juni 1905 in seiner Rede beim Schluß der Clark-Universität
in Worcester (Massachusetts) aus: „Der bewunderungswürdige Aufschwung
Deutschlands, in der Welt des Handels und der Gewerbe nicht weniger wie
in der Kunst und Literatur, ist darauf zurückzuführen, daß der Deutsche sein
Geistesleben erzog, sich hohe Ideale stellte und sie in seiner praktischen Weise
zur Geltung brachte. . . . Von Deutschland hat unser Land viel gelernt. .. .


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[0618] Deutsch - amerikanische Angelegenheiten mehrfach bewiesen, am deutlichsten am 12. April 1906 einer Gruppe des Deutschamerikanischen Krieger- und Veteranenbundes gegenüber, die er eigens nach Washington eingeladen hatte. Er betonte als „Aufgabe der amerikanischen Diplomatie, die engen Bande, die Deutschland und Amerika verbinden, immer fester zu knüpfen, um so mehr, da nirgends auf der Welt größere Bewunderung für Deutschland und seinen Herrscher gehegt wird als in Amerika". Wie es einmal nach Ablauf seiner Präsidentschaft werden wird, steht dahin; jedenfalls ist während dieser viel und wird noch manches zur Förderung der volkstüm¬ lichen Interessen der Deutschamerikaner geschehn. Roosevelt ist ein Vollblutamerikaner und einer der geistvollsten Vertreter jenes Imperialismus, der dahin strebt, ein besondres amerikanisches Volkstum zu schaffen und ihm eine interkontinentale Machtstellung zu gewinnen. Er steht darin nicht allein da. Man braucht nur in Betracht zu ziehen, daß Milliardenbesitzer in den letzten Jahren Hunderte von Millionen gewidmet haben, um Einrichtungen zu schaffen, namentlich Hochschulen, die allein dem Zwecke dienen sollen, ein ausschließlich amerikanisches Volkstum als Grund¬ lage einer Weltmacht heranzubilden. Roosevelt persönlich ist ein entschiedner Gegner der auf dem europäischen Festlande vertretenen alle Welt gleichmachenden Richtung. Sein Ziel ist ein spezifisch amerikanisches Volk und eine gewaltige Streitmacht zur See. Es ist ein vielfach nicht genügend beachtetes Ereignis unsrer Zeit, wie drüben aus einem chaotischen Einwandrergemisch ein Volk wird, das dazu bestimmt ist, in der weitern weltgeschichtlichen Entwicklung eine selbstbewußte Rolle zu spielen. Bei diesem denkwürdigen Vorgang muß es für Deutschland von besonderm Wert sein, daß die starke Beimischung deutschen Blutes zu ihrer vollen Bedeutung kommt. Darum verdient die nicht gewöhnliche Hervorhebung des deutschen Elements durch Roosevelt volle Be¬ achtung. Von deutschfeindlicher Seite wird behauptet, die Deutschfreundlichkeit Roosevelts sei nur Verstellung; Franzosen gegenüber gebe er sich auch als Bewundrer Frankreichs, und zu Engländern spreche er als Verehrer Englands. Davon ist einiges richtig, aber nur insoweit, als Roosevelt ein höflicher Mann ist, und weil er auch die Vorzüge andrer Völker warm anerkennt. Aber er weiß, daß der englische Einfluß auf die Nordamerikaner längst vorüber ist, und daß eine wirkliche Durchdringung mit französischem Geist dort niemals Platz gegriffen hat. Dagegen hat er mehrfach ganz unverhüllt ausgesprochen, daß er den Einfluß deutschen Wesens und deutscher Kultur weitaus für den besten hält, der auf Amerika wirken könne. Ein großes Lob des Deutschtums sprach er am 21. Juni 1905 in seiner Rede beim Schluß der Clark-Universität in Worcester (Massachusetts) aus: „Der bewunderungswürdige Aufschwung Deutschlands, in der Welt des Handels und der Gewerbe nicht weniger wie in der Kunst und Literatur, ist darauf zurückzuführen, daß der Deutsche sein Geistesleben erzog, sich hohe Ideale stellte und sie in seiner praktischen Weise zur Geltung brachte. . . . Von Deutschland hat unser Land viel gelernt. .. .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/618>, abgerufen am 25.08.2024.