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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Vegetation und Pflanzenkultur Italiens

die Rebe, die vielfach von Baum zu Baum geleitet wird, erzeugt köstliche
Trauben.

Die Bewässerung geschieht meist mit Grundwasser, das in Brunnen ge¬
sammelt und durch Pumpwerke gehoben wird, oder durch Quell- und Flu߬
wasser, das in dicht gemauerten Kanälen den Kulturen zugeführt wird. Aus
den Flüssen kann jedoch das Wasser nicht immer genommen werden, da sie
im Sommer kein Wasser führen.

Außer auf ebnem Boden werden die Kulturen an Abhängen ausgeführt.
Diese müssen vielfach erst durch Terrassenanlage zur Kultur hergerichtet werden.
Ein anschauliches Bild des Terrassenbaues gewinnt man auf der Insel Ischia.

Wir finden solche bewässerte Gartenlandschaften zunächst an der Küste,
dann auch in den fruchtbaren und geschützten Tälern. Diese Gegenden bilden
einen starken Kontrast zu dem Trockenland mit seinem extensiven Getreidebau
und seiner primitiven Weidewirtschaft.

Ungemein mannigfaltig sind die Pflanzen, die auf bewässerten Lande an¬
gebaut werden. Von den Fruchtbäumen sind zunächst die Agrumi, wie Orangen
und Zitronen, zu nennen. Sodann werden unsre Obstarten, ferner Feigen,
Mandeln, Aprikosen, Pfirsiche, Granaten, Quitten usw. kultiviert. Dazu kommt
noch der Maulbeerbaum, der in Norditalien nicht bewässert wird.

Mannigfache Gemüsepflanzen, vor allem Zwiebeln, Lauch, Gurken, Kürbisse,
Melonen und Wassermelonen bilden die Unterfrüchte. Auf mehr trocknen
Feldern gedeihen Tomaten, Eierpflanzen, Artischocken. Bohnen, Kohlarten,
Spinat, Kopfsalat und dergleichen mehr. Die Gemüsepflanzen bedürfen jedoch
des Schutzes gegen die Sonnenstrahlen durch Laubbäume. Deshalb sind solche
überall in den Gärten verteilt. Man treibt aber auch Gemüsekultur ohne
Baumkultur, doch ist dieses nur in kühlern Gegenden möglich. Der Italiener,
der Städter noch mehr als der Bauer, ernährt sich größtenteils von frischer
Pflanzenkost. Daher finden wir den Gemüsebau besonders in der Nähe der
Städte. Außerdem werden in neuerer Zeit Gemüse und Südfrüchte hauptsächlich
auch als Ausfuhrprodukte angebaut. Seit dem Altertum hat sich der Habitus
der Landschaft wesentlich verändert. Wenn auch noch Getreide, Wein und Öl
die Grundlage für die Bodenkultur sind, so sind doch eine Unmenge Kultur¬
pflanzen hinzugekommen, wodurch namentlich die Küstenlandschaft verändert
worden ist. Die Mannigfaltigkeit in der Pflanzenkultur wird noch erhöht durch
die benachbarten Höhenunterschiede, die wieder andre Kulturpflanzen und Anbau¬
methoden bedingen. Aber auch in Gebirgsgegenden finden wir bei dichter
Bevölkerung ohne Bewässerung eine intensive Anbaumethode in Form des
Terrassenbaues. Auf den Terrassen, die zahllos übereinander ausgeführt sind,
gedeihen Olbüume, Getreide und Hülsenfrüchte.




Vegetation und Pflanzenkultur Italiens

die Rebe, die vielfach von Baum zu Baum geleitet wird, erzeugt köstliche
Trauben.

Die Bewässerung geschieht meist mit Grundwasser, das in Brunnen ge¬
sammelt und durch Pumpwerke gehoben wird, oder durch Quell- und Flu߬
wasser, das in dicht gemauerten Kanälen den Kulturen zugeführt wird. Aus
den Flüssen kann jedoch das Wasser nicht immer genommen werden, da sie
im Sommer kein Wasser führen.

Außer auf ebnem Boden werden die Kulturen an Abhängen ausgeführt.
Diese müssen vielfach erst durch Terrassenanlage zur Kultur hergerichtet werden.
Ein anschauliches Bild des Terrassenbaues gewinnt man auf der Insel Ischia.

Wir finden solche bewässerte Gartenlandschaften zunächst an der Küste,
dann auch in den fruchtbaren und geschützten Tälern. Diese Gegenden bilden
einen starken Kontrast zu dem Trockenland mit seinem extensiven Getreidebau
und seiner primitiven Weidewirtschaft.

Ungemein mannigfaltig sind die Pflanzen, die auf bewässerten Lande an¬
gebaut werden. Von den Fruchtbäumen sind zunächst die Agrumi, wie Orangen
und Zitronen, zu nennen. Sodann werden unsre Obstarten, ferner Feigen,
Mandeln, Aprikosen, Pfirsiche, Granaten, Quitten usw. kultiviert. Dazu kommt
noch der Maulbeerbaum, der in Norditalien nicht bewässert wird.

Mannigfache Gemüsepflanzen, vor allem Zwiebeln, Lauch, Gurken, Kürbisse,
Melonen und Wassermelonen bilden die Unterfrüchte. Auf mehr trocknen
Feldern gedeihen Tomaten, Eierpflanzen, Artischocken. Bohnen, Kohlarten,
Spinat, Kopfsalat und dergleichen mehr. Die Gemüsepflanzen bedürfen jedoch
des Schutzes gegen die Sonnenstrahlen durch Laubbäume. Deshalb sind solche
überall in den Gärten verteilt. Man treibt aber auch Gemüsekultur ohne
Baumkultur, doch ist dieses nur in kühlern Gegenden möglich. Der Italiener,
der Städter noch mehr als der Bauer, ernährt sich größtenteils von frischer
Pflanzenkost. Daher finden wir den Gemüsebau besonders in der Nähe der
Städte. Außerdem werden in neuerer Zeit Gemüse und Südfrüchte hauptsächlich
auch als Ausfuhrprodukte angebaut. Seit dem Altertum hat sich der Habitus
der Landschaft wesentlich verändert. Wenn auch noch Getreide, Wein und Öl
die Grundlage für die Bodenkultur sind, so sind doch eine Unmenge Kultur¬
pflanzen hinzugekommen, wodurch namentlich die Küstenlandschaft verändert
worden ist. Die Mannigfaltigkeit in der Pflanzenkultur wird noch erhöht durch
die benachbarten Höhenunterschiede, die wieder andre Kulturpflanzen und Anbau¬
methoden bedingen. Aber auch in Gebirgsgegenden finden wir bei dichter
Bevölkerung ohne Bewässerung eine intensive Anbaumethode in Form des
Terrassenbaues. Auf den Terrassen, die zahllos übereinander ausgeführt sind,
gedeihen Olbüume, Getreide und Hülsenfrüchte.




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[0428] Vegetation und Pflanzenkultur Italiens die Rebe, die vielfach von Baum zu Baum geleitet wird, erzeugt köstliche Trauben. Die Bewässerung geschieht meist mit Grundwasser, das in Brunnen ge¬ sammelt und durch Pumpwerke gehoben wird, oder durch Quell- und Flu߬ wasser, das in dicht gemauerten Kanälen den Kulturen zugeführt wird. Aus den Flüssen kann jedoch das Wasser nicht immer genommen werden, da sie im Sommer kein Wasser führen. Außer auf ebnem Boden werden die Kulturen an Abhängen ausgeführt. Diese müssen vielfach erst durch Terrassenanlage zur Kultur hergerichtet werden. Ein anschauliches Bild des Terrassenbaues gewinnt man auf der Insel Ischia. Wir finden solche bewässerte Gartenlandschaften zunächst an der Küste, dann auch in den fruchtbaren und geschützten Tälern. Diese Gegenden bilden einen starken Kontrast zu dem Trockenland mit seinem extensiven Getreidebau und seiner primitiven Weidewirtschaft. Ungemein mannigfaltig sind die Pflanzen, die auf bewässerten Lande an¬ gebaut werden. Von den Fruchtbäumen sind zunächst die Agrumi, wie Orangen und Zitronen, zu nennen. Sodann werden unsre Obstarten, ferner Feigen, Mandeln, Aprikosen, Pfirsiche, Granaten, Quitten usw. kultiviert. Dazu kommt noch der Maulbeerbaum, der in Norditalien nicht bewässert wird. Mannigfache Gemüsepflanzen, vor allem Zwiebeln, Lauch, Gurken, Kürbisse, Melonen und Wassermelonen bilden die Unterfrüchte. Auf mehr trocknen Feldern gedeihen Tomaten, Eierpflanzen, Artischocken. Bohnen, Kohlarten, Spinat, Kopfsalat und dergleichen mehr. Die Gemüsepflanzen bedürfen jedoch des Schutzes gegen die Sonnenstrahlen durch Laubbäume. Deshalb sind solche überall in den Gärten verteilt. Man treibt aber auch Gemüsekultur ohne Baumkultur, doch ist dieses nur in kühlern Gegenden möglich. Der Italiener, der Städter noch mehr als der Bauer, ernährt sich größtenteils von frischer Pflanzenkost. Daher finden wir den Gemüsebau besonders in der Nähe der Städte. Außerdem werden in neuerer Zeit Gemüse und Südfrüchte hauptsächlich auch als Ausfuhrprodukte angebaut. Seit dem Altertum hat sich der Habitus der Landschaft wesentlich verändert. Wenn auch noch Getreide, Wein und Öl die Grundlage für die Bodenkultur sind, so sind doch eine Unmenge Kultur¬ pflanzen hinzugekommen, wodurch namentlich die Küstenlandschaft verändert worden ist. Die Mannigfaltigkeit in der Pflanzenkultur wird noch erhöht durch die benachbarten Höhenunterschiede, die wieder andre Kulturpflanzen und Anbau¬ methoden bedingen. Aber auch in Gebirgsgegenden finden wir bei dichter Bevölkerung ohne Bewässerung eine intensive Anbaumethode in Form des Terrassenbaues. Auf den Terrassen, die zahllos übereinander ausgeführt sind, gedeihen Olbüume, Getreide und Hülsenfrüchte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/428>, abgerufen am 03.07.2024.