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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Die Kaffeefrcige in Brasilien

zahlen. Und es ist durchaus nicht unmöglich, daß dieser Preis wenigstens
zeitweilig erreicht wird. Ist doch seither auf dem Markte von Havre die
Notierung von früher zwischen 35 und 37 wieder auf 42 bis 43 in die Hohe
gegangen, womit sie sich schon dem verlangten Valorisationspreise nähert.

Damit ist allerdings vorläufig noch nicht gesagt, daß Sav Paulo, das
auch für die Nachbarstaaten Minas Geraes und Rio de Janeiro die Valori-
sationsvperationen leitet, nun wirklich seine Kaffeelager zum Preise von
45 Franken für 50 Kilogramm loszuschlagen Aussicht habe. Im Gegenteil
ist die heutige feste Marktlage des Artikels zunächst eine Wirkung der statt¬
gehabten Erleichterung des Marktes um die aufgekauften und auf Lager ge¬
legte" 8 Millionen Sack, wozu noch schlechte Berichte über die laufende Ernte
treten. Aber der Überfluß an Kaffee ist so groß, daß ein bloßer Versuch, die
offiziell aufgespeicherten Vorräte abzustoßen, zurzeit noch zu einem neuen
Preissturz führen dürfte. Ob sich die Lage später günstiger gestaltet, wird
ganz von dem Ausfalle der Ernten und von der Fähigkeit Brasiliens zum
Ausharren in der geschaffnen Situation abhängen.

Die mit der letzten Brcifilpost eingetroffnen offiziellen Abschlußzifferu über
die letzte Kaffeeernte (Juli 1906 bis Juni 1907) lassen die ganze Größe der statt¬
gehabten Überproduktion erkennen. Brasilien für sich allein hat 20409180 Sack
auf die Märkte geliefert, und die Weltproduktion wird auf rund 24 Millionen
Sack angegeben. Was die hauptsächlichsten Kaffeezonen Brasiliens betrifft, so
verteilt sich die Ernte folgendermaßen:

Santos "Staat S, Paulo) . . .Is892170 Sack
Rio (Rio de Janeiro und Minas)4439904 "
Viktorin (Espirito Santo) . . .409412 "
Bahia.........1S0223 "
Andre.........17471 "
Zusammen 20409180 Sack

Der Wcltkonsnm hat sich im Jahre 1906/07 auf etwa 17^ Millionen
Sack gehoben, eine relativ hohe Zahl, die mit der aufsteigenden Wirtschafts¬
konjunktur und den billigen Kaffeepreisen ihre Erklärung findet. Brasilien
für sich allein hat über 3 Millionen Sack mehr erzeugt, als die ganze Welt
verbraucht, und die gesamte Weltprodnktion überstieg den Weltkonsum um
beinahe 7 Millionen Sack. Die Santoszone, die sonst nur annähernd die
Hälfte der Weltproduktion zu liefern pflegte, hat diesesmal beinahe zwei
Drittel davon auf den Markt gebracht. Die sichtbaren Weltvorrüte waren
am 1. Juli dieses Jahres auf gegen 16^ Millionen Sack angewachsen, und
es kommt nun darauf an, ob und in welchem Verhältnisse diese Riesenziffer
durch den Ausfall der nächsten Ernten vermindert werden wird.

Für das laufende Geschäftsjahr (Juli 1907 bis Juni 1908) schienen
anfänglich die Aussichten für eine schwache Ernte und eine entsprechende


Die Kaffeefrcige in Brasilien

zahlen. Und es ist durchaus nicht unmöglich, daß dieser Preis wenigstens
zeitweilig erreicht wird. Ist doch seither auf dem Markte von Havre die
Notierung von früher zwischen 35 und 37 wieder auf 42 bis 43 in die Hohe
gegangen, womit sie sich schon dem verlangten Valorisationspreise nähert.

Damit ist allerdings vorläufig noch nicht gesagt, daß Sav Paulo, das
auch für die Nachbarstaaten Minas Geraes und Rio de Janeiro die Valori-
sationsvperationen leitet, nun wirklich seine Kaffeelager zum Preise von
45 Franken für 50 Kilogramm loszuschlagen Aussicht habe. Im Gegenteil
ist die heutige feste Marktlage des Artikels zunächst eine Wirkung der statt¬
gehabten Erleichterung des Marktes um die aufgekauften und auf Lager ge¬
legte» 8 Millionen Sack, wozu noch schlechte Berichte über die laufende Ernte
treten. Aber der Überfluß an Kaffee ist so groß, daß ein bloßer Versuch, die
offiziell aufgespeicherten Vorräte abzustoßen, zurzeit noch zu einem neuen
Preissturz führen dürfte. Ob sich die Lage später günstiger gestaltet, wird
ganz von dem Ausfalle der Ernten und von der Fähigkeit Brasiliens zum
Ausharren in der geschaffnen Situation abhängen.

Die mit der letzten Brcifilpost eingetroffnen offiziellen Abschlußzifferu über
die letzte Kaffeeernte (Juli 1906 bis Juni 1907) lassen die ganze Größe der statt¬
gehabten Überproduktion erkennen. Brasilien für sich allein hat 20409180 Sack
auf die Märkte geliefert, und die Weltproduktion wird auf rund 24 Millionen
Sack angegeben. Was die hauptsächlichsten Kaffeezonen Brasiliens betrifft, so
verteilt sich die Ernte folgendermaßen:

Santos «Staat S, Paulo) . . .Is892170 Sack
Rio (Rio de Janeiro und Minas)4439904 „
Viktorin (Espirito Santo) . . .409412 „
Bahia.........1S0223 „
Andre.........17471 „
Zusammen 20409180 Sack

Der Wcltkonsnm hat sich im Jahre 1906/07 auf etwa 17^ Millionen
Sack gehoben, eine relativ hohe Zahl, die mit der aufsteigenden Wirtschafts¬
konjunktur und den billigen Kaffeepreisen ihre Erklärung findet. Brasilien
für sich allein hat über 3 Millionen Sack mehr erzeugt, als die ganze Welt
verbraucht, und die gesamte Weltprodnktion überstieg den Weltkonsum um
beinahe 7 Millionen Sack. Die Santoszone, die sonst nur annähernd die
Hälfte der Weltproduktion zu liefern pflegte, hat diesesmal beinahe zwei
Drittel davon auf den Markt gebracht. Die sichtbaren Weltvorrüte waren
am 1. Juli dieses Jahres auf gegen 16^ Millionen Sack angewachsen, und
es kommt nun darauf an, ob und in welchem Verhältnisse diese Riesenziffer
durch den Ausfall der nächsten Ernten vermindert werden wird.

Für das laufende Geschäftsjahr (Juli 1907 bis Juni 1908) schienen
anfänglich die Aussichten für eine schwache Ernte und eine entsprechende


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[0344] Die Kaffeefrcige in Brasilien zahlen. Und es ist durchaus nicht unmöglich, daß dieser Preis wenigstens zeitweilig erreicht wird. Ist doch seither auf dem Markte von Havre die Notierung von früher zwischen 35 und 37 wieder auf 42 bis 43 in die Hohe gegangen, womit sie sich schon dem verlangten Valorisationspreise nähert. Damit ist allerdings vorläufig noch nicht gesagt, daß Sav Paulo, das auch für die Nachbarstaaten Minas Geraes und Rio de Janeiro die Valori- sationsvperationen leitet, nun wirklich seine Kaffeelager zum Preise von 45 Franken für 50 Kilogramm loszuschlagen Aussicht habe. Im Gegenteil ist die heutige feste Marktlage des Artikels zunächst eine Wirkung der statt¬ gehabten Erleichterung des Marktes um die aufgekauften und auf Lager ge¬ legte» 8 Millionen Sack, wozu noch schlechte Berichte über die laufende Ernte treten. Aber der Überfluß an Kaffee ist so groß, daß ein bloßer Versuch, die offiziell aufgespeicherten Vorräte abzustoßen, zurzeit noch zu einem neuen Preissturz führen dürfte. Ob sich die Lage später günstiger gestaltet, wird ganz von dem Ausfalle der Ernten und von der Fähigkeit Brasiliens zum Ausharren in der geschaffnen Situation abhängen. Die mit der letzten Brcifilpost eingetroffnen offiziellen Abschlußzifferu über die letzte Kaffeeernte (Juli 1906 bis Juni 1907) lassen die ganze Größe der statt¬ gehabten Überproduktion erkennen. Brasilien für sich allein hat 20409180 Sack auf die Märkte geliefert, und die Weltproduktion wird auf rund 24 Millionen Sack angegeben. Was die hauptsächlichsten Kaffeezonen Brasiliens betrifft, so verteilt sich die Ernte folgendermaßen: Santos «Staat S, Paulo) . . .Is892170 Sack Rio (Rio de Janeiro und Minas)4439904 „ Viktorin (Espirito Santo) . . .409412 „ Bahia.........1S0223 „ Andre.........17471 „ Zusammen 20409180 Sack Der Wcltkonsnm hat sich im Jahre 1906/07 auf etwa 17^ Millionen Sack gehoben, eine relativ hohe Zahl, die mit der aufsteigenden Wirtschafts¬ konjunktur und den billigen Kaffeepreisen ihre Erklärung findet. Brasilien für sich allein hat über 3 Millionen Sack mehr erzeugt, als die ganze Welt verbraucht, und die gesamte Weltprodnktion überstieg den Weltkonsum um beinahe 7 Millionen Sack. Die Santoszone, die sonst nur annähernd die Hälfte der Weltproduktion zu liefern pflegte, hat diesesmal beinahe zwei Drittel davon auf den Markt gebracht. Die sichtbaren Weltvorrüte waren am 1. Juli dieses Jahres auf gegen 16^ Millionen Sack angewachsen, und es kommt nun darauf an, ob und in welchem Verhältnisse diese Riesenziffer durch den Ausfall der nächsten Ernten vermindert werden wird. Für das laufende Geschäftsjahr (Juli 1907 bis Juni 1908) schienen anfänglich die Aussichten für eine schwache Ernte und eine entsprechende

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/344>, abgerufen am 22.07.2024.