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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Die Kurse für Regierungsreferendare

das Bankwesen zur Erörterung. Da genügt es selbstverständlich nicht, sich
lediglich die Bestimmungen des Reichsbankgesetzes vom 14. Mürz 1875 (Reichs¬
gesetzblatt S. 177) einzuprägen. Es ist vielmehr die ganze Entwicklung der
Banken -- zumal seit Gründung des Deutschen Reichs -- zu behandeln und
sodann die Frage, welchen Einfluß das Reichsbankgesetz vom 14. März 1875
auf das Bankwesen ausgeübt hat. Die Haupttätigkeit der Reichsbank, ihre
Diskontopolitik, ihr Bestreben, sich einen möglichst großen Anteil am Wechsel¬
verkehr zu sichern, der Einfluß der Reichsbank auf diesen Wechselverkehr, die
Girogeschäfte der Neichsbank, ihre roten und weißen Schenks sowie das bevor¬
stehende Scheckgesetz -- dies alles darf nicht unerwähnt gelassen werden, ebenso¬
wenig wie die Reformbedürftigkeit des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 (Reichs¬
gesetzblatt S. 157) mit dem Eintragungszwang in das Börsenregister und den
Beschränkungen des Terminhandels.

Noch vieles könnte ich des Nähern berichten. Doch glaube ich die Geduld
des Lesers schon genügend in Anspruch genommen zu haben, der Zweck war
ja nur, den Beweis zu versuchen, daß in dem Kursus zu Breslau das Bestreben
darauf gerichtet ist, der "Einpankerei" einen möglichst geringen Platz bei der
gemeinsamen Arbeit mit den Referendaren einzuräumen. Soll es doch das
Hauptziel des Kursus sein, die Referendare zum eignen selbständigen Denken
anzuregen und zum freien Beurteilen der Fragen in Theorie und Praxis, zur
Initiative und zum selbständigen Handeln zu erziehen.

Nicht ein kommißmäßiges Einpauker, sondern die Vorschrift in Artikel 20
der preußischen Verfassung: "Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei", soll
die Parole der gemeinsamen Arbeit in dem Kursus sein! Daher auch die Not¬
wendigkeit, auf die geschichtliche Entwicklung in der Volkswirtschaftslehre sowohl
wie in dem Staats- und Verwaltungsrecht ganz besondern Wert zu legen. Zur
Belebung der gemeinsamen Arbeit mag es dabei dienen, wenn charakteristische
Worte ver Gelehrten und Historiker mitunter zum Vortrag gelangen. So vor
allem die vorzüglichen Ausführungen Treitschkes, wenn bei der Besprechung der
Stein-Hardcnbergischen Gesetzgebung der Helden aus den Freiheitskriegen, der
willensstarken Männer wie Stein und Scharnhorst, Blücher und Gneisenau
sowie Hardenbergs eigentümlicher Größe gedacht wird. Und es mögen dann wohl
auch -- um den Referendaren die Gedanken jener großen Zeit einzuprägen -- die
schönen den Kampf für die Freiheit des Vaterlandes preisender Worte Erwähnung
finden, die den Schluß der vorstehenden kleinen Abhandlung bilden sollen:


Wer für die Freiheit kämpft und füllt, des Ruhm wird blühend stehe",
Solange frei die Winde noch durch freie Lüste wehen,
Solange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald,
Solang des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt. ,



Grenzboten IV 1S0787
Die Kurse für Regierungsreferendare

das Bankwesen zur Erörterung. Da genügt es selbstverständlich nicht, sich
lediglich die Bestimmungen des Reichsbankgesetzes vom 14. Mürz 1875 (Reichs¬
gesetzblatt S. 177) einzuprägen. Es ist vielmehr die ganze Entwicklung der
Banken — zumal seit Gründung des Deutschen Reichs — zu behandeln und
sodann die Frage, welchen Einfluß das Reichsbankgesetz vom 14. März 1875
auf das Bankwesen ausgeübt hat. Die Haupttätigkeit der Reichsbank, ihre
Diskontopolitik, ihr Bestreben, sich einen möglichst großen Anteil am Wechsel¬
verkehr zu sichern, der Einfluß der Reichsbank auf diesen Wechselverkehr, die
Girogeschäfte der Neichsbank, ihre roten und weißen Schenks sowie das bevor¬
stehende Scheckgesetz — dies alles darf nicht unerwähnt gelassen werden, ebenso¬
wenig wie die Reformbedürftigkeit des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 (Reichs¬
gesetzblatt S. 157) mit dem Eintragungszwang in das Börsenregister und den
Beschränkungen des Terminhandels.

Noch vieles könnte ich des Nähern berichten. Doch glaube ich die Geduld
des Lesers schon genügend in Anspruch genommen zu haben, der Zweck war
ja nur, den Beweis zu versuchen, daß in dem Kursus zu Breslau das Bestreben
darauf gerichtet ist, der „Einpankerei" einen möglichst geringen Platz bei der
gemeinsamen Arbeit mit den Referendaren einzuräumen. Soll es doch das
Hauptziel des Kursus sein, die Referendare zum eignen selbständigen Denken
anzuregen und zum freien Beurteilen der Fragen in Theorie und Praxis, zur
Initiative und zum selbständigen Handeln zu erziehen.

Nicht ein kommißmäßiges Einpauker, sondern die Vorschrift in Artikel 20
der preußischen Verfassung: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei", soll
die Parole der gemeinsamen Arbeit in dem Kursus sein! Daher auch die Not¬
wendigkeit, auf die geschichtliche Entwicklung in der Volkswirtschaftslehre sowohl
wie in dem Staats- und Verwaltungsrecht ganz besondern Wert zu legen. Zur
Belebung der gemeinsamen Arbeit mag es dabei dienen, wenn charakteristische
Worte ver Gelehrten und Historiker mitunter zum Vortrag gelangen. So vor
allem die vorzüglichen Ausführungen Treitschkes, wenn bei der Besprechung der
Stein-Hardcnbergischen Gesetzgebung der Helden aus den Freiheitskriegen, der
willensstarken Männer wie Stein und Scharnhorst, Blücher und Gneisenau
sowie Hardenbergs eigentümlicher Größe gedacht wird. Und es mögen dann wohl
auch — um den Referendaren die Gedanken jener großen Zeit einzuprägen — die
schönen den Kampf für die Freiheit des Vaterlandes preisender Worte Erwähnung
finden, die den Schluß der vorstehenden kleinen Abhandlung bilden sollen:


Wer für die Freiheit kämpft und füllt, des Ruhm wird blühend stehe»,
Solange frei die Winde noch durch freie Lüste wehen,
Solange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald,
Solang des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt. ,



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[0293] Die Kurse für Regierungsreferendare das Bankwesen zur Erörterung. Da genügt es selbstverständlich nicht, sich lediglich die Bestimmungen des Reichsbankgesetzes vom 14. Mürz 1875 (Reichs¬ gesetzblatt S. 177) einzuprägen. Es ist vielmehr die ganze Entwicklung der Banken — zumal seit Gründung des Deutschen Reichs — zu behandeln und sodann die Frage, welchen Einfluß das Reichsbankgesetz vom 14. März 1875 auf das Bankwesen ausgeübt hat. Die Haupttätigkeit der Reichsbank, ihre Diskontopolitik, ihr Bestreben, sich einen möglichst großen Anteil am Wechsel¬ verkehr zu sichern, der Einfluß der Reichsbank auf diesen Wechselverkehr, die Girogeschäfte der Neichsbank, ihre roten und weißen Schenks sowie das bevor¬ stehende Scheckgesetz — dies alles darf nicht unerwähnt gelassen werden, ebenso¬ wenig wie die Reformbedürftigkeit des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 (Reichs¬ gesetzblatt S. 157) mit dem Eintragungszwang in das Börsenregister und den Beschränkungen des Terminhandels. Noch vieles könnte ich des Nähern berichten. Doch glaube ich die Geduld des Lesers schon genügend in Anspruch genommen zu haben, der Zweck war ja nur, den Beweis zu versuchen, daß in dem Kursus zu Breslau das Bestreben darauf gerichtet ist, der „Einpankerei" einen möglichst geringen Platz bei der gemeinsamen Arbeit mit den Referendaren einzuräumen. Soll es doch das Hauptziel des Kursus sein, die Referendare zum eignen selbständigen Denken anzuregen und zum freien Beurteilen der Fragen in Theorie und Praxis, zur Initiative und zum selbständigen Handeln zu erziehen. Nicht ein kommißmäßiges Einpauker, sondern die Vorschrift in Artikel 20 der preußischen Verfassung: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei", soll die Parole der gemeinsamen Arbeit in dem Kursus sein! Daher auch die Not¬ wendigkeit, auf die geschichtliche Entwicklung in der Volkswirtschaftslehre sowohl wie in dem Staats- und Verwaltungsrecht ganz besondern Wert zu legen. Zur Belebung der gemeinsamen Arbeit mag es dabei dienen, wenn charakteristische Worte ver Gelehrten und Historiker mitunter zum Vortrag gelangen. So vor allem die vorzüglichen Ausführungen Treitschkes, wenn bei der Besprechung der Stein-Hardcnbergischen Gesetzgebung der Helden aus den Freiheitskriegen, der willensstarken Männer wie Stein und Scharnhorst, Blücher und Gneisenau sowie Hardenbergs eigentümlicher Größe gedacht wird. Und es mögen dann wohl auch — um den Referendaren die Gedanken jener großen Zeit einzuprägen — die schönen den Kampf für die Freiheit des Vaterlandes preisender Worte Erwähnung finden, die den Schluß der vorstehenden kleinen Abhandlung bilden sollen: Wer für die Freiheit kämpft und füllt, des Ruhm wird blühend stehe», Solange frei die Winde noch durch freie Lüste wehen, Solange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald, Solang des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt. , Grenzboten IV 1S0787

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/293>, abgerufen am 29.06.2024.