Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.Irland als Dorn unter dem Panzer Englands Denman, des Sprechers der Regierungspartei in der betreffenden Parlaments¬ Durch den schon eingangs erwähnten Ruf der Uvitsä Irisd I^Axrw zu Zu allem Überfluß kommt auch noch eine neue jungirische Bewegung auf; Irland als Dorn unter dem Panzer Englands Denman, des Sprechers der Regierungspartei in der betreffenden Parlaments¬ Durch den schon eingangs erwähnten Ruf der Uvitsä Irisd I^Axrw zu Zu allem Überfluß kommt auch noch eine neue jungirische Bewegung auf; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0667" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303369"/> <fw type="header" place="top"> Irland als Dorn unter dem Panzer Englands</fw><lb/> <p xml:id="ID_3288" prev="#ID_3287"> Denman, des Sprechers der Regierungspartei in der betreffenden Parlaments¬<lb/> verhandlung, beständig stärker geworden sind, und die Äußerung Lord Denmans,<lb/> daß nach Meinung der Negierung das Verjagen von Vieh an und für sich<lb/> kein Verbrechen von sehr ernster Natur sei, wurde in Irland von den Leitern<lb/> der Liga und den Organisatoren des Kampfes gegen die Weidewirtschaften<lb/> willkommen geheißen," Man verbreitet ein angebliches Wort des Staats¬<lb/> sekretärs Mr. Birrell, daß er für seine Person entzückt sein würde, wenn das<lb/> Volk aus eigner Kraft, sei es auch durch rohe Mittel, Abhilfe von dem Übel<lb/> der „Gräser" funde.</p><lb/> <p xml:id="ID_3289"> Durch den schon eingangs erwähnten Ruf der Uvitsä Irisd I^Axrw zu<lb/> den Waffen (vom 20. Juni) hat der Kampf noch einen umfassenden Charakter<lb/> angenommen, wiewohl von neuen sensationellen Verbrechen für die letzten<lb/> Wochen noch nicht gerade zu berichten ist. Vielleicht hat man solche für den<lb/> Herbst und Winter zu erwarten, denn auf diese verweist die Kundgebung des<lb/> Borstandes mit aller Offenheit. Inzwischen geht die Regierung mit einem<lb/> neuen Beruhigungsversuch vor. Die Kviotscl klü-als pill soll den Pächtern,<lb/> die, weil sie keine Pacht bezahlt haben, von den Eigentümern an die Luft<lb/> gesetzt worden sind, Pachtungen verschaffen. Es waren deren Anfang Juli 8400.<lb/> Um diesen Pachtungen von 40 Acres (16 Hektar) zu verschaffen, wären<lb/> 336000 Acres nötig. Es sind aber nur 80000 Acres unverpachtetes Land käuflich.<lb/> Die Kommissare der Regierung sollen nun durch das neue Gesetz das Recht<lb/> erhalten, die Eigentümer von Land zu enteignen und ihnen einen Preis nach<lb/> Gutdünken dafür zu zahlen, auch wenn sie nicht verkaufen wollen. Sollen<lb/> denn, so fragen aufgeregt die Gegner, die Pächter, die ehrlich ihre Pacht be¬<lb/> zahlt haben, durch solchen Zwangskauf an die Luft gesetzt werden zugunsten<lb/> von Pächtern, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen? Die irische Ver¬<lb/> wicklung bringt England auf abenteuerliche Heilungsversuche.</p><lb/> <p xml:id="ID_3290" next="#ID_3291"> Zu allem Überfluß kommt auch noch eine neue jungirische Bewegung auf;<lb/> sie nennt sich Sinn ?einn, zu deutsch: „wir selbst". Ihr Ziel ist ebenfalls<lb/> die Loslösung Irlands aus dem englischen Regiment; jedoch soll sie im Gegensatz<lb/> zu der Unitsä Irisn I^g-Zue, die England zu der Freigebung der Insel zwingen<lb/> will, direkt durch irische Kräfte geschehen. Der äußerste Radikalismus kommt<lb/> hier zum Worte. Sinn I^lui sagt: „Ihr verweigert uns Homerule? Wohlan,<lb/> wir werden es uns schaffen." Die Kinder Irlands sollen in eignen irischen<lb/> Schulen und Universitäten erzogen werden. Landwirtschaft, Industrie, Schiff-<lb/> fahrt, Handel, Börsenwesen, alles soll auf eigner nationaler Grundlage unter<lb/> Zurückstoßung alles Englischen geschaffen werden. Natürlich ein eignes irisches<lb/> Parlament mit eigner irischer Regierung. Eigne Konsulate im Auslande.<lb/> »Wir fordern das Volk auf, die Gerichtshöfe zu bvykottieren und ihre Streitig¬<lb/> keiten freiwillig nationalen irischen Schiedsgerichten zu unterbreiten." Börsen<lb/> und Banken sollen ausschließlich irisch sein. „Wir empfehlen die Boykottierung<lb/> englischer Waren und die Verweigerung des Eintritts in den englischen Zivil-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0667]
Irland als Dorn unter dem Panzer Englands
Denman, des Sprechers der Regierungspartei in der betreffenden Parlaments¬
verhandlung, beständig stärker geworden sind, und die Äußerung Lord Denmans,
daß nach Meinung der Negierung das Verjagen von Vieh an und für sich
kein Verbrechen von sehr ernster Natur sei, wurde in Irland von den Leitern
der Liga und den Organisatoren des Kampfes gegen die Weidewirtschaften
willkommen geheißen," Man verbreitet ein angebliches Wort des Staats¬
sekretärs Mr. Birrell, daß er für seine Person entzückt sein würde, wenn das
Volk aus eigner Kraft, sei es auch durch rohe Mittel, Abhilfe von dem Übel
der „Gräser" funde.
Durch den schon eingangs erwähnten Ruf der Uvitsä Irisd I^Axrw zu
den Waffen (vom 20. Juni) hat der Kampf noch einen umfassenden Charakter
angenommen, wiewohl von neuen sensationellen Verbrechen für die letzten
Wochen noch nicht gerade zu berichten ist. Vielleicht hat man solche für den
Herbst und Winter zu erwarten, denn auf diese verweist die Kundgebung des
Borstandes mit aller Offenheit. Inzwischen geht die Regierung mit einem
neuen Beruhigungsversuch vor. Die Kviotscl klü-als pill soll den Pächtern,
die, weil sie keine Pacht bezahlt haben, von den Eigentümern an die Luft
gesetzt worden sind, Pachtungen verschaffen. Es waren deren Anfang Juli 8400.
Um diesen Pachtungen von 40 Acres (16 Hektar) zu verschaffen, wären
336000 Acres nötig. Es sind aber nur 80000 Acres unverpachtetes Land käuflich.
Die Kommissare der Regierung sollen nun durch das neue Gesetz das Recht
erhalten, die Eigentümer von Land zu enteignen und ihnen einen Preis nach
Gutdünken dafür zu zahlen, auch wenn sie nicht verkaufen wollen. Sollen
denn, so fragen aufgeregt die Gegner, die Pächter, die ehrlich ihre Pacht be¬
zahlt haben, durch solchen Zwangskauf an die Luft gesetzt werden zugunsten
von Pächtern, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen? Die irische Ver¬
wicklung bringt England auf abenteuerliche Heilungsversuche.
Zu allem Überfluß kommt auch noch eine neue jungirische Bewegung auf;
sie nennt sich Sinn ?einn, zu deutsch: „wir selbst". Ihr Ziel ist ebenfalls
die Loslösung Irlands aus dem englischen Regiment; jedoch soll sie im Gegensatz
zu der Unitsä Irisn I^g-Zue, die England zu der Freigebung der Insel zwingen
will, direkt durch irische Kräfte geschehen. Der äußerste Radikalismus kommt
hier zum Worte. Sinn I^lui sagt: „Ihr verweigert uns Homerule? Wohlan,
wir werden es uns schaffen." Die Kinder Irlands sollen in eignen irischen
Schulen und Universitäten erzogen werden. Landwirtschaft, Industrie, Schiff-
fahrt, Handel, Börsenwesen, alles soll auf eigner nationaler Grundlage unter
Zurückstoßung alles Englischen geschaffen werden. Natürlich ein eignes irisches
Parlament mit eigner irischer Regierung. Eigne Konsulate im Auslande.
»Wir fordern das Volk auf, die Gerichtshöfe zu bvykottieren und ihre Streitig¬
keiten freiwillig nationalen irischen Schiedsgerichten zu unterbreiten." Börsen
und Banken sollen ausschließlich irisch sein. „Wir empfehlen die Boykottierung
englischer Waren und die Verweigerung des Eintritts in den englischen Zivil-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |