Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.Luftreisen des Majors Freiherrn von Bischoffshausen, am Rande der zum Flaming ge¬ Bald nach 3 Uhr schon wird es hell. Dichte Forste und üppige Fluren Bis hierher hatten wir, meist nur wenige Kilometer nördlicher, genau Wie die Strömungen des Wassers, so haben auch die der Lust ihre Wellen¬ Grenzboten III 1907 ^
Luftreisen des Majors Freiherrn von Bischoffshausen, am Rande der zum Flaming ge¬ Bald nach 3 Uhr schon wird es hell. Dichte Forste und üppige Fluren Bis hierher hatten wir, meist nur wenige Kilometer nördlicher, genau Wie die Strömungen des Wassers, so haben auch die der Lust ihre Wellen¬ Grenzboten III 1907 ^
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0573" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303275"/> <fw type="header" place="top"> Luftreisen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2954" prev="#ID_2953"> des Majors Freiherrn von Bischoffshausen, am Rande der zum Flaming ge¬<lb/> hörenden Dahmer Heide — in dem großen, waldumgebnen Körbaer Teiche<lb/> südlich davon spiegelten sich die Sterne und beleuchteten ein Jnselchen nahe<lb/> am Ufer —, über Luckau, dessen innere Stadt mit Wall und Graben noch<lb/> heute den Eindruck einer kleinen Feste macht, bei Lübbenau über die Spree und<lb/> die Berlin-Görlitzer Bahn, östlich davon über die bekannten beiden Spree¬<lb/> walddörfer Lehde und Leipe. In der Ferne zur Rechten zeigt sich der Licht¬<lb/> schein einer größern Stadt, richtig Kottbus! Die Wasserfläche der zu einem<lb/> großen Ganzen vereinigten vier Peltzer Seen, die bei der nächtlichen Fahrt<lb/> im vorigen Sommer im Scheine des Vollmonds glänzten, schimmert nur matt<lb/> wie blind gewordnes Spiegelglas, denn der Himmel hat sich bewölkt, aber<lb/> die erste Morgendämmerung läßt sie uns doch deutlich wahrnehmen. Nördlich<lb/> und östlich davon die dunkeln Riesenwaldungen von Tauer, Lieberose und<lb/> Jänsch. Ein Kuckuck ist erwacht, und sein Rufen weckt die übrigen, sodaß<lb/> die Wälder überall von ihren ländischen Terzen widerhallen. Bei Groß-<lb/> Gastrose südwestlich vom hellerleuchteten Guben kreuzen wir die Wasser- und<lb/> inselreiche Reiße.</p><lb/> <p xml:id="ID_2955"> Bald nach 3 Uhr schon wird es hell. Dichte Forste und üppige Fluren<lb/> wechseln unter uns. Über den Wellmitzer See mit einer Insel mitten drin<lb/> nähern wir uns dem Jähnsdorfer See und den nach Norden vorgelagerten<lb/> Ortschaften Jähnsdorf und Sectors. Die Lage der beiden Orte und ihre Um¬<lb/> gebung, die Biegung und Verzweigung der Straßen ist so ausgeprägt, daß<lb/> wir ohne Schwierigkeit die Stelle auf der Karte finden. Gegen 5 Uhr ist bei<lb/> Kunow und Tornow zwischen Wald und Lues der Bober erreicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2956"> Bis hierher hatten wir, meist nur wenige Kilometer nördlicher, genau<lb/> dieselbe Strecke zurückgelegt wie auf unserm Fluge nach Rußland. Anfangs<lb/> hatte die Wärmeausstrahlung des Gases die ruhige Bewegung unsers Ballons<lb/> verhindert und uns während der ersten zwei Stunden zur Ausgabe von drei<lb/> Sack Ballast genötigt, dann aber zeigte die sogenannte Fahrtkurve bis Sonnen¬<lb/> aufgang (4 Uhr) eine fast schnurgerade wagerechte Linie, ohne daß wir ein<lb/> Körnchen Sand verbrauchten, und 31 Sack hatten wir mitbekommen! Noch<lb/> war also Aussicht auf eine außergewöhnliche weite Fahrt etwa über Warschau<lb/> vorhanden. Barometer und Barograph erwiesen sich beide als unzuverlässig<lb/> und mußten erst durch lange Bemühungen einigermaßen instant gesetzt werden.<lb/> Dagegen arbeitete das in seiner Konstruktion wieder verbesserte Windrädchen<lb/> (Vertikalcmemoskop), auf das wir inzwischen allein angewiesen waren, ganz tadel¬<lb/> los. Zum Schutz gegen jede Beeinflussung durch wagerechte Strömungen war es<lb/> mit einem Zylinder umgeben worden. Auch die leiseste Bewegung nach oben<lb/> »der unten wurde von ihm angezeigt und konnte sofort ausgeglichen werden.<lb/> Vor allem aber ist damit noch ein weiterer Vorteil verbunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2957" next="#ID_2958"> Wie die Strömungen des Wassers, so haben auch die der Lust ihre Wellen¬<lb/> bewegung, ja es sind sogar sehr hohe Wellen hier oft zu bemerken, nur sind</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1907 ^</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0573]
Luftreisen
des Majors Freiherrn von Bischoffshausen, am Rande der zum Flaming ge¬
hörenden Dahmer Heide — in dem großen, waldumgebnen Körbaer Teiche
südlich davon spiegelten sich die Sterne und beleuchteten ein Jnselchen nahe
am Ufer —, über Luckau, dessen innere Stadt mit Wall und Graben noch
heute den Eindruck einer kleinen Feste macht, bei Lübbenau über die Spree und
die Berlin-Görlitzer Bahn, östlich davon über die bekannten beiden Spree¬
walddörfer Lehde und Leipe. In der Ferne zur Rechten zeigt sich der Licht¬
schein einer größern Stadt, richtig Kottbus! Die Wasserfläche der zu einem
großen Ganzen vereinigten vier Peltzer Seen, die bei der nächtlichen Fahrt
im vorigen Sommer im Scheine des Vollmonds glänzten, schimmert nur matt
wie blind gewordnes Spiegelglas, denn der Himmel hat sich bewölkt, aber
die erste Morgendämmerung läßt sie uns doch deutlich wahrnehmen. Nördlich
und östlich davon die dunkeln Riesenwaldungen von Tauer, Lieberose und
Jänsch. Ein Kuckuck ist erwacht, und sein Rufen weckt die übrigen, sodaß
die Wälder überall von ihren ländischen Terzen widerhallen. Bei Groß-
Gastrose südwestlich vom hellerleuchteten Guben kreuzen wir die Wasser- und
inselreiche Reiße.
Bald nach 3 Uhr schon wird es hell. Dichte Forste und üppige Fluren
wechseln unter uns. Über den Wellmitzer See mit einer Insel mitten drin
nähern wir uns dem Jähnsdorfer See und den nach Norden vorgelagerten
Ortschaften Jähnsdorf und Sectors. Die Lage der beiden Orte und ihre Um¬
gebung, die Biegung und Verzweigung der Straßen ist so ausgeprägt, daß
wir ohne Schwierigkeit die Stelle auf der Karte finden. Gegen 5 Uhr ist bei
Kunow und Tornow zwischen Wald und Lues der Bober erreicht.
Bis hierher hatten wir, meist nur wenige Kilometer nördlicher, genau
dieselbe Strecke zurückgelegt wie auf unserm Fluge nach Rußland. Anfangs
hatte die Wärmeausstrahlung des Gases die ruhige Bewegung unsers Ballons
verhindert und uns während der ersten zwei Stunden zur Ausgabe von drei
Sack Ballast genötigt, dann aber zeigte die sogenannte Fahrtkurve bis Sonnen¬
aufgang (4 Uhr) eine fast schnurgerade wagerechte Linie, ohne daß wir ein
Körnchen Sand verbrauchten, und 31 Sack hatten wir mitbekommen! Noch
war also Aussicht auf eine außergewöhnliche weite Fahrt etwa über Warschau
vorhanden. Barometer und Barograph erwiesen sich beide als unzuverlässig
und mußten erst durch lange Bemühungen einigermaßen instant gesetzt werden.
Dagegen arbeitete das in seiner Konstruktion wieder verbesserte Windrädchen
(Vertikalcmemoskop), auf das wir inzwischen allein angewiesen waren, ganz tadel¬
los. Zum Schutz gegen jede Beeinflussung durch wagerechte Strömungen war es
mit einem Zylinder umgeben worden. Auch die leiseste Bewegung nach oben
»der unten wurde von ihm angezeigt und konnte sofort ausgeglichen werden.
Vor allem aber ist damit noch ein weiterer Vorteil verbunden.
Wie die Strömungen des Wassers, so haben auch die der Lust ihre Wellen¬
bewegung, ja es sind sogar sehr hohe Wellen hier oft zu bemerken, nur sind
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