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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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zu beschränken und Ägypter in großer Mehrzahl in den untergeordneten und
in großer Zahl in den höhern Verwaltungsstellen zu verwenden, des weitern
aber Schritt für Schritt den Boden zu ebnen für erhöhte Beiziehung von
Ägyptern in höhere Stellen. Die Ausführung dieser Politik geht ans ver-
schiednen Gründen nicht allzu rasch vonstatten. Denn zunächst war die vor-
handnc Zahl von Ägyptern, die die nötigen Fähigkeiten hatten, gering. Dann
stellte der ungeahnte, plötzliche Aufschwung des Landes dieses vor eine Reihe
schwieriger Aufgaben auf rechtlichem und technischem Gebiete, denen eben wieder
nur höher geschulte Europäer gerecht zu werden vermochten. Inzwischen aber
ist vieles geschehn, um die Bildung der Ägypter zu heben und sie für die ihnen
in der Staatsverwaltung harrenden Aufgaben vorzubilden. Dies beweisen am
besten folgende Angaben. Im Jahre 1888 war es noch nicht möglich, andert¬
halb Millionen Mark für Erziehungszwecke auszugeben; damals bestanden nur
vierzehn Negierungsschulen mit 135 Lehrern und 2373 Schülern. Im Jahre
1907 betrügt der Aufwand für öffentlichen Unterricht siebeneinhalb Millionen
Mark. Es bestehen jetzt 50 Negierungsschulen und -kollegien mit 849 Lehrern
und 11063 Schülern. Die Zahl der unter der Negierung stehenden Dorf¬
schulen ("Kuttabs") ist auf 122 gestiegen mit 266 Lehrern und 8890 Schülern.
Das Erziehungsdepartement beaufsichtigt und unterstützt außerdem 4432 "Kut¬
tabs" mit 6358 Lehrern und 156542 Schülern. Im letzten Jahrzehnt wurden
über neun Millionen Mark für Schulbänken ausgegeben; für dieses Jahr sieht
der Haushalt 1,8 Millionen Mark für diesen Zweck vor.

Auf diese Weise wird sich nach und nach der Bildungsstand der Ägypter
heben und sie zur Teilnahme an der Regierung ihres Landes befähigen. Da¬
neben werden aber immer Europäer nötig sein, einerseits ans Gebieten, die
höhere technische Kenntnisse verlangen, und dann als Gegenmittel gegen gewisse
Schwächen des ägyptischen Charakters, dem es zunächst noch an Verantwortungs¬
freudigkeit, Festigkeit und Selbständigkeit fehlt.

Im ganzen ist im Jahrzehnt 1896 bis 1906 die Zahl der Beamten im
ägyptischen Zivildienst gestiegen von 9134 auf 13279, also um 4145. Von
diesen sind 3583 Ägypter und 562 Europäer, sodaß im Jahre 1906 12027 ägyp¬
tische und 1252 europäische Beamte arbeiteten; von diesen sind wieder 662 bri¬
tischer, 590 andrer Nationalität. Von den 562 im letzten Jahrzehnt hinzn-
gekommnen Europäern kommen 303 ans die Eisenbahnverwaltnng, auf der eine
ganz besondre Verantwortung richt.

Bei der hier gegebnen Darstellung ist bis jetzt der Hauptwert auf die
politische Leitung des Landes durch Lord Cromer und auf seine Stellung zu
den verschiednen Fragen der Regierung und der Verwaltung gelegt worden. Es
bleibt somit nur wenig Raum für die ökonomische Seite seiner Tätigkeit übrig,
der deshalb nur die wichtigsten Angaben entnommen werden sollen.

Die Domäuenverwaltung verkaufte im letztem Jahre meistbietend 1913 aors-z
in Stücken von etwa 17 aorss (1 g-ors 40,46 Ar). Der erreichte Durchschnitts-


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zu beschränken und Ägypter in großer Mehrzahl in den untergeordneten und
in großer Zahl in den höhern Verwaltungsstellen zu verwenden, des weitern
aber Schritt für Schritt den Boden zu ebnen für erhöhte Beiziehung von
Ägyptern in höhere Stellen. Die Ausführung dieser Politik geht ans ver-
schiednen Gründen nicht allzu rasch vonstatten. Denn zunächst war die vor-
handnc Zahl von Ägyptern, die die nötigen Fähigkeiten hatten, gering. Dann
stellte der ungeahnte, plötzliche Aufschwung des Landes dieses vor eine Reihe
schwieriger Aufgaben auf rechtlichem und technischem Gebiete, denen eben wieder
nur höher geschulte Europäer gerecht zu werden vermochten. Inzwischen aber
ist vieles geschehn, um die Bildung der Ägypter zu heben und sie für die ihnen
in der Staatsverwaltung harrenden Aufgaben vorzubilden. Dies beweisen am
besten folgende Angaben. Im Jahre 1888 war es noch nicht möglich, andert¬
halb Millionen Mark für Erziehungszwecke auszugeben; damals bestanden nur
vierzehn Negierungsschulen mit 135 Lehrern und 2373 Schülern. Im Jahre
1907 betrügt der Aufwand für öffentlichen Unterricht siebeneinhalb Millionen
Mark. Es bestehen jetzt 50 Negierungsschulen und -kollegien mit 849 Lehrern
und 11063 Schülern. Die Zahl der unter der Negierung stehenden Dorf¬
schulen („Kuttabs") ist auf 122 gestiegen mit 266 Lehrern und 8890 Schülern.
Das Erziehungsdepartement beaufsichtigt und unterstützt außerdem 4432 „Kut¬
tabs" mit 6358 Lehrern und 156542 Schülern. Im letzten Jahrzehnt wurden
über neun Millionen Mark für Schulbänken ausgegeben; für dieses Jahr sieht
der Haushalt 1,8 Millionen Mark für diesen Zweck vor.

Auf diese Weise wird sich nach und nach der Bildungsstand der Ägypter
heben und sie zur Teilnahme an der Regierung ihres Landes befähigen. Da¬
neben werden aber immer Europäer nötig sein, einerseits ans Gebieten, die
höhere technische Kenntnisse verlangen, und dann als Gegenmittel gegen gewisse
Schwächen des ägyptischen Charakters, dem es zunächst noch an Verantwortungs¬
freudigkeit, Festigkeit und Selbständigkeit fehlt.

Im ganzen ist im Jahrzehnt 1896 bis 1906 die Zahl der Beamten im
ägyptischen Zivildienst gestiegen von 9134 auf 13279, also um 4145. Von
diesen sind 3583 Ägypter und 562 Europäer, sodaß im Jahre 1906 12027 ägyp¬
tische und 1252 europäische Beamte arbeiteten; von diesen sind wieder 662 bri¬
tischer, 590 andrer Nationalität. Von den 562 im letzten Jahrzehnt hinzn-
gekommnen Europäern kommen 303 ans die Eisenbahnverwaltnng, auf der eine
ganz besondre Verantwortung richt.

Bei der hier gegebnen Darstellung ist bis jetzt der Hauptwert auf die
politische Leitung des Landes durch Lord Cromer und auf seine Stellung zu
den verschiednen Fragen der Regierung und der Verwaltung gelegt worden. Es
bleibt somit nur wenig Raum für die ökonomische Seite seiner Tätigkeit übrig,
der deshalb nur die wichtigsten Angaben entnommen werden sollen.

Die Domäuenverwaltung verkaufte im letztem Jahre meistbietend 1913 aors-z
in Stücken von etwa 17 aorss (1 g-ors 40,46 Ar). Der erreichte Durchschnitts-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/499>, abgerufen am 27.07.2024.