Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.Aus dem Lager der Gegner Goethes Jenas dorthin zu verpflanzen. Der Sohn wurde zugleich außerordentlicher Bei der neuen Jenaer Literaturzeitung, die Eichstädt auf Geheiß Goethes Jetzt verstehen wir auch Grubers Brief aus Weimar vom 1. Februar 1807 Kommt Dirs aber sonderbar vor, daß ich das teutsche Athen Abdera Bei dem Wort Stella füllt mir wieder ein Berg auf die Brust. Gehört Euer geh. Rath Wolf ist -- ein niederträchtiger Schurke. Der Schluß Aus dem Lager der Gegner Goethes Jenas dorthin zu verpflanzen. Der Sohn wurde zugleich außerordentlicher Bei der neuen Jenaer Literaturzeitung, die Eichstädt auf Geheiß Goethes Jetzt verstehen wir auch Grubers Brief aus Weimar vom 1. Februar 1807 Kommt Dirs aber sonderbar vor, daß ich das teutsche Athen Abdera Bei dem Wort Stella füllt mir wieder ein Berg auf die Brust. Gehört Euer geh. Rath Wolf ist — ein niederträchtiger Schurke. Der Schluß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0402" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303104"/> <fw type="header" place="top"> Aus dem Lager der Gegner Goethes</fw><lb/> <p xml:id="ID_2308" prev="#ID_2307"> Jenas dorthin zu verpflanzen. Der Sohn wurde zugleich außerordentlicher<lb/> Professor in Halle. Goethe hatte diesen Gegenschlag nicht gefürchtet. Er spricht<lb/> daher von einem „in die Unternehmer der ALZ. gefahrenen Schwindelgeist"<lb/> von „einer Tücke der abscheidenden Unternehmer". Es mochte ihm gar nicht in<lb/> den Sinn kommen, daß er sich die beiden Schütz zu Todfeinden gemacht hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2309"> Bei der neuen Jenaer Literaturzeitung, die Eichstädt auf Geheiß Goethes<lb/> ins Leben rief, fand auch Gruber Verwendung. Er meinte später, er habe<lb/> „vor Goethes Augen Gnade" gefunden. Daß Goethe ihm nicht recht traute,<lb/> zeigt sein Brief vom 7. Januar 1804 an Eichstädt. Gruber war wohl auch<lb/> der Urheber des Geredes, das Böttiger am 5. Februar 1815 an F. I. Bertuch<lb/> weitergibt: „Da haben wir denn unser blaues Wunder über das Treiben der<lb/> Jenaischen Literaturzeitung vernommen. Goethe hat manchmal 50 Recensionen<lb/> zu allerhöchster Stempelung bei sich liegen."</p><lb/> <p xml:id="ID_2310"> Jetzt verstehen wir auch Grubers Brief aus Weimar vom 1. Februar 1807<lb/> an F. K. I. Schütz. Folgende Stellen kommen hier in betracht: „Geschlossen<lb/> ist der heilige Bund, — ewig gilt er, — fest und innig, Freund, schließe ich<lb/> Dich an mein Herz! Wird mirs in meinem Abdera zu enge, dann fliegt mein<lb/> Geist zu Dir, zu Deinem Vater, den ich unbeschreiblich liebe, in Deinen ganzen<lb/> Kreis, und nun athme ich freier. Warum liegen 9 Meilen zwischen uns.</p><lb/> <p xml:id="ID_2311"> Kommt Dirs aber sonderbar vor, daß ich das teutsche Athen Abdera<lb/> nenne? Freund, ein Abderitenstreich jagt hier den andern. Der neueste war,<lb/> daß der hiesige Bürgermeister bei der Ankunft des Herzogs den Bürgern an¬<lb/> sagen ließ, ihm ein Vivat zu bringen, — bei 8 gr. Strafe. Der Herzog von<lb/> Gotha, der jetzt auch hier ist, hat dagegen ein Stückchen gemacht, das fast<lb/> demokratisch aussieht. Man hat ihm die Wahl des Schauspiels überlassen,<lb/> welches er sehen wolle, und da eben in diesem Stücke der Herzog von W(eimar)<lb/> zum erstenmal wieder im Theater erschien, hat er — Stella gewählt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2312"> Bei dem Wort Stella füllt mir wieder ein Berg auf die Brust. Gehört<lb/> ihr Verfasser auch zu den Abderiten? — Fast scheint mirs so. Seit etwa 5 Wochen<lb/> gehe ich nicht mehr zu ihm, denn er hat mir die Erbärmlichkeit zugetraut,<lb/> ich könne der Einsender der Klatschereien seyn, die über Weimar in verschiedenen<lb/> Zeitungen gestanden haben. Höflich, aber beißend habe ich ihm darüber eine<lb/> Erklärung zugestellt, und seit der Zeit war er verlegen, wenn wir in Gesell¬<lb/> schaft uns trafen. Das jedoch ließe sich wohl bald wieder ausgleichen, allein<lb/> da ich für G(velde) doch einige Achtung behalten möchte, muß ich ihn nicht<lb/> mehr sehen, wo die Frau geh. Räthin auch ist. Wäre sie eine Philine, eine<lb/> Aspasia, eine Ninon, — gut: aber so gemein, so widerwärtig gemein, und<lb/> G(velde) doch ihr oav^uns servants, und in den Augen Aller — ein Narr,<lb/> das thut mir weh. Dies ist ein Grund, warum ich jetzt alle Gesellschaft meide,<lb/> und nur das Theater ist meine Erholung. Ich kann mich wenigstens ärgern;<lb/> ach, wie unglaublich schlecht sieht es oft darum aus!</p><lb/> <p xml:id="ID_2313" next="#ID_2314"> Euer geh. Rath Wolf ist — ein niederträchtiger Schurke. Der Schluß<lb/> der Ren. über Hofbauers Geschichte der Universität Halle in der ALZ. hat mich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0402]
Aus dem Lager der Gegner Goethes
Jenas dorthin zu verpflanzen. Der Sohn wurde zugleich außerordentlicher
Professor in Halle. Goethe hatte diesen Gegenschlag nicht gefürchtet. Er spricht
daher von einem „in die Unternehmer der ALZ. gefahrenen Schwindelgeist"
von „einer Tücke der abscheidenden Unternehmer". Es mochte ihm gar nicht in
den Sinn kommen, daß er sich die beiden Schütz zu Todfeinden gemacht hatte.
Bei der neuen Jenaer Literaturzeitung, die Eichstädt auf Geheiß Goethes
ins Leben rief, fand auch Gruber Verwendung. Er meinte später, er habe
„vor Goethes Augen Gnade" gefunden. Daß Goethe ihm nicht recht traute,
zeigt sein Brief vom 7. Januar 1804 an Eichstädt. Gruber war wohl auch
der Urheber des Geredes, das Böttiger am 5. Februar 1815 an F. I. Bertuch
weitergibt: „Da haben wir denn unser blaues Wunder über das Treiben der
Jenaischen Literaturzeitung vernommen. Goethe hat manchmal 50 Recensionen
zu allerhöchster Stempelung bei sich liegen."
Jetzt verstehen wir auch Grubers Brief aus Weimar vom 1. Februar 1807
an F. K. I. Schütz. Folgende Stellen kommen hier in betracht: „Geschlossen
ist der heilige Bund, — ewig gilt er, — fest und innig, Freund, schließe ich
Dich an mein Herz! Wird mirs in meinem Abdera zu enge, dann fliegt mein
Geist zu Dir, zu Deinem Vater, den ich unbeschreiblich liebe, in Deinen ganzen
Kreis, und nun athme ich freier. Warum liegen 9 Meilen zwischen uns.
Kommt Dirs aber sonderbar vor, daß ich das teutsche Athen Abdera
nenne? Freund, ein Abderitenstreich jagt hier den andern. Der neueste war,
daß der hiesige Bürgermeister bei der Ankunft des Herzogs den Bürgern an¬
sagen ließ, ihm ein Vivat zu bringen, — bei 8 gr. Strafe. Der Herzog von
Gotha, der jetzt auch hier ist, hat dagegen ein Stückchen gemacht, das fast
demokratisch aussieht. Man hat ihm die Wahl des Schauspiels überlassen,
welches er sehen wolle, und da eben in diesem Stücke der Herzog von W(eimar)
zum erstenmal wieder im Theater erschien, hat er — Stella gewählt.
Bei dem Wort Stella füllt mir wieder ein Berg auf die Brust. Gehört
ihr Verfasser auch zu den Abderiten? — Fast scheint mirs so. Seit etwa 5 Wochen
gehe ich nicht mehr zu ihm, denn er hat mir die Erbärmlichkeit zugetraut,
ich könne der Einsender der Klatschereien seyn, die über Weimar in verschiedenen
Zeitungen gestanden haben. Höflich, aber beißend habe ich ihm darüber eine
Erklärung zugestellt, und seit der Zeit war er verlegen, wenn wir in Gesell¬
schaft uns trafen. Das jedoch ließe sich wohl bald wieder ausgleichen, allein
da ich für G(velde) doch einige Achtung behalten möchte, muß ich ihn nicht
mehr sehen, wo die Frau geh. Räthin auch ist. Wäre sie eine Philine, eine
Aspasia, eine Ninon, — gut: aber so gemein, so widerwärtig gemein, und
G(velde) doch ihr oav^uns servants, und in den Augen Aller — ein Narr,
das thut mir weh. Dies ist ein Grund, warum ich jetzt alle Gesellschaft meide,
und nur das Theater ist meine Erholung. Ich kann mich wenigstens ärgern;
ach, wie unglaublich schlecht sieht es oft darum aus!
Euer geh. Rath Wolf ist — ein niederträchtiger Schurke. Der Schluß
der Ren. über Hofbauers Geschichte der Universität Halle in der ALZ. hat mich
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |