Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.Der Konflikt zwischen Rumänien und Griechenland (Thucydides, II, Kapitel 80 bis 88.) Es geht aus diesem Zeugnis des Thucydides Auch später sind die Epirärer nicht Griechen geworden. Der berühmte Was Mazedonien betrifft, so war auch dessen Bevölkerung so wenig griechischen Diesen Ausführungen Leontes sei noch hinzugefügt, daß das, was später, Grenzboten III 1907 öl
Der Konflikt zwischen Rumänien und Griechenland (Thucydides, II, Kapitel 80 bis 88.) Es geht aus diesem Zeugnis des Thucydides Auch später sind die Epirärer nicht Griechen geworden. Der berühmte Was Mazedonien betrifft, so war auch dessen Bevölkerung so wenig griechischen Diesen Ausführungen Leontes sei noch hinzugefügt, daß das, was später, Grenzboten III 1907 öl
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Der Konflikt zwischen Rumänien und Griechenland
(Thucydides, II, Kapitel 80 bis 88.) Es geht aus diesem Zeugnis des Thucydides
hervor, daß die Epiräer vierhundert Jahre v. Chr., also dreißig bis vierzig Jahre
vor der Geburt Philipps des Dritten von Mazedonien, des Vaters Alexanders
des Großen, der Griechenland unterwarf, keine Griechen sondern Barbaren waren.
Auch später sind die Epirärer nicht Griechen geworden. Der berühmte
französische Geograph Malte-Brun schreibt hierüber im fünften Kapitel seiner
Geographiegeschichte: „Epirus, das alle andern Griechen von Griechenland aus¬
schließen, wird von Strcibon mit Jllyrien und Mazedonien zusammen geschildert.
Seine hauptsächlichsten Kantone waren in Chaones: Thesprotis und Molossis.
Strabon und Plutarch lehren uns, daß die Epirärer eine besondre Sprache
sprachen, die mit mazedonisch gleichlautend war. Es scheint, daß das heutige
Albanesisch davon abstammt." Man weiß, daß die beiden griechischen Gelehrten
Strabon und Plutarch im ersten und zweiten Jahrhundert unsrer Zeitrechnung
lebten. Somit waren bis dahin die Epiräer nichts weniger als Griechen. Wann
sollen sie es nun geworden sein? Vielleicht unter römischer Herrschaft, als nach
Aussage Titus Livius die Bevölkerung Griechenlands ein oolluviss Zsutium, ge¬
worden war, oder unter der Herrschaft von Byzanz, dessen Geschichtschreiber
Nichetas Choniales, Pachymerus, Chalcocondylas, Franzes usw. Epirus und
Thessalien nur „die große und die kleine Walachei" nennen?
Was Mazedonien betrifft, so war auch dessen Bevölkerung so wenig griechischen
Ursprungs und im Gebrauche der griechischen Sprache, daß Demosthenes, der
größte Redner Griechenlands, in seinen Reden Philipp den Dritten bestündig
einen Barbaren nennt. Außerdem ist historisch erwiesen, daß die Griechen zu
jener Zeit in Mazedonien und Epirus nur einige kleine Kolonien besaßen, wie
Amphipolis, Olynth usw. Wenn die Mazedonier zur Zeit Philipps des Dritten keine
Griechen waren, wann wären sie es denn geworden? Vielleicht unter den Nach¬
folgern Alexanders, gegen die die Griechen die Hilfe der Römer anriefen, da
jene Barbaren seien? Oder unter den Römern, oder unter den Byzantinern, als
sich das römische Element, das in Moslem ansässig war, seitdem Aurelien seine
Legionen und eine Anzahl römischer Kolonien am rechten Ufer der Donau an¬
gesiedelt hatte, fliehend vor dem Ansturm der Slawen in Mazedonien zu ver¬
breiten begann? Oder noch später, als die Slawen und darauf die Türken in
Mazedonien eingedrungen waren? Wurde damals diese Provinz vielleicht durch
ein Wunder griechisch? Weder in jenem Zeitabschnitte noch überhaupt spricht die
Geschichte von einer griechischen Invasion Mazedoniens.
Diesen Ausführungen Leontes sei noch hinzugefügt, daß das, was später,
in nicht allzufern liegender Zeit, in Mazedonien, Epirus und Albanien als
Hellenentum entstand, aus einer Verschmelzung von Ideen und Begriffen er¬
wuchs. Der vom Sultan ernannte griechische Patriarch war der einzige Re¬
präsentant der Christenheit in der Türkei, und mit der Zeit flössen die christliche
und die hellenische Idee zu einem einzigen Gedanken zusammen. Das Griechische
wurde die Kirchensprache, und von hier übertrug es sich auch auf den alltäglichen
Grenzboten III 1907 öl
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