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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Die moderne chinesische Armee

Das Sanitätswesen im chinesischen Heere liegt noch sehr im argen;
europäisch ausgebildete Ärzte befinden sich nur bei der ersten Division in
Dungpingfu und in Paotingfu, wo auch schon ein großes Militärlazarett erbaut
worden ist. Eine Schule zur Heranbildung von Ärzten, die zurzeit unter fran¬
zösischer Leitung steht, ist in Tientsin begründet worden.

Einen Generalstab in unserm Sinne kennt die chinesische Armee bis jetzt
noch nicht, doch sind dahingehende Schritte vom Generalgouvemeur Juan-Schikal
schon eingeleitet worden, und auch die in Peking begründete Militärakademie soll
dazu dienen, eine Art Generalstabsvorbildungsschule zu werden.

Was nun die Neuorganisation der Truppe anlangt, von der eingangs die
Rede war, so sollen nach einem kaiserlichen Reskript vom Jahre 1902 bis zum
Jahre 1922 insgesamt 36 Divisionen neu aufgestellt werden. Davon sind bis
jetzt gebildet worden:

1. Division (Mcmdschus) Paotingfu (wird bald nördlich von Peking verlegt),
2. Division Aungpingfu (bei Schan-Hai koan),
3. Division Paotingfu,
4. Division Machang (südlich von Tientsin),
5. Division Tsincmfu (Schenkung),
6. Division, südlich von Peking im Jagdpark.

Diese sechs Divisionen sowie die 29. gemischte Brigade in der Provinz
Honan und die südlich von Peking im Jagdpark stehende schwache Brigade (eben¬
falls Honcmtruppen und ohne Nummer) bilden die Nord- oder Peiyaugariuec
unter Juan-Schirm.

Die Südarmee wird in den Provinzen Kiang su, Anhui, Klang si gebildet.
Es sind davon bis jetzt vorhanden eine gemischte Brigade der 7. Division und
der 9. Division sowie je eine gemischte Brigade (noch ohne Nummer) in den
Provinzen Kiang su, Anhui und Kiang si. Die 8. Division und eine gemischte
Brigade der 11. Division stehen in Wutschang. Ferner steht je eine gemischte
Brigade in den Provinzen Hnnan und These klang, eine gemischte Brigade der
10. Division in der Provinz Fu lieu und eine gemischte Brigade in Canton.

Jede der vollzähligen Divisionen setzt sich aus 2 Jnfanteriebrigaden zu je
2 Regimentern zu 3 Bataillonen, 1 Kavallerieregiment zu 3 Eskadronen, 1 Ar¬
tillerieregiment zu 3 Abteilungen zu je 3 Batterien zu 4 und 6 Geschützen,
1 Pionier- und 1 Trainbataillon zusammen; diese Truppen erreichen eine etats¬
müßige Stärke von 9650 Mann. Rechnet man dazu noch einen Troß von 140 Mann
an Pferdewärtern, Köchen usw., die in China nicht in den Stand der Regimenter
mit eingerechnet werden, so zählt jede Division auf Friedensfuß etwa 1100 Mann.
Die noch nicht vollzähligen Divisionen mit eingerechnet, beläuft sich die Friedens¬
stärke des stehenden chinesischen Heeres gegenwärtig auf etwa 100000 Mann.

In der wichtigen Frage der Bewaffnung geht das Bestreben der Heeres¬
leitung augenscheinlich dahin, das Heer einheitlich zu bewaffnen. Bei der In¬
fanterie ist das Ziel fast schon erreicht, denn sieben der neuen Divisionen sind


Die moderne chinesische Armee

Das Sanitätswesen im chinesischen Heere liegt noch sehr im argen;
europäisch ausgebildete Ärzte befinden sich nur bei der ersten Division in
Dungpingfu und in Paotingfu, wo auch schon ein großes Militärlazarett erbaut
worden ist. Eine Schule zur Heranbildung von Ärzten, die zurzeit unter fran¬
zösischer Leitung steht, ist in Tientsin begründet worden.

Einen Generalstab in unserm Sinne kennt die chinesische Armee bis jetzt
noch nicht, doch sind dahingehende Schritte vom Generalgouvemeur Juan-Schikal
schon eingeleitet worden, und auch die in Peking begründete Militärakademie soll
dazu dienen, eine Art Generalstabsvorbildungsschule zu werden.

Was nun die Neuorganisation der Truppe anlangt, von der eingangs die
Rede war, so sollen nach einem kaiserlichen Reskript vom Jahre 1902 bis zum
Jahre 1922 insgesamt 36 Divisionen neu aufgestellt werden. Davon sind bis
jetzt gebildet worden:

1. Division (Mcmdschus) Paotingfu (wird bald nördlich von Peking verlegt),
2. Division Aungpingfu (bei Schan-Hai koan),
3. Division Paotingfu,
4. Division Machang (südlich von Tientsin),
5. Division Tsincmfu (Schenkung),
6. Division, südlich von Peking im Jagdpark.

Diese sechs Divisionen sowie die 29. gemischte Brigade in der Provinz
Honan und die südlich von Peking im Jagdpark stehende schwache Brigade (eben¬
falls Honcmtruppen und ohne Nummer) bilden die Nord- oder Peiyaugariuec
unter Juan-Schirm.

Die Südarmee wird in den Provinzen Kiang su, Anhui, Klang si gebildet.
Es sind davon bis jetzt vorhanden eine gemischte Brigade der 7. Division und
der 9. Division sowie je eine gemischte Brigade (noch ohne Nummer) in den
Provinzen Kiang su, Anhui und Kiang si. Die 8. Division und eine gemischte
Brigade der 11. Division stehen in Wutschang. Ferner steht je eine gemischte
Brigade in den Provinzen Hnnan und These klang, eine gemischte Brigade der
10. Division in der Provinz Fu lieu und eine gemischte Brigade in Canton.

Jede der vollzähligen Divisionen setzt sich aus 2 Jnfanteriebrigaden zu je
2 Regimentern zu 3 Bataillonen, 1 Kavallerieregiment zu 3 Eskadronen, 1 Ar¬
tillerieregiment zu 3 Abteilungen zu je 3 Batterien zu 4 und 6 Geschützen,
1 Pionier- und 1 Trainbataillon zusammen; diese Truppen erreichen eine etats¬
müßige Stärke von 9650 Mann. Rechnet man dazu noch einen Troß von 140 Mann
an Pferdewärtern, Köchen usw., die in China nicht in den Stand der Regimenter
mit eingerechnet werden, so zählt jede Division auf Friedensfuß etwa 1100 Mann.
Die noch nicht vollzähligen Divisionen mit eingerechnet, beläuft sich die Friedens¬
stärke des stehenden chinesischen Heeres gegenwärtig auf etwa 100000 Mann.

In der wichtigen Frage der Bewaffnung geht das Bestreben der Heeres¬
leitung augenscheinlich dahin, das Heer einheitlich zu bewaffnen. Bei der In¬
fanterie ist das Ziel fast schon erreicht, denn sieben der neuen Divisionen sind


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/120>, abgerufen am 01.09.2024.