Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Zukunft Ägyptens mit einem Hinweis auf die Verhandlungen in Algeciras im vorigen Jahre und Auch die englische Kritik spricht von dem Vorhandensein neuer Strömungen Doch wenden wir uns nun dem Buche selbst und zunächst seinem Ver¬ An die vierzig Jahre ist das Geschick des Verfassers mit dem des von M Die Zukunft Ägyptens mit einem Hinweis auf die Verhandlungen in Algeciras im vorigen Jahre und Auch die englische Kritik spricht von dem Vorhandensein neuer Strömungen Doch wenden wir uns nun dem Buche selbst und zunächst seinem Ver¬ An die vierzig Jahre ist das Geschick des Verfassers mit dem des von M <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0654" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302642"/> <fw type="header" place="top"> Die Zukunft Ägyptens</fw><lb/> <p xml:id="ID_2855" prev="#ID_2854"> mit einem Hinweis auf die Verhandlungen in Algeciras im vorigen Jahre und<lb/> mit einer Anspielung auf die Rolle, die das Deutsche Reich bei jener Ver¬<lb/> anlassung gespielt habe, sowie auf die freundschaftlichen Beziehungen Deutsch¬<lb/> lands zur Pforte zu begründen. „In Algeciras ist ein Vorgang geschaffen<lb/> worden, nach dem jede beliebige Macht in Europa, die politische oder kommerzielle<lb/> Interessen oder Rechte in Ägypten hat, in die Lage versetzt worden ist, die<lb/> Zustimmung jeder wesentlichen Veränderung zu versagen, deren Einführung in<lb/> die Beziehungen zwischen Ägypten und andern Kontinentalmächten England<lb/> vorschlagen könnte, solange eine solche Veränderung nicht die Zustimmung einer<lb/> internationalen Konferenz gefunden hat. Wir wissen somit ganz gut, daß eine<lb/> gewisse Großmacht uns jederzeit Ungelegenheiten und Verwicklungen schaffen<lb/> kann, wenn es ihr in den Sinn kommen mag, es zu tun, und daß sie uns<lb/> möglicher- ja wahrscheinlicherweise auch mit ihren Freunden, den Türken, in<lb/> Verwicklungen bringen wird."</p><lb/> <p xml:id="ID_2856"> Auch die englische Kritik spricht von dem Vorhandensein neuer Strömungen<lb/> und Bestrebungen, von heimlichen Gefahren und andern bedrohlichen Er¬<lb/> scheinungen, die sich trotz Lord Cromers eifriger Arbeit in den letzten Jahren<lb/> gezeigt hätten, und sieht das Hauptverdienst vou Diceys Buch gerade darin,<lb/> daß er unumwunden die eigentümlichen Verhältnisse des heutigen Ägyptens<lb/> beleuchtet und Wege weist, bei deren Verfolgung er Besserung erhofft und<lb/> verspricht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2857"> Doch wenden wir uns nun dem Buche selbst und zunächst seinem Ver¬<lb/> fasser zu! In der schon erwähnten „Geschichte des Khedivats" hatte er die<lb/> Geschichte Ägyptens geschildert von dem Tage der Landung Mohammed Alis<lb/> an bis zu unsrer Zeit, wo Abbas der Zweite Ägypten regiert, dem Namen<lb/> nach als ein Vasall seines Suzeräns, in Wirklichkeit als äußerer Repräsentant<lb/> einer britischen Verwaltung, unterstützt durch britische Truppen. Das vor¬<lb/> liegende Buch soll eine Fortsetzung jener ersten geschichtlichen Schilderung sein<lb/> und will die Aufmerksamkeit lenken „auf gewisse Mängel in der britischen Ver¬<lb/> waltung unter britischen Protektorat und auf die Politik, durch die diese Mängel<lb/> am besten abgestellt werden könnten".</p><lb/> <p xml:id="ID_2858"> An die vierzig Jahre ist das Geschick des Verfassers mit dem des von<lb/> ihm geschilderten Landes eng verknüpft; während des größten Teils seines<lb/> Lebens hat er eine „bescheidne" Rolle gespielt als aufmerksamer Zuschauer und<lb/> Beobachter der Geschicke Ägyptens sowohl wie seines englischen Heimatlandes<lb/> für die Schicksale beider Länder in hervorragend wichtigen Zeiten. Bei der<lb/> Eröffnung des Suezkanals im Jahre 1869 war er zum erstenmal im Niltale.<lb/> Genaue Bekanntschaft mit den Verhältnissen des Landes auf den verschiedensten<lb/> Gebieten, Beziehungen zu den leitenden Persönlichkeiten eben so sehr wie ein<lb/> eingehendes Studium der Eingebornen mit ihren eigentümlichen Einrichtungen<lb/> und Bedürfnissen in Hinsicht auf die Kultur und vor allem auf die Religion<lb/> befähigen Dicey ganz besonders, seine Ansicht über die von ihm nicht völlig</p><lb/> <p xml:id="ID_2859" next="#ID_2860"> M</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0654]
Die Zukunft Ägyptens
mit einem Hinweis auf die Verhandlungen in Algeciras im vorigen Jahre und
mit einer Anspielung auf die Rolle, die das Deutsche Reich bei jener Ver¬
anlassung gespielt habe, sowie auf die freundschaftlichen Beziehungen Deutsch¬
lands zur Pforte zu begründen. „In Algeciras ist ein Vorgang geschaffen
worden, nach dem jede beliebige Macht in Europa, die politische oder kommerzielle
Interessen oder Rechte in Ägypten hat, in die Lage versetzt worden ist, die
Zustimmung jeder wesentlichen Veränderung zu versagen, deren Einführung in
die Beziehungen zwischen Ägypten und andern Kontinentalmächten England
vorschlagen könnte, solange eine solche Veränderung nicht die Zustimmung einer
internationalen Konferenz gefunden hat. Wir wissen somit ganz gut, daß eine
gewisse Großmacht uns jederzeit Ungelegenheiten und Verwicklungen schaffen
kann, wenn es ihr in den Sinn kommen mag, es zu tun, und daß sie uns
möglicher- ja wahrscheinlicherweise auch mit ihren Freunden, den Türken, in
Verwicklungen bringen wird."
Auch die englische Kritik spricht von dem Vorhandensein neuer Strömungen
und Bestrebungen, von heimlichen Gefahren und andern bedrohlichen Er¬
scheinungen, die sich trotz Lord Cromers eifriger Arbeit in den letzten Jahren
gezeigt hätten, und sieht das Hauptverdienst vou Diceys Buch gerade darin,
daß er unumwunden die eigentümlichen Verhältnisse des heutigen Ägyptens
beleuchtet und Wege weist, bei deren Verfolgung er Besserung erhofft und
verspricht.
Doch wenden wir uns nun dem Buche selbst und zunächst seinem Ver¬
fasser zu! In der schon erwähnten „Geschichte des Khedivats" hatte er die
Geschichte Ägyptens geschildert von dem Tage der Landung Mohammed Alis
an bis zu unsrer Zeit, wo Abbas der Zweite Ägypten regiert, dem Namen
nach als ein Vasall seines Suzeräns, in Wirklichkeit als äußerer Repräsentant
einer britischen Verwaltung, unterstützt durch britische Truppen. Das vor¬
liegende Buch soll eine Fortsetzung jener ersten geschichtlichen Schilderung sein
und will die Aufmerksamkeit lenken „auf gewisse Mängel in der britischen Ver¬
waltung unter britischen Protektorat und auf die Politik, durch die diese Mängel
am besten abgestellt werden könnten".
An die vierzig Jahre ist das Geschick des Verfassers mit dem des von
ihm geschilderten Landes eng verknüpft; während des größten Teils seines
Lebens hat er eine „bescheidne" Rolle gespielt als aufmerksamer Zuschauer und
Beobachter der Geschicke Ägyptens sowohl wie seines englischen Heimatlandes
für die Schicksale beider Länder in hervorragend wichtigen Zeiten. Bei der
Eröffnung des Suezkanals im Jahre 1869 war er zum erstenmal im Niltale.
Genaue Bekanntschaft mit den Verhältnissen des Landes auf den verschiedensten
Gebieten, Beziehungen zu den leitenden Persönlichkeiten eben so sehr wie ein
eingehendes Studium der Eingebornen mit ihren eigentümlichen Einrichtungen
und Bedürfnissen in Hinsicht auf die Kultur und vor allem auf die Religion
befähigen Dicey ganz besonders, seine Ansicht über die von ihm nicht völlig
M
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