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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Sie Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung

das Treffen kleinerer Gegenstände wie Panzertürme, Schiffe u. tgi. bedeutende
Schwierigkeiten machen würde. Man müsse deshalb auch diesbezüglichen Zeitungs¬
nachrichten und Mitteilungen von Augenzeugen, die von erfolgreichen Versuchen
der Lebaudyschen Luftschiffe gegen solche Ziele aus 500 Meter und darüber
berichteten, mit Recht etwas skeptisch gegenüberstehn. Außerdem dürften Höhen
unter 1000 Metern, wenngleich man bisher noch keine ganz zuverlässigen Er¬
fahrungen über das Beschießen lenkbarer Luftschiffe gesammelt habe, diesen doch
durch Infanterie- und Artilleriefeuer sehr gefährlich werden. Beim Explodieren
größerer Sprengladungen würden außerdem starke Druckwellen, die sich auch
uach oben fortpflanzen, erzeugt, und diese könnten einen niedrig fahrenden
Motorballon höchst unangenehm beeinflussen. Auch das bei diesem Vorgang
entstehende Vakuum und der darauf folgende schnelle Zusammenschluß der Luft
würden in diesem Falle nicht zu unterschätzende Feinde sein. Anders liegen
jedoch die Verhältnisse beim Angriff gegen ausgedehntere Punkte, wie zum
Beispiel Sperrforts und besonders Häfen und größere Ortschaften. Gegen
solche Objekte könne man sich entweder bei Nacht wenden, oder auch man
wähle einen Tag mit wolkigem Wetter und decke sich gegen Sicht dadurch, daß
man über den Wolken fährt. Die astronomische Positionsbestimmung werde
ausreichen, um annähernd den gewünschten Ort zu erreichen, und einen Anhalt
dafür, daß man sich wirklich darüber befinde, werde bei gelegentlichem Abstoppen
der Motore das aus größern Plätzen in ziemlich große Höhen hinaufdringende
Geräusch gewähren.

Auch über die Menge des in einem Luftschiff anzuführenden Spreng¬
stoffes macht Herr von Krogh ganz interessante Angaben. In der Presse war
darauf hingewiesen worden, daß die neuen französischen Motorluftschiffe in
dieser Hinsicht nicht sehr zu fürchten sein würden, da sie zur Mitnahme einer
auskömmlichen Menge von Geschossen u. tgi. nicht Raum genug hätten. Nach
den sicherlich zutreffenden Berechnungen, die Hauptmann von Krogh aufgestellt
hat, trifft diese Annahme nicht zu. Es können im Parsevalschen Luftschiff,
das, wie wir gesehen haben, einen Inhalt von 3000 Kubikmetern hat, bei
normaler Berechnung des Manövrierballastes mit 200 Kilogramm noch 200 Kilo¬
gramm Sprengstoffe mitgeführt werden; bei etwas Einschränkung jenes Ballastes
lasse sich die Sprengstoffmenge auf 250 bis 300 Kilogramm erhöhen. Und da
nun "Pcitric" mit 3150 Kubikmetern sogar noch ein etwas größeres Volumen
als der Parsevalsche Ballon hat, kann er mindestens das gleiche Gewicht an
Explosivkörpern laden, womit, genügende Treffsicherheit vorausgesetzt, günstige
Erfolge zu erreichen sein dürften.

Für die große Bedeutung, die die Franzosen der Militärluftschiffahrt zu¬
schreiben, ist aber charakteristisch, daß die einschlägigen Behörden, trotz der
Erfolge der Lebaudyballons, alle weitern Unternehmungen und Fortschritte auf
diesem Gebiete lebhaft unterstützen und zu fördern suchen. So haben auch die
kürzlich abgehaltnen Versuche in Samt Germain mit dem verbesserten lenk¬
barem Luftschiff I.g. Vills as ?aris des Herrn Henry Deutsch de la Meurthe in


Sie Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung

das Treffen kleinerer Gegenstände wie Panzertürme, Schiffe u. tgi. bedeutende
Schwierigkeiten machen würde. Man müsse deshalb auch diesbezüglichen Zeitungs¬
nachrichten und Mitteilungen von Augenzeugen, die von erfolgreichen Versuchen
der Lebaudyschen Luftschiffe gegen solche Ziele aus 500 Meter und darüber
berichteten, mit Recht etwas skeptisch gegenüberstehn. Außerdem dürften Höhen
unter 1000 Metern, wenngleich man bisher noch keine ganz zuverlässigen Er¬
fahrungen über das Beschießen lenkbarer Luftschiffe gesammelt habe, diesen doch
durch Infanterie- und Artilleriefeuer sehr gefährlich werden. Beim Explodieren
größerer Sprengladungen würden außerdem starke Druckwellen, die sich auch
uach oben fortpflanzen, erzeugt, und diese könnten einen niedrig fahrenden
Motorballon höchst unangenehm beeinflussen. Auch das bei diesem Vorgang
entstehende Vakuum und der darauf folgende schnelle Zusammenschluß der Luft
würden in diesem Falle nicht zu unterschätzende Feinde sein. Anders liegen
jedoch die Verhältnisse beim Angriff gegen ausgedehntere Punkte, wie zum
Beispiel Sperrforts und besonders Häfen und größere Ortschaften. Gegen
solche Objekte könne man sich entweder bei Nacht wenden, oder auch man
wähle einen Tag mit wolkigem Wetter und decke sich gegen Sicht dadurch, daß
man über den Wolken fährt. Die astronomische Positionsbestimmung werde
ausreichen, um annähernd den gewünschten Ort zu erreichen, und einen Anhalt
dafür, daß man sich wirklich darüber befinde, werde bei gelegentlichem Abstoppen
der Motore das aus größern Plätzen in ziemlich große Höhen hinaufdringende
Geräusch gewähren.

Auch über die Menge des in einem Luftschiff anzuführenden Spreng¬
stoffes macht Herr von Krogh ganz interessante Angaben. In der Presse war
darauf hingewiesen worden, daß die neuen französischen Motorluftschiffe in
dieser Hinsicht nicht sehr zu fürchten sein würden, da sie zur Mitnahme einer
auskömmlichen Menge von Geschossen u. tgi. nicht Raum genug hätten. Nach
den sicherlich zutreffenden Berechnungen, die Hauptmann von Krogh aufgestellt
hat, trifft diese Annahme nicht zu. Es können im Parsevalschen Luftschiff,
das, wie wir gesehen haben, einen Inhalt von 3000 Kubikmetern hat, bei
normaler Berechnung des Manövrierballastes mit 200 Kilogramm noch 200 Kilo¬
gramm Sprengstoffe mitgeführt werden; bei etwas Einschränkung jenes Ballastes
lasse sich die Sprengstoffmenge auf 250 bis 300 Kilogramm erhöhen. Und da
nun „Pcitric" mit 3150 Kubikmetern sogar noch ein etwas größeres Volumen
als der Parsevalsche Ballon hat, kann er mindestens das gleiche Gewicht an
Explosivkörpern laden, womit, genügende Treffsicherheit vorausgesetzt, günstige
Erfolge zu erreichen sein dürften.

Für die große Bedeutung, die die Franzosen der Militärluftschiffahrt zu¬
schreiben, ist aber charakteristisch, daß die einschlägigen Behörden, trotz der
Erfolge der Lebaudyballons, alle weitern Unternehmungen und Fortschritte auf
diesem Gebiete lebhaft unterstützen und zu fördern suchen. So haben auch die
kürzlich abgehaltnen Versuche in Samt Germain mit dem verbesserten lenk¬
barem Luftschiff I.g. Vills as ?aris des Herrn Henry Deutsch de la Meurthe in


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[0606] Sie Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung das Treffen kleinerer Gegenstände wie Panzertürme, Schiffe u. tgi. bedeutende Schwierigkeiten machen würde. Man müsse deshalb auch diesbezüglichen Zeitungs¬ nachrichten und Mitteilungen von Augenzeugen, die von erfolgreichen Versuchen der Lebaudyschen Luftschiffe gegen solche Ziele aus 500 Meter und darüber berichteten, mit Recht etwas skeptisch gegenüberstehn. Außerdem dürften Höhen unter 1000 Metern, wenngleich man bisher noch keine ganz zuverlässigen Er¬ fahrungen über das Beschießen lenkbarer Luftschiffe gesammelt habe, diesen doch durch Infanterie- und Artilleriefeuer sehr gefährlich werden. Beim Explodieren größerer Sprengladungen würden außerdem starke Druckwellen, die sich auch uach oben fortpflanzen, erzeugt, und diese könnten einen niedrig fahrenden Motorballon höchst unangenehm beeinflussen. Auch das bei diesem Vorgang entstehende Vakuum und der darauf folgende schnelle Zusammenschluß der Luft würden in diesem Falle nicht zu unterschätzende Feinde sein. Anders liegen jedoch die Verhältnisse beim Angriff gegen ausgedehntere Punkte, wie zum Beispiel Sperrforts und besonders Häfen und größere Ortschaften. Gegen solche Objekte könne man sich entweder bei Nacht wenden, oder auch man wähle einen Tag mit wolkigem Wetter und decke sich gegen Sicht dadurch, daß man über den Wolken fährt. Die astronomische Positionsbestimmung werde ausreichen, um annähernd den gewünschten Ort zu erreichen, und einen Anhalt dafür, daß man sich wirklich darüber befinde, werde bei gelegentlichem Abstoppen der Motore das aus größern Plätzen in ziemlich große Höhen hinaufdringende Geräusch gewähren. Auch über die Menge des in einem Luftschiff anzuführenden Spreng¬ stoffes macht Herr von Krogh ganz interessante Angaben. In der Presse war darauf hingewiesen worden, daß die neuen französischen Motorluftschiffe in dieser Hinsicht nicht sehr zu fürchten sein würden, da sie zur Mitnahme einer auskömmlichen Menge von Geschossen u. tgi. nicht Raum genug hätten. Nach den sicherlich zutreffenden Berechnungen, die Hauptmann von Krogh aufgestellt hat, trifft diese Annahme nicht zu. Es können im Parsevalschen Luftschiff, das, wie wir gesehen haben, einen Inhalt von 3000 Kubikmetern hat, bei normaler Berechnung des Manövrierballastes mit 200 Kilogramm noch 200 Kilo¬ gramm Sprengstoffe mitgeführt werden; bei etwas Einschränkung jenes Ballastes lasse sich die Sprengstoffmenge auf 250 bis 300 Kilogramm erhöhen. Und da nun „Pcitric" mit 3150 Kubikmetern sogar noch ein etwas größeres Volumen als der Parsevalsche Ballon hat, kann er mindestens das gleiche Gewicht an Explosivkörpern laden, womit, genügende Treffsicherheit vorausgesetzt, günstige Erfolge zu erreichen sein dürften. Für die große Bedeutung, die die Franzosen der Militärluftschiffahrt zu¬ schreiben, ist aber charakteristisch, daß die einschlägigen Behörden, trotz der Erfolge der Lebaudyballons, alle weitern Unternehmungen und Fortschritte auf diesem Gebiete lebhaft unterstützen und zu fördern suchen. So haben auch die kürzlich abgehaltnen Versuche in Samt Germain mit dem verbesserten lenk¬ barem Luftschiff I.g. Vills as ?aris des Herrn Henry Deutsch de la Meurthe in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/606>, abgerufen am 05.02.2025.