Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung vorhanden, übereinstimmend sind sie alle, wie das Parsevalsche, aus Stoff Die Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung vorhanden, übereinstimmend sind sie alle, wie das Parsevalsche, aus Stoff <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0602" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302590"/> <fw type="header" place="top"> Die Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung</fw><lb/> <p xml:id="ID_2586" prev="#ID_2585" next="#ID_2587"> vorhanden, übereinstimmend sind sie alle, wie das Parsevalsche, aus Stoff<lb/> gefertigt und haben, von unten betrachtet, das Aussehen eines gewaltigen<lb/> Haifisches mit scharf zugespitztem Kopf (Vorderteil des Ballons) und mächtiger<lb/> Schwanzflosse (Hinterteil des Ballons). Diese Art Schwanzflosse stellt sich<lb/> als eine große, halbkreisförmig ausgeschnittne Platte von starkem Eisenblech<lb/> dar, die so in den Ballon eingesetzt ist, daß sie beim Fluge eine wagerechte<lb/> Stellung einnimmt und ihm dabei eine gewisse Standfestigkeit verleiht. An<lb/> der untern Seite des Ballons ist ein großes ovales Bodenbrett angebracht,<lb/> woran die Gondel durch etwa fünfzig Stahldrahtseile mit dem Motor nebst<lb/> Mechanismus angehängt ist; dahinter befindet sich ein großes Steuer, das<lb/> einer Fischflosse vergleichbar senkrecht nach unten hängt. Der Antrieb der<lb/> Maschine erfolgt bei dem ersten Modell durch einen Mercedesmotor von<lb/> vierzig Pferdekräften, der eine Umdrehung der 2,40 Meter langen Schrauben¬<lb/> flügel von 1200 Touren in der Minute gestattet, wodurch eine Geschwindigkeit<lb/> von 40 Kilometern in der Stunde erreicht wurde. Unter der Gondel befindet<lb/> sich ein Ventilator, um dem im Balloninnern angebrachten Luftsack (Ballonet)<lb/> dauernd die nötige Luft zuzuführen, wodurch der entstehende Gasverlust, der<lb/> für den Tag nur 2 vom Hundert beträgt, ersetzt und der Ballon immer in<lb/> gefülltem Zustande erhalten wird. Der Inhalt dieses „Lebcmdy" weist 500 Kubik¬<lb/> meter auf, sein Gewicht betrügt infolge der umfangreichen Maschine 3000 Kilo¬<lb/> gramm, wozu noch 500 Kilogramm Ballast nebst vier Personen von normalem<lb/> Gewicht kommen. Die Gondel hat eine Länge von 4,80 Metern und ist aus<lb/> Stahlblech und Stahlrohren gefertigt; sie enthält drei Abteile, deren vorderster<lb/> zum Aufenthalt für den Ballonführer dient. Dieser handhabt das Schwung¬<lb/> rad für die Steuerung, bedient die Ventilleine und beobachtet das Manometer.<lb/> Im mittlern Abteil befindet sich der Motor und im hintern Abteil der<lb/> Mechaniker. Der erste den Militärbehörden vorgeführte Lebaudyballon hatte<lb/> bei seinen verschiednen Versuchsfahrten in Toul, die sich bis in die Mitte des<lb/> vorigen Jahres ausdehnten, einen unbestreitbaren Erfolg, wodurch die fran¬<lb/> zösische Heeresverwaltung, der der Ballon unentgeltlich zur Verfügung gestellt<lb/> war, zur Bestellung mehrerer Luftschiffe dieses Systems bestimmt wurde. An '<lb/> ihnen sollten aber auf Grund der bisherigen Ergebnisse verschiedne Ver¬<lb/> besserungen vorgenommen werden. Als eine der hauptsächlichsten ist zu ver¬<lb/> zeichnen, daß, während das Mvdellschiff seinerzeit zur Vornahme der ersten<lb/> Versuche von Chalons nach Toul und ebenso zur Rückbeförderung nach Meudon<lb/> nur in gefülltem Zustande fortgeschafft werden konnte, bei dem Ballon „Patrie",<lb/> den das Kriegsministerium als ersten der neu bestellten Lustschiffe im Dezember<lb/> 1906 abgenommen hat, die 25 Meter lange und 6 Meter breite Plattform<lb/> auseinandergenommen werden kann, wodurch seine Verpackung auf Wagen und<lb/> auf der Eisenbahn in der leichtesten Weise ermöglicht wird. Auch sonst weist<lb/> das Patriemodell im Vergleich zu seinem Vorgänger wesentliche Vorzüge auf,<lb/> so hinsichtlich der Größe, da es von einem Ende zum andern 62 Meter mißt<lb/> gegen 58 Meter des ersten Ballons und einen Durchmesser von 10,3 Metern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0602]
Die Militärluftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung
vorhanden, übereinstimmend sind sie alle, wie das Parsevalsche, aus Stoff
gefertigt und haben, von unten betrachtet, das Aussehen eines gewaltigen
Haifisches mit scharf zugespitztem Kopf (Vorderteil des Ballons) und mächtiger
Schwanzflosse (Hinterteil des Ballons). Diese Art Schwanzflosse stellt sich
als eine große, halbkreisförmig ausgeschnittne Platte von starkem Eisenblech
dar, die so in den Ballon eingesetzt ist, daß sie beim Fluge eine wagerechte
Stellung einnimmt und ihm dabei eine gewisse Standfestigkeit verleiht. An
der untern Seite des Ballons ist ein großes ovales Bodenbrett angebracht,
woran die Gondel durch etwa fünfzig Stahldrahtseile mit dem Motor nebst
Mechanismus angehängt ist; dahinter befindet sich ein großes Steuer, das
einer Fischflosse vergleichbar senkrecht nach unten hängt. Der Antrieb der
Maschine erfolgt bei dem ersten Modell durch einen Mercedesmotor von
vierzig Pferdekräften, der eine Umdrehung der 2,40 Meter langen Schrauben¬
flügel von 1200 Touren in der Minute gestattet, wodurch eine Geschwindigkeit
von 40 Kilometern in der Stunde erreicht wurde. Unter der Gondel befindet
sich ein Ventilator, um dem im Balloninnern angebrachten Luftsack (Ballonet)
dauernd die nötige Luft zuzuführen, wodurch der entstehende Gasverlust, der
für den Tag nur 2 vom Hundert beträgt, ersetzt und der Ballon immer in
gefülltem Zustande erhalten wird. Der Inhalt dieses „Lebcmdy" weist 500 Kubik¬
meter auf, sein Gewicht betrügt infolge der umfangreichen Maschine 3000 Kilo¬
gramm, wozu noch 500 Kilogramm Ballast nebst vier Personen von normalem
Gewicht kommen. Die Gondel hat eine Länge von 4,80 Metern und ist aus
Stahlblech und Stahlrohren gefertigt; sie enthält drei Abteile, deren vorderster
zum Aufenthalt für den Ballonführer dient. Dieser handhabt das Schwung¬
rad für die Steuerung, bedient die Ventilleine und beobachtet das Manometer.
Im mittlern Abteil befindet sich der Motor und im hintern Abteil der
Mechaniker. Der erste den Militärbehörden vorgeführte Lebaudyballon hatte
bei seinen verschiednen Versuchsfahrten in Toul, die sich bis in die Mitte des
vorigen Jahres ausdehnten, einen unbestreitbaren Erfolg, wodurch die fran¬
zösische Heeresverwaltung, der der Ballon unentgeltlich zur Verfügung gestellt
war, zur Bestellung mehrerer Luftschiffe dieses Systems bestimmt wurde. An '
ihnen sollten aber auf Grund der bisherigen Ergebnisse verschiedne Ver¬
besserungen vorgenommen werden. Als eine der hauptsächlichsten ist zu ver¬
zeichnen, daß, während das Mvdellschiff seinerzeit zur Vornahme der ersten
Versuche von Chalons nach Toul und ebenso zur Rückbeförderung nach Meudon
nur in gefülltem Zustande fortgeschafft werden konnte, bei dem Ballon „Patrie",
den das Kriegsministerium als ersten der neu bestellten Lustschiffe im Dezember
1906 abgenommen hat, die 25 Meter lange und 6 Meter breite Plattform
auseinandergenommen werden kann, wodurch seine Verpackung auf Wagen und
auf der Eisenbahn in der leichtesten Weise ermöglicht wird. Auch sonst weist
das Patriemodell im Vergleich zu seinem Vorgänger wesentliche Vorzüge auf,
so hinsichtlich der Größe, da es von einem Ende zum andern 62 Meter mißt
gegen 58 Meter des ersten Ballons und einen Durchmesser von 10,3 Metern
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