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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Line Sommerfahrt in das Erzgebirge

.Reifen" auf der Drehlade, die durch Wasserkraft getrieben wird. Diese Reifen
werden dann radial in eine Anzahl Teile zerspalten, von denen nun ein jeder,
wenn auch nur in Umrissen, eine bestimmte Tiergestalt hat. so daß un Hand¬
umdrehen ein Schock Pferde. Kühe. Schafe, Esel usw. im Rohzustande fertig
siud. Der Schnitzer und der Maler machen dann das Tier vollends fertig, indem
sie die Beine ausschneiden. Ohren. Hörner. Schwänze ansetzen und ihm Farbe
geben. Häufig besteht das Malen nur darin, daß man das Der in flüssige Farbe
Wucht, trocknen läßt und nachher ein paar schwarze Punkte als Augen aus,etzt.
Wöchentlich ein- oder zweimal werden die fertigen Stücke an den Unterhändler
oder direkt nach Seiffen an die Grossisten abgeliefert. Diese besorgen das Sortieren
in die Schachteln, das Verpacken und den Versand. So entstehen Schäfereien,
Tierweiden. Geflügel- und Bauernhöfe. Dörfer, Städte. Bergwerke. Eisenbahnen.
Jagden, Menagerien. Militär. Infanterie und Kavallerie auf Scheren. Wacht-
paraden, Lager usf. In den Handluugsbücheru gibt es zweitausend Nummern
Spielzeuge. Man kann annehmen, daß fünf Sechstel der dortigen Bevölkerung
von diesem Industriezweige leben. Wer hätte es sich wohl träumen lassen, daß
sich aus den schlichten gedrechselten Nadelbüchschen, die ein Seiffener Lemwcmd-
h-otter um das Jahr 1760 mit auf die Leipziger Messe nahm, eme gro߬
artige Industrie entwickeln würde, die 1878 gegen zehntausend Personen be¬
schäftigte und im Jahre 1870 schon allein im Gerichtsamtsbezirke Sapta für
ungefähr 740000 Taler, im Jahre 1876 aber im Olbernhauer Bezirk bei
einem Versand von jährlich 45000 Zentnern Waren für 466500 Taler --
1400000 Mark Spielwaren erzeugte. In dem Hauptorte Seiffen selbst sowie in
Grünhainichen und Olbernhau gibt es auch eme Fachschule und eine permanente
Ausstellung von Spielwaren, wo man über diesen Zweig der Industrie den
richtigen Überblick gewinnt. Von Nieder-Seiffenbach an führt die Straße fort¬
während am linken Ufer der forellenreichen Fissa dnrch em anmutiges Wa b-
unt Wiesental bis zur Vereinigung der Fissa ""t der SckMeimtz we vo n
Katharinenberg in Böhmen herabkommt. Hier öffnet steh das Ta ^" w rtev
Becken, das an seiner Nordgrenze das Tal der Natschu.u) aufummi, Talab ar v
d°u stattlichen Wäldern umgeben. bildet zur rechten Seite des F^s ^ an
Talrande hochlieqende Kirche von Ober-Neuschönberg eine prächtige Staffage, und
vor uns in der ^b7ne. im Mit^ einer der reizendsten Gegenden Sachsens
liegt das Bad Grünthal, eine schwefel- und eine eisenhaltige Quelle. Das Bad
^

"erMittagspause bei gutem Tisch und vortrefflich^Bier brechen wir von hier wieder auf. um durch de" KuP^ ^^"durchgehend zunächst den Brunsberg zu besteigen Der ^ ^^mals fiskalisches Hüttenwerk, wurde im Jahre 149 ^° ^ °i^ UnM"
''ach Sachsen eingewandert, später in ^ibera re.^Wnpeck angelegt und aiuq im Jahre 1567 in den Besitz des Kurfürsten August
Wer. der eNtbe^te 2d erweiterte. Das Werk war vornehmlich ..Sauger-


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.Reifen" auf der Drehlade, die durch Wasserkraft getrieben wird. Diese Reifen
werden dann radial in eine Anzahl Teile zerspalten, von denen nun ein jeder,
wenn auch nur in Umrissen, eine bestimmte Tiergestalt hat. so daß un Hand¬
umdrehen ein Schock Pferde. Kühe. Schafe, Esel usw. im Rohzustande fertig
siud. Der Schnitzer und der Maler machen dann das Tier vollends fertig, indem
sie die Beine ausschneiden. Ohren. Hörner. Schwänze ansetzen und ihm Farbe
geben. Häufig besteht das Malen nur darin, daß man das Der in flüssige Farbe
Wucht, trocknen läßt und nachher ein paar schwarze Punkte als Augen aus,etzt.
Wöchentlich ein- oder zweimal werden die fertigen Stücke an den Unterhändler
oder direkt nach Seiffen an die Grossisten abgeliefert. Diese besorgen das Sortieren
in die Schachteln, das Verpacken und den Versand. So entstehen Schäfereien,
Tierweiden. Geflügel- und Bauernhöfe. Dörfer, Städte. Bergwerke. Eisenbahnen.
Jagden, Menagerien. Militär. Infanterie und Kavallerie auf Scheren. Wacht-
paraden, Lager usf. In den Handluugsbücheru gibt es zweitausend Nummern
Spielzeuge. Man kann annehmen, daß fünf Sechstel der dortigen Bevölkerung
von diesem Industriezweige leben. Wer hätte es sich wohl träumen lassen, daß
sich aus den schlichten gedrechselten Nadelbüchschen, die ein Seiffener Lemwcmd-
h-otter um das Jahr 1760 mit auf die Leipziger Messe nahm, eme gro߬
artige Industrie entwickeln würde, die 1878 gegen zehntausend Personen be¬
schäftigte und im Jahre 1870 schon allein im Gerichtsamtsbezirke Sapta für
ungefähr 740000 Taler, im Jahre 1876 aber im Olbernhauer Bezirk bei
einem Versand von jährlich 45000 Zentnern Waren für 466500 Taler —
1400000 Mark Spielwaren erzeugte. In dem Hauptorte Seiffen selbst sowie in
Grünhainichen und Olbernhau gibt es auch eme Fachschule und eine permanente
Ausstellung von Spielwaren, wo man über diesen Zweig der Industrie den
richtigen Überblick gewinnt. Von Nieder-Seiffenbach an führt die Straße fort¬
während am linken Ufer der forellenreichen Fissa dnrch em anmutiges Wa b-
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Katharinenberg in Böhmen herabkommt. Hier öffnet steh das Ta ^» w rtev
Becken, das an seiner Nordgrenze das Tal der Natschu.u) aufummi, Talab ar v
d°u stattlichen Wäldern umgeben. bildet zur rechten Seite des F^s ^ an
Talrande hochlieqende Kirche von Ober-Neuschönberg eine prächtige Staffage, und
vor uns in der ^b7ne. im Mit^ einer der reizendsten Gegenden Sachsens
liegt das Bad Grünthal, eine schwefel- und eine eisenhaltige Quelle. Das Bad
^

«erMittagspause bei gutem Tisch und vortrefflich^Bier brechen wir von hier wieder auf. um durch de» KuP^ ^^»durchgehend zunächst den Brunsberg zu besteigen Der ^ ^^mals fiskalisches Hüttenwerk, wurde im Jahre 149 ^° ^ °i^ UnM»
''ach Sachsen eingewandert, später in ^ibera re.^Wnpeck angelegt und aiuq im Jahre 1567 in den Besitz des Kurfürsten August
Wer. der eNtbe^te 2d erweiterte. Das Werk war vornehmlich ..Sauger-


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[0575] Line Sommerfahrt in das Erzgebirge .Reifen" auf der Drehlade, die durch Wasserkraft getrieben wird. Diese Reifen werden dann radial in eine Anzahl Teile zerspalten, von denen nun ein jeder, wenn auch nur in Umrissen, eine bestimmte Tiergestalt hat. so daß un Hand¬ umdrehen ein Schock Pferde. Kühe. Schafe, Esel usw. im Rohzustande fertig siud. Der Schnitzer und der Maler machen dann das Tier vollends fertig, indem sie die Beine ausschneiden. Ohren. Hörner. Schwänze ansetzen und ihm Farbe geben. Häufig besteht das Malen nur darin, daß man das Der in flüssige Farbe Wucht, trocknen läßt und nachher ein paar schwarze Punkte als Augen aus,etzt. Wöchentlich ein- oder zweimal werden die fertigen Stücke an den Unterhändler oder direkt nach Seiffen an die Grossisten abgeliefert. Diese besorgen das Sortieren in die Schachteln, das Verpacken und den Versand. So entstehen Schäfereien, Tierweiden. Geflügel- und Bauernhöfe. Dörfer, Städte. Bergwerke. Eisenbahnen. Jagden, Menagerien. Militär. Infanterie und Kavallerie auf Scheren. Wacht- paraden, Lager usf. In den Handluugsbücheru gibt es zweitausend Nummern Spielzeuge. Man kann annehmen, daß fünf Sechstel der dortigen Bevölkerung von diesem Industriezweige leben. Wer hätte es sich wohl träumen lassen, daß sich aus den schlichten gedrechselten Nadelbüchschen, die ein Seiffener Lemwcmd- h-otter um das Jahr 1760 mit auf die Leipziger Messe nahm, eme gro߬ artige Industrie entwickeln würde, die 1878 gegen zehntausend Personen be¬ schäftigte und im Jahre 1870 schon allein im Gerichtsamtsbezirke Sapta für ungefähr 740000 Taler, im Jahre 1876 aber im Olbernhauer Bezirk bei einem Versand von jährlich 45000 Zentnern Waren für 466500 Taler — 1400000 Mark Spielwaren erzeugte. In dem Hauptorte Seiffen selbst sowie in Grünhainichen und Olbernhau gibt es auch eme Fachschule und eine permanente Ausstellung von Spielwaren, wo man über diesen Zweig der Industrie den richtigen Überblick gewinnt. Von Nieder-Seiffenbach an führt die Straße fort¬ während am linken Ufer der forellenreichen Fissa dnrch em anmutiges Wa b- unt Wiesental bis zur Vereinigung der Fissa »"t der SckMeimtz we vo n Katharinenberg in Böhmen herabkommt. Hier öffnet steh das Ta ^» w rtev Becken, das an seiner Nordgrenze das Tal der Natschu.u) aufummi, Talab ar v d°u stattlichen Wäldern umgeben. bildet zur rechten Seite des F^s ^ an Talrande hochlieqende Kirche von Ober-Neuschönberg eine prächtige Staffage, und vor uns in der ^b7ne. im Mit^ einer der reizendsten Gegenden Sachsens liegt das Bad Grünthal, eine schwefel- und eine eisenhaltige Quelle. Das Bad ^ «erMittagspause bei gutem Tisch und vortrefflich^Bier brechen wir von hier wieder auf. um durch de» KuP^ ^^»durchgehend zunächst den Brunsberg zu besteigen Der ^ ^^mals fiskalisches Hüttenwerk, wurde im Jahre 149 ^° ^ °i^ UnM» ''ach Sachsen eingewandert, später in ^ibera re.^Wnpeck angelegt und aiuq im Jahre 1567 in den Besitz des Kurfürsten August Wer. der eNtbe^te 2d erweiterte. Das Werk war vornehmlich ..Sauger-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/575>, abgerufen am 06.02.2025.