Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Werk des absoluten Geistes, aber dieser ist nicht unbewußt, wie die Mehrheit der Maßgebliches und Unmaßgebliches Werk des absoluten Geistes, aber dieser ist nicht unbewußt, wie die Mehrheit der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0544" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302532"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2369" prev="#ID_2368"> Werk des absoluten Geistes, aber dieser ist nicht unbewußt, wie die Mehrheit der<lb/> heutigen Philosophen lehrt, ohne einen zwingenden Beweis dafür liefern zu können.<lb/> Gott ist freilich der Urheber der Kategorien wie der Seele, die diese Kategorien<lb/> anwendet, aber wer sie anwendet, das ist eben die einzelne Menschenseele, nicht<lb/> der im Gehirn wirkende Gott oder das darin sich offenbarende Unbewußte. Uphues<lb/> nennt die Schöpfung „einen selbstlosen Verzicht Gottes auf sein Eigentum und<lb/> Besitzrecht an seine Gedanken, durch den er den Dingen sunt Personen^ eine<lb/> Selbständigkeit leiht, die ihnen eigentlich nicht zukommt". Damit kommen wir noch<lb/> einmal auf Platos Ideen und den Eros zurück. Er meinte, die Menschenseele<lb/> müsse diese Urbilder der Geschöpfe in einem vorzeitlichen Dasein geschaut haben;<lb/> daraus erkläre es sich, daß beim Anblick ihrer unvollkommnen irdischen Abbilder<lb/> die Sehnsucht nach ihnen entbrenne. Der christliche Platonismus, zu dem ich gleich<lb/> Uphues mich bekenne, lehrt: Aus dem Anblick des unvollkommnen Wahren, Schönen<lb/> und Guten, das wir hienieden zu schauen bekommen, erwächst uns die Vorstellung<lb/> von einem vollkommnen Wahren, Schönen und Guten, das wir zwar nach Möglichkeit<lb/> zu verwirklichen suchen sollen, aber nicht vollkommen verwirklichen können, sodas;<lb/> unsre Sehnsucht danach nur in einem zukünftigen Leben gestillt werden kann, wo<lb/> wir die hienieden unvollkommen verkörperten Gedanken Gottes zu schauen hoffen. —<lb/> Es siud uns noch folgende Schriften philosophischen Inhalts zugegangen: Die<lb/> Quellen der menschlichen Gewißheit von Johannes Volkelt. München,<lb/> C. H. Beck. 1906. — Beiträge zur Einführung in die Geschichte der<lb/> Philosophie von Rudolf Eucken. Leipzig, Dürrsche Buchhandlung. 1906. —<lb/> Grundriß der Ethik mit Beziehung auf das Leben der Gegenwart von W. Rein.<lb/> Osterwieck. A. W. Zickfeldt. 1906. — Die philosophischen Grundlagen<lb/> der Wissenschaften von Professor or. B. Weinstein. Leipzig und Berlin,<lb/> B. G. Teubner, 1906. — Vorschule der Philosophie von or. A. Richard<lb/> Fritzsche. Leipzig, Dürrsche Buchhandlung, 1906. — Epiktets Handbüchlein<lb/> der Moral, eingeleitet und herausgegeben von Wilhelm Capelle. Jena Eugen<lb/><note type="byline"> ,L. I.</note> Diederichs, 1906. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div> <floatingText> <body> <div type="advertisement"> <p/> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0544]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Werk des absoluten Geistes, aber dieser ist nicht unbewußt, wie die Mehrheit der
heutigen Philosophen lehrt, ohne einen zwingenden Beweis dafür liefern zu können.
Gott ist freilich der Urheber der Kategorien wie der Seele, die diese Kategorien
anwendet, aber wer sie anwendet, das ist eben die einzelne Menschenseele, nicht
der im Gehirn wirkende Gott oder das darin sich offenbarende Unbewußte. Uphues
nennt die Schöpfung „einen selbstlosen Verzicht Gottes auf sein Eigentum und
Besitzrecht an seine Gedanken, durch den er den Dingen sunt Personen^ eine
Selbständigkeit leiht, die ihnen eigentlich nicht zukommt". Damit kommen wir noch
einmal auf Platos Ideen und den Eros zurück. Er meinte, die Menschenseele
müsse diese Urbilder der Geschöpfe in einem vorzeitlichen Dasein geschaut haben;
daraus erkläre es sich, daß beim Anblick ihrer unvollkommnen irdischen Abbilder
die Sehnsucht nach ihnen entbrenne. Der christliche Platonismus, zu dem ich gleich
Uphues mich bekenne, lehrt: Aus dem Anblick des unvollkommnen Wahren, Schönen
und Guten, das wir hienieden zu schauen bekommen, erwächst uns die Vorstellung
von einem vollkommnen Wahren, Schönen und Guten, das wir zwar nach Möglichkeit
zu verwirklichen suchen sollen, aber nicht vollkommen verwirklichen können, sodas;
unsre Sehnsucht danach nur in einem zukünftigen Leben gestillt werden kann, wo
wir die hienieden unvollkommen verkörperten Gedanken Gottes zu schauen hoffen. —
Es siud uns noch folgende Schriften philosophischen Inhalts zugegangen: Die
Quellen der menschlichen Gewißheit von Johannes Volkelt. München,
C. H. Beck. 1906. — Beiträge zur Einführung in die Geschichte der
Philosophie von Rudolf Eucken. Leipzig, Dürrsche Buchhandlung. 1906. —
Grundriß der Ethik mit Beziehung auf das Leben der Gegenwart von W. Rein.
Osterwieck. A. W. Zickfeldt. 1906. — Die philosophischen Grundlagen
der Wissenschaften von Professor or. B. Weinstein. Leipzig und Berlin,
B. G. Teubner, 1906. — Vorschule der Philosophie von or. A. Richard
Fritzsche. Leipzig, Dürrsche Buchhandlung, 1906. — Epiktets Handbüchlein
der Moral, eingeleitet und herausgegeben von Wilhelm Capelle. Jena Eugen
,L. I. Diederichs, 1906.
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