Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.dem Osten "zwischen Pohlen und Preußen" wußten von der stillen Minier- In den folgenden Jahre" erschienen unter andern Hilfesuchende aus deu dem Osten „zwischen Pohlen und Preußen" wußten von der stillen Minier- In den folgenden Jahre» erschienen unter andern Hilfesuchende aus deu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302516"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2278" prev="#ID_2277"> dem Osten „zwischen Pohlen und Preußen" wußten von der stillen Minier-<lb/> arbeit der Jesuiten zu berichte«, viele unterwegs beraubte Kaufleute, Studenten<lb/> und Handwerker von der zunehmenden Unsicherheit der Straße», Von einem<lb/> verheerenden Gewitter erzählten die Abgebrannten von Markervde, „da<lb/> 49 Wohnhäuser, 26 Scheunen, die Kirche und das Pfarrhaus, Jürgen Wolleu-<lb/> brandts Vorwerk mit 400 Haupt Vieh item drei Mannspersonen, zwei Weiber<lb/> und sechs Kinder im Feuer jämmerlich verbrannt". Man gab ihnen sechs<lb/> Groschen,</p><lb/> <p xml:id="ID_2279" next="#ID_2280"> In den folgenden Jahre» erschienen unter andern Hilfesuchende aus deu<lb/> abgebrannten Stüdtcu Oschcch, Sommerfeld, dem durch seineu Balsam bekannten<lb/> Liebenthal, Wartenberg, Seefeld und Frankenstein. Einer aus Reinstorf bei<lb/> Sandersleben erzählte 1618, daß dort „eine wulkenburst geschossen, fünf Häuser<lb/> weggeschwemmt und etliche menschen ersäuft". Aus Holzendorf wurde sogar<lb/> 1622 von einem Wolkenbruch berichtet, der zwanzig Häuser fortgewaschen hatte.<lb/> Aus dem Jahre 1618 sind noch Abgeordnete von Kottbns zu erwähnen, wo<lb/> 45 Häuser nebst drei Personen „und 50 Brauen Malz" den Flammen zum Raub<lb/> geworden sind. Böhmisches Kriegsvolk erscheint, anfangs vereinzelt und dann<lb/> häufiger, und 1619 erzählt ein Abgebrannter aus Müllenbeck in Böhmen<lb/> ausdrücklich, daß dort die Stadt am 6. August vou den Kriegsleuten angesteckt<lb/> sei. Daneben ist ein großer Teil von Querfurt, 131 Wohnhäuser umfassend,<lb/> abgebrannt, sowie von Minden im nächsten Jahre. Jetzt befinden wir uns<lb/> schon in den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges. Von Engelshcmsen in<lb/> Schlesien wird ausdrücklich vermerkt, daß es von den Soldaten angezündet sei;<lb/> ob auch Seulenberg, das „mit Pfarre, Kaplaney und Liberey" abgebrannt ist,<lb/> sowie Jungenstadt und Wendthausen, kann ich nicht sagen. Die volle Schwere<lb/> der Kriegskünste im Böhmischen und Schlesischen verrät erst das Armenregister<lb/> von 1621. Neben vielen durch das Kriegsvolk geschädigten Bettlern aus Böhmen,<lb/> Bautzen, Naurenburgk, Bornstedt, Lcmgenstedt stellten sich auch verwundete und<lb/> verabschiedete Soldaten in größerer Zahl ein. Die Fackel der angezündeten<lb/> Städte und Dörfer aber leuchtete schon Heller und blutiger, man findet in<lb/> diesem eine« Bericht zwölf ganz oder teilweis eingeäscherte Ortschaften mit<lb/> annähernd zweitausend niedergebrannten Häusern. Fichtenstadt mit 362, Linden-<lb/> berg mit 278, Tageleben mit 384, Sachsenhauser mit 253 Erben sind wohl<lb/> ziemlich vollständig niedergebrannt und deuten auf die jetzt auch im Westen<lb/> des Reiches entfesselte Kriegsfurie. Waldkirchen, Wiesenthal. Lcmgenstedt,<lb/> Bornstedt in Böhmen sind mehr oder weniger zerstört. Aus Böhmen, Mähren,<lb/> Schwaben, der Pfalz und sogar schon aus Kurbrandenburg erschienen 1622<lb/> und 1623 zahlreich Vertriebne aller Stände, denen der Krieg ihren Besitz oder<lb/> ihr Amt genommen. In Dcilheim waren 174 Häuser niedergebrannt, in Fehrlitz<lb/> in Böhmen 155, in Eckwalde 236, nebst Kirche, Pfarre usw., „auch in die<lb/> dreißig Personen von den Kriegsleuten erstochen". Eine Pfarrersfrcm von<lb/> Schönhausen erzählt, daß dort 800 Soldaten eingefallen und geplündert und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
dem Osten „zwischen Pohlen und Preußen" wußten von der stillen Minier-
arbeit der Jesuiten zu berichte«, viele unterwegs beraubte Kaufleute, Studenten
und Handwerker von der zunehmenden Unsicherheit der Straße», Von einem
verheerenden Gewitter erzählten die Abgebrannten von Markervde, „da
49 Wohnhäuser, 26 Scheunen, die Kirche und das Pfarrhaus, Jürgen Wolleu-
brandts Vorwerk mit 400 Haupt Vieh item drei Mannspersonen, zwei Weiber
und sechs Kinder im Feuer jämmerlich verbrannt". Man gab ihnen sechs
Groschen,
In den folgenden Jahre» erschienen unter andern Hilfesuchende aus deu
abgebrannten Stüdtcu Oschcch, Sommerfeld, dem durch seineu Balsam bekannten
Liebenthal, Wartenberg, Seefeld und Frankenstein. Einer aus Reinstorf bei
Sandersleben erzählte 1618, daß dort „eine wulkenburst geschossen, fünf Häuser
weggeschwemmt und etliche menschen ersäuft". Aus Holzendorf wurde sogar
1622 von einem Wolkenbruch berichtet, der zwanzig Häuser fortgewaschen hatte.
Aus dem Jahre 1618 sind noch Abgeordnete von Kottbns zu erwähnen, wo
45 Häuser nebst drei Personen „und 50 Brauen Malz" den Flammen zum Raub
geworden sind. Böhmisches Kriegsvolk erscheint, anfangs vereinzelt und dann
häufiger, und 1619 erzählt ein Abgebrannter aus Müllenbeck in Böhmen
ausdrücklich, daß dort die Stadt am 6. August vou den Kriegsleuten angesteckt
sei. Daneben ist ein großer Teil von Querfurt, 131 Wohnhäuser umfassend,
abgebrannt, sowie von Minden im nächsten Jahre. Jetzt befinden wir uns
schon in den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges. Von Engelshcmsen in
Schlesien wird ausdrücklich vermerkt, daß es von den Soldaten angezündet sei;
ob auch Seulenberg, das „mit Pfarre, Kaplaney und Liberey" abgebrannt ist,
sowie Jungenstadt und Wendthausen, kann ich nicht sagen. Die volle Schwere
der Kriegskünste im Böhmischen und Schlesischen verrät erst das Armenregister
von 1621. Neben vielen durch das Kriegsvolk geschädigten Bettlern aus Böhmen,
Bautzen, Naurenburgk, Bornstedt, Lcmgenstedt stellten sich auch verwundete und
verabschiedete Soldaten in größerer Zahl ein. Die Fackel der angezündeten
Städte und Dörfer aber leuchtete schon Heller und blutiger, man findet in
diesem eine« Bericht zwölf ganz oder teilweis eingeäscherte Ortschaften mit
annähernd zweitausend niedergebrannten Häusern. Fichtenstadt mit 362, Linden-
berg mit 278, Tageleben mit 384, Sachsenhauser mit 253 Erben sind wohl
ziemlich vollständig niedergebrannt und deuten auf die jetzt auch im Westen
des Reiches entfesselte Kriegsfurie. Waldkirchen, Wiesenthal. Lcmgenstedt,
Bornstedt in Böhmen sind mehr oder weniger zerstört. Aus Böhmen, Mähren,
Schwaben, der Pfalz und sogar schon aus Kurbrandenburg erschienen 1622
und 1623 zahlreich Vertriebne aller Stände, denen der Krieg ihren Besitz oder
ihr Amt genommen. In Dcilheim waren 174 Häuser niedergebrannt, in Fehrlitz
in Böhmen 155, in Eckwalde 236, nebst Kirche, Pfarre usw., „auch in die
dreißig Personen von den Kriegsleuten erstochen". Eine Pfarrersfrcm von
Schönhausen erzählt, daß dort 800 Soldaten eingefallen und geplündert und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |