Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Der norddeutsche Lloyd lassen, besonders seit 1892 so, daß er die ostfriesischen wie die nordfriesischen Für diese Fahrten wurden in dieser Zeit drei gesonderte Schiffstypen Der norddeutsche Lloyd lassen, besonders seit 1892 so, daß er die ostfriesischen wie die nordfriesischen Für diese Fahrten wurden in dieser Zeit drei gesonderte Schiffstypen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0415" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302403"/> <fw type="header" place="top"> Der norddeutsche Lloyd</fw><lb/> <p xml:id="ID_1749" prev="#ID_1748"> lassen, besonders seit 1892 so, daß er die ostfriesischen wie die nordfriesischen<lb/> Inseln durch elegante Schnelldampfer in regelmäßige Verbindung setzte und<lb/> zugleich bequeme Zugverbindung mit dem Binnenlande organisierte. Im Mittel¬<lb/> meer aber dehnte er sein Netz immer weiter aus. Er übernahm in der Haupt¬<lb/> reisezeit die Küstenfahrt Neapel-Capri-Sorrent 1902, schuf eine neue Ver¬<lb/> bindung zwischen Marseille und Alexandria über Neapel 1904, begründete<lb/> 1906 gemeinsam mit der deutschen Levantelinie einen Dienst von Marseille<lb/> über Genua und Neapel nach dem Piräus, Smyrna, Konstantinopel, Odessa<lb/> und Batna, schuf 1905 die Frachtlinie Genua - Braila - Galaz. Wenn<lb/> heute Deutschland sehr bedeutende (allerdings keine territorialen) Interessen<lb/> im Mittelmeer hat, wenn seine Handelsflagge in allen größern Häfen seiner<lb/> Küsten flattert, wenn der Deutsche die Länder der antiken Kultur durchweg<lb/> auf deutschen Schiffen erreichen kann, so ist das größtenteils das Werk<lb/> des Lloyd.</p><lb/> <p xml:id="ID_1750"> Für diese Fahrten wurden in dieser Zeit drei gesonderte Schiffstypen<lb/> mustergiltig ausgebildet und auf deutschen Werften erbaut: die Neichspost-<lb/> dampfer, die Tropenschiffe und die Doppelschraubenschnelldampfer besonders für<lb/> den Verkehr mit Newyork, jene Ozeanriesen von mehr als 200 Metern Länge<lb/> und 21000 bis 28000 Tonnen, die, getrieben von 28000 bis 46000 Pferde¬<lb/> kräften, mit 22 bis 23 Seemeilen (39,6 Kilometer) in der Stunde durch die<lb/> Unter jagen, und die in Kaiser Wilhelm dem Großen, Kaiser Wilhelm II.,<lb/> Kronprinz Wilhelm, Kronprinzessin Cäcilie, ihre mächtigsten Vertreter haben.<lb/> Aber auch für Zwischendeckpassagiere und für die Frachtfahrt wurden besonders<lb/> eingerichtete Dampfer bestimmt, für die jetzt meist aus Osteuropa stammenden<lb/> Auswandrer insofern noch besonders gesorgt, als diese an der deutschen Grenze,<lb/> in Unsicher bei Spandau und in Bremen auf ihren Gesundheitszustand unter¬<lb/> sucht und in Sonderzügen bis zum Dampfer befördert werden. Von 1892 bis<lb/> 1907 hat der Lloyd auf seine Neubauten im ganzen 238 745277 Mark ver¬<lb/> wandt, von denen 223390277 Mark deutschen Werften zugute gekommen sind.<lb/> Welchen fördernden Einfluß diese Aufträge auf den deutschen Schiffbau und<lb/> alle damit zusammenhängenden Gewerbe ausgeübt haben, liegt auf der Hand.<lb/> Indem sich aber die Reparaturwerkstätte des Lloyd 1901 in die norddeutsche<lb/> Maschinen- und Armaturfabrik (G. in. b. H.) verwandelte, wurde ein Muster¬<lb/> institut für die ganze deutsche Schiffahrt geschaffen, und das 1897 gegründete<lb/> Konstruktionsbureau mit Modellversuchsstation arbeitet nicht nur für den Lloyd,<lb/> sondern auch für die Kaiserliche Marine und für alle deutsche Reedereien. Um<lb/> sich von den Schwankungen der Kohlenpreise unabhängiger zu machen, erwarb<lb/> der Lloyd in Gemeinschaft mit Krupp 1904 sogar eigne Kohlenzechen; um die<lb/> Warenzufuhr aus und nach dem Binnenlande zu erleichtern, förderte er kräftig<lb/> den modernen Ausbau des alten Umschlagplatzes Münden, dessen neue An¬<lb/> lagen im August 1906 dem Verkehr übergeben wurden. So wirkte er auf alle<lb/> Zweige des nationalen Erwerbslebens belebend ein.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0415]
Der norddeutsche Lloyd
lassen, besonders seit 1892 so, daß er die ostfriesischen wie die nordfriesischen
Inseln durch elegante Schnelldampfer in regelmäßige Verbindung setzte und
zugleich bequeme Zugverbindung mit dem Binnenlande organisierte. Im Mittel¬
meer aber dehnte er sein Netz immer weiter aus. Er übernahm in der Haupt¬
reisezeit die Küstenfahrt Neapel-Capri-Sorrent 1902, schuf eine neue Ver¬
bindung zwischen Marseille und Alexandria über Neapel 1904, begründete
1906 gemeinsam mit der deutschen Levantelinie einen Dienst von Marseille
über Genua und Neapel nach dem Piräus, Smyrna, Konstantinopel, Odessa
und Batna, schuf 1905 die Frachtlinie Genua - Braila - Galaz. Wenn
heute Deutschland sehr bedeutende (allerdings keine territorialen) Interessen
im Mittelmeer hat, wenn seine Handelsflagge in allen größern Häfen seiner
Küsten flattert, wenn der Deutsche die Länder der antiken Kultur durchweg
auf deutschen Schiffen erreichen kann, so ist das größtenteils das Werk
des Lloyd.
Für diese Fahrten wurden in dieser Zeit drei gesonderte Schiffstypen
mustergiltig ausgebildet und auf deutschen Werften erbaut: die Neichspost-
dampfer, die Tropenschiffe und die Doppelschraubenschnelldampfer besonders für
den Verkehr mit Newyork, jene Ozeanriesen von mehr als 200 Metern Länge
und 21000 bis 28000 Tonnen, die, getrieben von 28000 bis 46000 Pferde¬
kräften, mit 22 bis 23 Seemeilen (39,6 Kilometer) in der Stunde durch die
Unter jagen, und die in Kaiser Wilhelm dem Großen, Kaiser Wilhelm II.,
Kronprinz Wilhelm, Kronprinzessin Cäcilie, ihre mächtigsten Vertreter haben.
Aber auch für Zwischendeckpassagiere und für die Frachtfahrt wurden besonders
eingerichtete Dampfer bestimmt, für die jetzt meist aus Osteuropa stammenden
Auswandrer insofern noch besonders gesorgt, als diese an der deutschen Grenze,
in Unsicher bei Spandau und in Bremen auf ihren Gesundheitszustand unter¬
sucht und in Sonderzügen bis zum Dampfer befördert werden. Von 1892 bis
1907 hat der Lloyd auf seine Neubauten im ganzen 238 745277 Mark ver¬
wandt, von denen 223390277 Mark deutschen Werften zugute gekommen sind.
Welchen fördernden Einfluß diese Aufträge auf den deutschen Schiffbau und
alle damit zusammenhängenden Gewerbe ausgeübt haben, liegt auf der Hand.
Indem sich aber die Reparaturwerkstätte des Lloyd 1901 in die norddeutsche
Maschinen- und Armaturfabrik (G. in. b. H.) verwandelte, wurde ein Muster¬
institut für die ganze deutsche Schiffahrt geschaffen, und das 1897 gegründete
Konstruktionsbureau mit Modellversuchsstation arbeitet nicht nur für den Lloyd,
sondern auch für die Kaiserliche Marine und für alle deutsche Reedereien. Um
sich von den Schwankungen der Kohlenpreise unabhängiger zu machen, erwarb
der Lloyd in Gemeinschaft mit Krupp 1904 sogar eigne Kohlenzechen; um die
Warenzufuhr aus und nach dem Binnenlande zu erleichtern, förderte er kräftig
den modernen Ausbau des alten Umschlagplatzes Münden, dessen neue An¬
lagen im August 1906 dem Verkehr übergeben wurden. So wirkte er auf alle
Zweige des nationalen Erwerbslebens belebend ein.
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