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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Rüstungen in Italien

haben, neben den Ausgaben für Bewaffnung und Grenzbefestigungen ein an-
sehnlicher Betrag zur Vermehrung der Eisenbahnlinien nach dem nordöstlichen
Aufmarschgelände verwandt werden müßte. Zum nähern Verständnis dieser
Forderungen der Volksvertretung sei darauf hingewiesen, daß gegenwärtig für
den Aufmarsch des italienischen Heeres folgende Bahnen zur Verfügung stehen:
Turin-Mailand-Brescia-Verona, zweigleisig und sehr leistungsfähig mit
mehreren Abzweigungen nach Tirano, Saku und Saprino; Turin-Pavia-Cre-
mona-Mantua-Monselice, eingleisig mit zahlreichen Zweiglinien zu der zuerst
genannten Strecke, vielen Ausweichegleisen, sehr leistungsfähig; Reggio-
Neapel-Rom-Pisa-Spezia-Parma, streckenweise zweigleisig; Rom-Orvieto-
Siena-Florenz-Pistoja-Vologna, zum Teil zweigleisig; Reggio-Tciranto-
Foggio-Temi-Peruggia-Florenz-Tenza, eingleisig; Brindisi-Bari-Foggio-
Ancona-Rimini, eingleisig, jedoch der Beschießung von der See aufgehest.

Die zuletzt genannten vier Linien sind jedoch infolge bedeutenden Gefälles
(25 bis 27 Prozent), großer Stationsentfernungen, vieler Tunnels und sonstiger
Kunstbauten, schwieriger Wasserversorgung im Sommer weniger leistungsfähig
als die beiden andern Bahnen, und man kann die maximale Zuglänge auf
fünfzig Achsen anschlagen. Durch den schon in Angriff genommenen Umbau
der Strecke Pistoja-Bologna zu einer zweigleisigen Bahn und die Verlegung
der Küstenbahnen landeinwärts und zwar von Lucca nach Unita und Fa-
briano-S. Arcangelo werden sich diese Verhältnisse mit der Zeit allerdings ver¬
bessern. Von den Stationen Verona, Monselice, an die sich die eben ge¬
nannten Linien von Parma über Mantua, von Bologna über Ostiglia oder
über Ferrara und von Rimini über Ravenna-Ferrara oder über Borgoforte nach
Verona anschließen, führen bis an den Livenzaabschnitt jedoch nur drei durch¬
laufende Gleise mit den Endpunkten sanne, Mokka und S. stimo, von der
Livenza bis zur Grenze sogar nur zwei Gleise weiter, wenn sich auch in die
Sammelräume am Alpenfuße mehrere Linien abzweigen, die jedoch für den Auf¬
marsch des Gros der Armee mehr oder weniger nicht in Betracht kommen.

Somit kommen in einer Entfernung von 100 bis 150 Kilometern von
dem Aufmarschraume an der Livenza nur drei Gleise in Betracht, was sicherlich
nicht als günstig oder ausreichend bezeichnet werden kann. Namentlich dann
nicht, wenn man sich dagegen die aus dem Innern Österreich-Ungarns nach der
Südwestgrenze führenden Eisenbahnlinien ansieht. Hier sind vorhanden:

1. Die Südbahn über Graz-Laibach-Se. Peter-Monfalcone, bis hierher
zweigleisig, Görz-Cormons mit Abzweigungen über Divacca nach Pola und
über Nabresina nach Trieft. Diese Bahn wird schon durch den gewöhnlichen
Verkehr sehr in Anspruch genommen, es fahren auf ihr Züge von 100 Achsen
und mehr. In die Südbahn münden ein: die Linie Budapest-Steinamanger-
Graz, Budapest-Stuhlweißenburg-Agua-Steinbrück, Agram-Fiume-Se. Peter.
Diese Linien sind eingleisig, aber leistungsfähig wegen ihres guten und zahl¬
reichen Materials.


Die Rüstungen in Italien

haben, neben den Ausgaben für Bewaffnung und Grenzbefestigungen ein an-
sehnlicher Betrag zur Vermehrung der Eisenbahnlinien nach dem nordöstlichen
Aufmarschgelände verwandt werden müßte. Zum nähern Verständnis dieser
Forderungen der Volksvertretung sei darauf hingewiesen, daß gegenwärtig für
den Aufmarsch des italienischen Heeres folgende Bahnen zur Verfügung stehen:
Turin-Mailand-Brescia-Verona, zweigleisig und sehr leistungsfähig mit
mehreren Abzweigungen nach Tirano, Saku und Saprino; Turin-Pavia-Cre-
mona-Mantua-Monselice, eingleisig mit zahlreichen Zweiglinien zu der zuerst
genannten Strecke, vielen Ausweichegleisen, sehr leistungsfähig; Reggio-
Neapel-Rom-Pisa-Spezia-Parma, streckenweise zweigleisig; Rom-Orvieto-
Siena-Florenz-Pistoja-Vologna, zum Teil zweigleisig; Reggio-Tciranto-
Foggio-Temi-Peruggia-Florenz-Tenza, eingleisig; Brindisi-Bari-Foggio-
Ancona-Rimini, eingleisig, jedoch der Beschießung von der See aufgehest.

Die zuletzt genannten vier Linien sind jedoch infolge bedeutenden Gefälles
(25 bis 27 Prozent), großer Stationsentfernungen, vieler Tunnels und sonstiger
Kunstbauten, schwieriger Wasserversorgung im Sommer weniger leistungsfähig
als die beiden andern Bahnen, und man kann die maximale Zuglänge auf
fünfzig Achsen anschlagen. Durch den schon in Angriff genommenen Umbau
der Strecke Pistoja-Bologna zu einer zweigleisigen Bahn und die Verlegung
der Küstenbahnen landeinwärts und zwar von Lucca nach Unita und Fa-
briano-S. Arcangelo werden sich diese Verhältnisse mit der Zeit allerdings ver¬
bessern. Von den Stationen Verona, Monselice, an die sich die eben ge¬
nannten Linien von Parma über Mantua, von Bologna über Ostiglia oder
über Ferrara und von Rimini über Ravenna-Ferrara oder über Borgoforte nach
Verona anschließen, führen bis an den Livenzaabschnitt jedoch nur drei durch¬
laufende Gleise mit den Endpunkten sanne, Mokka und S. stimo, von der
Livenza bis zur Grenze sogar nur zwei Gleise weiter, wenn sich auch in die
Sammelräume am Alpenfuße mehrere Linien abzweigen, die jedoch für den Auf¬
marsch des Gros der Armee mehr oder weniger nicht in Betracht kommen.

Somit kommen in einer Entfernung von 100 bis 150 Kilometern von
dem Aufmarschraume an der Livenza nur drei Gleise in Betracht, was sicherlich
nicht als günstig oder ausreichend bezeichnet werden kann. Namentlich dann
nicht, wenn man sich dagegen die aus dem Innern Österreich-Ungarns nach der
Südwestgrenze führenden Eisenbahnlinien ansieht. Hier sind vorhanden:

1. Die Südbahn über Graz-Laibach-Se. Peter-Monfalcone, bis hierher
zweigleisig, Görz-Cormons mit Abzweigungen über Divacca nach Pola und
über Nabresina nach Trieft. Diese Bahn wird schon durch den gewöhnlichen
Verkehr sehr in Anspruch genommen, es fahren auf ihr Züge von 100 Achsen
und mehr. In die Südbahn münden ein: die Linie Budapest-Steinamanger-
Graz, Budapest-Stuhlweißenburg-Agua-Steinbrück, Agram-Fiume-Se. Peter.
Diese Linien sind eingleisig, aber leistungsfähig wegen ihres guten und zahl¬
reichen Materials.


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[0342] Die Rüstungen in Italien haben, neben den Ausgaben für Bewaffnung und Grenzbefestigungen ein an- sehnlicher Betrag zur Vermehrung der Eisenbahnlinien nach dem nordöstlichen Aufmarschgelände verwandt werden müßte. Zum nähern Verständnis dieser Forderungen der Volksvertretung sei darauf hingewiesen, daß gegenwärtig für den Aufmarsch des italienischen Heeres folgende Bahnen zur Verfügung stehen: Turin-Mailand-Brescia-Verona, zweigleisig und sehr leistungsfähig mit mehreren Abzweigungen nach Tirano, Saku und Saprino; Turin-Pavia-Cre- mona-Mantua-Monselice, eingleisig mit zahlreichen Zweiglinien zu der zuerst genannten Strecke, vielen Ausweichegleisen, sehr leistungsfähig; Reggio- Neapel-Rom-Pisa-Spezia-Parma, streckenweise zweigleisig; Rom-Orvieto- Siena-Florenz-Pistoja-Vologna, zum Teil zweigleisig; Reggio-Tciranto- Foggio-Temi-Peruggia-Florenz-Tenza, eingleisig; Brindisi-Bari-Foggio- Ancona-Rimini, eingleisig, jedoch der Beschießung von der See aufgehest. Die zuletzt genannten vier Linien sind jedoch infolge bedeutenden Gefälles (25 bis 27 Prozent), großer Stationsentfernungen, vieler Tunnels und sonstiger Kunstbauten, schwieriger Wasserversorgung im Sommer weniger leistungsfähig als die beiden andern Bahnen, und man kann die maximale Zuglänge auf fünfzig Achsen anschlagen. Durch den schon in Angriff genommenen Umbau der Strecke Pistoja-Bologna zu einer zweigleisigen Bahn und die Verlegung der Küstenbahnen landeinwärts und zwar von Lucca nach Unita und Fa- briano-S. Arcangelo werden sich diese Verhältnisse mit der Zeit allerdings ver¬ bessern. Von den Stationen Verona, Monselice, an die sich die eben ge¬ nannten Linien von Parma über Mantua, von Bologna über Ostiglia oder über Ferrara und von Rimini über Ravenna-Ferrara oder über Borgoforte nach Verona anschließen, führen bis an den Livenzaabschnitt jedoch nur drei durch¬ laufende Gleise mit den Endpunkten sanne, Mokka und S. stimo, von der Livenza bis zur Grenze sogar nur zwei Gleise weiter, wenn sich auch in die Sammelräume am Alpenfuße mehrere Linien abzweigen, die jedoch für den Auf¬ marsch des Gros der Armee mehr oder weniger nicht in Betracht kommen. Somit kommen in einer Entfernung von 100 bis 150 Kilometern von dem Aufmarschraume an der Livenza nur drei Gleise in Betracht, was sicherlich nicht als günstig oder ausreichend bezeichnet werden kann. Namentlich dann nicht, wenn man sich dagegen die aus dem Innern Österreich-Ungarns nach der Südwestgrenze führenden Eisenbahnlinien ansieht. Hier sind vorhanden: 1. Die Südbahn über Graz-Laibach-Se. Peter-Monfalcone, bis hierher zweigleisig, Görz-Cormons mit Abzweigungen über Divacca nach Pola und über Nabresina nach Trieft. Diese Bahn wird schon durch den gewöhnlichen Verkehr sehr in Anspruch genommen, es fahren auf ihr Züge von 100 Achsen und mehr. In die Südbahn münden ein: die Linie Budapest-Steinamanger- Graz, Budapest-Stuhlweißenburg-Agua-Steinbrück, Agram-Fiume-Se. Peter. Diese Linien sind eingleisig, aber leistungsfähig wegen ihres guten und zahl¬ reichen Materials.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/342>, abgerufen am 06.02.2025.