Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Haselnuß

sein kleines rundes Sammetmützchen mit dem Turban seines erlauchten Gastes in
Berührung kam.

Und seltsam! Sei es, daß sich das Gerücht von der Ankunft des berühmten
Weltreisenden mit Windeseile durch die ganze Stadt verbreitet hatte, sei es, daß
die Leipziger Bekannten des Fürsten schon vorher benachrichtigt worden waren,
kurz, ehe noch die doppelte Portion Mockturtlesuppe auf dem sauber gedeckten Tische
stand, erschienen schon in der verräucherten Gaststube die ersten Zylinderhüte, deren
Träger dem beturbanten Fremdling ihre Aufwartung machen wollten. Zuerst kamen
die Vertreter des literarischen Leipzigs, die Herren Laube, Herloßsohn und Kühne;
der erste überreichte dem Fürsten ein Exemplar seiner "Französischen Lustschlösser",
die beiden andern baten um Beitröge für die von ihnen redigierten Journale "Der
Komet" und "Zeitung für die elegante Welt" und gaben ihrer Freude darüber
Ausdruck, den Verfasser der "Briefe eines Verstorbenen" bei so guter Gesundheit
und so beneidenswerten Appetit z" sehen. Dann traten die großen Verleger an,
die Herren Brockhaus, Härtel, Rost, Duncker, Friedrich Wilhelm Grunow, Karl Reimer
und Otto Wtgand, sie hatten keine andre Absicht, als sich von der glücklichen
Rückkehr des Weltfahrers zu überzeuge" und nebenbei vorsichtig auf den Busch zu
klopfen, ob er vielleicht aus dem Morgenland ein Manuskript mitgebracht hätte,
mit dem man zur nächsten Ostermesse das staunende Abendland beglücken könnte.
Den Buchhändlern folgten als Repräsentanten der Wissenschaft die Professoren
Fleischer und Pöppig, dieser berühmt als Zoologe und Erforscher Südamerikas,
jener als vorzüglicher Kenner des Sanskrits und des Arabischen. Dazu gesellten
sich als Vertreter des musikalischen Leipzigs Lortzing und Moritz Hauptmann,
während sich Mendelssohn entschuldigen ließ, da er des Gewandhauskonzerts wegen
heute nicht abkömmlich war. Dafür wurden Stadt und Regierung durch ihre
höchsten Spitzen repräsentiert, diese durch den Kreisdirektor von Falkenstein, jene
durch den Bürgermeister Deutlich. Kurzum, es war eine illustre Gesellschaft, die sich
im Goldenen Kranich zusammengefunden hatte: soviel Zylinder, soviel Zelebrttäten!

Währenddessen saß der "Verstorbene" hinter seinem Teller, ließ sichs schmecken,
plauderte graziös und geistreich über seine Reisen, sprach von Kairo, Smyrna und
Damaskus nicht anders, wie ein Leipziger von Liebertwolkwitz, Schönefeld oder
Lindenau, nannte den Pascha von Ägypten seinen guten Freund und deutete an,
daß der Orient erst durch seine Besuche wieder einen Schimmer des ehemaligen
Glanzes erhalten habe. Auf die Frage eines der Herren, was er denn als den
wertvollsten Gewinn seiner letzten Reise betrachte, erwiderte er mit reizender
Blasiertheit: die Erkenntnis, daß man die beste Mockturtlesuppe im Goldenen
Kranich zu Leipzig erhalte.

Die Zelebritäten lachten, und eine nach der andern bestellte sich nun auch das
Gericht, sodaß der Wirt kaum wußte, woher er so schnell das notwendige Quantuni
Kalbskopf bekommen sollte. Als aber endlich auf allen Tischen die würzige braune
Suppe dampfte, da bekannten die Gäste einstimmig, daß sie so etwas Exquisites
in der Tat noch nicht gegessen hätten, und priesen die Vorsehung, die den Fürsten
in der Oase Baharijeh mit dem griechischen Kaufmann zusammengeführt hatte. Es
war doch auch zu seltsam! Da lebten sie nun von Kindesbeinen an oder doch schon
seit Jahren in Leipzig und mußten erst ans demi fernen Morgenlande die Kunde von
dem gastronomischen Wunder erhalten, das ihrer in der eignen Vaterstadt harrte.
Hier hatte sich also wieder einmal das Wort: orisirts lux bewahrheitet!

Von diesem Tage an begannen im Goldenen Kranich die Zylinder allmählich
die Fuhrmannsmützen zu verdrängen, und die geschwätzige Fama verbreitete Neues
Ruhm durch Stadt und Land. Wer sich eine Güte tun wollte, der kehrte im
Goldenen Kranich ein, und kein Leipziger, der Besuch aus Dresden erhielt, ver"
säumte, seinen Gastfreund mit der wunderbaren Mockturtlesuppe bekannt zu machen,


Die Haselnuß

sein kleines rundes Sammetmützchen mit dem Turban seines erlauchten Gastes in
Berührung kam.

Und seltsam! Sei es, daß sich das Gerücht von der Ankunft des berühmten
Weltreisenden mit Windeseile durch die ganze Stadt verbreitet hatte, sei es, daß
die Leipziger Bekannten des Fürsten schon vorher benachrichtigt worden waren,
kurz, ehe noch die doppelte Portion Mockturtlesuppe auf dem sauber gedeckten Tische
stand, erschienen schon in der verräucherten Gaststube die ersten Zylinderhüte, deren
Träger dem beturbanten Fremdling ihre Aufwartung machen wollten. Zuerst kamen
die Vertreter des literarischen Leipzigs, die Herren Laube, Herloßsohn und Kühne;
der erste überreichte dem Fürsten ein Exemplar seiner „Französischen Lustschlösser",
die beiden andern baten um Beitröge für die von ihnen redigierten Journale „Der
Komet" und „Zeitung für die elegante Welt" und gaben ihrer Freude darüber
Ausdruck, den Verfasser der „Briefe eines Verstorbenen" bei so guter Gesundheit
und so beneidenswerten Appetit z» sehen. Dann traten die großen Verleger an,
die Herren Brockhaus, Härtel, Rost, Duncker, Friedrich Wilhelm Grunow, Karl Reimer
und Otto Wtgand, sie hatten keine andre Absicht, als sich von der glücklichen
Rückkehr des Weltfahrers zu überzeuge» und nebenbei vorsichtig auf den Busch zu
klopfen, ob er vielleicht aus dem Morgenland ein Manuskript mitgebracht hätte,
mit dem man zur nächsten Ostermesse das staunende Abendland beglücken könnte.
Den Buchhändlern folgten als Repräsentanten der Wissenschaft die Professoren
Fleischer und Pöppig, dieser berühmt als Zoologe und Erforscher Südamerikas,
jener als vorzüglicher Kenner des Sanskrits und des Arabischen. Dazu gesellten
sich als Vertreter des musikalischen Leipzigs Lortzing und Moritz Hauptmann,
während sich Mendelssohn entschuldigen ließ, da er des Gewandhauskonzerts wegen
heute nicht abkömmlich war. Dafür wurden Stadt und Regierung durch ihre
höchsten Spitzen repräsentiert, diese durch den Kreisdirektor von Falkenstein, jene
durch den Bürgermeister Deutlich. Kurzum, es war eine illustre Gesellschaft, die sich
im Goldenen Kranich zusammengefunden hatte: soviel Zylinder, soviel Zelebrttäten!

Währenddessen saß der „Verstorbene" hinter seinem Teller, ließ sichs schmecken,
plauderte graziös und geistreich über seine Reisen, sprach von Kairo, Smyrna und
Damaskus nicht anders, wie ein Leipziger von Liebertwolkwitz, Schönefeld oder
Lindenau, nannte den Pascha von Ägypten seinen guten Freund und deutete an,
daß der Orient erst durch seine Besuche wieder einen Schimmer des ehemaligen
Glanzes erhalten habe. Auf die Frage eines der Herren, was er denn als den
wertvollsten Gewinn seiner letzten Reise betrachte, erwiderte er mit reizender
Blasiertheit: die Erkenntnis, daß man die beste Mockturtlesuppe im Goldenen
Kranich zu Leipzig erhalte.

Die Zelebritäten lachten, und eine nach der andern bestellte sich nun auch das
Gericht, sodaß der Wirt kaum wußte, woher er so schnell das notwendige Quantuni
Kalbskopf bekommen sollte. Als aber endlich auf allen Tischen die würzige braune
Suppe dampfte, da bekannten die Gäste einstimmig, daß sie so etwas Exquisites
in der Tat noch nicht gegessen hätten, und priesen die Vorsehung, die den Fürsten
in der Oase Baharijeh mit dem griechischen Kaufmann zusammengeführt hatte. Es
war doch auch zu seltsam! Da lebten sie nun von Kindesbeinen an oder doch schon
seit Jahren in Leipzig und mußten erst ans demi fernen Morgenlande die Kunde von
dem gastronomischen Wunder erhalten, das ihrer in der eignen Vaterstadt harrte.
Hier hatte sich also wieder einmal das Wort: orisirts lux bewahrheitet!

Von diesem Tage an begannen im Goldenen Kranich die Zylinder allmählich
die Fuhrmannsmützen zu verdrängen, und die geschwätzige Fama verbreitete Neues
Ruhm durch Stadt und Land. Wer sich eine Güte tun wollte, der kehrte im
Goldenen Kranich ein, und kein Leipziger, der Besuch aus Dresden erhielt, ver»
säumte, seinen Gastfreund mit der wunderbaren Mockturtlesuppe bekannt zu machen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302256"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Haselnuß</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1174" prev="#ID_1173"> sein kleines rundes Sammetmützchen mit dem Turban seines erlauchten Gastes in<lb/>
Berührung kam.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1175"> Und seltsam! Sei es, daß sich das Gerücht von der Ankunft des berühmten<lb/>
Weltreisenden mit Windeseile durch die ganze Stadt verbreitet hatte, sei es, daß<lb/>
die Leipziger Bekannten des Fürsten schon vorher benachrichtigt worden waren,<lb/>
kurz, ehe noch die doppelte Portion Mockturtlesuppe auf dem sauber gedeckten Tische<lb/>
stand, erschienen schon in der verräucherten Gaststube die ersten Zylinderhüte, deren<lb/>
Träger dem beturbanten Fremdling ihre Aufwartung machen wollten. Zuerst kamen<lb/>
die Vertreter des literarischen Leipzigs, die Herren Laube, Herloßsohn und Kühne;<lb/>
der erste überreichte dem Fürsten ein Exemplar seiner &#x201E;Französischen Lustschlösser",<lb/>
die beiden andern baten um Beitröge für die von ihnen redigierten Journale &#x201E;Der<lb/>
Komet" und &#x201E;Zeitung für die elegante Welt" und gaben ihrer Freude darüber<lb/>
Ausdruck, den Verfasser der &#x201E;Briefe eines Verstorbenen" bei so guter Gesundheit<lb/>
und so beneidenswerten Appetit z» sehen. Dann traten die großen Verleger an,<lb/>
die Herren Brockhaus, Härtel, Rost, Duncker, Friedrich Wilhelm Grunow, Karl Reimer<lb/>
und Otto Wtgand, sie hatten keine andre Absicht, als sich von der glücklichen<lb/>
Rückkehr des Weltfahrers zu überzeuge» und nebenbei vorsichtig auf den Busch zu<lb/>
klopfen, ob er vielleicht aus dem Morgenland ein Manuskript mitgebracht hätte,<lb/>
mit dem man zur nächsten Ostermesse das staunende Abendland beglücken könnte.<lb/>
Den Buchhändlern folgten als Repräsentanten der Wissenschaft die Professoren<lb/>
Fleischer und Pöppig, dieser berühmt als Zoologe und Erforscher Südamerikas,<lb/>
jener als vorzüglicher Kenner des Sanskrits und des Arabischen. Dazu gesellten<lb/>
sich als Vertreter des musikalischen Leipzigs Lortzing und Moritz Hauptmann,<lb/>
während sich Mendelssohn entschuldigen ließ, da er des Gewandhauskonzerts wegen<lb/>
heute nicht abkömmlich war. Dafür wurden Stadt und Regierung durch ihre<lb/>
höchsten Spitzen repräsentiert, diese durch den Kreisdirektor von Falkenstein, jene<lb/>
durch den Bürgermeister Deutlich. Kurzum, es war eine illustre Gesellschaft, die sich<lb/>
im Goldenen Kranich zusammengefunden hatte: soviel Zylinder, soviel Zelebrttäten!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1176"> Währenddessen saß der &#x201E;Verstorbene" hinter seinem Teller, ließ sichs schmecken,<lb/>
plauderte graziös und geistreich über seine Reisen, sprach von Kairo, Smyrna und<lb/>
Damaskus nicht anders, wie ein Leipziger von Liebertwolkwitz, Schönefeld oder<lb/>
Lindenau, nannte den Pascha von Ägypten seinen guten Freund und deutete an,<lb/>
daß der Orient erst durch seine Besuche wieder einen Schimmer des ehemaligen<lb/>
Glanzes erhalten habe. Auf die Frage eines der Herren, was er denn als den<lb/>
wertvollsten Gewinn seiner letzten Reise betrachte, erwiderte er mit reizender<lb/>
Blasiertheit: die Erkenntnis, daß man die beste Mockturtlesuppe im Goldenen<lb/>
Kranich zu Leipzig erhalte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1177"> Die Zelebritäten lachten, und eine nach der andern bestellte sich nun auch das<lb/>
Gericht, sodaß der Wirt kaum wußte, woher er so schnell das notwendige Quantuni<lb/>
Kalbskopf bekommen sollte. Als aber endlich auf allen Tischen die würzige braune<lb/>
Suppe dampfte, da bekannten die Gäste einstimmig, daß sie so etwas Exquisites<lb/>
in der Tat noch nicht gegessen hätten, und priesen die Vorsehung, die den Fürsten<lb/>
in der Oase Baharijeh mit dem griechischen Kaufmann zusammengeführt hatte. Es<lb/>
war doch auch zu seltsam! Da lebten sie nun von Kindesbeinen an oder doch schon<lb/>
seit Jahren in Leipzig und mußten erst ans demi fernen Morgenlande die Kunde von<lb/>
dem gastronomischen Wunder erhalten, das ihrer in der eignen Vaterstadt harrte.<lb/>
Hier hatte sich also wieder einmal das Wort:   orisirts lux bewahrheitet!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1178" next="#ID_1179"> Von diesem Tage an begannen im Goldenen Kranich die Zylinder allmählich<lb/>
die Fuhrmannsmützen zu verdrängen, und die geschwätzige Fama verbreitete Neues<lb/>
Ruhm durch Stadt und Land. Wer sich eine Güte tun wollte, der kehrte im<lb/>
Goldenen Kranich ein, und kein Leipziger, der Besuch aus Dresden erhielt, ver»<lb/>
säumte, seinen Gastfreund mit der wunderbaren Mockturtlesuppe bekannt zu machen,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0268] Die Haselnuß sein kleines rundes Sammetmützchen mit dem Turban seines erlauchten Gastes in Berührung kam. Und seltsam! Sei es, daß sich das Gerücht von der Ankunft des berühmten Weltreisenden mit Windeseile durch die ganze Stadt verbreitet hatte, sei es, daß die Leipziger Bekannten des Fürsten schon vorher benachrichtigt worden waren, kurz, ehe noch die doppelte Portion Mockturtlesuppe auf dem sauber gedeckten Tische stand, erschienen schon in der verräucherten Gaststube die ersten Zylinderhüte, deren Träger dem beturbanten Fremdling ihre Aufwartung machen wollten. Zuerst kamen die Vertreter des literarischen Leipzigs, die Herren Laube, Herloßsohn und Kühne; der erste überreichte dem Fürsten ein Exemplar seiner „Französischen Lustschlösser", die beiden andern baten um Beitröge für die von ihnen redigierten Journale „Der Komet" und „Zeitung für die elegante Welt" und gaben ihrer Freude darüber Ausdruck, den Verfasser der „Briefe eines Verstorbenen" bei so guter Gesundheit und so beneidenswerten Appetit z» sehen. Dann traten die großen Verleger an, die Herren Brockhaus, Härtel, Rost, Duncker, Friedrich Wilhelm Grunow, Karl Reimer und Otto Wtgand, sie hatten keine andre Absicht, als sich von der glücklichen Rückkehr des Weltfahrers zu überzeuge» und nebenbei vorsichtig auf den Busch zu klopfen, ob er vielleicht aus dem Morgenland ein Manuskript mitgebracht hätte, mit dem man zur nächsten Ostermesse das staunende Abendland beglücken könnte. Den Buchhändlern folgten als Repräsentanten der Wissenschaft die Professoren Fleischer und Pöppig, dieser berühmt als Zoologe und Erforscher Südamerikas, jener als vorzüglicher Kenner des Sanskrits und des Arabischen. Dazu gesellten sich als Vertreter des musikalischen Leipzigs Lortzing und Moritz Hauptmann, während sich Mendelssohn entschuldigen ließ, da er des Gewandhauskonzerts wegen heute nicht abkömmlich war. Dafür wurden Stadt und Regierung durch ihre höchsten Spitzen repräsentiert, diese durch den Kreisdirektor von Falkenstein, jene durch den Bürgermeister Deutlich. Kurzum, es war eine illustre Gesellschaft, die sich im Goldenen Kranich zusammengefunden hatte: soviel Zylinder, soviel Zelebrttäten! Währenddessen saß der „Verstorbene" hinter seinem Teller, ließ sichs schmecken, plauderte graziös und geistreich über seine Reisen, sprach von Kairo, Smyrna und Damaskus nicht anders, wie ein Leipziger von Liebertwolkwitz, Schönefeld oder Lindenau, nannte den Pascha von Ägypten seinen guten Freund und deutete an, daß der Orient erst durch seine Besuche wieder einen Schimmer des ehemaligen Glanzes erhalten habe. Auf die Frage eines der Herren, was er denn als den wertvollsten Gewinn seiner letzten Reise betrachte, erwiderte er mit reizender Blasiertheit: die Erkenntnis, daß man die beste Mockturtlesuppe im Goldenen Kranich zu Leipzig erhalte. Die Zelebritäten lachten, und eine nach der andern bestellte sich nun auch das Gericht, sodaß der Wirt kaum wußte, woher er so schnell das notwendige Quantuni Kalbskopf bekommen sollte. Als aber endlich auf allen Tischen die würzige braune Suppe dampfte, da bekannten die Gäste einstimmig, daß sie so etwas Exquisites in der Tat noch nicht gegessen hätten, und priesen die Vorsehung, die den Fürsten in der Oase Baharijeh mit dem griechischen Kaufmann zusammengeführt hatte. Es war doch auch zu seltsam! Da lebten sie nun von Kindesbeinen an oder doch schon seit Jahren in Leipzig und mußten erst ans demi fernen Morgenlande die Kunde von dem gastronomischen Wunder erhalten, das ihrer in der eignen Vaterstadt harrte. Hier hatte sich also wieder einmal das Wort: orisirts lux bewahrheitet! Von diesem Tage an begannen im Goldenen Kranich die Zylinder allmählich die Fuhrmannsmützen zu verdrängen, und die geschwätzige Fama verbreitete Neues Ruhm durch Stadt und Land. Wer sich eine Güte tun wollte, der kehrte im Goldenen Kranich ein, und kein Leipziger, der Besuch aus Dresden erhielt, ver» säumte, seinen Gastfreund mit der wunderbaren Mockturtlesuppe bekannt zu machen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/268
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/268>, abgerufen am 06.02.2025.