Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes Reichspost ein neuer Vertrag abgeschlossen, worin die Verlegung eines zweiten Aber Deutschlands Kabelpolitik macht sich auch an andern wichtigen Teilen Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes Reichspost ein neuer Vertrag abgeschlossen, worin die Verlegung eines zweiten Aber Deutschlands Kabelpolitik macht sich auch an andern wichtigen Teilen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0023" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302011"/> <fw type="header" place="top"> Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes</fw><lb/> <p xml:id="ID_45" prev="#ID_44"> Reichspost ein neuer Vertrag abgeschlossen, worin die Verlegung eines zweiten<lb/> Kabels auf derselben Strecke bis 1904 zugesagt wurde. Dieses konnte man,<lb/> da man die Landungsrechte auf den Azoren besaß und in den Norddeutschen<lb/> Seekabelwerken jetzt eine leistungsfähige Fabrik hatte, nun selbst anfertigen, und<lb/> da am 29. Dezember 1902 in Stettin auch ein größerer deutscher Kabeldampfer,<lb/> der „Stephan", vom Stapel lief, auch selbst verlegen. Die Verlegung erfolgte<lb/> in den Jahren 1903 und 1904, und am 1. Juni 1904 ist auch dieses zweite<lb/> atlantische Kabel, das erste, das wirklich in jeder Beziehung den Namen eines<lb/> „deutschen" Kabels verdient, glücklich fertiggestellt und dem Betrieb über¬<lb/> geben worden. Seine gesamte Länge beträgt 7991 Kilometer.</p><lb/> <p xml:id="ID_46" next="#ID_47"> Aber Deutschlands Kabelpolitik macht sich auch an andern wichtigen Teilen<lb/> der Erde als im Atlantischen Ozean geltend. Schon am 19. Juli 1899 war<lb/> eine „Osteuropäische Telegraphengesellschaft" mit dem Sitz in Köln gegründet<lb/> worden. Diese hatte sich die Verlegung eines Seekabels zwischen der rumä¬<lb/> nischen Küstenstadt Küstendsche (Konstanza) und Konstantinopel zur Aufgabe ge¬<lb/> stellt. Ein solches Kabel mußte, trotz seiner bescheidnen Länge von nur<lb/> 343 Kilometern, doch von ungewöhnlicher Bedeutung sein, denn man erlangte<lb/> dadurch nicht nur Unabhängigkeit von den schlechten türkischen Telegraphenlinien<lb/> und eine zuverlässige telegraphische Verbindung mit der türkischen Hauptstadt,<lb/> sondern es ließen sich daran auch weitausschauende Pläne über eine vorwiegend<lb/> deutsche Telegraphenlinie knüpfen, die, dem Verlauf der neuen Bagdadbahn<lb/> folgend, in ununterbrochnem Zuge von Berlin bis an den Persischen Meerbusen<lb/> reichen würde. Auch hier haben sich außergewöhnliche Schwierigkeiten der Verwirk¬<lb/> lichung des Plans entgegengestellt; die Intriguen einer englischen Kabelgesell¬<lb/> schaft, der mächtigen Liistsrn, I'kIsKraxb Qomxan/, die das Telegraphenmonopol<lb/> im Bereich des Schwarzen Meeres erstrebte und die deutsche Konkurrenz nur sehr<lb/> mißmutig auf dem Plan erscheinen sah, hielten Jahre hindurch den Fortgang<lb/> der Angelegenheit auf dem toten Punkte fest, und ohne die Festigkeit der rumä¬<lb/> nischen Negierung, die die deutschen Pläne aufs lebhafteste begünstigte und<lb/> unterstützte, wäre wohl die kühne Kabelpolitik Deutschlands im Schwarzen Meere<lb/> gescheitert. Erst im Sommer 1904 erteilte der Sultan der „Osteuropäischen<lb/> Telegraphengesellschaft" die Erlaubnis zur Landung des geplanten Kabels in<lb/> Kilia bei Konstantinopel; noch aber verging durch neue Intriguen und weitere<lb/> Verhandlungen abermals ein Jahr, ehe das Kabel in Betrieb genommen werden<lb/> konnte. Am 24. Mai 1905 wurde endlich das Kabel durch den „v. Podbielski"<lb/> verlegt, am 29. Mai wurde dies Ereignis in Konstanza großartig gefeiert, und nach<lb/> Fertigstellung der anschließenden Landtelegraphenlinien wurde dann am 20. Juli<lb/> das neue Kabel dem Betrieb übergeben. Damit ist die Hoffnung erweckt, daß<lb/> wir nach Fertigstellung der Bagdadbahn und der sie begleitenden Telegraphen¬<lb/> linie in wenig Jahren den Telegrammverkehr Europas mit Indien und dem<lb/> noch fernern Osten zum großen Teil über deutsche Linien werden lenken können,<lb/> denn die inzwischen bereits fertiggestellte Telegraphenlinie nach dem Persischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes
Reichspost ein neuer Vertrag abgeschlossen, worin die Verlegung eines zweiten
Kabels auf derselben Strecke bis 1904 zugesagt wurde. Dieses konnte man,
da man die Landungsrechte auf den Azoren besaß und in den Norddeutschen
Seekabelwerken jetzt eine leistungsfähige Fabrik hatte, nun selbst anfertigen, und
da am 29. Dezember 1902 in Stettin auch ein größerer deutscher Kabeldampfer,
der „Stephan", vom Stapel lief, auch selbst verlegen. Die Verlegung erfolgte
in den Jahren 1903 und 1904, und am 1. Juni 1904 ist auch dieses zweite
atlantische Kabel, das erste, das wirklich in jeder Beziehung den Namen eines
„deutschen" Kabels verdient, glücklich fertiggestellt und dem Betrieb über¬
geben worden. Seine gesamte Länge beträgt 7991 Kilometer.
Aber Deutschlands Kabelpolitik macht sich auch an andern wichtigen Teilen
der Erde als im Atlantischen Ozean geltend. Schon am 19. Juli 1899 war
eine „Osteuropäische Telegraphengesellschaft" mit dem Sitz in Köln gegründet
worden. Diese hatte sich die Verlegung eines Seekabels zwischen der rumä¬
nischen Küstenstadt Küstendsche (Konstanza) und Konstantinopel zur Aufgabe ge¬
stellt. Ein solches Kabel mußte, trotz seiner bescheidnen Länge von nur
343 Kilometern, doch von ungewöhnlicher Bedeutung sein, denn man erlangte
dadurch nicht nur Unabhängigkeit von den schlechten türkischen Telegraphenlinien
und eine zuverlässige telegraphische Verbindung mit der türkischen Hauptstadt,
sondern es ließen sich daran auch weitausschauende Pläne über eine vorwiegend
deutsche Telegraphenlinie knüpfen, die, dem Verlauf der neuen Bagdadbahn
folgend, in ununterbrochnem Zuge von Berlin bis an den Persischen Meerbusen
reichen würde. Auch hier haben sich außergewöhnliche Schwierigkeiten der Verwirk¬
lichung des Plans entgegengestellt; die Intriguen einer englischen Kabelgesell¬
schaft, der mächtigen Liistsrn, I'kIsKraxb Qomxan/, die das Telegraphenmonopol
im Bereich des Schwarzen Meeres erstrebte und die deutsche Konkurrenz nur sehr
mißmutig auf dem Plan erscheinen sah, hielten Jahre hindurch den Fortgang
der Angelegenheit auf dem toten Punkte fest, und ohne die Festigkeit der rumä¬
nischen Negierung, die die deutschen Pläne aufs lebhafteste begünstigte und
unterstützte, wäre wohl die kühne Kabelpolitik Deutschlands im Schwarzen Meere
gescheitert. Erst im Sommer 1904 erteilte der Sultan der „Osteuropäischen
Telegraphengesellschaft" die Erlaubnis zur Landung des geplanten Kabels in
Kilia bei Konstantinopel; noch aber verging durch neue Intriguen und weitere
Verhandlungen abermals ein Jahr, ehe das Kabel in Betrieb genommen werden
konnte. Am 24. Mai 1905 wurde endlich das Kabel durch den „v. Podbielski"
verlegt, am 29. Mai wurde dies Ereignis in Konstanza großartig gefeiert, und nach
Fertigstellung der anschließenden Landtelegraphenlinien wurde dann am 20. Juli
das neue Kabel dem Betrieb übergeben. Damit ist die Hoffnung erweckt, daß
wir nach Fertigstellung der Bagdadbahn und der sie begleitenden Telegraphen¬
linie in wenig Jahren den Telegrammverkehr Europas mit Indien und dem
noch fernern Osten zum großen Teil über deutsche Linien werden lenken können,
denn die inzwischen bereits fertiggestellte Telegraphenlinie nach dem Persischen
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