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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die Neugestaltung der Politik am Stillen Vzean

Theatern nicht sehen lassen; für ihn sind besondre Etablissements da, auch be¬
sondre Waggons auf Eisenbahnen und Straßenbahnen, In Staaten, wo das
schwarze Element stark ist, darf der Neger nicht wagen, sich in der Nähe von
Wahlurnen sehen zu lassen, wenn er nicht Bekanntschaft mit guten Pflanzer-
büchseu machen will. Dein Amerikaner liegt nun einmal die Abneigung gegen
die schwarze Nasse tief im Blut, Es ist die untergeordnete, verachtete, genügsame
Rasse, die ihm im Wege ist, obgleich er sich sagt, daß er sie gar nicht entbehren
kann. Wäre die Banmwollkultur auf weiße Arbeiter angewiesen, so müßte sie
wirtschaftlich ein ganz andres Gesicht gewinnen; sie würde wahrscheinlich zugunsten
andrer Länder aus den Vereinigten Staaten zum Teil auswandern. Die Neger¬
bevölkerung vermehrt sich noch andauernd, obgleich die Zufuhr aus Afrika längst
aufgehört hat. Die weiße Bevölkerung der Vereinigten Staaten hat von 1890
bis 1900 um 21,4 vom Hundert zugenommen, die schwarze nur um 18,1 vom
Hundert. Der Zuwachs der Weißen fällt jedoch zu einem bedeutenden Teil auf
die Einwanderung, In dem genannten Jahrzehnt hat diese 3844000 Personen
betragen. Davon sind wenigstens 3 700000 Weiße gewesen. Der Gesamtzuwachs
der Weißen betrug 11824600 Personen. Bringt man davon die Eingewanderten
in Abzug, so bleiben nur rund 8124000 Personen eigner Zuwachs der Weißen;
das macht nur 14,7 vom Hundert, während die ganz auf die eignen Geburten
augewiesne schwarze Bevölkerung 18,1 vom Hundert gewonnen hat. Außerdem
ist ein sehr merkwürdiger Umstand hervorzuheben: die Kinderarmut der in Amerika
gebornen Weißen. Die in Amerika gebornen Eltern hatten 1900 6 538000 noch
lebende Kinder. Zieht man von diesen die 1352000 Negerkinder ab, so bleiben
nur noch 4187000 übrig, die immer noch nicht einmal ganz allein auf
die weiße Bevölkerung fallen. Dagegen waren 1900 4172000 Personen am
Leben, deren Eltern im Auslande geboren waren. Und zwar waren das der
Natur der Sache nach ganz überwiegend Weiße. Man kann also mit unbe¬
dingter Sicherheit sagen, daß sich das Übergewicht der weißen Rasse nur durch
die stetig andauernde Einwanderung erhält. Diese allein hat die Zahl 87,5 vom
Hundert der Gesamtbevölkerung auf 87,8 vom Hundert gebracht. Die Neger
machten 1890 mit 7489000 Personen 11,9 vom Hundert aus, 1900 mit
8841000 nur noch 11,6. Immerhin ist von je neun Nordamerikanern einer
ein Neger oder ein Mulatte.

Wer will den Amerikanern verargen, daß sie dieses Verhältnis schwer
empfinden? Der Zufuhr schwarzer Bevölkerung haben sie nun zwar einen
Riegel vorgeschoben. Nun aber ging die Einwanderung farbiger Elemente im
fernen Westen von neuem an. Die Besiedlung Kaliforniens nahm von der
Auffindung der großen Goldlager von 1848 an einen rapiden Charakter an.
Für alle Zwecke wurden Arbeiter gebraucht. Die Weißen verließen alle Arbeits¬
stätten und gingen in die Minen. Man konnte nur Chinesen haben. Diese
kamen in hellen Haufen, waren nützlich und doch lästig. Wegen ihrer Be¬
dürfnislosigkeit, ihrer wohlfeilen, auch schlechten Arbeit, wegen ihrer Laster


Die Neugestaltung der Politik am Stillen Vzean

Theatern nicht sehen lassen; für ihn sind besondre Etablissements da, auch be¬
sondre Waggons auf Eisenbahnen und Straßenbahnen, In Staaten, wo das
schwarze Element stark ist, darf der Neger nicht wagen, sich in der Nähe von
Wahlurnen sehen zu lassen, wenn er nicht Bekanntschaft mit guten Pflanzer-
büchseu machen will. Dein Amerikaner liegt nun einmal die Abneigung gegen
die schwarze Nasse tief im Blut, Es ist die untergeordnete, verachtete, genügsame
Rasse, die ihm im Wege ist, obgleich er sich sagt, daß er sie gar nicht entbehren
kann. Wäre die Banmwollkultur auf weiße Arbeiter angewiesen, so müßte sie
wirtschaftlich ein ganz andres Gesicht gewinnen; sie würde wahrscheinlich zugunsten
andrer Länder aus den Vereinigten Staaten zum Teil auswandern. Die Neger¬
bevölkerung vermehrt sich noch andauernd, obgleich die Zufuhr aus Afrika längst
aufgehört hat. Die weiße Bevölkerung der Vereinigten Staaten hat von 1890
bis 1900 um 21,4 vom Hundert zugenommen, die schwarze nur um 18,1 vom
Hundert. Der Zuwachs der Weißen fällt jedoch zu einem bedeutenden Teil auf
die Einwanderung, In dem genannten Jahrzehnt hat diese 3844000 Personen
betragen. Davon sind wenigstens 3 700000 Weiße gewesen. Der Gesamtzuwachs
der Weißen betrug 11824600 Personen. Bringt man davon die Eingewanderten
in Abzug, so bleiben nur rund 8124000 Personen eigner Zuwachs der Weißen;
das macht nur 14,7 vom Hundert, während die ganz auf die eignen Geburten
augewiesne schwarze Bevölkerung 18,1 vom Hundert gewonnen hat. Außerdem
ist ein sehr merkwürdiger Umstand hervorzuheben: die Kinderarmut der in Amerika
gebornen Weißen. Die in Amerika gebornen Eltern hatten 1900 6 538000 noch
lebende Kinder. Zieht man von diesen die 1352000 Negerkinder ab, so bleiben
nur noch 4187000 übrig, die immer noch nicht einmal ganz allein auf
die weiße Bevölkerung fallen. Dagegen waren 1900 4172000 Personen am
Leben, deren Eltern im Auslande geboren waren. Und zwar waren das der
Natur der Sache nach ganz überwiegend Weiße. Man kann also mit unbe¬
dingter Sicherheit sagen, daß sich das Übergewicht der weißen Rasse nur durch
die stetig andauernde Einwanderung erhält. Diese allein hat die Zahl 87,5 vom
Hundert der Gesamtbevölkerung auf 87,8 vom Hundert gebracht. Die Neger
machten 1890 mit 7489000 Personen 11,9 vom Hundert aus, 1900 mit
8841000 nur noch 11,6. Immerhin ist von je neun Nordamerikanern einer
ein Neger oder ein Mulatte.

Wer will den Amerikanern verargen, daß sie dieses Verhältnis schwer
empfinden? Der Zufuhr schwarzer Bevölkerung haben sie nun zwar einen
Riegel vorgeschoben. Nun aber ging die Einwanderung farbiger Elemente im
fernen Westen von neuem an. Die Besiedlung Kaliforniens nahm von der
Auffindung der großen Goldlager von 1848 an einen rapiden Charakter an.
Für alle Zwecke wurden Arbeiter gebraucht. Die Weißen verließen alle Arbeits¬
stätten und gingen in die Minen. Man konnte nur Chinesen haben. Diese
kamen in hellen Haufen, waren nützlich und doch lästig. Wegen ihrer Be¬
dürfnislosigkeit, ihrer wohlfeilen, auch schlechten Arbeit, wegen ihrer Laster


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[0078] Die Neugestaltung der Politik am Stillen Vzean Theatern nicht sehen lassen; für ihn sind besondre Etablissements da, auch be¬ sondre Waggons auf Eisenbahnen und Straßenbahnen, In Staaten, wo das schwarze Element stark ist, darf der Neger nicht wagen, sich in der Nähe von Wahlurnen sehen zu lassen, wenn er nicht Bekanntschaft mit guten Pflanzer- büchseu machen will. Dein Amerikaner liegt nun einmal die Abneigung gegen die schwarze Nasse tief im Blut, Es ist die untergeordnete, verachtete, genügsame Rasse, die ihm im Wege ist, obgleich er sich sagt, daß er sie gar nicht entbehren kann. Wäre die Banmwollkultur auf weiße Arbeiter angewiesen, so müßte sie wirtschaftlich ein ganz andres Gesicht gewinnen; sie würde wahrscheinlich zugunsten andrer Länder aus den Vereinigten Staaten zum Teil auswandern. Die Neger¬ bevölkerung vermehrt sich noch andauernd, obgleich die Zufuhr aus Afrika längst aufgehört hat. Die weiße Bevölkerung der Vereinigten Staaten hat von 1890 bis 1900 um 21,4 vom Hundert zugenommen, die schwarze nur um 18,1 vom Hundert. Der Zuwachs der Weißen fällt jedoch zu einem bedeutenden Teil auf die Einwanderung, In dem genannten Jahrzehnt hat diese 3844000 Personen betragen. Davon sind wenigstens 3 700000 Weiße gewesen. Der Gesamtzuwachs der Weißen betrug 11824600 Personen. Bringt man davon die Eingewanderten in Abzug, so bleiben nur rund 8124000 Personen eigner Zuwachs der Weißen; das macht nur 14,7 vom Hundert, während die ganz auf die eignen Geburten augewiesne schwarze Bevölkerung 18,1 vom Hundert gewonnen hat. Außerdem ist ein sehr merkwürdiger Umstand hervorzuheben: die Kinderarmut der in Amerika gebornen Weißen. Die in Amerika gebornen Eltern hatten 1900 6 538000 noch lebende Kinder. Zieht man von diesen die 1352000 Negerkinder ab, so bleiben nur noch 4187000 übrig, die immer noch nicht einmal ganz allein auf die weiße Bevölkerung fallen. Dagegen waren 1900 4172000 Personen am Leben, deren Eltern im Auslande geboren waren. Und zwar waren das der Natur der Sache nach ganz überwiegend Weiße. Man kann also mit unbe¬ dingter Sicherheit sagen, daß sich das Übergewicht der weißen Rasse nur durch die stetig andauernde Einwanderung erhält. Diese allein hat die Zahl 87,5 vom Hundert der Gesamtbevölkerung auf 87,8 vom Hundert gebracht. Die Neger machten 1890 mit 7489000 Personen 11,9 vom Hundert aus, 1900 mit 8841000 nur noch 11,6. Immerhin ist von je neun Nordamerikanern einer ein Neger oder ein Mulatte. Wer will den Amerikanern verargen, daß sie dieses Verhältnis schwer empfinden? Der Zufuhr schwarzer Bevölkerung haben sie nun zwar einen Riegel vorgeschoben. Nun aber ging die Einwanderung farbiger Elemente im fernen Westen von neuem an. Die Besiedlung Kaliforniens nahm von der Auffindung der großen Goldlager von 1848 an einen rapiden Charakter an. Für alle Zwecke wurden Arbeiter gebraucht. Die Weißen verließen alle Arbeits¬ stätten und gingen in die Minen. Man konnte nur Chinesen haben. Diese kamen in hellen Haufen, waren nützlich und doch lästig. Wegen ihrer Be¬ dürfnislosigkeit, ihrer wohlfeilen, auch schlechten Arbeit, wegen ihrer Laster

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/78>, abgerufen am 24.07.2024.