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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Exemplar der Spezies nomo siomiw. Von den meisten Vertretern seiner Art
unterscheidet er sich dadurch, daß er für weltliche Geschäfte und für ein tätiges
Leben keineswegs untüchtig ist; er betreibt allerlei geistige und Handarbeit mit
großem Geschick und hätte als Bleistiftfabrikant. Maschinenbauer, Feldmesser, Land¬
wirt reich werden, als Lehrer der alten Sprachen oder als Professor der National¬
ökonomie oder als Bürgermeister eine gute Anstellung bekommen können. Aber als
echter beschaulicher Heiliger arbeitet er grundsätzlich nicht mehr, als zur Fristung
seines Lebens unbedingt notwendig ist. Einmal, weil er die Zeit nicht kürzen mag,
die er auf seinen eigentlichen Lebenszweck, das Beschauen oder, wie er es manchmal
ganz richtig nennt, Träumen verwenden will. Dann aber, weil einer, der viel
arbeitet, viel essen muß. Das Essen aber, das Unterhalten des physiologischen
Prozesses, verursacht ihm Pein und Ekel. Daß sein Geist an ein Tier gefesselt
ist, erscheint ihm grauenhaft. Er haßt das Tier im Menschen; nur das im Menschen,
die Tiere liebt er; er haßt darum die Sinnlichkeit in jeder Gestalt, will absolut
keusch sein und das Nahrungsbedürfnis aufs äußerste beschränken, von den Nahrungs¬
mitteln wenigstens die meiden, denen am meisten Ekelhaftes anklebt, die animalischen;
er ist sehr empfindlich gegen Gerüche und will nur den reinen Duft des Waldes,
der Blüten und der Früchte einatmen, während ihm der Menschengeruch, namentlich
der durch Tabak verböserte, so widerwärtig ist wie die gewöhnliche Unterhaltung
der Menschen. Es braucht unter vernünftigen Leuten nicht ausführlich dargelegt
zu werden, daß nur einer, der nicht für Weib und Kind zu sorgen hat, und der,
wenn es auf ihn ankäme, das Menschengeschlecht aussterben lassen würde, eine solche
vita xbilosoMiea führen kann, und es läßt sich an Thoreaus Leben beobachten, wie
selbst ein solcher nicht ganz ohne die Hilfe seiner Mitmenschen durchkomme; der
Denkende wird finden, daß, 45 Jahre alt an der Schwindsucht sterben, das klügste
war, was er bei seiner Geistesrichtung und seinen Grundsätzen tun konnte. Aber
es wäre doch sehr voreilig, wollte man solche Sonderlinge einfach ins Narrenhaus
schicken. Thoreaus Philosophie ist nicht ganz dasselbe wie das Evangelium der
Bergpredigt, aber ihm wesensverwandt, und unterscheidet sich fast gar nicht von
der mönchischen Askese, die öfter als einmal welterschütternd und weltumgestnltend
gewirkt hat, darum nicht einfach als Narretei abzutun ist. Daß aber die tiefsten
und stärksten Bedürfnisse feiner und edler Seelen über die Menschennatur und die
menschliche Gesellschaft hinausstreben, ohne davon los zu können, darin besteht die
Tragik des Menschenlebens, von der der Zwiespalt zwischen Geist und Fleisch, wie
die Theologie seit Paulus das nennt, nur eine Seite ist. Ganz ähnlich wie Nietzsche
will Thoreau leben, nur leben, leben um jeden Preis, aber ohne sich den Be¬
dingungen des irdischen Menschenlebens zu fügen. "Hege die Armut wie ein
Gartenkräutlein. Gib dir nicht viel Mühe, neue Sachen anzuschaffen, weder Kleider
noch Freunde. Verkaufe deine Kleider und behalte deine Gedanken. Gott wird
dafür sorgen, daß es dir nicht an Gesellschaft fehle. Wenn ich mein Leben lang
wie eine Spinne auf eine Speicherecke angewiesen wäre, so wäre, solange ich meine
Gedanken bei mir hätte, die Welt für mich gerade so groß", wie sie jetzt ist.
Würdest dn jetzt in eine Speicherecke eingesperrt, so könnte sie eine Zeit lang -- nicht
viele Jahre lang! -- so groß bleiben; aber wärst du von Kindheit an eingesperrt
gewesen, dann hättest du nicht mehr Gedanken als die Spinne, das heißt gar keine,
und die Zumutung, deine Gedanken behalten zu sollen, hätte keinen Sinn. Gott
aber sorgt in solchen traurigen Fällen keineswegs für eine innerliche Gesellschaft,
die die äußere Welt ersetzen könnte; das lehrt die Erfahrung. "Set für ganze
Kontinente, für die Welten in dir selbst ein Kolumbus." Diese Welten würden
in dir nicht vorhanden sein, wenn sie nicht von außen in dich hineingekommen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Exemplar der Spezies nomo siomiw. Von den meisten Vertretern seiner Art
unterscheidet er sich dadurch, daß er für weltliche Geschäfte und für ein tätiges
Leben keineswegs untüchtig ist; er betreibt allerlei geistige und Handarbeit mit
großem Geschick und hätte als Bleistiftfabrikant. Maschinenbauer, Feldmesser, Land¬
wirt reich werden, als Lehrer der alten Sprachen oder als Professor der National¬
ökonomie oder als Bürgermeister eine gute Anstellung bekommen können. Aber als
echter beschaulicher Heiliger arbeitet er grundsätzlich nicht mehr, als zur Fristung
seines Lebens unbedingt notwendig ist. Einmal, weil er die Zeit nicht kürzen mag,
die er auf seinen eigentlichen Lebenszweck, das Beschauen oder, wie er es manchmal
ganz richtig nennt, Träumen verwenden will. Dann aber, weil einer, der viel
arbeitet, viel essen muß. Das Essen aber, das Unterhalten des physiologischen
Prozesses, verursacht ihm Pein und Ekel. Daß sein Geist an ein Tier gefesselt
ist, erscheint ihm grauenhaft. Er haßt das Tier im Menschen; nur das im Menschen,
die Tiere liebt er; er haßt darum die Sinnlichkeit in jeder Gestalt, will absolut
keusch sein und das Nahrungsbedürfnis aufs äußerste beschränken, von den Nahrungs¬
mitteln wenigstens die meiden, denen am meisten Ekelhaftes anklebt, die animalischen;
er ist sehr empfindlich gegen Gerüche und will nur den reinen Duft des Waldes,
der Blüten und der Früchte einatmen, während ihm der Menschengeruch, namentlich
der durch Tabak verböserte, so widerwärtig ist wie die gewöhnliche Unterhaltung
der Menschen. Es braucht unter vernünftigen Leuten nicht ausführlich dargelegt
zu werden, daß nur einer, der nicht für Weib und Kind zu sorgen hat, und der,
wenn es auf ihn ankäme, das Menschengeschlecht aussterben lassen würde, eine solche
vita xbilosoMiea führen kann, und es läßt sich an Thoreaus Leben beobachten, wie
selbst ein solcher nicht ganz ohne die Hilfe seiner Mitmenschen durchkomme; der
Denkende wird finden, daß, 45 Jahre alt an der Schwindsucht sterben, das klügste
war, was er bei seiner Geistesrichtung und seinen Grundsätzen tun konnte. Aber
es wäre doch sehr voreilig, wollte man solche Sonderlinge einfach ins Narrenhaus
schicken. Thoreaus Philosophie ist nicht ganz dasselbe wie das Evangelium der
Bergpredigt, aber ihm wesensverwandt, und unterscheidet sich fast gar nicht von
der mönchischen Askese, die öfter als einmal welterschütternd und weltumgestnltend
gewirkt hat, darum nicht einfach als Narretei abzutun ist. Daß aber die tiefsten
und stärksten Bedürfnisse feiner und edler Seelen über die Menschennatur und die
menschliche Gesellschaft hinausstreben, ohne davon los zu können, darin besteht die
Tragik des Menschenlebens, von der der Zwiespalt zwischen Geist und Fleisch, wie
die Theologie seit Paulus das nennt, nur eine Seite ist. Ganz ähnlich wie Nietzsche
will Thoreau leben, nur leben, leben um jeden Preis, aber ohne sich den Be¬
dingungen des irdischen Menschenlebens zu fügen. „Hege die Armut wie ein
Gartenkräutlein. Gib dir nicht viel Mühe, neue Sachen anzuschaffen, weder Kleider
noch Freunde. Verkaufe deine Kleider und behalte deine Gedanken. Gott wird
dafür sorgen, daß es dir nicht an Gesellschaft fehle. Wenn ich mein Leben lang
wie eine Spinne auf eine Speicherecke angewiesen wäre, so wäre, solange ich meine
Gedanken bei mir hätte, die Welt für mich gerade so groß", wie sie jetzt ist.
Würdest dn jetzt in eine Speicherecke eingesperrt, so könnte sie eine Zeit lang — nicht
viele Jahre lang! — so groß bleiben; aber wärst du von Kindheit an eingesperrt
gewesen, dann hättest du nicht mehr Gedanken als die Spinne, das heißt gar keine,
und die Zumutung, deine Gedanken behalten zu sollen, hätte keinen Sinn. Gott
aber sorgt in solchen traurigen Fällen keineswegs für eine innerliche Gesellschaft,
die die äußere Welt ersetzen könnte; das lehrt die Erfahrung. „Set für ganze
Kontinente, für die Welten in dir selbst ein Kolumbus." Diese Welten würden
in dir nicht vorhanden sein, wenn sie nicht von außen in dich hineingekommen


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[0605] Maßgebliches und Unmaßgebliches Exemplar der Spezies nomo siomiw. Von den meisten Vertretern seiner Art unterscheidet er sich dadurch, daß er für weltliche Geschäfte und für ein tätiges Leben keineswegs untüchtig ist; er betreibt allerlei geistige und Handarbeit mit großem Geschick und hätte als Bleistiftfabrikant. Maschinenbauer, Feldmesser, Land¬ wirt reich werden, als Lehrer der alten Sprachen oder als Professor der National¬ ökonomie oder als Bürgermeister eine gute Anstellung bekommen können. Aber als echter beschaulicher Heiliger arbeitet er grundsätzlich nicht mehr, als zur Fristung seines Lebens unbedingt notwendig ist. Einmal, weil er die Zeit nicht kürzen mag, die er auf seinen eigentlichen Lebenszweck, das Beschauen oder, wie er es manchmal ganz richtig nennt, Träumen verwenden will. Dann aber, weil einer, der viel arbeitet, viel essen muß. Das Essen aber, das Unterhalten des physiologischen Prozesses, verursacht ihm Pein und Ekel. Daß sein Geist an ein Tier gefesselt ist, erscheint ihm grauenhaft. Er haßt das Tier im Menschen; nur das im Menschen, die Tiere liebt er; er haßt darum die Sinnlichkeit in jeder Gestalt, will absolut keusch sein und das Nahrungsbedürfnis aufs äußerste beschränken, von den Nahrungs¬ mitteln wenigstens die meiden, denen am meisten Ekelhaftes anklebt, die animalischen; er ist sehr empfindlich gegen Gerüche und will nur den reinen Duft des Waldes, der Blüten und der Früchte einatmen, während ihm der Menschengeruch, namentlich der durch Tabak verböserte, so widerwärtig ist wie die gewöhnliche Unterhaltung der Menschen. Es braucht unter vernünftigen Leuten nicht ausführlich dargelegt zu werden, daß nur einer, der nicht für Weib und Kind zu sorgen hat, und der, wenn es auf ihn ankäme, das Menschengeschlecht aussterben lassen würde, eine solche vita xbilosoMiea führen kann, und es läßt sich an Thoreaus Leben beobachten, wie selbst ein solcher nicht ganz ohne die Hilfe seiner Mitmenschen durchkomme; der Denkende wird finden, daß, 45 Jahre alt an der Schwindsucht sterben, das klügste war, was er bei seiner Geistesrichtung und seinen Grundsätzen tun konnte. Aber es wäre doch sehr voreilig, wollte man solche Sonderlinge einfach ins Narrenhaus schicken. Thoreaus Philosophie ist nicht ganz dasselbe wie das Evangelium der Bergpredigt, aber ihm wesensverwandt, und unterscheidet sich fast gar nicht von der mönchischen Askese, die öfter als einmal welterschütternd und weltumgestnltend gewirkt hat, darum nicht einfach als Narretei abzutun ist. Daß aber die tiefsten und stärksten Bedürfnisse feiner und edler Seelen über die Menschennatur und die menschliche Gesellschaft hinausstreben, ohne davon los zu können, darin besteht die Tragik des Menschenlebens, von der der Zwiespalt zwischen Geist und Fleisch, wie die Theologie seit Paulus das nennt, nur eine Seite ist. Ganz ähnlich wie Nietzsche will Thoreau leben, nur leben, leben um jeden Preis, aber ohne sich den Be¬ dingungen des irdischen Menschenlebens zu fügen. „Hege die Armut wie ein Gartenkräutlein. Gib dir nicht viel Mühe, neue Sachen anzuschaffen, weder Kleider noch Freunde. Verkaufe deine Kleider und behalte deine Gedanken. Gott wird dafür sorgen, daß es dir nicht an Gesellschaft fehle. Wenn ich mein Leben lang wie eine Spinne auf eine Speicherecke angewiesen wäre, so wäre, solange ich meine Gedanken bei mir hätte, die Welt für mich gerade so groß", wie sie jetzt ist. Würdest dn jetzt in eine Speicherecke eingesperrt, so könnte sie eine Zeit lang — nicht viele Jahre lang! — so groß bleiben; aber wärst du von Kindheit an eingesperrt gewesen, dann hättest du nicht mehr Gedanken als die Spinne, das heißt gar keine, und die Zumutung, deine Gedanken behalten zu sollen, hätte keinen Sinn. Gott aber sorgt in solchen traurigen Fällen keineswegs für eine innerliche Gesellschaft, die die äußere Welt ersetzen könnte; das lehrt die Erfahrung. „Set für ganze Kontinente, für die Welten in dir selbst ein Kolumbus." Diese Welten würden in dir nicht vorhanden sein, wenn sie nicht von außen in dich hineingekommen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/605>, abgerufen am 02.07.2024.