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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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LNaßgeblich^s und Unmaßgebliches

die -- durch die Nörgelsucht und den Pessimismus weiter Kreise verleitet -- unsre
Lage nach außen hin falsch geschildert hatten, in die Eigentümlichkeiten unsers
Nationalchnrakters nicht tief genug eingedrungen sind. Aber in der Einkleidung
dieser richtigen Erkenntnis spricht sich doch vielfach ein großer Ärger, eine bittere
Enttäuschung aus sowie das Bestreben, die unbequeme Erfahrung nach Möglichkeit
umzudeuten. Man hatte so gern in dem Ausfall der deutschen Wahlen eine Be¬
stätigung der immer verbreiteten albernen Auffassung gefunden, daß sich das ruhige
und friedliche deutsche Volk durch eine unruhige, kriegerische Politik des Kaisers und
der herrschenden Klassen bedroht sehe. Nun ist es anders gekommen. Das deutsche
Volk hat in den Wahlen gezeigt, daß es in nationalen Fragen ebenso denkt wie
seine Führer. Folgerichtig müßte" nun die ausländischen Beurteiler sagen: das deutsche
Volk ist ebenso kriegslustig wie sein Kaiser. Aber das wagen sie denn doch nicht
zu behaupten; die Friedensliebe der deutschen Politik ist zu offenkundig. Und so
tun sie, nur um Recht zu behalten, der gesunden Logik Gewalt um und erklären den
Frieden zwar für gesichert, aber nur deshalb, weil der deutsche Kaiser durch die
Wahlen darüber beruhigt sei, daß er in jedem Falle auf das Volk zählen könne.
Wären die Wahlen anders ausgefallen, dann -- so heißt es in diesen Stimmen --
hätte der Kaiser wahrscheinlich versucht, durch eine auswärtige Verwicklung und
einen Krieg das Volk auf seine Seite herüberzureißen. Zu solchen durch nichts
bewiesuen Behauptungen, zu solchem greifbaren Unsinn nimmt man seine Zuflucht,
nur um nicht zugeben zu müssen, was doch viel einfacher den Schlüssel zur ganzen
Lage geben würde, daß nämlich in Deutschland Kaiser und Volk in friedfertigen
Bestrebungen einig sind, daß sie aber auch ebenso einig sind in dem Bewußtsein
der Macht, die sie repräsentieren, und in der Entschlossenheit, diese Macht zu ge¬
brauchen, wenn Deutschland frivol augegriffen und in seiner Ehre und seineu
Interessen bedroht wird. Wenn man sich in Frankreich und England teilweise so
stellt, als sähe und verstünde man das nicht, so spricht sich offenbar darin ein
schlechtes Gewissen und eine böse Absicht ans. , Wir werden das beachten und
daraus lernen müssen, ohne daß es die Ziele und Wege unsrer Politik zu beeinflussen
braucht.

Unterdessen suchen die Parteien auf Grund der Zusammensetzung des neuen
Reichstags ihre Stellung zueinander zu klären und abzugrenzen. Das siegreiche
Zentrum schüttelt den geschlagner und schwer getroffnen Bundesgenossen, die Sozial¬
demokratie, jetzt nach der Wahl recht rücksichtslos und unsanft ab. Es möchte
"Uuter den Linden" nicht gegrüßt sein. Aber hoffentlich wird das schmähliche
Bündnis nicht so bald in Vergessenheit geraten. Das Zentrum hat das Bedürfnis,
über den bösen Handel recht bald Gras wachsen zu lassen. Man möchte zwar
sehr gern noch längere Zeit der Regierung gegenüber den schwer gekränkten und
verkannten ehemaligen Freund spielen und bitter grollend in der Opposition ver¬
harren, aber man will dabei unter sich sein und sich nicht weiter kompromittieren.
Man kann also die Sozialdemokratie nicht mehr gebrauchen und holt darum das während
des Wahlkampfs einstweilen in die Ecke abgestellte Christentum und die ebenfalls
vorübergehend anßer Kurs gesetzte Anerkennung von Monarchie und Staatsordnung
wieder hervor. In Bayern allerdings kennt man auch darin keine Sentimentalität.
Seit Herr Sabatier in der Bamberger Domsakristei für die bayrischen Landtags-
wahlen sein Schutz- und Trutzbündnis mit den Noten schloß, hat man Zeit genug
gehabt, sich gegen das Anstößige dieses Gedankens abzuhärten. Seitdem wurden
um der politischen Parteibörse des Zentrums alle Effekten "gehandelt".

Getreu diesem Programm haben die bayrischen Zentrumslcute auch ihrem
eignen kirchlichen Oberhirten klargemacht, daß Religion Privatsache sei. Die beiden
bayrischen Erzbischöfe -- von München-Freising und von Bamberg -- hatten unmlich


Grenzboten I 1907 57
LNaßgeblich^s und Unmaßgebliches

die — durch die Nörgelsucht und den Pessimismus weiter Kreise verleitet — unsre
Lage nach außen hin falsch geschildert hatten, in die Eigentümlichkeiten unsers
Nationalchnrakters nicht tief genug eingedrungen sind. Aber in der Einkleidung
dieser richtigen Erkenntnis spricht sich doch vielfach ein großer Ärger, eine bittere
Enttäuschung aus sowie das Bestreben, die unbequeme Erfahrung nach Möglichkeit
umzudeuten. Man hatte so gern in dem Ausfall der deutschen Wahlen eine Be¬
stätigung der immer verbreiteten albernen Auffassung gefunden, daß sich das ruhige
und friedliche deutsche Volk durch eine unruhige, kriegerische Politik des Kaisers und
der herrschenden Klassen bedroht sehe. Nun ist es anders gekommen. Das deutsche
Volk hat in den Wahlen gezeigt, daß es in nationalen Fragen ebenso denkt wie
seine Führer. Folgerichtig müßte» nun die ausländischen Beurteiler sagen: das deutsche
Volk ist ebenso kriegslustig wie sein Kaiser. Aber das wagen sie denn doch nicht
zu behaupten; die Friedensliebe der deutschen Politik ist zu offenkundig. Und so
tun sie, nur um Recht zu behalten, der gesunden Logik Gewalt um und erklären den
Frieden zwar für gesichert, aber nur deshalb, weil der deutsche Kaiser durch die
Wahlen darüber beruhigt sei, daß er in jedem Falle auf das Volk zählen könne.
Wären die Wahlen anders ausgefallen, dann — so heißt es in diesen Stimmen —
hätte der Kaiser wahrscheinlich versucht, durch eine auswärtige Verwicklung und
einen Krieg das Volk auf seine Seite herüberzureißen. Zu solchen durch nichts
bewiesuen Behauptungen, zu solchem greifbaren Unsinn nimmt man seine Zuflucht,
nur um nicht zugeben zu müssen, was doch viel einfacher den Schlüssel zur ganzen
Lage geben würde, daß nämlich in Deutschland Kaiser und Volk in friedfertigen
Bestrebungen einig sind, daß sie aber auch ebenso einig sind in dem Bewußtsein
der Macht, die sie repräsentieren, und in der Entschlossenheit, diese Macht zu ge¬
brauchen, wenn Deutschland frivol augegriffen und in seiner Ehre und seineu
Interessen bedroht wird. Wenn man sich in Frankreich und England teilweise so
stellt, als sähe und verstünde man das nicht, so spricht sich offenbar darin ein
schlechtes Gewissen und eine böse Absicht ans. , Wir werden das beachten und
daraus lernen müssen, ohne daß es die Ziele und Wege unsrer Politik zu beeinflussen
braucht.

Unterdessen suchen die Parteien auf Grund der Zusammensetzung des neuen
Reichstags ihre Stellung zueinander zu klären und abzugrenzen. Das siegreiche
Zentrum schüttelt den geschlagner und schwer getroffnen Bundesgenossen, die Sozial¬
demokratie, jetzt nach der Wahl recht rücksichtslos und unsanft ab. Es möchte
„Uuter den Linden" nicht gegrüßt sein. Aber hoffentlich wird das schmähliche
Bündnis nicht so bald in Vergessenheit geraten. Das Zentrum hat das Bedürfnis,
über den bösen Handel recht bald Gras wachsen zu lassen. Man möchte zwar
sehr gern noch längere Zeit der Regierung gegenüber den schwer gekränkten und
verkannten ehemaligen Freund spielen und bitter grollend in der Opposition ver¬
harren, aber man will dabei unter sich sein und sich nicht weiter kompromittieren.
Man kann also die Sozialdemokratie nicht mehr gebrauchen und holt darum das während
des Wahlkampfs einstweilen in die Ecke abgestellte Christentum und die ebenfalls
vorübergehend anßer Kurs gesetzte Anerkennung von Monarchie und Staatsordnung
wieder hervor. In Bayern allerdings kennt man auch darin keine Sentimentalität.
Seit Herr Sabatier in der Bamberger Domsakristei für die bayrischen Landtags-
wahlen sein Schutz- und Trutzbündnis mit den Noten schloß, hat man Zeit genug
gehabt, sich gegen das Anstößige dieses Gedankens abzuhärten. Seitdem wurden
um der politischen Parteibörse des Zentrums alle Effekten „gehandelt".

Getreu diesem Programm haben die bayrischen Zentrumslcute auch ihrem
eignen kirchlichen Oberhirten klargemacht, daß Religion Privatsache sei. Die beiden
bayrischen Erzbischöfe — von München-Freising und von Bamberg — hatten unmlich


Grenzboten I 1907 57
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[0441] LNaßgeblich^s und Unmaßgebliches die — durch die Nörgelsucht und den Pessimismus weiter Kreise verleitet — unsre Lage nach außen hin falsch geschildert hatten, in die Eigentümlichkeiten unsers Nationalchnrakters nicht tief genug eingedrungen sind. Aber in der Einkleidung dieser richtigen Erkenntnis spricht sich doch vielfach ein großer Ärger, eine bittere Enttäuschung aus sowie das Bestreben, die unbequeme Erfahrung nach Möglichkeit umzudeuten. Man hatte so gern in dem Ausfall der deutschen Wahlen eine Be¬ stätigung der immer verbreiteten albernen Auffassung gefunden, daß sich das ruhige und friedliche deutsche Volk durch eine unruhige, kriegerische Politik des Kaisers und der herrschenden Klassen bedroht sehe. Nun ist es anders gekommen. Das deutsche Volk hat in den Wahlen gezeigt, daß es in nationalen Fragen ebenso denkt wie seine Führer. Folgerichtig müßte» nun die ausländischen Beurteiler sagen: das deutsche Volk ist ebenso kriegslustig wie sein Kaiser. Aber das wagen sie denn doch nicht zu behaupten; die Friedensliebe der deutschen Politik ist zu offenkundig. Und so tun sie, nur um Recht zu behalten, der gesunden Logik Gewalt um und erklären den Frieden zwar für gesichert, aber nur deshalb, weil der deutsche Kaiser durch die Wahlen darüber beruhigt sei, daß er in jedem Falle auf das Volk zählen könne. Wären die Wahlen anders ausgefallen, dann — so heißt es in diesen Stimmen — hätte der Kaiser wahrscheinlich versucht, durch eine auswärtige Verwicklung und einen Krieg das Volk auf seine Seite herüberzureißen. Zu solchen durch nichts bewiesuen Behauptungen, zu solchem greifbaren Unsinn nimmt man seine Zuflucht, nur um nicht zugeben zu müssen, was doch viel einfacher den Schlüssel zur ganzen Lage geben würde, daß nämlich in Deutschland Kaiser und Volk in friedfertigen Bestrebungen einig sind, daß sie aber auch ebenso einig sind in dem Bewußtsein der Macht, die sie repräsentieren, und in der Entschlossenheit, diese Macht zu ge¬ brauchen, wenn Deutschland frivol augegriffen und in seiner Ehre und seineu Interessen bedroht wird. Wenn man sich in Frankreich und England teilweise so stellt, als sähe und verstünde man das nicht, so spricht sich offenbar darin ein schlechtes Gewissen und eine böse Absicht ans. , Wir werden das beachten und daraus lernen müssen, ohne daß es die Ziele und Wege unsrer Politik zu beeinflussen braucht. Unterdessen suchen die Parteien auf Grund der Zusammensetzung des neuen Reichstags ihre Stellung zueinander zu klären und abzugrenzen. Das siegreiche Zentrum schüttelt den geschlagner und schwer getroffnen Bundesgenossen, die Sozial¬ demokratie, jetzt nach der Wahl recht rücksichtslos und unsanft ab. Es möchte „Uuter den Linden" nicht gegrüßt sein. Aber hoffentlich wird das schmähliche Bündnis nicht so bald in Vergessenheit geraten. Das Zentrum hat das Bedürfnis, über den bösen Handel recht bald Gras wachsen zu lassen. Man möchte zwar sehr gern noch längere Zeit der Regierung gegenüber den schwer gekränkten und verkannten ehemaligen Freund spielen und bitter grollend in der Opposition ver¬ harren, aber man will dabei unter sich sein und sich nicht weiter kompromittieren. Man kann also die Sozialdemokratie nicht mehr gebrauchen und holt darum das während des Wahlkampfs einstweilen in die Ecke abgestellte Christentum und die ebenfalls vorübergehend anßer Kurs gesetzte Anerkennung von Monarchie und Staatsordnung wieder hervor. In Bayern allerdings kennt man auch darin keine Sentimentalität. Seit Herr Sabatier in der Bamberger Domsakristei für die bayrischen Landtags- wahlen sein Schutz- und Trutzbündnis mit den Noten schloß, hat man Zeit genug gehabt, sich gegen das Anstößige dieses Gedankens abzuhärten. Seitdem wurden um der politischen Parteibörse des Zentrums alle Effekten „gehandelt". Getreu diesem Programm haben die bayrischen Zentrumslcute auch ihrem eignen kirchlichen Oberhirten klargemacht, daß Religion Privatsache sei. Die beiden bayrischen Erzbischöfe — von München-Freising und von Bamberg — hatten unmlich Grenzboten I 1907 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/441>, abgerufen am 30.06.2024.