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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Treuhänder und Treuhandvereinigungen

nicht zu erfüllen vermag. Er muß sich auf Stichproben beschränken, die den
Anforderungen des Gesetzes und dem Interesse der Aktionäre vielfach nicht
genügen. Dr. Richard Passow begründet in seiner Habilitationsschrift "Die
Bedeutung des Aufsichtsrats für die Aktiengesellschaften"*) diese Behauptung
eingehend. Auch er hält die Treuhandvereinigungen, diese "Revisoren auf
Aktien" für bester geeignet, die dem Aufsichtsrat obliegenden Revisionen vor¬
zunehmen, weil sie unabhängig von den zu revidierenden Gesellschaften und
den Mitgliedern des Aufsichtsrats sind. Zu dieser Frage nahm der 28. Deutsche
Juristentag in Kiel Stellung, indem er fast einstimmig nach einem Referate
des Reichsgerichtsrats Dr. Düringer und des Geheimen Justizrath Professor
Dr. Rießer die These annahm: "Für größere Aktiengesellschaften mit einem
Grundkapital von mindestens nommat einer Million Mark empfiehlt sich die
obligatorische Einführung jährlicher Bilanzrevisionen durch besondre von der
Gesellschaft unabhängige, seitens der Generalversammlung zu wählende Sach¬
verständige, die für sorgfältige Ausübung ihrer Pflichten verantwortlich zu
machen sind."

Aber nicht nur die Ausführung von gesetzlich vorgeschriebnen Revisionen
suche" die Treuhandgesellschaften zu übernehmen, vielmehr haben sie sich das
hohe Ziel gesteckt, in den weitesten kaufmännischen Kreisen eine regelmäßige
dauernde Revision einzubürgern, um womöglich, wie der Jahresbericht der
Deutschen Treuhand-Gesellschaft von 1903 erwähnt, eine dem Institut der
englischen Revisoren, der OIiÄrwröä ^voouuwiitK, ähnliche Revisionsinstanz in
Deutschland zu schaffen. Die LKartsrkä ^ooounwllts sind in einer hochange¬
sehenen Körperschaft vereinigt, die zur Norncchme von Revisionen privilegiert
ist. Die englischen Gesellschaftsakte von 1900 geben den LliMtsrsÄ ^vvountg-mes,
die als Wäitors von den englischen Aktiengesellschaften angestellt sind, weit¬
gehende Rechte, um ihnen eine peinlich genaue, unabhängige Revision zu er¬
möglichen. Jeder Revisor soll zu allen Zeiten das Recht haben, Bücher,
Rechnungen und Belege der Gesellschaften einzusehen und Auskunft von den
Direktoren und Beamten zu fordern. Er soll am Schlüsse jeder Bilanz eine
Bescheinigung darüber ausstellen, ob seine Anforderungen nach jeder Richtung
hin erfüllt worden sind u. a. in.**) Wenn auch das frühere Mißtrauen mehr
und mehr schwindet, so besteht doch zurzeit vielfach noch ein Borurteil gegen
Revisionen, und es muß Aufgabe der Treuhand-Vereinigungen sein, dieses zu
beseitigen und Anschauungen Bahn zu brechen, die den Mangel regelmäßiger
Revisionen als fehlerhaft empfinden. Sollten die Treuhandgesellschaften dieses
Ziel erreichen, so würden sie sich ein großes Verdienst um unser gesamtes
Wirtschaftsleben erwerben, denn regelmüßige, unabhängige Revisionen sind




*) Sonderabdruck aus dem Thüren-Archiv, Organ für exakte Wirtschaftsforschung.
Vergleiche "Buchhaltungsler.ikon" von Rob, Stern, bei Leopold Weiß, Wien und Leipzig,
1904, unter ^oooullwnt,
Treuhänder und Treuhandvereinigungen

nicht zu erfüllen vermag. Er muß sich auf Stichproben beschränken, die den
Anforderungen des Gesetzes und dem Interesse der Aktionäre vielfach nicht
genügen. Dr. Richard Passow begründet in seiner Habilitationsschrift „Die
Bedeutung des Aufsichtsrats für die Aktiengesellschaften"*) diese Behauptung
eingehend. Auch er hält die Treuhandvereinigungen, diese „Revisoren auf
Aktien" für bester geeignet, die dem Aufsichtsrat obliegenden Revisionen vor¬
zunehmen, weil sie unabhängig von den zu revidierenden Gesellschaften und
den Mitgliedern des Aufsichtsrats sind. Zu dieser Frage nahm der 28. Deutsche
Juristentag in Kiel Stellung, indem er fast einstimmig nach einem Referate
des Reichsgerichtsrats Dr. Düringer und des Geheimen Justizrath Professor
Dr. Rießer die These annahm: „Für größere Aktiengesellschaften mit einem
Grundkapital von mindestens nommat einer Million Mark empfiehlt sich die
obligatorische Einführung jährlicher Bilanzrevisionen durch besondre von der
Gesellschaft unabhängige, seitens der Generalversammlung zu wählende Sach¬
verständige, die für sorgfältige Ausübung ihrer Pflichten verantwortlich zu
machen sind."

Aber nicht nur die Ausführung von gesetzlich vorgeschriebnen Revisionen
suche» die Treuhandgesellschaften zu übernehmen, vielmehr haben sie sich das
hohe Ziel gesteckt, in den weitesten kaufmännischen Kreisen eine regelmäßige
dauernde Revision einzubürgern, um womöglich, wie der Jahresbericht der
Deutschen Treuhand-Gesellschaft von 1903 erwähnt, eine dem Institut der
englischen Revisoren, der OIiÄrwröä ^voouuwiitK, ähnliche Revisionsinstanz in
Deutschland zu schaffen. Die LKartsrkä ^ooounwllts sind in einer hochange¬
sehenen Körperschaft vereinigt, die zur Norncchme von Revisionen privilegiert
ist. Die englischen Gesellschaftsakte von 1900 geben den LliMtsrsÄ ^vvountg-mes,
die als Wäitors von den englischen Aktiengesellschaften angestellt sind, weit¬
gehende Rechte, um ihnen eine peinlich genaue, unabhängige Revision zu er¬
möglichen. Jeder Revisor soll zu allen Zeiten das Recht haben, Bücher,
Rechnungen und Belege der Gesellschaften einzusehen und Auskunft von den
Direktoren und Beamten zu fordern. Er soll am Schlüsse jeder Bilanz eine
Bescheinigung darüber ausstellen, ob seine Anforderungen nach jeder Richtung
hin erfüllt worden sind u. a. in.**) Wenn auch das frühere Mißtrauen mehr
und mehr schwindet, so besteht doch zurzeit vielfach noch ein Borurteil gegen
Revisionen, und es muß Aufgabe der Treuhand-Vereinigungen sein, dieses zu
beseitigen und Anschauungen Bahn zu brechen, die den Mangel regelmäßiger
Revisionen als fehlerhaft empfinden. Sollten die Treuhandgesellschaften dieses
Ziel erreichen, so würden sie sich ein großes Verdienst um unser gesamtes
Wirtschaftsleben erwerben, denn regelmüßige, unabhängige Revisionen sind




*) Sonderabdruck aus dem Thüren-Archiv, Organ für exakte Wirtschaftsforschung.
Vergleiche „Buchhaltungsler.ikon" von Rob, Stern, bei Leopold Weiß, Wien und Leipzig,
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[0361] Treuhänder und Treuhandvereinigungen nicht zu erfüllen vermag. Er muß sich auf Stichproben beschränken, die den Anforderungen des Gesetzes und dem Interesse der Aktionäre vielfach nicht genügen. Dr. Richard Passow begründet in seiner Habilitationsschrift „Die Bedeutung des Aufsichtsrats für die Aktiengesellschaften"*) diese Behauptung eingehend. Auch er hält die Treuhandvereinigungen, diese „Revisoren auf Aktien" für bester geeignet, die dem Aufsichtsrat obliegenden Revisionen vor¬ zunehmen, weil sie unabhängig von den zu revidierenden Gesellschaften und den Mitgliedern des Aufsichtsrats sind. Zu dieser Frage nahm der 28. Deutsche Juristentag in Kiel Stellung, indem er fast einstimmig nach einem Referate des Reichsgerichtsrats Dr. Düringer und des Geheimen Justizrath Professor Dr. Rießer die These annahm: „Für größere Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital von mindestens nommat einer Million Mark empfiehlt sich die obligatorische Einführung jährlicher Bilanzrevisionen durch besondre von der Gesellschaft unabhängige, seitens der Generalversammlung zu wählende Sach¬ verständige, die für sorgfältige Ausübung ihrer Pflichten verantwortlich zu machen sind." Aber nicht nur die Ausführung von gesetzlich vorgeschriebnen Revisionen suche» die Treuhandgesellschaften zu übernehmen, vielmehr haben sie sich das hohe Ziel gesteckt, in den weitesten kaufmännischen Kreisen eine regelmäßige dauernde Revision einzubürgern, um womöglich, wie der Jahresbericht der Deutschen Treuhand-Gesellschaft von 1903 erwähnt, eine dem Institut der englischen Revisoren, der OIiÄrwröä ^voouuwiitK, ähnliche Revisionsinstanz in Deutschland zu schaffen. Die LKartsrkä ^ooounwllts sind in einer hochange¬ sehenen Körperschaft vereinigt, die zur Norncchme von Revisionen privilegiert ist. Die englischen Gesellschaftsakte von 1900 geben den LliMtsrsÄ ^vvountg-mes, die als Wäitors von den englischen Aktiengesellschaften angestellt sind, weit¬ gehende Rechte, um ihnen eine peinlich genaue, unabhängige Revision zu er¬ möglichen. Jeder Revisor soll zu allen Zeiten das Recht haben, Bücher, Rechnungen und Belege der Gesellschaften einzusehen und Auskunft von den Direktoren und Beamten zu fordern. Er soll am Schlüsse jeder Bilanz eine Bescheinigung darüber ausstellen, ob seine Anforderungen nach jeder Richtung hin erfüllt worden sind u. a. in.**) Wenn auch das frühere Mißtrauen mehr und mehr schwindet, so besteht doch zurzeit vielfach noch ein Borurteil gegen Revisionen, und es muß Aufgabe der Treuhand-Vereinigungen sein, dieses zu beseitigen und Anschauungen Bahn zu brechen, die den Mangel regelmäßiger Revisionen als fehlerhaft empfinden. Sollten die Treuhandgesellschaften dieses Ziel erreichen, so würden sie sich ein großes Verdienst um unser gesamtes Wirtschaftsleben erwerben, denn regelmüßige, unabhängige Revisionen sind *) Sonderabdruck aus dem Thüren-Archiv, Organ für exakte Wirtschaftsforschung. Vergleiche „Buchhaltungsler.ikon" von Rob, Stern, bei Leopold Weiß, Wien und Leipzig, 1904, unter ^oooullwnt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/361>, abgerufen am 24.07.2024.