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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Treuhänder und Treuhandvereinigungen

gläubiger ist, sondern, ohne zu den Gläubigern oder der Bank in einem
Vertragsverhältnis zu stehn, die ihm gesetzlich übertragnen Kontrollrechte aus¬
übt, die, was die Qualität der Deckung anlangt, jedenfalls unter den wesent¬
lich veränderten modernen Wirtschaftsverhältnissen eine Ergänzung zu fordern
scheinen.

Zwar sind seit dem Jahre 1900 der Aufsichtsbehörde sachkundige Bank¬
inspektoren als Berater zur Seite gegeben, doch stellt die Entwicklung des
Hypothekenbankwesens die Aufsichtsbehörde vor immer neue Aufgaben. So
haben sich als Folge der Abneigung der bestehenden Hypothekenbanken, in
kleinen und mittlern Städten Darlehen zu gewähren, Hypothekenbanken der
Hausbesitzer gebildet, die in der Form eines Vereins des bürgerlichen Rechts
Pfandbriefe ausgeben. Diese Institute werden doppelter Aufsicht bedürfen,
da das Risiko der hypothekarischen Beleihung in kleinern Städten bedeutend
größer ist.

Der beste Schutz für die Pfandbriesinhaber gegen alle diese Komplikationen
im Hypothekenbankwesen dürfte eine Vermehrung der Bankinspektoren sein.

Zugleich richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Treuhandvereinigungen,
die als eine Hauptaufgabe die Vertretung der Pfandbriefgläubiger im Sinne
des Gesetzes vom 4. Dezember 1899 betreffend die gemeinsamen Rechte der
Besitzer von Schuldverschreibungen in ihr reiches Programm aufgenommen
haben. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind eine Ergänzung derer des
Hypothekenbankgesetzes über die rechtliche Sicherstellung der Pfandbriefgläubiger.
Eine Versammlung der Gläubiger hat das Recht, zur Wahrung ihrer gemein¬
samen Interessen Beschlüsse zu fassen, die für alle Pfandbriefgläubiger bindend
sind. Die Versammlung kann einen Vertreter zur Wahrung der Rechte der
Gläubiger bestellen. Diese Vertretung übernehmen die Treuhandvereinigungen.
Das Programm der Vereinigungen in seiner Gesamtheit bietet hinreichend
Interesse für eine nähere Betrachtung.

Es existieren bis jetzt vier Treuhandvereinigungen, die, im Gegensatz zu
den staatlich bestellten Treuhändern, Privatunternehmungen sind, sei es in der
Form der Aktiengesellschaft, wie die Deutsche Treuhand-Gesellschaft, die Treu¬
hand-Vereinigung und die Revisions- und Vermögensverwaltungs-Aktien¬
gesellschaft, sämtlich in Berlin, sei es in der Form der Gesellschaft mit be¬
schränkter Haftung, wie die Mecklenburgische Treuhandgesellschaft in. b. H. in
Schwerin. Die drei zuletzt genannten Gesellschaften stehn noch im Anfange
ihrer Tätigkeit, während die Deutsche Treuhand-Gesellschaft fast seit zwei
Jahrzehnten in steter Erweiterung ihres Wirkungskreises ihre Ziele verfolgt.
Das Programm aller vier Gesellschaften ist im wesentlichen gleich. Neben der
oben erwähnten Vertretung der Pfandbriefgläubiger ist die Hauptaufgabe eine
ausgedehnte Revisionstätigkeit.

Man hat schon lange erkannt, daß der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaften
die gesetzlichen Kontrollpflichten namentlich großen Gesellschaften gegenüber


Treuhänder und Treuhandvereinigungen

gläubiger ist, sondern, ohne zu den Gläubigern oder der Bank in einem
Vertragsverhältnis zu stehn, die ihm gesetzlich übertragnen Kontrollrechte aus¬
übt, die, was die Qualität der Deckung anlangt, jedenfalls unter den wesent¬
lich veränderten modernen Wirtschaftsverhältnissen eine Ergänzung zu fordern
scheinen.

Zwar sind seit dem Jahre 1900 der Aufsichtsbehörde sachkundige Bank¬
inspektoren als Berater zur Seite gegeben, doch stellt die Entwicklung des
Hypothekenbankwesens die Aufsichtsbehörde vor immer neue Aufgaben. So
haben sich als Folge der Abneigung der bestehenden Hypothekenbanken, in
kleinen und mittlern Städten Darlehen zu gewähren, Hypothekenbanken der
Hausbesitzer gebildet, die in der Form eines Vereins des bürgerlichen Rechts
Pfandbriefe ausgeben. Diese Institute werden doppelter Aufsicht bedürfen,
da das Risiko der hypothekarischen Beleihung in kleinern Städten bedeutend
größer ist.

Der beste Schutz für die Pfandbriesinhaber gegen alle diese Komplikationen
im Hypothekenbankwesen dürfte eine Vermehrung der Bankinspektoren sein.

Zugleich richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Treuhandvereinigungen,
die als eine Hauptaufgabe die Vertretung der Pfandbriefgläubiger im Sinne
des Gesetzes vom 4. Dezember 1899 betreffend die gemeinsamen Rechte der
Besitzer von Schuldverschreibungen in ihr reiches Programm aufgenommen
haben. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind eine Ergänzung derer des
Hypothekenbankgesetzes über die rechtliche Sicherstellung der Pfandbriefgläubiger.
Eine Versammlung der Gläubiger hat das Recht, zur Wahrung ihrer gemein¬
samen Interessen Beschlüsse zu fassen, die für alle Pfandbriefgläubiger bindend
sind. Die Versammlung kann einen Vertreter zur Wahrung der Rechte der
Gläubiger bestellen. Diese Vertretung übernehmen die Treuhandvereinigungen.
Das Programm der Vereinigungen in seiner Gesamtheit bietet hinreichend
Interesse für eine nähere Betrachtung.

Es existieren bis jetzt vier Treuhandvereinigungen, die, im Gegensatz zu
den staatlich bestellten Treuhändern, Privatunternehmungen sind, sei es in der
Form der Aktiengesellschaft, wie die Deutsche Treuhand-Gesellschaft, die Treu¬
hand-Vereinigung und die Revisions- und Vermögensverwaltungs-Aktien¬
gesellschaft, sämtlich in Berlin, sei es in der Form der Gesellschaft mit be¬
schränkter Haftung, wie die Mecklenburgische Treuhandgesellschaft in. b. H. in
Schwerin. Die drei zuletzt genannten Gesellschaften stehn noch im Anfange
ihrer Tätigkeit, während die Deutsche Treuhand-Gesellschaft fast seit zwei
Jahrzehnten in steter Erweiterung ihres Wirkungskreises ihre Ziele verfolgt.
Das Programm aller vier Gesellschaften ist im wesentlichen gleich. Neben der
oben erwähnten Vertretung der Pfandbriefgläubiger ist die Hauptaufgabe eine
ausgedehnte Revisionstätigkeit.

Man hat schon lange erkannt, daß der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaften
die gesetzlichen Kontrollpflichten namentlich großen Gesellschaften gegenüber


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[0360] Treuhänder und Treuhandvereinigungen gläubiger ist, sondern, ohne zu den Gläubigern oder der Bank in einem Vertragsverhältnis zu stehn, die ihm gesetzlich übertragnen Kontrollrechte aus¬ übt, die, was die Qualität der Deckung anlangt, jedenfalls unter den wesent¬ lich veränderten modernen Wirtschaftsverhältnissen eine Ergänzung zu fordern scheinen. Zwar sind seit dem Jahre 1900 der Aufsichtsbehörde sachkundige Bank¬ inspektoren als Berater zur Seite gegeben, doch stellt die Entwicklung des Hypothekenbankwesens die Aufsichtsbehörde vor immer neue Aufgaben. So haben sich als Folge der Abneigung der bestehenden Hypothekenbanken, in kleinen und mittlern Städten Darlehen zu gewähren, Hypothekenbanken der Hausbesitzer gebildet, die in der Form eines Vereins des bürgerlichen Rechts Pfandbriefe ausgeben. Diese Institute werden doppelter Aufsicht bedürfen, da das Risiko der hypothekarischen Beleihung in kleinern Städten bedeutend größer ist. Der beste Schutz für die Pfandbriesinhaber gegen alle diese Komplikationen im Hypothekenbankwesen dürfte eine Vermehrung der Bankinspektoren sein. Zugleich richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Treuhandvereinigungen, die als eine Hauptaufgabe die Vertretung der Pfandbriefgläubiger im Sinne des Gesetzes vom 4. Dezember 1899 betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen in ihr reiches Programm aufgenommen haben. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind eine Ergänzung derer des Hypothekenbankgesetzes über die rechtliche Sicherstellung der Pfandbriefgläubiger. Eine Versammlung der Gläubiger hat das Recht, zur Wahrung ihrer gemein¬ samen Interessen Beschlüsse zu fassen, die für alle Pfandbriefgläubiger bindend sind. Die Versammlung kann einen Vertreter zur Wahrung der Rechte der Gläubiger bestellen. Diese Vertretung übernehmen die Treuhandvereinigungen. Das Programm der Vereinigungen in seiner Gesamtheit bietet hinreichend Interesse für eine nähere Betrachtung. Es existieren bis jetzt vier Treuhandvereinigungen, die, im Gegensatz zu den staatlich bestellten Treuhändern, Privatunternehmungen sind, sei es in der Form der Aktiengesellschaft, wie die Deutsche Treuhand-Gesellschaft, die Treu¬ hand-Vereinigung und die Revisions- und Vermögensverwaltungs-Aktien¬ gesellschaft, sämtlich in Berlin, sei es in der Form der Gesellschaft mit be¬ schränkter Haftung, wie die Mecklenburgische Treuhandgesellschaft in. b. H. in Schwerin. Die drei zuletzt genannten Gesellschaften stehn noch im Anfange ihrer Tätigkeit, während die Deutsche Treuhand-Gesellschaft fast seit zwei Jahrzehnten in steter Erweiterung ihres Wirkungskreises ihre Ziele verfolgt. Das Programm aller vier Gesellschaften ist im wesentlichen gleich. Neben der oben erwähnten Vertretung der Pfandbriefgläubiger ist die Hauptaufgabe eine ausgedehnte Revisionstätigkeit. Man hat schon lange erkannt, daß der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaften die gesetzlichen Kontrollpflichten namentlich großen Gesellschaften gegenüber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/360>, abgerufen am 24.07.2024.