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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Wahrheit ist, daß die Sozialdemokratie in ihrer Presse und, wo sie konnte,
auch im Parlament den bürgerlichen Liberalismus ohne Unterschied der besondern
Färbung bis aufs Messer bekämpft hat. Wenn sich trotzdem oft genug die Stimmen
der immer verneinenden Sozialdemokraiie mit denen des radikalen Liberalismus
verewigte", so beweist das nicht eine Gemeinschaft der Interessen und Grundsätze,
sondern nur die leidige Tatsache, daß die sogenannten "ernsthaften liberalen Aktionen"
jedesmal Äußerungen einer unfruchtbaren und doktrinären, sich gänzlich verirrenden
Politik waren, der dann auch die Umsturzpartei mit Freuden ihre Unterstützung
leihen konnte. Das Vorgehn der freisinnigen Vereinigung bei den entscheidenden
Beratungen über den Zolltarif war typisch für diese Politik, die sogar von dem
andern Flügel des entschiednen Liberalismus, damals noch durch deu Mund Eugen
Richters, die stärkste Verurteilung erfuhr. Es gibt vielleicht kein schlagenderes Bei¬
spiel für die Art, wie diese Gruppe durch ihre Gemeinschaft mit der Sozialdemo¬
kratie den Liberalismus zu diskreditieren und die Reaktion zu stärken verstand.
Denn wenn wir uns einmal -- was in Wirklichkeit unsre Meinung nicht ist --
auf den Standpunkt der Gegner des Zolltarifs stellen, so muß man doch sagen:
diese rein wirtschaftspolitische Frage hätte mit sehr viel geringerm Schaden für den
Nimbus der liberalen Ideen erledigt werden können. Daß sie in liberalen Augen
wirklich den Anschein einer Niederlage des Liberalismus erhielt und mit einer
schweren Schädigung des parlamentarischen Ansehens verbunden war, ist doch nnr
der Obstruktion der freisinnigen Vereinigung und der Sozialdemokratie zu ver¬
danken. Die liberalen Aktionen, die mit Hilfe der Sozialdemokraiie unternommen
worden sind, begründen die schärfste Kritik, die an der Haltung unsers radikalen
Liberalismus nnr möglich ist. Wenn der Liberalismus gesunden will, so muß er
Positiver und selbständiger werden und die nationale Grundlage wieder zu gewinnen
suchen. Es ist ihm jetzt die erste praktische Gelegenheit geboten worden, sich in
gut nationalem Sinne zu betätigen, ohne seine Prinzipien auszugeben; aber es
hieße diese Gelegenheit verpassen, wenn er es jetzt nicht versteht, die Sozialdemokraiie
endgiltig abzustoßen.

Es berührt merkwürdig, wie wenig Selbstvertrauen und Zukuuftshoffuung aus
deu Meinungen der Kämpen der freisinnigen Vereinigung herausklingt. Wenn in
Deutschland liberal regiert werden soll, so ist doch die erste Voraussetzung und das
erste Erfordernis dafür, daß die Parteianschauungen einen sichern Rückhalt und das
nötige Vertrauen in weiten Volkskreisen finden. Solange die Partei selbst die real¬
politischen Möglichkeiten nicht erkennt und sich dadurch zur Geltung zu bringen versucht,
daß sie sich auf eine in unfruchtbarer Verneinung stecken bleibende Nachbarpartei stützt,
kann sie doch unmöglich erwarten, daß sie eine genügende Zahl von Anhängern ge¬
winnt, geschweige denn, daß in ihrem Sinne regiert wird. Augenblicklich aber sollte
wenigstens erkennbar sein, daß der Liberalismus im Sinne des Herrn Barth gar
nicht imstande ist, gegenwärtig noch den Einfluß des Liberalismus durch Unter¬
stützung der Sozialdemokraiie wesentlich zu verstärken. Denn solche Bemühung wird
immer ungenügend bleiben. Soweit sie überhaupt uoch in Wirksamkeit tritt, wird
sie der Sozialdemokratie nur wenig Mandate retten können; dieses Ergebnis kommt
aber nicht dem Liberalismus zugute, souderu hilft nur dem Zentrum, seiue alte
Machtstellung wiederzugewinnen. Der Standpunkt des Herrn Barth ist also in
jeder Beziehung unbegreiflich.

Etwas Richtiges ist wohl an der Besorgnis, daß die Parteiverhältnisse im
neuen Reichstage wohl noch mehr als früher ein Zusammengehen des Zentrums
mit den Konservativen nahe legen werden. Aber unrichtig ist es, darin eine arg¬
listige Absicht der Regierung bei der Reichstagsnuflösnng zu sehen. Sie hat loyal
an die Meinung und den Willen des Volkes appelliert; es war Sache des
Liberalismus, sich bei dieser ihm gebotueu günstigen Gelegenheit selbst durchzusetzen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Wahrheit ist, daß die Sozialdemokratie in ihrer Presse und, wo sie konnte,
auch im Parlament den bürgerlichen Liberalismus ohne Unterschied der besondern
Färbung bis aufs Messer bekämpft hat. Wenn sich trotzdem oft genug die Stimmen
der immer verneinenden Sozialdemokraiie mit denen des radikalen Liberalismus
verewigte», so beweist das nicht eine Gemeinschaft der Interessen und Grundsätze,
sondern nur die leidige Tatsache, daß die sogenannten „ernsthaften liberalen Aktionen"
jedesmal Äußerungen einer unfruchtbaren und doktrinären, sich gänzlich verirrenden
Politik waren, der dann auch die Umsturzpartei mit Freuden ihre Unterstützung
leihen konnte. Das Vorgehn der freisinnigen Vereinigung bei den entscheidenden
Beratungen über den Zolltarif war typisch für diese Politik, die sogar von dem
andern Flügel des entschiednen Liberalismus, damals noch durch deu Mund Eugen
Richters, die stärkste Verurteilung erfuhr. Es gibt vielleicht kein schlagenderes Bei¬
spiel für die Art, wie diese Gruppe durch ihre Gemeinschaft mit der Sozialdemo¬
kratie den Liberalismus zu diskreditieren und die Reaktion zu stärken verstand.
Denn wenn wir uns einmal — was in Wirklichkeit unsre Meinung nicht ist —
auf den Standpunkt der Gegner des Zolltarifs stellen, so muß man doch sagen:
diese rein wirtschaftspolitische Frage hätte mit sehr viel geringerm Schaden für den
Nimbus der liberalen Ideen erledigt werden können. Daß sie in liberalen Augen
wirklich den Anschein einer Niederlage des Liberalismus erhielt und mit einer
schweren Schädigung des parlamentarischen Ansehens verbunden war, ist doch nnr
der Obstruktion der freisinnigen Vereinigung und der Sozialdemokratie zu ver¬
danken. Die liberalen Aktionen, die mit Hilfe der Sozialdemokraiie unternommen
worden sind, begründen die schärfste Kritik, die an der Haltung unsers radikalen
Liberalismus nnr möglich ist. Wenn der Liberalismus gesunden will, so muß er
Positiver und selbständiger werden und die nationale Grundlage wieder zu gewinnen
suchen. Es ist ihm jetzt die erste praktische Gelegenheit geboten worden, sich in
gut nationalem Sinne zu betätigen, ohne seine Prinzipien auszugeben; aber es
hieße diese Gelegenheit verpassen, wenn er es jetzt nicht versteht, die Sozialdemokraiie
endgiltig abzustoßen.

Es berührt merkwürdig, wie wenig Selbstvertrauen und Zukuuftshoffuung aus
deu Meinungen der Kämpen der freisinnigen Vereinigung herausklingt. Wenn in
Deutschland liberal regiert werden soll, so ist doch die erste Voraussetzung und das
erste Erfordernis dafür, daß die Parteianschauungen einen sichern Rückhalt und das
nötige Vertrauen in weiten Volkskreisen finden. Solange die Partei selbst die real¬
politischen Möglichkeiten nicht erkennt und sich dadurch zur Geltung zu bringen versucht,
daß sie sich auf eine in unfruchtbarer Verneinung stecken bleibende Nachbarpartei stützt,
kann sie doch unmöglich erwarten, daß sie eine genügende Zahl von Anhängern ge¬
winnt, geschweige denn, daß in ihrem Sinne regiert wird. Augenblicklich aber sollte
wenigstens erkennbar sein, daß der Liberalismus im Sinne des Herrn Barth gar
nicht imstande ist, gegenwärtig noch den Einfluß des Liberalismus durch Unter¬
stützung der Sozialdemokraiie wesentlich zu verstärken. Denn solche Bemühung wird
immer ungenügend bleiben. Soweit sie überhaupt uoch in Wirksamkeit tritt, wird
sie der Sozialdemokratie nur wenig Mandate retten können; dieses Ergebnis kommt
aber nicht dem Liberalismus zugute, souderu hilft nur dem Zentrum, seiue alte
Machtstellung wiederzugewinnen. Der Standpunkt des Herrn Barth ist also in
jeder Beziehung unbegreiflich.

Etwas Richtiges ist wohl an der Besorgnis, daß die Parteiverhältnisse im
neuen Reichstage wohl noch mehr als früher ein Zusammengehen des Zentrums
mit den Konservativen nahe legen werden. Aber unrichtig ist es, darin eine arg¬
listige Absicht der Regierung bei der Reichstagsnuflösnng zu sehen. Sie hat loyal
an die Meinung und den Willen des Volkes appelliert; es war Sache des
Liberalismus, sich bei dieser ihm gebotueu günstigen Gelegenheit selbst durchzusetzen


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[0335] Maßgebliches und Unmaßgebliches Die Wahrheit ist, daß die Sozialdemokratie in ihrer Presse und, wo sie konnte, auch im Parlament den bürgerlichen Liberalismus ohne Unterschied der besondern Färbung bis aufs Messer bekämpft hat. Wenn sich trotzdem oft genug die Stimmen der immer verneinenden Sozialdemokraiie mit denen des radikalen Liberalismus verewigte», so beweist das nicht eine Gemeinschaft der Interessen und Grundsätze, sondern nur die leidige Tatsache, daß die sogenannten „ernsthaften liberalen Aktionen" jedesmal Äußerungen einer unfruchtbaren und doktrinären, sich gänzlich verirrenden Politik waren, der dann auch die Umsturzpartei mit Freuden ihre Unterstützung leihen konnte. Das Vorgehn der freisinnigen Vereinigung bei den entscheidenden Beratungen über den Zolltarif war typisch für diese Politik, die sogar von dem andern Flügel des entschiednen Liberalismus, damals noch durch deu Mund Eugen Richters, die stärkste Verurteilung erfuhr. Es gibt vielleicht kein schlagenderes Bei¬ spiel für die Art, wie diese Gruppe durch ihre Gemeinschaft mit der Sozialdemo¬ kratie den Liberalismus zu diskreditieren und die Reaktion zu stärken verstand. Denn wenn wir uns einmal — was in Wirklichkeit unsre Meinung nicht ist — auf den Standpunkt der Gegner des Zolltarifs stellen, so muß man doch sagen: diese rein wirtschaftspolitische Frage hätte mit sehr viel geringerm Schaden für den Nimbus der liberalen Ideen erledigt werden können. Daß sie in liberalen Augen wirklich den Anschein einer Niederlage des Liberalismus erhielt und mit einer schweren Schädigung des parlamentarischen Ansehens verbunden war, ist doch nnr der Obstruktion der freisinnigen Vereinigung und der Sozialdemokratie zu ver¬ danken. Die liberalen Aktionen, die mit Hilfe der Sozialdemokraiie unternommen worden sind, begründen die schärfste Kritik, die an der Haltung unsers radikalen Liberalismus nnr möglich ist. Wenn der Liberalismus gesunden will, so muß er Positiver und selbständiger werden und die nationale Grundlage wieder zu gewinnen suchen. Es ist ihm jetzt die erste praktische Gelegenheit geboten worden, sich in gut nationalem Sinne zu betätigen, ohne seine Prinzipien auszugeben; aber es hieße diese Gelegenheit verpassen, wenn er es jetzt nicht versteht, die Sozialdemokraiie endgiltig abzustoßen. Es berührt merkwürdig, wie wenig Selbstvertrauen und Zukuuftshoffuung aus deu Meinungen der Kämpen der freisinnigen Vereinigung herausklingt. Wenn in Deutschland liberal regiert werden soll, so ist doch die erste Voraussetzung und das erste Erfordernis dafür, daß die Parteianschauungen einen sichern Rückhalt und das nötige Vertrauen in weiten Volkskreisen finden. Solange die Partei selbst die real¬ politischen Möglichkeiten nicht erkennt und sich dadurch zur Geltung zu bringen versucht, daß sie sich auf eine in unfruchtbarer Verneinung stecken bleibende Nachbarpartei stützt, kann sie doch unmöglich erwarten, daß sie eine genügende Zahl von Anhängern ge¬ winnt, geschweige denn, daß in ihrem Sinne regiert wird. Augenblicklich aber sollte wenigstens erkennbar sein, daß der Liberalismus im Sinne des Herrn Barth gar nicht imstande ist, gegenwärtig noch den Einfluß des Liberalismus durch Unter¬ stützung der Sozialdemokraiie wesentlich zu verstärken. Denn solche Bemühung wird immer ungenügend bleiben. Soweit sie überhaupt uoch in Wirksamkeit tritt, wird sie der Sozialdemokratie nur wenig Mandate retten können; dieses Ergebnis kommt aber nicht dem Liberalismus zugute, souderu hilft nur dem Zentrum, seiue alte Machtstellung wiederzugewinnen. Der Standpunkt des Herrn Barth ist also in jeder Beziehung unbegreiflich. Etwas Richtiges ist wohl an der Besorgnis, daß die Parteiverhältnisse im neuen Reichstage wohl noch mehr als früher ein Zusammengehen des Zentrums mit den Konservativen nahe legen werden. Aber unrichtig ist es, darin eine arg¬ listige Absicht der Regierung bei der Reichstagsnuflösnng zu sehen. Sie hat loyal an die Meinung und den Willen des Volkes appelliert; es war Sache des Liberalismus, sich bei dieser ihm gebotueu günstigen Gelegenheit selbst durchzusetzen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/335>, abgerufen am 30.06.2024.