Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
ich ,jn dem Roman "Zwei Seelen" kam

mäßig von Ackerbaukolonisten besiedelt worden sei, bleibe das wirklich fruchtbare
Natal menschenleer, und alle Einwandrer drängten sich in den zwei kleinen
städtischen Bezirken von Durham und Mciritzburg und in dem neu entstandnen
Johannesburg zusammen. So sei der aufnahmefähige Teil des Landes durch
den Unsegen, der von den Goldgruben und den Diamantfeldern ausgehe, in
eine verkehrte Bahn der Entwicklung gedrängt worden. Aber Gold und Diamanten
würden einmal aufhören, Einfluß zu üben; dann werde "britische Entschlossen¬
heit im Verein mit niederdeutscher Zähigkeit sich der ewig fortwirkenden
natürlichen Bedingungen des Lebens in diesem weiten Teile des Weltreichs
erinnern. Dann wird zwar hier keine sonderlich dichte Bevölkerung von Europäern
sitzen, wohl aber eine, die als Lieferant hochwichtiger, im wesentlichen der
Tierwelt entstammender Rohstoffe mehr Wert für das Mutterland besitzt als
die unruhige Bevölkerung der Gottstadt, die dann längst in alle Winde zer¬
streut sein wird." Wenn es nur dann noch Engländer gibt, die Lust haben und
fähig sind, als Einödbauern und Viehzüchter zu leben! Wir kommen bei einer
andern Gelegenheit auf dieses Thema zurück. Die geographischen Charakter¬
bilder, die Dove entwirft, lesen sich sehr angenehm, und die statistischen Ver¬
gleiche, die er an passenden Stellen einfügt, find sehr belehrend.




Wie ich zu dem Roman "Zwei Seelen" kam
Wilhelm Speck von

cum ich hier^) davon erzählen soll, woher mir die Idee zu meinem
Roman "Zwei Seelen" gekommen ist, so steigt eine ferne Welt
und Zeit vor mir auf und entfaltet sich still vor meinen Augen.
Wer ein dichterisches Buch geschrieben hat, ist wohl nur selten
imstande, die Quellen aufzudecken, die da hinein geströmt sind,
denn es ist ihm ja, während das Werk in ihm wuchs, von allen Seiten zu¬
geflossen: Eindrücke der Gegenwart. Erinnerungen aus vergangnen Tagen
haben sich darin vermischt, und häusig ist das Spätere wichtiger geworden
als das Ursprüngliche, und sind die Nebenflüsse beträchtlicher und bedeutender
gewesen als der Fluß, der dem Buch deu Namen gab, und der es ins Leben
rief. Noch schwerer ist am Ende zu sagen, wann und unter was für Um-



Dieser Aufsatz ist in der Neujahrsnummer der Neuen Freien Presse in Wien erschienen.
Da der Aufsatz auch in Deutschland die weiteste Verbreitung verdient, und wir überzeugt sind,
daß sich die Leser der Grenzboten, in denen der Spccksche Roman zuerst erschienen war, sehr
für ihn interessieren werden, drucken wir den Artikel mit Erlaubnis der Redaktion der Neuen
Freien Presse hier ab.
ich ,jn dem Roman „Zwei Seelen" kam

mäßig von Ackerbaukolonisten besiedelt worden sei, bleibe das wirklich fruchtbare
Natal menschenleer, und alle Einwandrer drängten sich in den zwei kleinen
städtischen Bezirken von Durham und Mciritzburg und in dem neu entstandnen
Johannesburg zusammen. So sei der aufnahmefähige Teil des Landes durch
den Unsegen, der von den Goldgruben und den Diamantfeldern ausgehe, in
eine verkehrte Bahn der Entwicklung gedrängt worden. Aber Gold und Diamanten
würden einmal aufhören, Einfluß zu üben; dann werde „britische Entschlossen¬
heit im Verein mit niederdeutscher Zähigkeit sich der ewig fortwirkenden
natürlichen Bedingungen des Lebens in diesem weiten Teile des Weltreichs
erinnern. Dann wird zwar hier keine sonderlich dichte Bevölkerung von Europäern
sitzen, wohl aber eine, die als Lieferant hochwichtiger, im wesentlichen der
Tierwelt entstammender Rohstoffe mehr Wert für das Mutterland besitzt als
die unruhige Bevölkerung der Gottstadt, die dann längst in alle Winde zer¬
streut sein wird." Wenn es nur dann noch Engländer gibt, die Lust haben und
fähig sind, als Einödbauern und Viehzüchter zu leben! Wir kommen bei einer
andern Gelegenheit auf dieses Thema zurück. Die geographischen Charakter¬
bilder, die Dove entwirft, lesen sich sehr angenehm, und die statistischen Ver¬
gleiche, die er an passenden Stellen einfügt, find sehr belehrend.




Wie ich zu dem Roman „Zwei Seelen" kam
Wilhelm Speck von

cum ich hier^) davon erzählen soll, woher mir die Idee zu meinem
Roman „Zwei Seelen" gekommen ist, so steigt eine ferne Welt
und Zeit vor mir auf und entfaltet sich still vor meinen Augen.
Wer ein dichterisches Buch geschrieben hat, ist wohl nur selten
imstande, die Quellen aufzudecken, die da hinein geströmt sind,
denn es ist ihm ja, während das Werk in ihm wuchs, von allen Seiten zu¬
geflossen: Eindrücke der Gegenwart. Erinnerungen aus vergangnen Tagen
haben sich darin vermischt, und häusig ist das Spätere wichtiger geworden
als das Ursprüngliche, und sind die Nebenflüsse beträchtlicher und bedeutender
gewesen als der Fluß, der dem Buch deu Namen gab, und der es ins Leben
rief. Noch schwerer ist am Ende zu sagen, wann und unter was für Um-



Dieser Aufsatz ist in der Neujahrsnummer der Neuen Freien Presse in Wien erschienen.
Da der Aufsatz auch in Deutschland die weiteste Verbreitung verdient, und wir überzeugt sind,
daß sich die Leser der Grenzboten, in denen der Spccksche Roman zuerst erschienen war, sehr
für ihn interessieren werden, drucken wir den Artikel mit Erlaubnis der Redaktion der Neuen
Freien Presse hier ab.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0312" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301566"/>
          <fw type="header" place="top"> ich ,jn dem Roman &#x201E;Zwei Seelen" kam</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1055" prev="#ID_1054"> mäßig von Ackerbaukolonisten besiedelt worden sei, bleibe das wirklich fruchtbare<lb/>
Natal menschenleer, und alle Einwandrer drängten sich in den zwei kleinen<lb/>
städtischen Bezirken von Durham und Mciritzburg und in dem neu entstandnen<lb/>
Johannesburg zusammen. So sei der aufnahmefähige Teil des Landes durch<lb/>
den Unsegen, der von den Goldgruben und den Diamantfeldern ausgehe, in<lb/>
eine verkehrte Bahn der Entwicklung gedrängt worden. Aber Gold und Diamanten<lb/>
würden einmal aufhören, Einfluß zu üben; dann werde &#x201E;britische Entschlossen¬<lb/>
heit im Verein mit niederdeutscher Zähigkeit sich der ewig fortwirkenden<lb/>
natürlichen Bedingungen des Lebens in diesem weiten Teile des Weltreichs<lb/>
erinnern. Dann wird zwar hier keine sonderlich dichte Bevölkerung von Europäern<lb/>
sitzen, wohl aber eine, die als Lieferant hochwichtiger, im wesentlichen der<lb/>
Tierwelt entstammender Rohstoffe mehr Wert für das Mutterland besitzt als<lb/>
die unruhige Bevölkerung der Gottstadt, die dann längst in alle Winde zer¬<lb/>
streut sein wird." Wenn es nur dann noch Engländer gibt, die Lust haben und<lb/>
fähig sind, als Einödbauern und Viehzüchter zu leben! Wir kommen bei einer<lb/>
andern Gelegenheit auf dieses Thema zurück. Die geographischen Charakter¬<lb/>
bilder, die Dove entwirft, lesen sich sehr angenehm, und die statistischen Ver¬<lb/>
gleiche, die er an passenden Stellen einfügt, find sehr belehrend.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Wie ich zu dem Roman &#x201E;Zwei Seelen" kam<lb/><note type="byline"> Wilhelm Speck</note> von </head><lb/>
          <p xml:id="ID_1056" next="#ID_1057"> cum ich hier^) davon erzählen soll, woher mir die Idee zu meinem<lb/>
Roman &#x201E;Zwei Seelen" gekommen ist, so steigt eine ferne Welt<lb/>
und Zeit vor mir auf und entfaltet sich still vor meinen Augen.<lb/>
Wer ein dichterisches Buch geschrieben hat, ist wohl nur selten<lb/>
imstande, die Quellen aufzudecken, die da hinein geströmt sind,<lb/>
denn es ist ihm ja, während das Werk in ihm wuchs, von allen Seiten zu¬<lb/>
geflossen: Eindrücke der Gegenwart. Erinnerungen aus vergangnen Tagen<lb/>
haben sich darin vermischt, und häusig ist das Spätere wichtiger geworden<lb/>
als das Ursprüngliche, und sind die Nebenflüsse beträchtlicher und bedeutender<lb/>
gewesen als der Fluß, der dem Buch deu Namen gab, und der es ins Leben<lb/>
rief.  Noch schwerer ist am Ende zu sagen, wann und unter was für Um-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_32" place="foot"> Dieser Aufsatz ist in der Neujahrsnummer der Neuen Freien Presse in Wien erschienen.<lb/>
Da der Aufsatz auch in Deutschland die weiteste Verbreitung verdient, und wir überzeugt sind,<lb/>
daß sich die Leser der Grenzboten, in denen der Spccksche Roman zuerst erschienen war, sehr<lb/>
für ihn interessieren werden, drucken wir den Artikel mit Erlaubnis der Redaktion der Neuen<lb/>
Freien Presse hier ab.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0312] ich ,jn dem Roman „Zwei Seelen" kam mäßig von Ackerbaukolonisten besiedelt worden sei, bleibe das wirklich fruchtbare Natal menschenleer, und alle Einwandrer drängten sich in den zwei kleinen städtischen Bezirken von Durham und Mciritzburg und in dem neu entstandnen Johannesburg zusammen. So sei der aufnahmefähige Teil des Landes durch den Unsegen, der von den Goldgruben und den Diamantfeldern ausgehe, in eine verkehrte Bahn der Entwicklung gedrängt worden. Aber Gold und Diamanten würden einmal aufhören, Einfluß zu üben; dann werde „britische Entschlossen¬ heit im Verein mit niederdeutscher Zähigkeit sich der ewig fortwirkenden natürlichen Bedingungen des Lebens in diesem weiten Teile des Weltreichs erinnern. Dann wird zwar hier keine sonderlich dichte Bevölkerung von Europäern sitzen, wohl aber eine, die als Lieferant hochwichtiger, im wesentlichen der Tierwelt entstammender Rohstoffe mehr Wert für das Mutterland besitzt als die unruhige Bevölkerung der Gottstadt, die dann längst in alle Winde zer¬ streut sein wird." Wenn es nur dann noch Engländer gibt, die Lust haben und fähig sind, als Einödbauern und Viehzüchter zu leben! Wir kommen bei einer andern Gelegenheit auf dieses Thema zurück. Die geographischen Charakter¬ bilder, die Dove entwirft, lesen sich sehr angenehm, und die statistischen Ver¬ gleiche, die er an passenden Stellen einfügt, find sehr belehrend. Wie ich zu dem Roman „Zwei Seelen" kam Wilhelm Speck von cum ich hier^) davon erzählen soll, woher mir die Idee zu meinem Roman „Zwei Seelen" gekommen ist, so steigt eine ferne Welt und Zeit vor mir auf und entfaltet sich still vor meinen Augen. Wer ein dichterisches Buch geschrieben hat, ist wohl nur selten imstande, die Quellen aufzudecken, die da hinein geströmt sind, denn es ist ihm ja, während das Werk in ihm wuchs, von allen Seiten zu¬ geflossen: Eindrücke der Gegenwart. Erinnerungen aus vergangnen Tagen haben sich darin vermischt, und häusig ist das Spätere wichtiger geworden als das Ursprüngliche, und sind die Nebenflüsse beträchtlicher und bedeutender gewesen als der Fluß, der dem Buch deu Namen gab, und der es ins Leben rief. Noch schwerer ist am Ende zu sagen, wann und unter was für Um- Dieser Aufsatz ist in der Neujahrsnummer der Neuen Freien Presse in Wien erschienen. Da der Aufsatz auch in Deutschland die weiteste Verbreitung verdient, und wir überzeugt sind, daß sich die Leser der Grenzboten, in denen der Spccksche Roman zuerst erschienen war, sehr für ihn interessieren werden, drucken wir den Artikel mit Erlaubnis der Redaktion der Neuen Freien Presse hier ab.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/312
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/312>, abgerufen am 24.07.2024.