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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Goetheennnerungen im nordwestlichen Böhmen

Arbeit -- ich meine den rein philologischen Teil der "Lesarten" -- außer
uns selbst für alle Zukunft vielleicht noch einem, im günstigsten Falle zweien
Fachgelehrten zugute kommen mag, so müssen wir uns schon mit der ganzen
Würde der Philologie wappnen, um das Werk mit Anmut und Frohmut zu
vollbringen.

Dem sei nun aber, wie ihm wolle, die Arbeit war für diesesmal freudig
getan. Goethes Briefe aus dem Jahre 1823, April bis Dezember, lagen im
37. Bande der Weimarer Ausgabe gedruckt vor uns; und ganz von selbst
ergab sich für den Herausgeber nun auch der Inhalt des "frohen Festes":
Marienbad, Stift Tepl, Eger und seine Umgebung, wo er im Geiste monate¬
lang gelebt hatte, diese Begriffe galt es durch Anschauung lebendig zu machen,
die Orte zu besuchen, mit eignen Augen zu sehen, was ihm bis dahin leider
versagt geblieben war.

"Goethe und Böhmen" -- ein blütenvoller, herrlicher Sondergarten in
dem Weltgarten "Goethe". Kenntnisreiche Männer huben sich mannigfach
um seine Schilderung verdient gemacht. Und gerade die neuere Zeit hat uns
auf diesem Gebiete vielfaltig gefördert. Vor wenig Jahren, um nur des
Neuesten zu gedenken, hat August Sauer in Prag den Briefwechsel Goethes
mit dem Grafen Kaspar von Sternberg in einer musterhaften Ausgabe vor¬
gelegt; zugleich erschien von demselben Gelehrten das zweibändige Werk
"Goethe und Österreich" (Schriften der Goethegescllschaft Band 17 und 18),
und unmittelbar bevor steht die Herausgabe der Briefwechsel Goethes mit den
böhmischen Freunden Grüner und Zauper, ebenfalls durch August Sauer be¬
sorgt. Von andern wertvollen Veröffentlichungen sei hier nur noch genannt
Sebastian Grüners Abhandlung "Über die ältesten Sitten und Gebräuche der
Egerländcr,. 1825 ^ für J. W..von Goethe niedergeschrieben", herausgegeben
von dem für die deutsch-böhmische Literatur- und Kulturgeschichte ungemein
endigen Schriftsteller Alois John in Eger, dem wir auch die zur Enthüllung
des- Goethedenkmals in Franzensbad erschienene Festschrift verdanken. Ihren
natürlichen Mittelpunkt hat "diese reiche Tätigkeit in der "Gesellschaft zur
Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen" zu Prag.

- 'Es. kann mir nicht in den Sinn kommen, auf Grund eines erstmaligen
Besuchs in jenem gesegneten Lande etwa viel Neues und Wesentliches bringen
zu wollen. Schön um deswillen nicht, als ich mich für diesesmal glaubte in
der Hauptsache auf den Inhalt des genannten neuen Vriefbandes beschränken,
ja sogar Karlsbad, das Goethe im Herbst 1823 ebenfalls besuchte, ausschalten
zu müssen. So sind es nur flüchtige Skizzen mannigfacher Reiseeindrücke;
um so erfreulicher, wenn hie und da auch dem Fachgelehrten zur Förderung
der Wissenschaft ein paar bescheidne Kleinigkeiten begegnen sollten^ die sich im
Vorübergehn dem "freundlich aufgefaßten Neuen" abgewinnen ließen.


Goetheennnerungen im nordwestlichen Böhmen

Arbeit — ich meine den rein philologischen Teil der „Lesarten" — außer
uns selbst für alle Zukunft vielleicht noch einem, im günstigsten Falle zweien
Fachgelehrten zugute kommen mag, so müssen wir uns schon mit der ganzen
Würde der Philologie wappnen, um das Werk mit Anmut und Frohmut zu
vollbringen.

Dem sei nun aber, wie ihm wolle, die Arbeit war für diesesmal freudig
getan. Goethes Briefe aus dem Jahre 1823, April bis Dezember, lagen im
37. Bande der Weimarer Ausgabe gedruckt vor uns; und ganz von selbst
ergab sich für den Herausgeber nun auch der Inhalt des „frohen Festes":
Marienbad, Stift Tepl, Eger und seine Umgebung, wo er im Geiste monate¬
lang gelebt hatte, diese Begriffe galt es durch Anschauung lebendig zu machen,
die Orte zu besuchen, mit eignen Augen zu sehen, was ihm bis dahin leider
versagt geblieben war.

„Goethe und Böhmen" — ein blütenvoller, herrlicher Sondergarten in
dem Weltgarten „Goethe". Kenntnisreiche Männer huben sich mannigfach
um seine Schilderung verdient gemacht. Und gerade die neuere Zeit hat uns
auf diesem Gebiete vielfaltig gefördert. Vor wenig Jahren, um nur des
Neuesten zu gedenken, hat August Sauer in Prag den Briefwechsel Goethes
mit dem Grafen Kaspar von Sternberg in einer musterhaften Ausgabe vor¬
gelegt; zugleich erschien von demselben Gelehrten das zweibändige Werk
„Goethe und Österreich" (Schriften der Goethegescllschaft Band 17 und 18),
und unmittelbar bevor steht die Herausgabe der Briefwechsel Goethes mit den
böhmischen Freunden Grüner und Zauper, ebenfalls durch August Sauer be¬
sorgt. Von andern wertvollen Veröffentlichungen sei hier nur noch genannt
Sebastian Grüners Abhandlung „Über die ältesten Sitten und Gebräuche der
Egerländcr,. 1825 ^ für J. W..von Goethe niedergeschrieben", herausgegeben
von dem für die deutsch-böhmische Literatur- und Kulturgeschichte ungemein
endigen Schriftsteller Alois John in Eger, dem wir auch die zur Enthüllung
des- Goethedenkmals in Franzensbad erschienene Festschrift verdanken. Ihren
natürlichen Mittelpunkt hat "diese reiche Tätigkeit in der „Gesellschaft zur
Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen" zu Prag.

- 'Es. kann mir nicht in den Sinn kommen, auf Grund eines erstmaligen
Besuchs in jenem gesegneten Lande etwa viel Neues und Wesentliches bringen
zu wollen. Schön um deswillen nicht, als ich mich für diesesmal glaubte in
der Hauptsache auf den Inhalt des genannten neuen Vriefbandes beschränken,
ja sogar Karlsbad, das Goethe im Herbst 1823 ebenfalls besuchte, ausschalten
zu müssen. So sind es nur flüchtige Skizzen mannigfacher Reiseeindrücke;
um so erfreulicher, wenn hie und da auch dem Fachgelehrten zur Förderung
der Wissenschaft ein paar bescheidne Kleinigkeiten begegnen sollten^ die sich im
Vorübergehn dem „freundlich aufgefaßten Neuen" abgewinnen ließen.


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[0022] Goetheennnerungen im nordwestlichen Böhmen Arbeit — ich meine den rein philologischen Teil der „Lesarten" — außer uns selbst für alle Zukunft vielleicht noch einem, im günstigsten Falle zweien Fachgelehrten zugute kommen mag, so müssen wir uns schon mit der ganzen Würde der Philologie wappnen, um das Werk mit Anmut und Frohmut zu vollbringen. Dem sei nun aber, wie ihm wolle, die Arbeit war für diesesmal freudig getan. Goethes Briefe aus dem Jahre 1823, April bis Dezember, lagen im 37. Bande der Weimarer Ausgabe gedruckt vor uns; und ganz von selbst ergab sich für den Herausgeber nun auch der Inhalt des „frohen Festes": Marienbad, Stift Tepl, Eger und seine Umgebung, wo er im Geiste monate¬ lang gelebt hatte, diese Begriffe galt es durch Anschauung lebendig zu machen, die Orte zu besuchen, mit eignen Augen zu sehen, was ihm bis dahin leider versagt geblieben war. „Goethe und Böhmen" — ein blütenvoller, herrlicher Sondergarten in dem Weltgarten „Goethe". Kenntnisreiche Männer huben sich mannigfach um seine Schilderung verdient gemacht. Und gerade die neuere Zeit hat uns auf diesem Gebiete vielfaltig gefördert. Vor wenig Jahren, um nur des Neuesten zu gedenken, hat August Sauer in Prag den Briefwechsel Goethes mit dem Grafen Kaspar von Sternberg in einer musterhaften Ausgabe vor¬ gelegt; zugleich erschien von demselben Gelehrten das zweibändige Werk „Goethe und Österreich" (Schriften der Goethegescllschaft Band 17 und 18), und unmittelbar bevor steht die Herausgabe der Briefwechsel Goethes mit den böhmischen Freunden Grüner und Zauper, ebenfalls durch August Sauer be¬ sorgt. Von andern wertvollen Veröffentlichungen sei hier nur noch genannt Sebastian Grüners Abhandlung „Über die ältesten Sitten und Gebräuche der Egerländcr,. 1825 ^ für J. W..von Goethe niedergeschrieben", herausgegeben von dem für die deutsch-böhmische Literatur- und Kulturgeschichte ungemein endigen Schriftsteller Alois John in Eger, dem wir auch die zur Enthüllung des- Goethedenkmals in Franzensbad erschienene Festschrift verdanken. Ihren natürlichen Mittelpunkt hat "diese reiche Tätigkeit in der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen" zu Prag. - 'Es. kann mir nicht in den Sinn kommen, auf Grund eines erstmaligen Besuchs in jenem gesegneten Lande etwa viel Neues und Wesentliches bringen zu wollen. Schön um deswillen nicht, als ich mich für diesesmal glaubte in der Hauptsache auf den Inhalt des genannten neuen Vriefbandes beschränken, ja sogar Karlsbad, das Goethe im Herbst 1823 ebenfalls besuchte, ausschalten zu müssen. So sind es nur flüchtige Skizzen mannigfacher Reiseeindrücke; um so erfreulicher, wenn hie und da auch dem Fachgelehrten zur Förderung der Wissenschaft ein paar bescheidne Kleinigkeiten begegnen sollten^ die sich im Vorübergehn dem „freundlich aufgefaßten Neuen" abgewinnen ließen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/22>, abgerufen am 04.07.2024.