Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.Der Pangermanismus dem Verfasser der durch den Abgeordneten Hasse 1894 gegründete Altdeutsche Nun werden noch weitere Vereine angeführt, deren Zweck nach der Meinung Der Verfasser scheint die Berichte über die Neichstagsverhandlungen nicht Der Pangermanismus dem Verfasser der durch den Abgeordneten Hasse 1894 gegründete Altdeutsche Nun werden noch weitere Vereine angeführt, deren Zweck nach der Meinung Der Verfasser scheint die Berichte über die Neichstagsverhandlungen nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0183" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301437"/> <fw type="header" place="top"> Der Pangermanismus</fw><lb/> <p xml:id="ID_635" prev="#ID_634"> dem Verfasser der durch den Abgeordneten Hasse 1894 gegründete Altdeutsche<lb/> Verband zu sein, für den Staatsmänner, Gelehrte und hohe Würdenträger ihre<lb/> Beihilfe geliehen hätten. Der Wahlspruch dieses Vereins sei: „Gedenke, daß<lb/> du ein Deutscher bist!", und er habe das Bestreben, alle Deutschen zu ver¬<lb/> einen. Im Jahre 1900 hatte der Verein nach Angabe des Verfassers schon<lb/> 184 Zweigvereine auf der ganzen Erde und zählte über 21 000 Mitglieder.</p><lb/> <p xml:id="ID_636"> Nun werden noch weitere Vereine angeführt, deren Zweck nach der Meinung<lb/> des Verfassers immer der Pangermanismus ist. „So will der Gustav-Adolf-<lb/> Verein alle deutschen Protestanten um sich gruppieren, der Evangelische Bund<lb/> will die deutschen Katholiken zum Protestantismus bekehren und hat deshalb<lb/> die antikatholische Bewegung in Österreich veranlaßt, deren Feldgeschrei: »Los<lb/> von Rom!« lautet. Der Allgemeine deutsche Schulverein hat die Aufgabe,<lb/> überall, wo der Pangermanismus ein Interesse hat, zu wirken, deutsche Schulen<lb/> zu schaffen und zu unterhalten. Der Odinverein wählte als Ziel der Ver¬<lb/> breitung des Pangermanismus die bildliche Darstellung und die Ansichtspost¬<lb/> karte. Alle diese Vereine haben ein genau bestimmtes Ziel, verstehn sich unter¬<lb/> einander und gehorchen einer einzigen höhern Führung." Als Beweis für den<lb/> Reichtum und die Freigebigkeit der Vereine führt der Verfasser an, daß der<lb/> Allgemeine deutsche Schulverein im Jahre 1900 an seine Schulen in Böhmen<lb/> 150 000 Franken, in Ungarn 1275 000 Franken gespendet, daß der Gustav-<lb/> Advlf-Verein im Jahre 1895 in Österreich 500 000 Franken geschenkt habe.<lb/> Daraus geht hervor, wie der Verfasser meint, welchen Einfluß diese Vereine<lb/> sowohl in Deutschland wie im Auslande haben. Auch im Reichstage habe der<lb/> Pangermanismus eifrige Vertreter, die für die deutschen Auslandschulen, für<lb/> koloniale Ausdehnung, für Heer und Flotte wirkten. Der bekannteste dieser<lb/> Gruppe sei der Abgeordnete Hasse.</p><lb/> <p xml:id="ID_637" next="#ID_638"> Der Verfasser scheint die Berichte über die Neichstagsverhandlungen nicht<lb/> mit der nötigen Aufmerksamkeit gelesen zu haben, sonst müßte er wissen, daß<lb/> unsern Abgeordneten häufig das richtige Verständnis für koloniale Angelegen¬<lb/> heiten und für Heer und Flotte vollständig abgeht. Trotzdem aber will der<lb/> Verfasser in dem Pangermanismus und der Einheitlichkeit von dessen Arbeit<lb/> das Werk der deutschen Diplomatie erkennen. Die pangermanistische, sagen wir<lb/> lieber „großdeutsche" Partei rekrutiere sich aus der Hof- und Beamtenwelt, sie<lb/> erfreue sich der kaiserlichen Gunst, wie man an den hervorragendsten Mitgliedern,<lb/> Oberst von Bernhardi. Fürstbischof Kopp, Professor Mommsen und vielen andern<lb/> sehen könne; auch die unumschränkte Redefreiheit und Preßfreiheit und endlich<lb/> der Eifer der diplomatischen deutschen Agenten gegenüber den Großdeutschen der<lb/> Gegend, wo sie sich aufhielten, spreche für eine Leitung des Pangermanismus<lb/> von oben. Als ein Beispiel für den im Ausland übel empfundnen Eifer pan¬<lb/> germanistischer Beamten wird die Klage über den deutschen Konsul von Secken-<lb/> dorf in Serajevo angeführt, der auf Verlangen der österreichisch-ungarischen<lb/> Regierung wegen seiner grvßdentschen Tätigkeit versetzt werden mußte. Der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0183]
Der Pangermanismus
dem Verfasser der durch den Abgeordneten Hasse 1894 gegründete Altdeutsche
Verband zu sein, für den Staatsmänner, Gelehrte und hohe Würdenträger ihre
Beihilfe geliehen hätten. Der Wahlspruch dieses Vereins sei: „Gedenke, daß
du ein Deutscher bist!", und er habe das Bestreben, alle Deutschen zu ver¬
einen. Im Jahre 1900 hatte der Verein nach Angabe des Verfassers schon
184 Zweigvereine auf der ganzen Erde und zählte über 21 000 Mitglieder.
Nun werden noch weitere Vereine angeführt, deren Zweck nach der Meinung
des Verfassers immer der Pangermanismus ist. „So will der Gustav-Adolf-
Verein alle deutschen Protestanten um sich gruppieren, der Evangelische Bund
will die deutschen Katholiken zum Protestantismus bekehren und hat deshalb
die antikatholische Bewegung in Österreich veranlaßt, deren Feldgeschrei: »Los
von Rom!« lautet. Der Allgemeine deutsche Schulverein hat die Aufgabe,
überall, wo der Pangermanismus ein Interesse hat, zu wirken, deutsche Schulen
zu schaffen und zu unterhalten. Der Odinverein wählte als Ziel der Ver¬
breitung des Pangermanismus die bildliche Darstellung und die Ansichtspost¬
karte. Alle diese Vereine haben ein genau bestimmtes Ziel, verstehn sich unter¬
einander und gehorchen einer einzigen höhern Führung." Als Beweis für den
Reichtum und die Freigebigkeit der Vereine führt der Verfasser an, daß der
Allgemeine deutsche Schulverein im Jahre 1900 an seine Schulen in Böhmen
150 000 Franken, in Ungarn 1275 000 Franken gespendet, daß der Gustav-
Advlf-Verein im Jahre 1895 in Österreich 500 000 Franken geschenkt habe.
Daraus geht hervor, wie der Verfasser meint, welchen Einfluß diese Vereine
sowohl in Deutschland wie im Auslande haben. Auch im Reichstage habe der
Pangermanismus eifrige Vertreter, die für die deutschen Auslandschulen, für
koloniale Ausdehnung, für Heer und Flotte wirkten. Der bekannteste dieser
Gruppe sei der Abgeordnete Hasse.
Der Verfasser scheint die Berichte über die Neichstagsverhandlungen nicht
mit der nötigen Aufmerksamkeit gelesen zu haben, sonst müßte er wissen, daß
unsern Abgeordneten häufig das richtige Verständnis für koloniale Angelegen¬
heiten und für Heer und Flotte vollständig abgeht. Trotzdem aber will der
Verfasser in dem Pangermanismus und der Einheitlichkeit von dessen Arbeit
das Werk der deutschen Diplomatie erkennen. Die pangermanistische, sagen wir
lieber „großdeutsche" Partei rekrutiere sich aus der Hof- und Beamtenwelt, sie
erfreue sich der kaiserlichen Gunst, wie man an den hervorragendsten Mitgliedern,
Oberst von Bernhardi. Fürstbischof Kopp, Professor Mommsen und vielen andern
sehen könne; auch die unumschränkte Redefreiheit und Preßfreiheit und endlich
der Eifer der diplomatischen deutschen Agenten gegenüber den Großdeutschen der
Gegend, wo sie sich aufhielten, spreche für eine Leitung des Pangermanismus
von oben. Als ein Beispiel für den im Ausland übel empfundnen Eifer pan¬
germanistischer Beamten wird die Klage über den deutschen Konsul von Secken-
dorf in Serajevo angeführt, der auf Verlangen der österreichisch-ungarischen
Regierung wegen seiner grvßdentschen Tätigkeit versetzt werden mußte. Der
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