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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Der geflügelte Sieger

Seitentüren für gewöhnlich geschlossen waren. Auf der andern Seite des langen
Ganges befanden sich die Küchen und Schlafzimmer. Wenn Fremde nach Leudeck
kamen, die als Verwandte ans einen offiziellen Empfang Anrecht hatten oder aus
besondern Gründen eines solchen gewürdigt wurden, so wurde durch Öffnen sämt¬
licher Seitentüreu die "Enfilade" hergestellt, und es kam zu Empfangsfeierlichkeiten,
die seltsam genug waren. Während man im ersten Zimmer Tante Adelens Gast
gewesen war, kam man im zweiten zu Taute Ernestine und deren Tochter Rosa.
Es wäre eine völlige Verkennung der Verhältnisse gewesen, wenn man sich an der
Tante Ernestinens Zimmer mit dem von Tante Adele verbindenden Tür nicht
feierlich von dieser, die man freilich später bei einem gemeinsam einzunehmenden
Kaffee wiederzusehen hoffte, verabschiedet hätte, denn auch für sie wäre es gegen
alle Regeln der Leudecker Etikette gewesen, wenn sie sich auch nur mit der äußersten
Fußspitze über die zu ihrem Zimmer gehörende Hälfte der Türschwelle vorgewagt
hätte. Zum Glück hatten die Lendecker Herren und Damen keine Chefinhaber¬
stellen von Regimentern zu vergeben: der durch mehrere solcher Juhaberstellen aus¬
gezeichnete Gast hätte einen Uniformswechsel nur zwischen doppelten Portieren und
auch da kaum ohne Schwierigkeit und Zeitverlust bewirken können.

Der alte Herr von Reetzow, das Haupt der Familie und Lembecks Schirmvogt,
bewohnte mit den Seinen eine halbe Stunde davon in Lunzcnau ein stattliches Schloß
mit ueucmgelegtem, aus dem Kampf mit dem Urhund noch nicht siegreich hervor-
geganguem Park. Leudeck war freilich "sein" Lembeck, denn die Fürsorge für seine
Bewohner lag ihm in jeder Weise ob, aber einfach war diese Fürsorge nicht, denn
von den lieben Lendeckern lebte jeder ein bißchen von einem selbstgespartcn oder
ererbten Kapitälchen, ein bißchen von allerhand im Lehnswege unter den kompli¬
ziertesten Formen gestifteten Sümmchen, und -- last, not least. von dem, was
der alte Herr an Holz, Mehl, Butter, Milch, Obst, Geräucherten und Gepökeltem,
Gebacknem und Gebratnem mit freigebiger Hand zuschoß. Mancher hätte es in
Leudeck uicht eine Woche ausgehalten, aber brav waren die Lendecker, Sparhelden
und Sparheldinnen. Wenn wirklich, wie ja von Sachverständigen behauptet wird,
das mehrmalige Nmundumweudeu eines Nickels, bevor man sich von ihm trennt,
Wunder wirkt, so war Leudeck ein solches Wunderland. Von der Luft lebten ja
die lieben Leudecker nicht, das hatten sie trotz dem besten Willen nicht fertig ge¬
bracht, aber in Leudeck langte ein Nickel zehnmal weiter als bei Bleichröder zehn
goldne Wilhelme. Nur der Onkel Franz, von dessen Jugendstreichen -- Droschken
erster Güte, Batisttaschentücher und ein bis zum letzten Blatte gefülltes Schau-
spielerinnenalbum -- unter sieben Siegeln Haarsträubendes erzählt wurde, war
auch auf seine alten Tage kein "guter Wirt" geworden. Tante Malwine, der
nicht cmfgegangne Stiftsdamenkern, bezeichnete ihn, wenn man unter sich war, als
pkmwr xeros, und Rosas Bruder, ein tadelloser Leutnant, der in Berlin mit einem
Kolibrizuschuß allen Stcmdesanforderungcn genügte, vertraute in einem unbewachten
Augenblick einem Freunde an, er glaube, Onkel Franz habe in seiner Jugend ein
Verhältnis mit einer -- Tänzerin gehabt. Leudeck und eine Tänzerin! Leutnant
Hans wußte es allerdings nicht genau, er glaubte nur so etwas von weiten, ge¬
hört zu haben, und wirklich stand Onkel Franz entweder als vormaliger ron6 oder
als gegenwärtiger unverbesserlicher Verschwender unter einer Art von Familien¬
vormundschaft, an der sich auch das jüngere Geschlecht der Nichttanten und Nicht-
oukel beteiligen zu müssen glaubte. Er war, seitdem Rosas Bruder Leudcck
verlassen hatte, außer dem Onkel Bernhard der einzige männliche Reetzow im
Familienheim. Wer darin unter des alten Schloßherrn von Luuzenau und dessen
Gattin, Tante Minnas Oberbefehl regierte, ob Onkel Bernhard oder Tante Malwine,


Der geflügelte Sieger

Seitentüren für gewöhnlich geschlossen waren. Auf der andern Seite des langen
Ganges befanden sich die Küchen und Schlafzimmer. Wenn Fremde nach Leudeck
kamen, die als Verwandte ans einen offiziellen Empfang Anrecht hatten oder aus
besondern Gründen eines solchen gewürdigt wurden, so wurde durch Öffnen sämt¬
licher Seitentüreu die „Enfilade" hergestellt, und es kam zu Empfangsfeierlichkeiten,
die seltsam genug waren. Während man im ersten Zimmer Tante Adelens Gast
gewesen war, kam man im zweiten zu Taute Ernestine und deren Tochter Rosa.
Es wäre eine völlige Verkennung der Verhältnisse gewesen, wenn man sich an der
Tante Ernestinens Zimmer mit dem von Tante Adele verbindenden Tür nicht
feierlich von dieser, die man freilich später bei einem gemeinsam einzunehmenden
Kaffee wiederzusehen hoffte, verabschiedet hätte, denn auch für sie wäre es gegen
alle Regeln der Leudecker Etikette gewesen, wenn sie sich auch nur mit der äußersten
Fußspitze über die zu ihrem Zimmer gehörende Hälfte der Türschwelle vorgewagt
hätte. Zum Glück hatten die Lendecker Herren und Damen keine Chefinhaber¬
stellen von Regimentern zu vergeben: der durch mehrere solcher Juhaberstellen aus¬
gezeichnete Gast hätte einen Uniformswechsel nur zwischen doppelten Portieren und
auch da kaum ohne Schwierigkeit und Zeitverlust bewirken können.

Der alte Herr von Reetzow, das Haupt der Familie und Lembecks Schirmvogt,
bewohnte mit den Seinen eine halbe Stunde davon in Lunzcnau ein stattliches Schloß
mit ueucmgelegtem, aus dem Kampf mit dem Urhund noch nicht siegreich hervor-
geganguem Park. Leudeck war freilich „sein" Lembeck, denn die Fürsorge für seine
Bewohner lag ihm in jeder Weise ob, aber einfach war diese Fürsorge nicht, denn
von den lieben Lendeckern lebte jeder ein bißchen von einem selbstgespartcn oder
ererbten Kapitälchen, ein bißchen von allerhand im Lehnswege unter den kompli¬
ziertesten Formen gestifteten Sümmchen, und — last, not least. von dem, was
der alte Herr an Holz, Mehl, Butter, Milch, Obst, Geräucherten und Gepökeltem,
Gebacknem und Gebratnem mit freigebiger Hand zuschoß. Mancher hätte es in
Leudeck uicht eine Woche ausgehalten, aber brav waren die Lendecker, Sparhelden
und Sparheldinnen. Wenn wirklich, wie ja von Sachverständigen behauptet wird,
das mehrmalige Nmundumweudeu eines Nickels, bevor man sich von ihm trennt,
Wunder wirkt, so war Leudeck ein solches Wunderland. Von der Luft lebten ja
die lieben Leudecker nicht, das hatten sie trotz dem besten Willen nicht fertig ge¬
bracht, aber in Leudeck langte ein Nickel zehnmal weiter als bei Bleichröder zehn
goldne Wilhelme. Nur der Onkel Franz, von dessen Jugendstreichen — Droschken
erster Güte, Batisttaschentücher und ein bis zum letzten Blatte gefülltes Schau-
spielerinnenalbum — unter sieben Siegeln Haarsträubendes erzählt wurde, war
auch auf seine alten Tage kein „guter Wirt" geworden. Tante Malwine, der
nicht cmfgegangne Stiftsdamenkern, bezeichnete ihn, wenn man unter sich war, als
pkmwr xeros, und Rosas Bruder, ein tadelloser Leutnant, der in Berlin mit einem
Kolibrizuschuß allen Stcmdesanforderungcn genügte, vertraute in einem unbewachten
Augenblick einem Freunde an, er glaube, Onkel Franz habe in seiner Jugend ein
Verhältnis mit einer — Tänzerin gehabt. Leudeck und eine Tänzerin! Leutnant
Hans wußte es allerdings nicht genau, er glaubte nur so etwas von weiten, ge¬
hört zu haben, und wirklich stand Onkel Franz entweder als vormaliger ron6 oder
als gegenwärtiger unverbesserlicher Verschwender unter einer Art von Familien¬
vormundschaft, an der sich auch das jüngere Geschlecht der Nichttanten und Nicht-
oukel beteiligen zu müssen glaubte. Er war, seitdem Rosas Bruder Leudcck
verlassen hatte, außer dem Onkel Bernhard der einzige männliche Reetzow im
Familienheim. Wer darin unter des alten Schloßherrn von Luuzenau und dessen
Gattin, Tante Minnas Oberbefehl regierte, ob Onkel Bernhard oder Tante Malwine,


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[0162] Der geflügelte Sieger Seitentüren für gewöhnlich geschlossen waren. Auf der andern Seite des langen Ganges befanden sich die Küchen und Schlafzimmer. Wenn Fremde nach Leudeck kamen, die als Verwandte ans einen offiziellen Empfang Anrecht hatten oder aus besondern Gründen eines solchen gewürdigt wurden, so wurde durch Öffnen sämt¬ licher Seitentüreu die „Enfilade" hergestellt, und es kam zu Empfangsfeierlichkeiten, die seltsam genug waren. Während man im ersten Zimmer Tante Adelens Gast gewesen war, kam man im zweiten zu Taute Ernestine und deren Tochter Rosa. Es wäre eine völlige Verkennung der Verhältnisse gewesen, wenn man sich an der Tante Ernestinens Zimmer mit dem von Tante Adele verbindenden Tür nicht feierlich von dieser, die man freilich später bei einem gemeinsam einzunehmenden Kaffee wiederzusehen hoffte, verabschiedet hätte, denn auch für sie wäre es gegen alle Regeln der Leudecker Etikette gewesen, wenn sie sich auch nur mit der äußersten Fußspitze über die zu ihrem Zimmer gehörende Hälfte der Türschwelle vorgewagt hätte. Zum Glück hatten die Lendecker Herren und Damen keine Chefinhaber¬ stellen von Regimentern zu vergeben: der durch mehrere solcher Juhaberstellen aus¬ gezeichnete Gast hätte einen Uniformswechsel nur zwischen doppelten Portieren und auch da kaum ohne Schwierigkeit und Zeitverlust bewirken können. Der alte Herr von Reetzow, das Haupt der Familie und Lembecks Schirmvogt, bewohnte mit den Seinen eine halbe Stunde davon in Lunzcnau ein stattliches Schloß mit ueucmgelegtem, aus dem Kampf mit dem Urhund noch nicht siegreich hervor- geganguem Park. Leudeck war freilich „sein" Lembeck, denn die Fürsorge für seine Bewohner lag ihm in jeder Weise ob, aber einfach war diese Fürsorge nicht, denn von den lieben Lendeckern lebte jeder ein bißchen von einem selbstgespartcn oder ererbten Kapitälchen, ein bißchen von allerhand im Lehnswege unter den kompli¬ ziertesten Formen gestifteten Sümmchen, und — last, not least. von dem, was der alte Herr an Holz, Mehl, Butter, Milch, Obst, Geräucherten und Gepökeltem, Gebacknem und Gebratnem mit freigebiger Hand zuschoß. Mancher hätte es in Leudeck uicht eine Woche ausgehalten, aber brav waren die Lendecker, Sparhelden und Sparheldinnen. Wenn wirklich, wie ja von Sachverständigen behauptet wird, das mehrmalige Nmundumweudeu eines Nickels, bevor man sich von ihm trennt, Wunder wirkt, so war Leudeck ein solches Wunderland. Von der Luft lebten ja die lieben Leudecker nicht, das hatten sie trotz dem besten Willen nicht fertig ge¬ bracht, aber in Leudeck langte ein Nickel zehnmal weiter als bei Bleichröder zehn goldne Wilhelme. Nur der Onkel Franz, von dessen Jugendstreichen — Droschken erster Güte, Batisttaschentücher und ein bis zum letzten Blatte gefülltes Schau- spielerinnenalbum — unter sieben Siegeln Haarsträubendes erzählt wurde, war auch auf seine alten Tage kein „guter Wirt" geworden. Tante Malwine, der nicht cmfgegangne Stiftsdamenkern, bezeichnete ihn, wenn man unter sich war, als pkmwr xeros, und Rosas Bruder, ein tadelloser Leutnant, der in Berlin mit einem Kolibrizuschuß allen Stcmdesanforderungcn genügte, vertraute in einem unbewachten Augenblick einem Freunde an, er glaube, Onkel Franz habe in seiner Jugend ein Verhältnis mit einer — Tänzerin gehabt. Leudeck und eine Tänzerin! Leutnant Hans wußte es allerdings nicht genau, er glaubte nur so etwas von weiten, ge¬ hört zu haben, und wirklich stand Onkel Franz entweder als vormaliger ron6 oder als gegenwärtiger unverbesserlicher Verschwender unter einer Art von Familien¬ vormundschaft, an der sich auch das jüngere Geschlecht der Nichttanten und Nicht- oukel beteiligen zu müssen glaubte. Er war, seitdem Rosas Bruder Leudcck verlassen hatte, außer dem Onkel Bernhard der einzige männliche Reetzow im Familienheim. Wer darin unter des alten Schloßherrn von Luuzenau und dessen Gattin, Tante Minnas Oberbefehl regierte, ob Onkel Bernhard oder Tante Malwine,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/162>, abgerufen am 30.06.2024.