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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Die Iveiterentwickiung der Linnenschiffabrt in Deutschland

auf 7 Meter zu bringen. Darein hat Preußen rechtskräftig eingewilligt. Nun
mangelt aber noch die Zustimmung Oldenburgs, das als Uferstaat an der
Unterweser unentscheidend ist, Oldenburg stellt nun allerlei Bedingungen, nnter
denen die Erbauung eines Kanals von der Stadt Oldenburg nach dem Dort¬
mund-Emskanal die wichtigste ist, und zwar verlangt es von Bremen einen
Beitrag dazu. Dieser Hunde-Emskanal wird dem Hannover-Rheinkanal eine
zweite Verbindung mit der Weser verschaffen, andrerseits aber den Verkehr zer¬
splittern und damit auf die Entwicklung der Gebühren nachteilig einwirken. Es
ist noch nicht bekannt geworden, ob Bremen hierauf eingehn wird; bis jetzt
scheinen die Verhandlungen zu stocken, und damit wird noch eine der Bedingungen
für den Mittellandkanal in Frage gestellt.

Beschlossen ist ferner der Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin. Es ist auf
dieser 150 Kilometer laugen Strecke schon jetzt ein Kanal vorhanden, auf dem
jedoch nur Schiffe von 170 Tonnen verkehren können. Jetzt soll er für solche
von 000 Tonnen eingerichtet werden, wobei die alte Trasse nur wenig abge¬
ändert wird. Er erhält Abmessungen von 20 Meter Sohlenbreite und 2,3 Meter
Tiefe, Es unterliegt keinem Zweifel, daß damit Stettin wieder in den Besitz
eines sehr umfassenden Handels mit Berlin kommen wird. Auch können
Stettiner Schiffe diese Straße benutzen, um nach Breslau zu fahren, wenn der
natürliche Stromlauf der mittlern Oder im Sommer nicht Wasser genug hat.
Und nicht nur das, Stettin wird dann eine leistungsfähige Wasserstraße nach
der Elbe, nach Magdeburg, Böhmen, nach Hannover und weiter bis zum Rhein
haben.

Beschlossen ist ferner die Kanalisation des Mains von Frankfurt bis
Aschaffenburg. Es war Bayerns lebhafter Wunsch, die Mainschiffahrt bis
Aschaffenburg und vielleicht noch weiter auszudehnen. Man denkt sogar auf
den an Nürnberg vorbeigehenden alten Ludwigstamll zurückzukommen und über
diese mittelalterliche Hauptstadt Deutschlands nach Kelheim an der Donau zu
gehn. Preußen hat eingewilligt, jedoch nnter dem Vorbehalt, daß die Ein¬
führung von Schiffahrtsabgaben auf den offnen Strömen -- auch noch eine
der Bedingungen für den Hannover-Nheinkanal - zustande komme. Hiermit
hapert es bis jetzt immer noch. Von Aschaffenburg bis Kelheim wären es
460 Kilometer. Das ganze Projekt wäre also von allen das bedeutendste. Es
liegen aber große Schwierigkeiten darin, daß auf der Hochfläche zwischen Main
und Donau zu wenig Wasser ist.

Ernstlich projektiert wird der masurische Kanal, eine Verbindung zwischen
dein Pregel (und dadurch auch Königsberg) und der masurischen Seenplatte,
Er verbindet den Pregel durch die Alle mit einem ganzen Komplex von Seen.
Man hofft, Rußland dafür gewinnen zu können, daß es in die Fortsetzung des
masurischen Kanals von Johannisburg an der Südgrenze Ostpreußens nach
Rooo-Georgiewsk ein der Weichsel einwillige Das würde Königsberg eine
Verbindung mit Warschau verschaffen. Der Plan zur Erbauung des masurischen


Die Iveiterentwickiung der Linnenschiffabrt in Deutschland

auf 7 Meter zu bringen. Darein hat Preußen rechtskräftig eingewilligt. Nun
mangelt aber noch die Zustimmung Oldenburgs, das als Uferstaat an der
Unterweser unentscheidend ist, Oldenburg stellt nun allerlei Bedingungen, nnter
denen die Erbauung eines Kanals von der Stadt Oldenburg nach dem Dort¬
mund-Emskanal die wichtigste ist, und zwar verlangt es von Bremen einen
Beitrag dazu. Dieser Hunde-Emskanal wird dem Hannover-Rheinkanal eine
zweite Verbindung mit der Weser verschaffen, andrerseits aber den Verkehr zer¬
splittern und damit auf die Entwicklung der Gebühren nachteilig einwirken. Es
ist noch nicht bekannt geworden, ob Bremen hierauf eingehn wird; bis jetzt
scheinen die Verhandlungen zu stocken, und damit wird noch eine der Bedingungen
für den Mittellandkanal in Frage gestellt.

Beschlossen ist ferner der Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin. Es ist auf
dieser 150 Kilometer laugen Strecke schon jetzt ein Kanal vorhanden, auf dem
jedoch nur Schiffe von 170 Tonnen verkehren können. Jetzt soll er für solche
von 000 Tonnen eingerichtet werden, wobei die alte Trasse nur wenig abge¬
ändert wird. Er erhält Abmessungen von 20 Meter Sohlenbreite und 2,3 Meter
Tiefe, Es unterliegt keinem Zweifel, daß damit Stettin wieder in den Besitz
eines sehr umfassenden Handels mit Berlin kommen wird. Auch können
Stettiner Schiffe diese Straße benutzen, um nach Breslau zu fahren, wenn der
natürliche Stromlauf der mittlern Oder im Sommer nicht Wasser genug hat.
Und nicht nur das, Stettin wird dann eine leistungsfähige Wasserstraße nach
der Elbe, nach Magdeburg, Böhmen, nach Hannover und weiter bis zum Rhein
haben.

Beschlossen ist ferner die Kanalisation des Mains von Frankfurt bis
Aschaffenburg. Es war Bayerns lebhafter Wunsch, die Mainschiffahrt bis
Aschaffenburg und vielleicht noch weiter auszudehnen. Man denkt sogar auf
den an Nürnberg vorbeigehenden alten Ludwigstamll zurückzukommen und über
diese mittelalterliche Hauptstadt Deutschlands nach Kelheim an der Donau zu
gehn. Preußen hat eingewilligt, jedoch nnter dem Vorbehalt, daß die Ein¬
führung von Schiffahrtsabgaben auf den offnen Strömen — auch noch eine
der Bedingungen für den Hannover-Nheinkanal - zustande komme. Hiermit
hapert es bis jetzt immer noch. Von Aschaffenburg bis Kelheim wären es
460 Kilometer. Das ganze Projekt wäre also von allen das bedeutendste. Es
liegen aber große Schwierigkeiten darin, daß auf der Hochfläche zwischen Main
und Donau zu wenig Wasser ist.

Ernstlich projektiert wird der masurische Kanal, eine Verbindung zwischen
dein Pregel (und dadurch auch Königsberg) und der masurischen Seenplatte,
Er verbindet den Pregel durch die Alle mit einem ganzen Komplex von Seen.
Man hofft, Rußland dafür gewinnen zu können, daß es in die Fortsetzung des
masurischen Kanals von Johannisburg an der Südgrenze Ostpreußens nach
Rooo-Georgiewsk ein der Weichsel einwillige Das würde Königsberg eine
Verbindung mit Warschau verschaffen. Der Plan zur Erbauung des masurischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/460>, abgerufen am 25.08.2024.