Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.In der Residenz zu Uleinhausen der Gereiztheit des Mannes etwas andres stecken müsse. Das habe sich auch sofort Verständnislos hatte der Vater seinen Sohn angeschaut. Es ist wegen der Fürstin -- sagte Robert lächelnd, sie war sehr gnädig gegen Aber es zuckte bei dieser Lüge doch um seinen Mund. Und wenn ich dann weg bin, wird er dich gewiß, von jetzt ab, endgiltig in Wir wollens abwarten, sagte der Alte kopfschüttelnd. Die Sache war ihm Nein, Vater, ich wäre so wie so weggegangen. Noch eins! sag der Mutter Als Robert später ins Wohnzimmer trat, fand er seine Eltern behaglich Un denk auch, Batterie, all des Torf, das mir grad für der Winter an¬ Nun, Mutter, so ists ja doppelt gut, daß wir bleiben -- ich fühl mich auch Robert zog sich einen Stuhl heran. O schau, Robbert, ich weiß, daß du nie nix aufs bete gäbe bases -- aber jetz Robert schwieg. Übermorgen muß ich reisen, Mutter, sagte er dann und nahm ihre Hand. Der Alte schaute verlegen in seinen Suppenteller, aber der Papagei legte den Ja aber Robbert, isch denn dei Wahns auch scho dronte? Erschreckt sprang die alte Frau in die Höhe und lief, den Kopf schüttelnd, So ging für Robert der letzte Tag in Kleinhansen zur Rüste. Seine Sachen Da standen die braunen Georginen in der Abendsonne, traurig hingen sie Das alles sah Robert mit müden Augen. Er dachte an das kalte, düstere In der Residenz zu Uleinhausen der Gereiztheit des Mannes etwas andres stecken müsse. Das habe sich auch sofort Verständnislos hatte der Vater seinen Sohn angeschaut. Es ist wegen der Fürstin — sagte Robert lächelnd, sie war sehr gnädig gegen Aber es zuckte bei dieser Lüge doch um seinen Mund. Und wenn ich dann weg bin, wird er dich gewiß, von jetzt ab, endgiltig in Wir wollens abwarten, sagte der Alte kopfschüttelnd. Die Sache war ihm Nein, Vater, ich wäre so wie so weggegangen. Noch eins! sag der Mutter Als Robert später ins Wohnzimmer trat, fand er seine Eltern behaglich Un denk auch, Batterie, all des Torf, das mir grad für der Winter an¬ Nun, Mutter, so ists ja doppelt gut, daß wir bleiben — ich fühl mich auch Robert zog sich einen Stuhl heran. O schau, Robbert, ich weiß, daß du nie nix aufs bete gäbe bases — aber jetz Robert schwieg. Übermorgen muß ich reisen, Mutter, sagte er dann und nahm ihre Hand. Der Alte schaute verlegen in seinen Suppenteller, aber der Papagei legte den Ja aber Robbert, isch denn dei Wahns auch scho dronte? Erschreckt sprang die alte Frau in die Höhe und lief, den Kopf schüttelnd, So ging für Robert der letzte Tag in Kleinhansen zur Rüste. Seine Sachen Da standen die braunen Georginen in der Abendsonne, traurig hingen sie Das alles sah Robert mit müden Augen. Er dachte an das kalte, düstere <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0282" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300781"/> <fw type="header" place="top"> In der Residenz zu Uleinhausen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1153" prev="#ID_1152"> der Gereiztheit des Mannes etwas andres stecken müsse. Das habe sich auch sofort<lb/> gezeigt. Nun also — schließlich — der Minister verzichte auf die Unterschrift,<lb/> und alles andre bleibe beim alten, wenn er, Robert, vorläufig die Residenz verlasse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154"> Verständnislos hatte der Vater seinen Sohn angeschaut.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155"> Es ist wegen der Fürstin — sagte Robert lächelnd, sie war sehr gnädig gegen<lb/> mich, und das beunruhigte Seine Exzellenz. Du rennst ja seinen steten Argwohn,<lb/> wenn die Herrschaften ihre Augen auf jemand anders wenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1156"> Aber es zuckte bei dieser Lüge doch um seinen Mund.</p><lb/> <p xml:id="ID_1157"> Und wenn ich dann weg bin, wird er dich gewiß, von jetzt ab, endgiltig in<lb/> Ruhe lassen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1158"> Wir wollens abwarten, sagte der Alte kopfschüttelnd. Die Sache war ihm<lb/> nicht ganz geheuer. Nun, dir wirds ja wohl kein Schmerz sein, wenn du aus<lb/> dem Jammernest rauskommst! Sonst müßt ich mir noch Vorwürfe machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1159"> Nein, Vater, ich wäre so wie so weggegangen. Noch eins! sag der Mutter<lb/> nicht den Grund — mit der Fürstin — es ist mir lieber so.</p><lb/> <p xml:id="ID_1160"> Als Robert später ins Wohnzimmer trat, fand er seine Eltern behaglich<lb/> plaudernd vorm Eßtisch auf dem Sofa sitzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1161"> Un denk auch, Batterie, all des Torf, das mir grad für der Winter an¬<lb/> gschafft habe — ja, an die zehntausend Stück! Wer hätt uns des an noch in der<lb/> Eil abnehme könne, jetz, wo die Leut versorgt sin? Un die gelbe Rübe sin an<lb/> noch all in der Erd — un die Schwarzwurzle — ja, und erscht noch Wege —</p><lb/> <p xml:id="ID_1162"> Nun, Mutter, so ists ja doppelt gut, daß wir bleiben — ich fühl mich auch<lb/> noch nicht zu alt zum Arbeiten. Und er klopfte ihr auf die runde Schulter.</p><lb/> <p xml:id="ID_1163"> Robert zog sich einen Stuhl heran.</p><lb/> <p xml:id="ID_1164"> O schau, Robbert, ich weiß, daß du nie nix aufs bete gäbe bases — aber jetz<lb/> bases du der Beweis dafür! Ich hab nit umsonscht all die letschte Tag der lieb<lb/> Gott so bittet, daß er dem Minischter sei bares Herz umwende mög.</p><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Robert schwieg.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166"> Übermorgen muß ich reisen, Mutter, sagte er dann und nahm ihre Hand.<lb/> Ich bekam einen Brief vom Kunsthändler, er will Bilder von mir haben. Ich<lb/> gehe nach Berlin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1167"> Der Alte schaute verlegen in seinen Suppenteller, aber der Papagei legte den<lb/> Kopf auf die Seite und rief: Baher Bu! daher Bu!</p><lb/> <p xml:id="ID_1168"> Ja aber Robbert, isch denn dei Wahns auch scho dronte?</p><lb/> <p xml:id="ID_1169"> Erschreckt sprang die alte Frau in die Höhe und lief, den Kopf schüttelnd,<lb/> die Speichertreppe hinauf.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1170"> So ging für Robert der letzte Tag in Kleinhansen zur Rüste. Seine Sachen<lb/> standen gepackt, aber immer war ihm, als habe er noch etwas vergessen. Suchend<lb/> lief er durch den Garten. So leer wars in ihm, so trostlos leer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1171"> Da standen die braunen Georginen in der Abendsonne, traurig hingen sie<lb/> die schweren Köpfe; ein erster Nachtfrost mußte auf sie gefallen sein. Aus der<lb/> Rabatte stieg Resedenduft auf; in den kahlen Zweigen darüber hing ein letzter<lb/> roter Apfel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1172"> Das alles sah Robert mit müden Augen. Er dachte an das kalte, düstere<lb/> Atelier, das er nun würde suchen müssen, an sein einsames Ringen wieder den<lb/> langen Winter hindurch. Und für was? für wen? Grau lag das Leben vor ihm.<lb/> Nur die Erinnerung an die Fürstin brannte wie ein rotes Mal daraus hervor.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0282]
In der Residenz zu Uleinhausen
der Gereiztheit des Mannes etwas andres stecken müsse. Das habe sich auch sofort
gezeigt. Nun also — schließlich — der Minister verzichte auf die Unterschrift,
und alles andre bleibe beim alten, wenn er, Robert, vorläufig die Residenz verlasse.
Verständnislos hatte der Vater seinen Sohn angeschaut.
Es ist wegen der Fürstin — sagte Robert lächelnd, sie war sehr gnädig gegen
mich, und das beunruhigte Seine Exzellenz. Du rennst ja seinen steten Argwohn,
wenn die Herrschaften ihre Augen auf jemand anders wenden.
Aber es zuckte bei dieser Lüge doch um seinen Mund.
Und wenn ich dann weg bin, wird er dich gewiß, von jetzt ab, endgiltig in
Ruhe lassen!
Wir wollens abwarten, sagte der Alte kopfschüttelnd. Die Sache war ihm
nicht ganz geheuer. Nun, dir wirds ja wohl kein Schmerz sein, wenn du aus
dem Jammernest rauskommst! Sonst müßt ich mir noch Vorwürfe machen.
Nein, Vater, ich wäre so wie so weggegangen. Noch eins! sag der Mutter
nicht den Grund — mit der Fürstin — es ist mir lieber so.
Als Robert später ins Wohnzimmer trat, fand er seine Eltern behaglich
plaudernd vorm Eßtisch auf dem Sofa sitzen.
Un denk auch, Batterie, all des Torf, das mir grad für der Winter an¬
gschafft habe — ja, an die zehntausend Stück! Wer hätt uns des an noch in der
Eil abnehme könne, jetz, wo die Leut versorgt sin? Un die gelbe Rübe sin an
noch all in der Erd — un die Schwarzwurzle — ja, und erscht noch Wege —
Nun, Mutter, so ists ja doppelt gut, daß wir bleiben — ich fühl mich auch
noch nicht zu alt zum Arbeiten. Und er klopfte ihr auf die runde Schulter.
Robert zog sich einen Stuhl heran.
O schau, Robbert, ich weiß, daß du nie nix aufs bete gäbe bases — aber jetz
bases du der Beweis dafür! Ich hab nit umsonscht all die letschte Tag der lieb
Gott so bittet, daß er dem Minischter sei bares Herz umwende mög.
Robert schwieg.
Übermorgen muß ich reisen, Mutter, sagte er dann und nahm ihre Hand.
Ich bekam einen Brief vom Kunsthändler, er will Bilder von mir haben. Ich
gehe nach Berlin.
Der Alte schaute verlegen in seinen Suppenteller, aber der Papagei legte den
Kopf auf die Seite und rief: Baher Bu! daher Bu!
Ja aber Robbert, isch denn dei Wahns auch scho dronte?
Erschreckt sprang die alte Frau in die Höhe und lief, den Kopf schüttelnd,
die Speichertreppe hinauf.
So ging für Robert der letzte Tag in Kleinhansen zur Rüste. Seine Sachen
standen gepackt, aber immer war ihm, als habe er noch etwas vergessen. Suchend
lief er durch den Garten. So leer wars in ihm, so trostlos leer.
Da standen die braunen Georginen in der Abendsonne, traurig hingen sie
die schweren Köpfe; ein erster Nachtfrost mußte auf sie gefallen sein. Aus der
Rabatte stieg Resedenduft auf; in den kahlen Zweigen darüber hing ein letzter
roter Apfel.
Das alles sah Robert mit müden Augen. Er dachte an das kalte, düstere
Atelier, das er nun würde suchen müssen, an sein einsames Ringen wieder den
langen Winter hindurch. Und für was? für wen? Grau lag das Leben vor ihm.
Nur die Erinnerung an die Fürstin brannte wie ein rotes Mal daraus hervor.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |