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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

zuwenden, als sich derselbe Heinrich der Achte 1543 -- siebzehn Jahre spater -- mit
dem Kaiser zur gänzlichen Eroberung Frankreichs verband. Ja während der Kaiser
schon im Herbst 1544 seinen Frieden von Crepy mit Frankreich schloß, dauerte der
Krieg mit England bis zum Juni 1546. Man sieht daraus, daß auch in alter
vorparlamentarischer Zeit die "Erdeulen" Englands recht wechselnder Natur gewesen
sind, und daß sür die Times gerade kein Anlaß vorliegt, jene Politik als eine
Ruhmestradition für England in Anspruch zu nehmen.

Im großen und ganzen wird bei der deutschen Presse zurzeit wenig Neigung
vorhanden sein, in die durch die englische Publizistik fortgesponnene Polemik einzu¬
treten; man wird sich darauf beschränken dürfen, die publizistischen Wetterzelchen
von der englischen Küste zu registrieren und im übrigen zu warten, bis bestimmte
Fragen zwischen Deutschland und England vorliegen. Sollte England in der Tat
gewillt sein, auf der Haager Konferenz positive Abrüstungsvorschläge zu machen,
so werden ja schon diese hinreichenden Stoff zu Erörterungen bieten, auch wenn
die Herrn Campbell-Bannermcm neuerdings in den Mund gelegten Äußerungen
über Deutschland und die Gründe unsrer angeblichen Isolierung tatsächlich gefallen
sein sollten. Gegenwärtig scheinen die englischen Blätter bei Deutschland ein An¬
näherungsbedürfnis vorauszusetzen, das entweder gar nicht oder doch nur in sehr
geringem Umfange vorhanden ist. Am allerwenigsten besteht irgendwo in Deutsch¬
land der Wunsch, England eine Freundschaft aufzudrängen oder Frankreich aus
dieser Freundschaft zu verdrängen. Jede Politik ist immer in" besten daran wenn
W mit klaren Verhältnissen zu rechnen vermag; es ist deshalb für Deu schland gar
kein Grund vorhanden, ein so klares Verhältnis wie das der engli,es-französischen
Entente zu stören Die Pakt Malt Gazette ist der Ansicht, daß der Schwerpunkt
der englischen Politik weit mehr in der Anwesenheit des Generals French beiden
französischen Manövern zum Ausdruck gekommen sei als in der des Herrn Ha d°ne
in Berlin. Diese Auffassung, die von einigen Blättern als sehr grob bezeichnet
wird, ist durchaus richtig, wir haben vom deutschen Standpunkt aus dagegen gar
nichts einzuwenden, auch wenn mit einigem Recht bezweifelt werden darf, daß die
Ansicht des britischen Kabinetts darin zum Ausdruck gelangt i t. Herr Haldcme
hat in Berlin, wie von englischer Seite bezeugt wird, das denkbar weiteste Ent¬
gegenkommen gefunden. Deutsche Blätter haben sogar Besorgnisse geäußert, ob das
w gegenwärtigen Zeitläuften einem englischen Kriegsminister gegenüber am Platze
Wäre. Man darf aber vielleicht doch der Ansicht sein, daß ,e gründlicher ein eng¬
ischer Kriegsminister die deutschen Heeresinstitutionen kennen lernt er desto mehr
selbst Bedenken haben wird, das französisch-englische Einvernehmen um Sinne eines
Kriegsbündnisses auszubauen. . ^ .

^
, Die wenig erfreulichen kolonialpolitischen Erörterungen in der deutschen Press¬
end neuerdings um einen häßlichen Zuwachs bereichert worden, der sich zedoch zum
Glück mehr als w Z itungsgezänk denn als ein kolonialpolitischer Vorgang ken,i-
Kchnet und durch das eingeleitete gerichtliche Nachspiel seinen Austrag senden
Die Erregung. die einige Tage hindurch in einem Teil der Pr s e weg n ^B°du Kubub-Keetmanshop bestand oder si'^ert wurde ist eb^Weben man sich überzeug! hat. daß der Reichskanzler auf die Antrage des Oberst n
v°n Deimling wenn auch vielleicht ungern, nicht eingegangen ist und d w ^Einwendungen von militärischer Seite durch das Gutachten des G oß n General
Stabes. und dessen Übereinstimmung, vollkommen gedeckt ist D°alt ff n ehe aus
gesprochen, daß auch die Vorbereitungen für diesen B°in'ba.. s wei sie ^Festlegung der Richtung, die genauen Berechnungen des Materi^ "ut sonstigen
technischen Festlegungen betreffen, ebenfalls zu unterbleiben haben. Das korrekte


Grenzboten III 1906
Maßgebliches und Unmaßgebliches

zuwenden, als sich derselbe Heinrich der Achte 1543 — siebzehn Jahre spater — mit
dem Kaiser zur gänzlichen Eroberung Frankreichs verband. Ja während der Kaiser
schon im Herbst 1544 seinen Frieden von Crepy mit Frankreich schloß, dauerte der
Krieg mit England bis zum Juni 1546. Man sieht daraus, daß auch in alter
vorparlamentarischer Zeit die „Erdeulen" Englands recht wechselnder Natur gewesen
sind, und daß sür die Times gerade kein Anlaß vorliegt, jene Politik als eine
Ruhmestradition für England in Anspruch zu nehmen.

Im großen und ganzen wird bei der deutschen Presse zurzeit wenig Neigung
vorhanden sein, in die durch die englische Publizistik fortgesponnene Polemik einzu¬
treten; man wird sich darauf beschränken dürfen, die publizistischen Wetterzelchen
von der englischen Küste zu registrieren und im übrigen zu warten, bis bestimmte
Fragen zwischen Deutschland und England vorliegen. Sollte England in der Tat
gewillt sein, auf der Haager Konferenz positive Abrüstungsvorschläge zu machen,
so werden ja schon diese hinreichenden Stoff zu Erörterungen bieten, auch wenn
die Herrn Campbell-Bannermcm neuerdings in den Mund gelegten Äußerungen
über Deutschland und die Gründe unsrer angeblichen Isolierung tatsächlich gefallen
sein sollten. Gegenwärtig scheinen die englischen Blätter bei Deutschland ein An¬
näherungsbedürfnis vorauszusetzen, das entweder gar nicht oder doch nur in sehr
geringem Umfange vorhanden ist. Am allerwenigsten besteht irgendwo in Deutsch¬
land der Wunsch, England eine Freundschaft aufzudrängen oder Frankreich aus
dieser Freundschaft zu verdrängen. Jede Politik ist immer in» besten daran wenn
W mit klaren Verhältnissen zu rechnen vermag; es ist deshalb für Deu schland gar
kein Grund vorhanden, ein so klares Verhältnis wie das der engli,es-französischen
Entente zu stören Die Pakt Malt Gazette ist der Ansicht, daß der Schwerpunkt
der englischen Politik weit mehr in der Anwesenheit des Generals French beiden
französischen Manövern zum Ausdruck gekommen sei als in der des Herrn Ha d°ne
in Berlin. Diese Auffassung, die von einigen Blättern als sehr grob bezeichnet
wird, ist durchaus richtig, wir haben vom deutschen Standpunkt aus dagegen gar
nichts einzuwenden, auch wenn mit einigem Recht bezweifelt werden darf, daß die
Ansicht des britischen Kabinetts darin zum Ausdruck gelangt i t. Herr Haldcme
hat in Berlin, wie von englischer Seite bezeugt wird, das denkbar weiteste Ent¬
gegenkommen gefunden. Deutsche Blätter haben sogar Besorgnisse geäußert, ob das
w gegenwärtigen Zeitläuften einem englischen Kriegsminister gegenüber am Platze
Wäre. Man darf aber vielleicht doch der Ansicht sein, daß ,e gründlicher ein eng¬
ischer Kriegsminister die deutschen Heeresinstitutionen kennen lernt er desto mehr
selbst Bedenken haben wird, das französisch-englische Einvernehmen um Sinne eines
Kriegsbündnisses auszubauen. . ^ .

^
, Die wenig erfreulichen kolonialpolitischen Erörterungen in der deutschen Press¬
end neuerdings um einen häßlichen Zuwachs bereichert worden, der sich zedoch zum
Glück mehr als w Z itungsgezänk denn als ein kolonialpolitischer Vorgang ken,i-
Kchnet und durch das eingeleitete gerichtliche Nachspiel seinen Austrag senden
Die Erregung. die einige Tage hindurch in einem Teil der Pr s e weg n ^B°du Kubub-Keetmanshop bestand oder si'^ert wurde ist eb^Weben man sich überzeug! hat. daß der Reichskanzler auf die Antrage des Oberst n
v°n Deimling wenn auch vielleicht ungern, nicht eingegangen ist und d w ^Einwendungen von militärischer Seite durch das Gutachten des G oß n General
Stabes. und dessen Übereinstimmung, vollkommen gedeckt ist D°alt ff n ehe aus
gesprochen, daß auch die Vorbereitungen für diesen B°in'ba.. s wei sie ^Festlegung der Richtung, die genauen Berechnungen des Materi^ »ut sonstigen
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Grenzboten III 1906
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[0597] Maßgebliches und Unmaßgebliches zuwenden, als sich derselbe Heinrich der Achte 1543 — siebzehn Jahre spater — mit dem Kaiser zur gänzlichen Eroberung Frankreichs verband. Ja während der Kaiser schon im Herbst 1544 seinen Frieden von Crepy mit Frankreich schloß, dauerte der Krieg mit England bis zum Juni 1546. Man sieht daraus, daß auch in alter vorparlamentarischer Zeit die „Erdeulen" Englands recht wechselnder Natur gewesen sind, und daß sür die Times gerade kein Anlaß vorliegt, jene Politik als eine Ruhmestradition für England in Anspruch zu nehmen. Im großen und ganzen wird bei der deutschen Presse zurzeit wenig Neigung vorhanden sein, in die durch die englische Publizistik fortgesponnene Polemik einzu¬ treten; man wird sich darauf beschränken dürfen, die publizistischen Wetterzelchen von der englischen Küste zu registrieren und im übrigen zu warten, bis bestimmte Fragen zwischen Deutschland und England vorliegen. Sollte England in der Tat gewillt sein, auf der Haager Konferenz positive Abrüstungsvorschläge zu machen, so werden ja schon diese hinreichenden Stoff zu Erörterungen bieten, auch wenn die Herrn Campbell-Bannermcm neuerdings in den Mund gelegten Äußerungen über Deutschland und die Gründe unsrer angeblichen Isolierung tatsächlich gefallen sein sollten. Gegenwärtig scheinen die englischen Blätter bei Deutschland ein An¬ näherungsbedürfnis vorauszusetzen, das entweder gar nicht oder doch nur in sehr geringem Umfange vorhanden ist. Am allerwenigsten besteht irgendwo in Deutsch¬ land der Wunsch, England eine Freundschaft aufzudrängen oder Frankreich aus dieser Freundschaft zu verdrängen. Jede Politik ist immer in» besten daran wenn W mit klaren Verhältnissen zu rechnen vermag; es ist deshalb für Deu schland gar kein Grund vorhanden, ein so klares Verhältnis wie das der engli,es-französischen Entente zu stören Die Pakt Malt Gazette ist der Ansicht, daß der Schwerpunkt der englischen Politik weit mehr in der Anwesenheit des Generals French beiden französischen Manövern zum Ausdruck gekommen sei als in der des Herrn Ha d°ne in Berlin. Diese Auffassung, die von einigen Blättern als sehr grob bezeichnet wird, ist durchaus richtig, wir haben vom deutschen Standpunkt aus dagegen gar nichts einzuwenden, auch wenn mit einigem Recht bezweifelt werden darf, daß die Ansicht des britischen Kabinetts darin zum Ausdruck gelangt i t. Herr Haldcme hat in Berlin, wie von englischer Seite bezeugt wird, das denkbar weiteste Ent¬ gegenkommen gefunden. Deutsche Blätter haben sogar Besorgnisse geäußert, ob das w gegenwärtigen Zeitläuften einem englischen Kriegsminister gegenüber am Platze Wäre. Man darf aber vielleicht doch der Ansicht sein, daß ,e gründlicher ein eng¬ ischer Kriegsminister die deutschen Heeresinstitutionen kennen lernt er desto mehr selbst Bedenken haben wird, das französisch-englische Einvernehmen um Sinne eines Kriegsbündnisses auszubauen. . ^ . ^ , Die wenig erfreulichen kolonialpolitischen Erörterungen in der deutschen Press¬ end neuerdings um einen häßlichen Zuwachs bereichert worden, der sich zedoch zum Glück mehr als w Z itungsgezänk denn als ein kolonialpolitischer Vorgang ken,i- Kchnet und durch das eingeleitete gerichtliche Nachspiel seinen Austrag senden Die Erregung. die einige Tage hindurch in einem Teil der Pr s e weg n ^B°du Kubub-Keetmanshop bestand oder si'^ert wurde ist eb^Weben man sich überzeug! hat. daß der Reichskanzler auf die Antrage des Oberst n v°n Deimling wenn auch vielleicht ungern, nicht eingegangen ist und d w ^Einwendungen von militärischer Seite durch das Gutachten des G oß n General Stabes. und dessen Übereinstimmung, vollkommen gedeckt ist D°alt ff n ehe aus gesprochen, daß auch die Vorbereitungen für diesen B°in'ba.. s wei sie ^Festlegung der Richtung, die genauen Berechnungen des Materi^ »ut sonstigen technischen Festlegungen betreffen, ebenfalls zu unterbleiben haben. Das korrekte Grenzboten III 1906

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/597>, abgerufen am 27.12.2024.