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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Elizabeth j?erey

Du mußt hineingehn -- sofort. Natürlich mußt du hineingehn. Es ist auch
schon spät.

Aber ich will nicht. Ich will lieber frieren. Nimm mich auf deinen Schoß,
dann kann ich die Füße unter das Kleid hinaufziehn ...

Nein, sagte er und setzte sie bestimmt nieder. Ich will nicht, daß du krank
werden sollst, und ... Er zog sie noch einmal an sich -- es wurde ihm schwer,
ste wieder zu lassen. Die Arme um ihre Taille sah er ihr tief in die Augen mit
einem starken und feurig fragenden Blick, vor dem sie, nachdem sie ihm erst be¬
gegnet war, langsam den Kopf abwandte.

. Nein, murmelte er und schob sie sanft von sich. Ich . . . Ich - . . Er führte
die Hand über die Stirn. Geht hinein, Lady Eltzabeth!

... sagte sie leise -- plötzlich nachgebend und gehorsam, die Wangen mit
neferm Rot gefüllt als bisher.

Oben auf der dunkeln Treppe saß Amelia, die Knie fast unter das Kinn ge¬
igen, und wartete auf sie. Lady Elizabeth, die auf ihren dünnen Schuhen daherkam,
i^se so leicht, als flöge sie, war nahe daran, über sie zu fallen.

Amelia führte sie hinein -- atemlos, mit heißen Wangen, eiskalt an Händen
und Füßen.

Es wird sich schon geben ... mit einem kleinen, verlegner, halb entschuldigenden
^chen sah Lady Elizabeth auf Amelia hinab, die -- schweigend, beleidigt -- vor
auf den Knien lag und ihr die Füße rieb.

. Die Frau Gräfin hat geschickt -- bequemte sich Amelia endlich zu sagen. Ich
>"gte, Mylady schlafe.

Lady Elizabeth beugte sich hinab und streichelte scheu Amelias Wange. Aber
i^e sagte nichts weiter als: Es ist mir ganz einerlei, was man glaubt.

Lady Elizabeth lag im Bette, vor Kälte zitternd. Amelia ging hin und her
und räumte auf beim Scheine einer ungeputzten Kerze auf der Truhe. Sie war
höchlich beleidigt, weil ihre Herrin, die in jeder andern Richtung so offenherzig war,
M nie das Geringste anvertraute, sobald es sich um Kapitän Percy handelte. Als
°b sie das Ganze nicht ohnedies wüßte, und als ob Mylady sich nicht auf sie ver¬
fassen könnte!

Sen > Elizabeth, die trotz aller ihrer stolzen Selbständigkeit und ihrer vornehmen
Allüren jammervoll abhängig war von der Stimmung ihrer Umgebung, lag da und
folgte ihr verstohlen mit den Augen.

Schließlich kam das Mädchen, nachdem es die Kleider geordnet hatte, an das
^ete heran und fing an, das große, scharlachrote Oberbett um ihre Herrin einzu-
Uopfen. Lady Elizabeth tat, als schliefe sie.

w Plötzlich aber zuckte sie auf, streckte die Arme aus und zog mit einem Kuß
"metiers Kopf an sich.

Soll das ein Dank sein? flüsterte Amelia, noch über ihre Dame gebeugt, mit
euiem kleinen, gedämpften Lachen. Die Liebkosung hatte sie sofort milder gestimmt,
^der. . . oder . . . war es mir vielleicht gar nicht zugedacht? . . .

(Fortsetzung folgt)




Elizabeth j?erey

Du mußt hineingehn — sofort. Natürlich mußt du hineingehn. Es ist auch
schon spät.

Aber ich will nicht. Ich will lieber frieren. Nimm mich auf deinen Schoß,
dann kann ich die Füße unter das Kleid hinaufziehn ...

Nein, sagte er und setzte sie bestimmt nieder. Ich will nicht, daß du krank
werden sollst, und ... Er zog sie noch einmal an sich — es wurde ihm schwer,
ste wieder zu lassen. Die Arme um ihre Taille sah er ihr tief in die Augen mit
einem starken und feurig fragenden Blick, vor dem sie, nachdem sie ihm erst be¬
gegnet war, langsam den Kopf abwandte.

. Nein, murmelte er und schob sie sanft von sich. Ich . . . Ich - . . Er führte
die Hand über die Stirn. Geht hinein, Lady Eltzabeth!

... sagte sie leise — plötzlich nachgebend und gehorsam, die Wangen mit
neferm Rot gefüllt als bisher.

Oben auf der dunkeln Treppe saß Amelia, die Knie fast unter das Kinn ge¬
igen, und wartete auf sie. Lady Elizabeth, die auf ihren dünnen Schuhen daherkam,
i^se so leicht, als flöge sie, war nahe daran, über sie zu fallen.

Amelia führte sie hinein — atemlos, mit heißen Wangen, eiskalt an Händen
und Füßen.

Es wird sich schon geben ... mit einem kleinen, verlegner, halb entschuldigenden
^chen sah Lady Elizabeth auf Amelia hinab, die — schweigend, beleidigt — vor
auf den Knien lag und ihr die Füße rieb.

. Die Frau Gräfin hat geschickt — bequemte sich Amelia endlich zu sagen. Ich
>"gte, Mylady schlafe.

Lady Elizabeth beugte sich hinab und streichelte scheu Amelias Wange. Aber
i^e sagte nichts weiter als: Es ist mir ganz einerlei, was man glaubt.

Lady Elizabeth lag im Bette, vor Kälte zitternd. Amelia ging hin und her
und räumte auf beim Scheine einer ungeputzten Kerze auf der Truhe. Sie war
höchlich beleidigt, weil ihre Herrin, die in jeder andern Richtung so offenherzig war,
M nie das Geringste anvertraute, sobald es sich um Kapitän Percy handelte. Als
°b sie das Ganze nicht ohnedies wüßte, und als ob Mylady sich nicht auf sie ver¬
fassen könnte!

Sen > Elizabeth, die trotz aller ihrer stolzen Selbständigkeit und ihrer vornehmen
Allüren jammervoll abhängig war von der Stimmung ihrer Umgebung, lag da und
folgte ihr verstohlen mit den Augen.

Schließlich kam das Mädchen, nachdem es die Kleider geordnet hatte, an das
^ete heran und fing an, das große, scharlachrote Oberbett um ihre Herrin einzu-
Uopfen. Lady Elizabeth tat, als schliefe sie.

w Plötzlich aber zuckte sie auf, streckte die Arme aus und zog mit einem Kuß
"metiers Kopf an sich.

Soll das ein Dank sein? flüsterte Amelia, noch über ihre Dame gebeugt, mit
euiem kleinen, gedämpften Lachen. Die Liebkosung hatte sie sofort milder gestimmt,
^der. . . oder . . . war es mir vielleicht gar nicht zugedacht? . . .

(Fortsetzung folgt)




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[0593] Elizabeth j?erey Du mußt hineingehn — sofort. Natürlich mußt du hineingehn. Es ist auch schon spät. Aber ich will nicht. Ich will lieber frieren. Nimm mich auf deinen Schoß, dann kann ich die Füße unter das Kleid hinaufziehn ... Nein, sagte er und setzte sie bestimmt nieder. Ich will nicht, daß du krank werden sollst, und ... Er zog sie noch einmal an sich — es wurde ihm schwer, ste wieder zu lassen. Die Arme um ihre Taille sah er ihr tief in die Augen mit einem starken und feurig fragenden Blick, vor dem sie, nachdem sie ihm erst be¬ gegnet war, langsam den Kopf abwandte. . Nein, murmelte er und schob sie sanft von sich. Ich . . . Ich - . . Er führte die Hand über die Stirn. Geht hinein, Lady Eltzabeth! ... sagte sie leise — plötzlich nachgebend und gehorsam, die Wangen mit neferm Rot gefüllt als bisher. Oben auf der dunkeln Treppe saß Amelia, die Knie fast unter das Kinn ge¬ igen, und wartete auf sie. Lady Elizabeth, die auf ihren dünnen Schuhen daherkam, i^se so leicht, als flöge sie, war nahe daran, über sie zu fallen. Amelia führte sie hinein — atemlos, mit heißen Wangen, eiskalt an Händen und Füßen. Es wird sich schon geben ... mit einem kleinen, verlegner, halb entschuldigenden ^chen sah Lady Elizabeth auf Amelia hinab, die — schweigend, beleidigt — vor auf den Knien lag und ihr die Füße rieb. . Die Frau Gräfin hat geschickt — bequemte sich Amelia endlich zu sagen. Ich >"gte, Mylady schlafe. Lady Elizabeth beugte sich hinab und streichelte scheu Amelias Wange. Aber i^e sagte nichts weiter als: Es ist mir ganz einerlei, was man glaubt. Lady Elizabeth lag im Bette, vor Kälte zitternd. Amelia ging hin und her und räumte auf beim Scheine einer ungeputzten Kerze auf der Truhe. Sie war höchlich beleidigt, weil ihre Herrin, die in jeder andern Richtung so offenherzig war, M nie das Geringste anvertraute, sobald es sich um Kapitän Percy handelte. Als °b sie das Ganze nicht ohnedies wüßte, und als ob Mylady sich nicht auf sie ver¬ fassen könnte! Sen > Elizabeth, die trotz aller ihrer stolzen Selbständigkeit und ihrer vornehmen Allüren jammervoll abhängig war von der Stimmung ihrer Umgebung, lag da und folgte ihr verstohlen mit den Augen. Schließlich kam das Mädchen, nachdem es die Kleider geordnet hatte, an das ^ete heran und fing an, das große, scharlachrote Oberbett um ihre Herrin einzu- Uopfen. Lady Elizabeth tat, als schliefe sie. w Plötzlich aber zuckte sie auf, streckte die Arme aus und zog mit einem Kuß "metiers Kopf an sich. Soll das ein Dank sein? flüsterte Amelia, noch über ihre Dame gebeugt, mit euiem kleinen, gedämpften Lachen. Die Liebkosung hatte sie sofort milder gestimmt, ^der. . . oder . . . war es mir vielleicht gar nicht zugedacht? . . . (Fortsetzung folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/593>, abgerufen am 23.07.2024.