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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Lin deutsches Raiserschloß in Apulien

Wände vor, an den mächtigen Eckpfeilern und den daraufruhendm Spitzbogen¬
blenden, die in Anlehnung an die arabische Scheinarchitektur so häusig an
Normannenbauten Siziliens und Unteritaliens im elften und im zwölften Jahr¬
hundert wiederkehren.

Die untern Partien des nach alter Römerweise kunstvoll gefügten Mauer¬
werks werden einzig durch drei Zugänge unterbrochen, die vom Hof in das
Erdgeschoß führen. Sie sind außen bedeutend einfacher als an der Innenseite
gehalten, lassen aber immer noch die eigentümliche Mischung von Gotik und
Antike erkennen. Über einem von diesen Toren, das ein Spitzbögiger. baldachm-
"rtiger Aufsatz krönt, find an der Wand noch Spuren eines Reliefs, Teile der
Schultern, der Beine und des Vorderarms einer geharnischten Gestalt sichtbar.
Auch in ihr will man wie in der vor dem Eingang gefundnen togabekleideten
Büste eine Darstellung des kaiserlichen Besitzers, vielleicht den letzten Rest der
kleinen Neliefstatue erblicken, von der noch Demetrio Salazaro in seinen Noel-is
storiokg äal ?a1k220 al?säsrioo II a Laste! äol nono (Neapel, 1875) ohne
genauere Angabe der Örtlichkeit berichtet.

Treten wir nun in das Innere des Gebäudes zurück, so gewahren wir,
daß sich die Anordnung der Gemächer dem achteckigen Grundriß des Schlosses
genau anschließt. Wie die Speichen eines Rades lagern sich die acht inein¬
ander gehenden Räume in den beiden Stockwerken um den Hof als ihren
gemeinsamen Mittelpunkt. Im Erdgeschoß sind die Wände dieser Gelasse durch
je vier starke Porphyrsüulen gegliedert, auf denen die Spitzbogennppen der
Gewölbe aufsitzen. Matt nur fällt das Licht durch hoch in der Mauer ange¬
brachte Rundbogenfenster. Von der einstigen Ausstattung sind noch glatte,
^ige Marmoraufsätze über den Türen. Spuren von Porphyrverkleidung an
den Wänden vorhanden, anch sind auf einem der Fußböden noch die Reste
eines schachbrettartigen Steinbelags in grünlichen, weißen und schwarzen Farben¬
tönen zu erkennen. Desgleichen hat sich in einem der vier von den acht
Türmen, die zu sechseckigen Kammern ausgebaut sind, die marmorne Decken¬
konstruktion wunderbar erhalten. Gleich einem Stern spannen sich hier die
strahlenförmig aneinander gereihten, scharfkantigen Rippen von der Mlle nach
allen Richtungen aus. in ihrer Anordnung und Gestalt deutlich den Einfluß
sarazenisch-normannischer Kunstweise verratend. Wir finden sie in ähnlicher
Form an den Ruinen des einst von König Roger erbauten Lustschlosses
Minenio oder Menani bei Baida und in der Favara bei Palermo an den
Seitennischen eines Gemachs wieder, wo sie allerdings, der halbkugelförmigen
Einwölbung entsprechend, vom gemeinsamen Scheitelpunkt aus abwärts lausen.

An diesen Turmgelassen, die nur von den Zimmern des Erdgeschosses
°us zugänglich sind, vorüber führen Wendeltreppen, aus gelben Quadern
kunstvoll gearbeitet, in den ersten Stock. Er entspricht in der Anordnung der
einzelnen Räume genan dem Untergeschoß, ist jedoch mit bedeutend größerer
Eleganz ausgestattet. Gregorovius vermutet hier wohl mit Recht die Wohn-


Lin deutsches Raiserschloß in Apulien

Wände vor, an den mächtigen Eckpfeilern und den daraufruhendm Spitzbogen¬
blenden, die in Anlehnung an die arabische Scheinarchitektur so häusig an
Normannenbauten Siziliens und Unteritaliens im elften und im zwölften Jahr¬
hundert wiederkehren.

Die untern Partien des nach alter Römerweise kunstvoll gefügten Mauer¬
werks werden einzig durch drei Zugänge unterbrochen, die vom Hof in das
Erdgeschoß führen. Sie sind außen bedeutend einfacher als an der Innenseite
gehalten, lassen aber immer noch die eigentümliche Mischung von Gotik und
Antike erkennen. Über einem von diesen Toren, das ein Spitzbögiger. baldachm-
«rtiger Aufsatz krönt, find an der Wand noch Spuren eines Reliefs, Teile der
Schultern, der Beine und des Vorderarms einer geharnischten Gestalt sichtbar.
Auch in ihr will man wie in der vor dem Eingang gefundnen togabekleideten
Büste eine Darstellung des kaiserlichen Besitzers, vielleicht den letzten Rest der
kleinen Neliefstatue erblicken, von der noch Demetrio Salazaro in seinen Noel-is
storiokg äal ?a1k220 al?säsrioo II a Laste! äol nono (Neapel, 1875) ohne
genauere Angabe der Örtlichkeit berichtet.

Treten wir nun in das Innere des Gebäudes zurück, so gewahren wir,
daß sich die Anordnung der Gemächer dem achteckigen Grundriß des Schlosses
genau anschließt. Wie die Speichen eines Rades lagern sich die acht inein¬
ander gehenden Räume in den beiden Stockwerken um den Hof als ihren
gemeinsamen Mittelpunkt. Im Erdgeschoß sind die Wände dieser Gelasse durch
je vier starke Porphyrsüulen gegliedert, auf denen die Spitzbogennppen der
Gewölbe aufsitzen. Matt nur fällt das Licht durch hoch in der Mauer ange¬
brachte Rundbogenfenster. Von der einstigen Ausstattung sind noch glatte,
^ige Marmoraufsätze über den Türen. Spuren von Porphyrverkleidung an
den Wänden vorhanden, anch sind auf einem der Fußböden noch die Reste
eines schachbrettartigen Steinbelags in grünlichen, weißen und schwarzen Farben¬
tönen zu erkennen. Desgleichen hat sich in einem der vier von den acht
Türmen, die zu sechseckigen Kammern ausgebaut sind, die marmorne Decken¬
konstruktion wunderbar erhalten. Gleich einem Stern spannen sich hier die
strahlenförmig aneinander gereihten, scharfkantigen Rippen von der Mlle nach
allen Richtungen aus. in ihrer Anordnung und Gestalt deutlich den Einfluß
sarazenisch-normannischer Kunstweise verratend. Wir finden sie in ähnlicher
Form an den Ruinen des einst von König Roger erbauten Lustschlosses
Minenio oder Menani bei Baida und in der Favara bei Palermo an den
Seitennischen eines Gemachs wieder, wo sie allerdings, der halbkugelförmigen
Einwölbung entsprechend, vom gemeinsamen Scheitelpunkt aus abwärts lausen.

An diesen Turmgelassen, die nur von den Zimmern des Erdgeschosses
°us zugänglich sind, vorüber führen Wendeltreppen, aus gelben Quadern
kunstvoll gearbeitet, in den ersten Stock. Er entspricht in der Anordnung der
einzelnen Räume genan dem Untergeschoß, ist jedoch mit bedeutend größerer
Eleganz ausgestattet. Gregorovius vermutet hier wohl mit Recht die Wohn-


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[0579] Lin deutsches Raiserschloß in Apulien Wände vor, an den mächtigen Eckpfeilern und den daraufruhendm Spitzbogen¬ blenden, die in Anlehnung an die arabische Scheinarchitektur so häusig an Normannenbauten Siziliens und Unteritaliens im elften und im zwölften Jahr¬ hundert wiederkehren. Die untern Partien des nach alter Römerweise kunstvoll gefügten Mauer¬ werks werden einzig durch drei Zugänge unterbrochen, die vom Hof in das Erdgeschoß führen. Sie sind außen bedeutend einfacher als an der Innenseite gehalten, lassen aber immer noch die eigentümliche Mischung von Gotik und Antike erkennen. Über einem von diesen Toren, das ein Spitzbögiger. baldachm- «rtiger Aufsatz krönt, find an der Wand noch Spuren eines Reliefs, Teile der Schultern, der Beine und des Vorderarms einer geharnischten Gestalt sichtbar. Auch in ihr will man wie in der vor dem Eingang gefundnen togabekleideten Büste eine Darstellung des kaiserlichen Besitzers, vielleicht den letzten Rest der kleinen Neliefstatue erblicken, von der noch Demetrio Salazaro in seinen Noel-is storiokg äal ?a1k220 al?säsrioo II a Laste! äol nono (Neapel, 1875) ohne genauere Angabe der Örtlichkeit berichtet. Treten wir nun in das Innere des Gebäudes zurück, so gewahren wir, daß sich die Anordnung der Gemächer dem achteckigen Grundriß des Schlosses genau anschließt. Wie die Speichen eines Rades lagern sich die acht inein¬ ander gehenden Räume in den beiden Stockwerken um den Hof als ihren gemeinsamen Mittelpunkt. Im Erdgeschoß sind die Wände dieser Gelasse durch je vier starke Porphyrsüulen gegliedert, auf denen die Spitzbogennppen der Gewölbe aufsitzen. Matt nur fällt das Licht durch hoch in der Mauer ange¬ brachte Rundbogenfenster. Von der einstigen Ausstattung sind noch glatte, ^ige Marmoraufsätze über den Türen. Spuren von Porphyrverkleidung an den Wänden vorhanden, anch sind auf einem der Fußböden noch die Reste eines schachbrettartigen Steinbelags in grünlichen, weißen und schwarzen Farben¬ tönen zu erkennen. Desgleichen hat sich in einem der vier von den acht Türmen, die zu sechseckigen Kammern ausgebaut sind, die marmorne Decken¬ konstruktion wunderbar erhalten. Gleich einem Stern spannen sich hier die strahlenförmig aneinander gereihten, scharfkantigen Rippen von der Mlle nach allen Richtungen aus. in ihrer Anordnung und Gestalt deutlich den Einfluß sarazenisch-normannischer Kunstweise verratend. Wir finden sie in ähnlicher Form an den Ruinen des einst von König Roger erbauten Lustschlosses Minenio oder Menani bei Baida und in der Favara bei Palermo an den Seitennischen eines Gemachs wieder, wo sie allerdings, der halbkugelförmigen Einwölbung entsprechend, vom gemeinsamen Scheitelpunkt aus abwärts lausen. An diesen Turmgelassen, die nur von den Zimmern des Erdgeschosses °us zugänglich sind, vorüber führen Wendeltreppen, aus gelben Quadern kunstvoll gearbeitet, in den ersten Stock. Er entspricht in der Anordnung der einzelnen Räume genan dem Untergeschoß, ist jedoch mit bedeutend größerer Eleganz ausgestattet. Gregorovius vermutet hier wohl mit Recht die Wohn-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/579>, abgerufen am 27.12.2024.