Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel wird; sie wird Preußens moralische Autorität zum großen Vorteil der sozialen Wie auch im übrigen der Beschluß der Königlichen Regierung ausfallen mag, Ich habe mehrere wichtige Zugeständnisse von der Weisheit und dem Wohl¬ Vgl. oben S. 498.
Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel wird; sie wird Preußens moralische Autorität zum großen Vorteil der sozialen Wie auch im übrigen der Beschluß der Königlichen Regierung ausfallen mag, Ich habe mehrere wichtige Zugeständnisse von der Weisheit und dem Wohl¬ Vgl. oben S. 498.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300295"/> <fw type="header" place="top"> Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1935" prev="#ID_1934"> wird; sie wird Preußens moralische Autorität zum großen Vorteil der sozialen<lb/> Ordnung heben und die Ruhe und das religiöse Vertrauen in allen Teilen<lb/> Deutschlands wiederherstellen. Aber ich wiederhole, die Sache ist dringlich; ein<lb/> Verzug würde hente in Rom als Beweis einer auf eine Ablehnung zielenden Ver¬<lb/> zögerung angesehen werden; man würde es als gleichbedeutend mit einem Bruch<lb/> und folglich als eine erneute und definitive Spaltung ansehen. Ich füge nur «och<lb/> eins hinzu: Eure Exzellenz wissen so gut wie ich, daß für den Erfolg solcher<lb/> Geschäfte der Charakter des Unterhändlers der wichtige Punkt ist. Wenn Eure<lb/> Exzellenz meine Ansicht teilen, und wenn Sie sich im Einvernehmen mit dem König<lb/> für eine Fortsetzung der Unterhandlungen, für die ich die Grundlagen geschaffen<lb/> habe, entscheiden, so können Sie den neuen Unterhändler nach Rom senden oder<lb/> dem Papste den Wunsch ausdrücken, daß die Verhandlungen in Berlin stattfinden<lb/> möchten. Ich glaube, das erste würde besser sein, weil die nach Rom abgesandte<lb/> Persönlichkeit den wertvollen Vorteil des persönlichen Einflusses des Pater Theiner<lb/> und seiner wirksamen Intervention dort finden würde, was nicht verhindern würde,<lb/> daß vor definitiven Abschlüssen Eurer Exzellenz Bericht erstattet werden müßte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1936"> Wie auch im übrigen der Beschluß der Königlichen Regierung ausfallen mag,<lb/> ich glaube, daß der Papst das Recht hat, von selten Eurer Exzellenz eine schleunige<lb/> und wohlwollende Antwort mit dem Versprechen einer aufmerksamen Prüfung des<lb/> Entwurfs zu erwarten, und ich habe das Vertrauen, daß Sie in dieser Hinsicht<lb/> ebenso wie ich urteilen werden. Nach meiner Ansicht könnte diese Antwort, die<lb/> nichts weiter als eine Höflichkeitserwiderung sein würde, die Regierung nicht<lb/> binden, und Eure Exzellenz würden die Ausdrücke leicht so wählen können, daß es<lb/> sich um eine einfache Präliminarie handelt. Meines Erachtens ist man diese<lb/> Reziprozitcit dem Römischen Hofe für das Entgegenkommen schuldig, mit dem sowohl<lb/> diesesmal wie bei meiner ersten Reise meine vertraulichen Eröffnungen aufgenommen<lb/> worden sind. Was die Form dieser Antwort betrifft, so gibt es nach meiner<lb/> Ansicht nichts einfacheres. Eure Exzellenz können die Form einer offiziellen, an den<lb/> Kardinal-Staatssekretär gerichteten Depesche oder aber ein Privatschreiben in fran¬<lb/> zösischer Sprache wählen, das Eure Exzellenz an den Prinzen Hohenlohe zu richten<lb/> hätten. Beides würde genügen, den Heiligen Vater und seinen Premierminister<lb/> in der hohen Meinung zu bestärken, die sie über den loyalen Charakter Eurer<lb/> Exzellenz hegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1937" next="#ID_1938"> Ich habe mehrere wichtige Zugeständnisse von der Weisheit und dem Wohl¬<lb/> wollen Sr. Heiligkeit erlangt. Das eine wird, wie Eure Exzellenz bemerken werden,<lb/> durch die Bestimmungen des Art. 9 des Entwurfs") gewährleistet. Nach dem Wort¬<lb/> laute dieses Artikels soll Se. Majestät ermächtigt sein, in Rom selbst ein nur für die<lb/> katholischen Untertanen bestimmtes und für diesen Zweck eingerichtetes Religivns-<lb/> Unterrichts-Jnstitut zu errichten. Nach meiner Ansicht würde die Gründung eines<lb/> solchen Instituts ein sicheres Mittel zur Erringung politischen und religiösen Ein¬<lb/> flusses in Rom bieten, denn das preußische katholische Kollegium würde dem<lb/> LolloZinm (xörmMiLum eine Konkurrenz machen, bei der das letzte schließlich unter¬<lb/> liegen müßte. Dies würde ein großer Erfolg gegenüber dem österreichischen, heute<lb/> wie immer sehr energisch von dem Jesuitenorden unterstützten Einfluß sein; der<lb/> Jesuitenorden hat dieses Kollegium und die Universität Rom in seinem Besitz. Eure<lb/> Exzellenz wissen sehr wohl, daß der in diesen beiden Religions-Unterrichts-Anstalten<lb/> herrschende Geist in die katholischen Seminare Preußens einzudringen bestrebt ist,<lb/> und daß es sicher von höchster Bedeutung ist, die geistlichen Schüler Preußens der</p><lb/> <note xml:id="FID_59" place="foot"> Vgl. oben S. 498.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0508]
Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel
wird; sie wird Preußens moralische Autorität zum großen Vorteil der sozialen
Ordnung heben und die Ruhe und das religiöse Vertrauen in allen Teilen
Deutschlands wiederherstellen. Aber ich wiederhole, die Sache ist dringlich; ein
Verzug würde hente in Rom als Beweis einer auf eine Ablehnung zielenden Ver¬
zögerung angesehen werden; man würde es als gleichbedeutend mit einem Bruch
und folglich als eine erneute und definitive Spaltung ansehen. Ich füge nur «och
eins hinzu: Eure Exzellenz wissen so gut wie ich, daß für den Erfolg solcher
Geschäfte der Charakter des Unterhändlers der wichtige Punkt ist. Wenn Eure
Exzellenz meine Ansicht teilen, und wenn Sie sich im Einvernehmen mit dem König
für eine Fortsetzung der Unterhandlungen, für die ich die Grundlagen geschaffen
habe, entscheiden, so können Sie den neuen Unterhändler nach Rom senden oder
dem Papste den Wunsch ausdrücken, daß die Verhandlungen in Berlin stattfinden
möchten. Ich glaube, das erste würde besser sein, weil die nach Rom abgesandte
Persönlichkeit den wertvollen Vorteil des persönlichen Einflusses des Pater Theiner
und seiner wirksamen Intervention dort finden würde, was nicht verhindern würde,
daß vor definitiven Abschlüssen Eurer Exzellenz Bericht erstattet werden müßte.
Wie auch im übrigen der Beschluß der Königlichen Regierung ausfallen mag,
ich glaube, daß der Papst das Recht hat, von selten Eurer Exzellenz eine schleunige
und wohlwollende Antwort mit dem Versprechen einer aufmerksamen Prüfung des
Entwurfs zu erwarten, und ich habe das Vertrauen, daß Sie in dieser Hinsicht
ebenso wie ich urteilen werden. Nach meiner Ansicht könnte diese Antwort, die
nichts weiter als eine Höflichkeitserwiderung sein würde, die Regierung nicht
binden, und Eure Exzellenz würden die Ausdrücke leicht so wählen können, daß es
sich um eine einfache Präliminarie handelt. Meines Erachtens ist man diese
Reziprozitcit dem Römischen Hofe für das Entgegenkommen schuldig, mit dem sowohl
diesesmal wie bei meiner ersten Reise meine vertraulichen Eröffnungen aufgenommen
worden sind. Was die Form dieser Antwort betrifft, so gibt es nach meiner
Ansicht nichts einfacheres. Eure Exzellenz können die Form einer offiziellen, an den
Kardinal-Staatssekretär gerichteten Depesche oder aber ein Privatschreiben in fran¬
zösischer Sprache wählen, das Eure Exzellenz an den Prinzen Hohenlohe zu richten
hätten. Beides würde genügen, den Heiligen Vater und seinen Premierminister
in der hohen Meinung zu bestärken, die sie über den loyalen Charakter Eurer
Exzellenz hegen.
Ich habe mehrere wichtige Zugeständnisse von der Weisheit und dem Wohl¬
wollen Sr. Heiligkeit erlangt. Das eine wird, wie Eure Exzellenz bemerken werden,
durch die Bestimmungen des Art. 9 des Entwurfs") gewährleistet. Nach dem Wort¬
laute dieses Artikels soll Se. Majestät ermächtigt sein, in Rom selbst ein nur für die
katholischen Untertanen bestimmtes und für diesen Zweck eingerichtetes Religivns-
Unterrichts-Jnstitut zu errichten. Nach meiner Ansicht würde die Gründung eines
solchen Instituts ein sicheres Mittel zur Erringung politischen und religiösen Ein¬
flusses in Rom bieten, denn das preußische katholische Kollegium würde dem
LolloZinm (xörmMiLum eine Konkurrenz machen, bei der das letzte schließlich unter¬
liegen müßte. Dies würde ein großer Erfolg gegenüber dem österreichischen, heute
wie immer sehr energisch von dem Jesuitenorden unterstützten Einfluß sein; der
Jesuitenorden hat dieses Kollegium und die Universität Rom in seinem Besitz. Eure
Exzellenz wissen sehr wohl, daß der in diesen beiden Religions-Unterrichts-Anstalten
herrschende Geist in die katholischen Seminare Preußens einzudringen bestrebt ist,
und daß es sicher von höchster Bedeutung ist, die geistlichen Schüler Preußens der
Vgl. oben S. 498.
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