Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches laufen. Ja, die Kosten! Da liegt der Hase, genannt landwirtschaftliche Industrie Professor Wolf hegt nicht etwa den oben ausgesprochnen ketzerischen Wunsch, Wir fügen hier noch ein paar kurze Anzeigen an. Bei B. G. Teubner, Maßgebliches und Unmaßgebliches laufen. Ja, die Kosten! Da liegt der Hase, genannt landwirtschaftliche Industrie Professor Wolf hegt nicht etwa den oben ausgesprochnen ketzerischen Wunsch, Wir fügen hier noch ein paar kurze Anzeigen an. Bei B. G. Teubner, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300177"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1456" prev="#ID_1455"> laufen. Ja, die Kosten! Da liegt der Hase, genannt landwirtschaftliche Industrie<lb/> oder kapitalistische Landwirtschaft, im Pfeffer! Wenn man nur die genügende<lb/> Quantität teuern ausländischen Düngers und nicht eben wohlfeiler menschlicher und<lb/> Maschinenarbeitskraft anwendet, kann die deutsche Landwirtschaft mit Leichtigkeit<lb/> 100 Millionen Menschen ernähren, und wenn man den Roggen, gleich den Gurken,<lb/> unter Glas zieht, vielleicht sogar 200 Millionen; es fragt sich nur, wie viel er<lb/> dann kostet, und wer ihn bezahlen soll; von Milch, Butter und Fleisch gar nicht<lb/> zu reden. Daß übrigens die Wissenschaft gerade in der Zuckererzeugung Erstaun¬<lb/> liches geleistet und sich mit unsterblichem Ruhme bedeckt hat, muß anerkannt werden.<lb/> Im fünfzehnten Jahrhundert hat der Zentner Zucker 1000 bis 1200 Mark, im<lb/> Jahre 1650 120 Mark, im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts 50 bis 60 Mark<lb/> gegolten, jetzt gilt er 8 bis 9 Mark, und die Herstellungskosten betragen 6 bis<lb/> 8 Mark — dank der Wissenschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1457"> Professor Wolf hegt nicht etwa den oben ausgesprochnen ketzerischen Wunsch,<lb/> der Rohrzucker möge siegen; er weist im Gegenteil die Wege, wie wenigstens der<lb/> Siegeszug des kubanischen Zuckers aufgehalten werden könne. Die Union gewährt<lb/> Kuba einen Vorzugszoll, und es wird nun für dieses ein leichtes sein, unter dem<lb/> Schutze solcher Begünstigung den ganzen Bedarf der Vereinigten Staaten zu decken.<lb/> Dieser beträgt 18,3 Millionen Doppelzentner über die nicht sehr bedeutende Eigen¬<lb/> produktion, und davon hat Kuba 1904/05 10,3 Millionen geliefert; steigert es seine<lb/> Produktion auf 18 Millionen, so fallen die Zufuhren aus den übrigen Zucker¬<lb/> ländern hinweg, darunter die eine Million, die Deutschland dorthin exportiert.<lb/> Es gibt nun, wie Wolf mit Zeitungsartikeln beweist, sogar in den Vereinigten<lb/> Staaten Leute, die anerkennen, daß der kubanische Vorzugszoll gegen den Meist¬<lb/> begünstigungsvertrag verstoße, der zwischen dem Deutschen Reiche und der Union<lb/> besteht, und Wolf zeigt, wie Deutschland die Benachteiligung hätte abwenden können,<lb/> und was es noch in Zukunft dagegen tun kann. Ein Kampf gegen den Zollver¬<lb/> trag mit Kuba werde in der Union selbst Bundesgenossen finden, sowohl an den<lb/> amerikanischen Rübenzuckerfabrikanten und den Rohrzuckerproduzenten von Loutsiana,<lb/> Hawai, Portorico und den Philippinen, als auch an den Politikern, die in dem<lb/> Kubavertrag eine Schädigung der Finanzen der Republik sehen. Die weitere Ent¬<lb/> wicklung des Zuckerdramas wird also, wie es scheint, zunächst davon abhängen, ob<lb/> diese Interessengruppen zusammen stärker oder schwächer sind als die Kapitalisten,<lb/> die sich die „Erschließung" Kubas zur Aufgabe machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1458" next="#ID_1459"> Wir fügen hier noch ein paar kurze Anzeigen an. Bei B. G. Teubner,<lb/> Leipzig und Berlin (1906) ist erschienen: „Die Weltwirtschaft. Ein Jahr-<lb/> und Lesebuch, unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute herausgegeben von Dr. Ernst<lb/> von Halle, Professor an der Universität Berlin. Jahrgang 1906, I. Teil:<lb/> Internationale Übersichten." Ein sehr gutes und vollständiges Nnchschlagebuch, das<lb/> viele lieber benutzen werden als die aus Hildebrands Jahrbüchern zusammengestellte<lb/> Volkswirtschaftliche Chronik, weil in dieser, die Monat für Monat berichtet, der<lb/> Stoff zu sehr zerrissen wird. Im 11. und 13. Heft dieses Jahrgangs haben wir<lb/> Buecks großes Werk: Der Zentralverband deutscher Industrieller angezeigt. Der<lb/> Genannte hat jetzt (bei I. Guttentag in Berlin, 1906) eine Broschüre herausge¬<lb/> geben: Der Zentralverband deutscher Industrieller und seine dreißigjährige<lb/> Arbeit von 1876 bis 1906, deren Inhalt zum Teil dem mit dem Jahre 1901<lb/> abschließenden größern Werke entnommen ist, zum Teil dieses durch Fortführung<lb/> der Geschichte des Verbandes bis zur Gegenwart ergänzt. — Max Lorenz, Heraus¬<lb/> geber der Antisozialdemokratischen Korrespondenz, veröffentlicht (bei Dr. Wedekind<lb/> u. Co., Berlin, 1906) unter dem Titel: Das Deutschland der Gegenwart</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0390]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
laufen. Ja, die Kosten! Da liegt der Hase, genannt landwirtschaftliche Industrie
oder kapitalistische Landwirtschaft, im Pfeffer! Wenn man nur die genügende
Quantität teuern ausländischen Düngers und nicht eben wohlfeiler menschlicher und
Maschinenarbeitskraft anwendet, kann die deutsche Landwirtschaft mit Leichtigkeit
100 Millionen Menschen ernähren, und wenn man den Roggen, gleich den Gurken,
unter Glas zieht, vielleicht sogar 200 Millionen; es fragt sich nur, wie viel er
dann kostet, und wer ihn bezahlen soll; von Milch, Butter und Fleisch gar nicht
zu reden. Daß übrigens die Wissenschaft gerade in der Zuckererzeugung Erstaun¬
liches geleistet und sich mit unsterblichem Ruhme bedeckt hat, muß anerkannt werden.
Im fünfzehnten Jahrhundert hat der Zentner Zucker 1000 bis 1200 Mark, im
Jahre 1650 120 Mark, im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts 50 bis 60 Mark
gegolten, jetzt gilt er 8 bis 9 Mark, und die Herstellungskosten betragen 6 bis
8 Mark — dank der Wissenschaft.
Professor Wolf hegt nicht etwa den oben ausgesprochnen ketzerischen Wunsch,
der Rohrzucker möge siegen; er weist im Gegenteil die Wege, wie wenigstens der
Siegeszug des kubanischen Zuckers aufgehalten werden könne. Die Union gewährt
Kuba einen Vorzugszoll, und es wird nun für dieses ein leichtes sein, unter dem
Schutze solcher Begünstigung den ganzen Bedarf der Vereinigten Staaten zu decken.
Dieser beträgt 18,3 Millionen Doppelzentner über die nicht sehr bedeutende Eigen¬
produktion, und davon hat Kuba 1904/05 10,3 Millionen geliefert; steigert es seine
Produktion auf 18 Millionen, so fallen die Zufuhren aus den übrigen Zucker¬
ländern hinweg, darunter die eine Million, die Deutschland dorthin exportiert.
Es gibt nun, wie Wolf mit Zeitungsartikeln beweist, sogar in den Vereinigten
Staaten Leute, die anerkennen, daß der kubanische Vorzugszoll gegen den Meist¬
begünstigungsvertrag verstoße, der zwischen dem Deutschen Reiche und der Union
besteht, und Wolf zeigt, wie Deutschland die Benachteiligung hätte abwenden können,
und was es noch in Zukunft dagegen tun kann. Ein Kampf gegen den Zollver¬
trag mit Kuba werde in der Union selbst Bundesgenossen finden, sowohl an den
amerikanischen Rübenzuckerfabrikanten und den Rohrzuckerproduzenten von Loutsiana,
Hawai, Portorico und den Philippinen, als auch an den Politikern, die in dem
Kubavertrag eine Schädigung der Finanzen der Republik sehen. Die weitere Ent¬
wicklung des Zuckerdramas wird also, wie es scheint, zunächst davon abhängen, ob
diese Interessengruppen zusammen stärker oder schwächer sind als die Kapitalisten,
die sich die „Erschließung" Kubas zur Aufgabe machen.
Wir fügen hier noch ein paar kurze Anzeigen an. Bei B. G. Teubner,
Leipzig und Berlin (1906) ist erschienen: „Die Weltwirtschaft. Ein Jahr-
und Lesebuch, unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute herausgegeben von Dr. Ernst
von Halle, Professor an der Universität Berlin. Jahrgang 1906, I. Teil:
Internationale Übersichten." Ein sehr gutes und vollständiges Nnchschlagebuch, das
viele lieber benutzen werden als die aus Hildebrands Jahrbüchern zusammengestellte
Volkswirtschaftliche Chronik, weil in dieser, die Monat für Monat berichtet, der
Stoff zu sehr zerrissen wird. Im 11. und 13. Heft dieses Jahrgangs haben wir
Buecks großes Werk: Der Zentralverband deutscher Industrieller angezeigt. Der
Genannte hat jetzt (bei I. Guttentag in Berlin, 1906) eine Broschüre herausge¬
geben: Der Zentralverband deutscher Industrieller und seine dreißigjährige
Arbeit von 1876 bis 1906, deren Inhalt zum Teil dem mit dem Jahre 1901
abschließenden größern Werke entnommen ist, zum Teil dieses durch Fortführung
der Geschichte des Verbandes bis zur Gegenwart ergänzt. — Max Lorenz, Heraus¬
geber der Antisozialdemokratischen Korrespondenz, veröffentlicht (bei Dr. Wedekind
u. Co., Berlin, 1906) unter dem Titel: Das Deutschland der Gegenwart
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